Harmonischer Oszillator
Ein harmonischer Oszillator ist ein schwingungsfähiges System, das sich durch eine lineare Rückstellgröße auszeichnet. Für ein mechanisches System bedeutet dies, dass es eine Kraft gibt, die einer zunehmenden Auslenkung mit proportional anwachsender Stärke entgegenwirkt. Nach einem Anstoß von außen schwingt ein harmonischer Oszillator sinusförmig (= harmonisch) um seine Ruhelage, wobei die Schwingungsdauer unabhängig von der Größe der Auslenkung ist. Beispiele für harmonische Oszillatoren sind Federpendel, elektrische Schwingkreise und Stimmgabeln.
Der harmonische Oszillator ist ein wichtiges Modellsystem der Physik. Er ist durch nur zwei Parameter vollständig beschrieben, die Eigenfrequenz und die Dämpfung. Viele komplexere Systeme verhalten sich bei kleinen Auslenkungen näherungsweise wie harmonische Oszillatoren, z.B. das Fadenpendel. Der harmonische Oszillator in der Quantenmechanik ist eines der wenigen quantenmechanischen Systeme, das sich ohne Näherungen berechnen lässt.
Die Bezeichnung harmonischer Oszillator wird auch für gedämpfte harmonische Oszillatoren verwendet, auch wenn diese streng genommen keine harmonische Schwingung vollziehen, sondern eine gedämpfte Schwingung.
Differentialgleichung des harmonischen Oszillators
Mathematisch lässt sich jeder freie harmonische Oszillator durch die folgende Differentialgleichung beschreiben. Ausnahmen sind Oszillatoren in der Quantenmechanik und verwandten Theorien, bei denen Unschärferelationen berücksichtigt werden müssen.
Dabei sind
die Auslenkung des Systems und
die Resonanzfrequenz.
Es handelt sich um eine gewöhnliche,
lineare, homogene Differentialgleichung zweiter Ordnung, die sich daher
einfach analytisch lösen lässt. Die Lösung
einer solchen Gleichung ist eine sinusförmige
Funktion.
Potential des harmonischen Oszillators
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Der ungedämpfte harmonische Oszillator ist ein konservatives System. Dies bedeutet, dass die Energie der Schwingung erhalten bleibt. Es existiert daher für jedes Oszillator-Kraftfeld ein Potential.
Eindimensionaler Oszillator
Die graphische Darstellung des Potentials
eines harmonischen Oszillators ist eine Parabel.
Man nennt es auch harmonisches Potential.
mit einer Konstanten
In der Mechanik ist die Kraft
auf ein Teilchen in einem solchen Potential durch die negative Ableitung des
Potentials gegeben.
Mehrdimensionaler Oszillator
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Dieses Konzept lässt sich auf mehrere Dimensionen übertragen. Das Potential hat hier die Form eines elliptischen Paraboloids. In n Dimensionen lässt es sich bei geeigneter Wahl der Koordinaten wie folgt schreiben:
In der Mechanik ist die Kraft auf ein Teilchen in einem solchen Potential durch den negativen Gradienten des Potentials gegeben.
Weil in den einzelnen Summanden keine Mischterme zwischen unterschiedlichen Richtungen vorkommen, lässt sich das Problem eines n-dimensionalen harmonischen Oszillators auf n eindimensionale Oszillatoren zurückführen. In der Quantenmechanik wird eine solche Eigenschaft Separabilität genannt. Es lässt sich folgern, dass bei einem harmonischen Oszillator nicht nur die Gesamtenergie, sondern auch die Energien für die Komponenten jeder einzelnen Richtung Erhaltungsgrößen sind.
Hängt der Wert des Potentials nur von der Entfernung zum Nullpunkt, nicht aber von der Richtung ab, so nennt man den Oszillator isotrop, andernfalls anisotrop. Bei einem isotropen Oszillator haben also alle Konstanten den gleichen Wert:
und Schwingungen in jeder Richtung sind harmonisch und haben dieselbe Frequenz.
Bei einem anisotropen Oszillator sind die Schwingungen in jeweils einer
einzigen Koordinate
harmonisch und haben eine von
abhängige Frequenz (Normalschwingungen). Sind mehrere Normalschwingungen mit
unterschiedlichen
angeregt, ergeben sich kompliziertere, möglicherweise auch nichtperiodische
Bewegungen.
Minimum des Potentials
Das Minimum dieses Potentials ist ein stabiler Fixpunkt des Systems. In der Mechanik nennt man diesen Punkt auch Ruhelage und die Kraft, die das Teilchen erfährt, Rückstell- oder Rückholkraft. Insbesondere erfährt ein in der Ruhelage liegendes Teilchen keinerlei Kraft, woraus sich auch der Name „Ruhelage“ ableitet. Die Namensgebung ist allerdings in dieser Hinsicht etwas irreführend: Zwar wirkt auf ein Teilchen in der Ruhelage keine Kraft, das Teilchen muss sich dort allerdings keinesfalls in Ruhe befinden. Im Allgemeinen nimmt es dort sogar seine Maximalgeschwindigkeit an.
Bedeutung in der Physik
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Ein idealer harmonischer Oszillator, bei dem die Rückstellkraft für beliebig große Auslenkungen linear mit der Auslenkung ansteigt, existiert in der Natur nicht. Dennoch ist das Konzept für die Physik von fundamentaler Bedeutung, da oft nur kleine Auslenkungen eines Objekts aus der Ruhelage betrachtet werden. Beschränkt man sich darauf, so können Potentiale, die ein lokales Minimum besitzen, in guter Näherung durch ein harmonisches Potential ersetzt und das gesamte Problem als harmonischer Oszillator beschrieben werden. Der Vorteil einer solchen harmonischen Näherung besteht darin, dass das Problem mit Standardmethoden der theoretischen Physik handhabbar wird und einfach zu interpretierende, analytische Lösungen liefert. In der nebenstehenden Abbildung wurde dies für ein Lennard-Jones-(12,6)-Potential (blaue Kurve) durchgeführt. Das Ergebnis (rote Kurve) ist wie ersichtlich nur für kleine Abstände vom Minimum eine brauchbare Näherung.
Ihre mathematische Begründung findet die harmonische Näherung in der
Tatsache, dass die Potentiale in einer Taylorreihe
entwickelt werden können. Ist ein Potential
gegeben und ist dieses hinreichend oft differenzierbar, so gilt nach dem Satz
von Taylor:
wobei ,
das sogenannte Restglied, nur Terme ab dritter Ordnung enthält. Für kleine
Abstände
ist es daher vernachlässigbar. Als Entwicklungspunkt
wählen wir ein Minimum des Potentials, sodass gilt
.
Somit entfällt auch der Term erster Ordnung. Zur besseren mathematischen
Handhabung kann durch eine geeignete Koordinatentransformation
der Scheitelpunkt in den Koordinatenursprung gelegt werden, damit gilt:
.
Weiterhin ist es stets möglich
zu setzen. Man erhält dann näherungsweise das harmonische Potential:
mit
Das heißt, bei genügend kleiner Auslenkung verhält sich der Oszillator harmonisch. Ein Beispiel für Oszillatoren, die bereits bei mittleren Amplituden anharmonisch werden, ist das Fadenpendel.
Ein approximatives Lösungsverfahren, bei dem ein kompliziertes Problem zunächst auf ein analytisch lösbares zurückgeführt wird, um dann der Lösung zuvor ignorierte Einflüsse in Form von Störungen wieder hinzuzufügen, wird als Störungstheorie bezeichnet.
Der harmonische Oszillator der klassischen Mechanik
Eindimensionaler ungedämpfter Oszillator
Ein mechanischer Oszillator besteht aus einem Körper der Masse und aus einer Kraft, die diesen zurücktreibt, wenn man ihn aus seiner Ruhelage auslenkt. Damit ein Oszillator ein harmonischer ist, muss die rücktreibende Kraft proportional zu dieser Auslenkung, also der Entfernung des Körpers von seiner Ruhelage, sein. In der Praxis wird eine solche Kraft meist durch Federn, wie bei einem Federpendel realisiert, oder durch die Gewichtskraft des Körpers, wie es beispielsweise bei einem Wasserpendel der Fall ist.
Beschreibung des Schwingvorgangs
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Ein harmonischer Oszillator wird aus seiner Ruhelage bewegt. Je weiter man ihn entfernt, desto größer wird die Kraft, die versucht ihn zurückzubewegen. Durch das Auslenken wird dem Oszillator potentielle Energie hinzugefügt. Potentiell bedeutet, dass die Energie verwendet wird, um beispielsweise eine Feder zu spannen und somit diese Energie in der Position des Oszillators gespeichert ist.
Wird der Oszillator dann freigelassen, so wird er auf Grund der Zugkraft der Feder beschleunigt. Er bewegt sich daher mit zunehmender Geschwindigkeit zur Ruhelage zurück. Wenn er dort angelangt ist, so hat der Oszillator seine maximale Geschwindigkeit erreicht. Die Feder ist entspannt und es wirkt keine Kraft mehr auf den Oszillator. Die potentielle Energie, die ihm zugeführt wurde, ist nun vollständig in kinetische Energie umgewandelt worden. Dies bedeutet, sie ist jetzt nicht mehr in der Position, sondern in der Geschwindigkeit des Oszillators gespeichert.
Aufgrund der Trägheit bewegt sich der Oszillator jedoch weiter. Dies führt dazu, dass die Feder, diesmal in anderer Richtung, wieder gespannt wird. Für das Spannen dieser Feder muss der Oszillator seine kinetische Energie aufwenden, um sich gegen die Kraft der Feder bewegen zu können. Er wird dadurch langsamer, bis er den Punkt erreicht, an dem er sich nicht mehr bewegt und die gesamte Energie wieder in Form von potentieller Energie vorliegt. Der Bewegungsablauf beginnt dann wieder von vorne.
Zeitpunkt [Anm. 1] |
Auslenkung |
potentielle Energie |
Geschwindigkeit |
kinetische Energie |
---|---|---|---|---|
1 | ||||
2 | ||||
3 | ||||
4 | ||||
unveränderlich: Gesamtenergie |
Herleitung der Schwingungsgleichung
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Wir nehmen wie oben als Beispiel ein Federpendel. Die Masse des Körpers ist
.
Die Ruhelage nehmen wir als Nullpunkt und bezeichnen die Auslenkung mit
.
Die Kraft
,
die auf den Körper wirkt, wird durch das Hookesche
Gesetz beschrieben:
Die Konstante
ist eine Federkonstante,
die sich nach der Stärke der rücktreibenden Kraft bei einer festen Auslenkung
richtet. Außerdem ist bekannt, dass die Beschleunigung
eines Körpers proportional zu der auf ihn einwirkenden Kraft ist. Die
Beschleunigung lässt sich als zweite Ableitung des
Ortes
nach der Zeit schreiben. Eine zeitliche Ableitung wird in der Physik häufig als
Punkt über der Variablen gekennzeichnet:
Setzt man nun diese beiden Ausdrücke für die Kraft
gleich, erhält man eine Differenzialgleichung:
Um die folgenden Rechnungen zu vereinfachen, substituiert man
und schreibt die Gleichung um zu:
Diese Gleichung lässt sich beispielsweise mittels eines Exponentialansatzes lösen. Als Ergebnis erhält man eine sinusförmige Funktion, auch harmonische Schwingung genannt:
.
Die Lösung enthält zwei Konstanten, die Amplitude
und den Phasenverschiebungswinkel
.
Man erhält sie entsprechend den Anfangsbedingungen.
Die Amplitude steht für die maximale Auslenkung des Oszillators und damit die
Energie der Schwingung. Der Phasenverschiebungswinkel bestimmt die Position und
gleichzeitig damit die Geschwindigkeit, welche der Körper zum Zeitpunkt
hat.
Die Sinusfunktion ist eine periodische
Funktion, da ihre Werte sich in regelmäßigen Abständen wiederholen ().
Daher führt der Oszillator eine periodische Bewegung aus.
bezeichnet die Eigenkreisfrequenz
und Resonanzfrequenz
des Oszillators. Sie bestimmt die Frequenz
,
mit der der Oszillator schwingt. Bei einem harmonischen Oszillator ist diese
Frequenz unabhängig von der Schwingungsamplitude.
Energie
Beim freien ungedämpften Oszillator bleibt die Energie erhalten, weil es sich um ein abgeschlossenes System handelt und nur konservative Kräfte auftreten. In der Gleichgewichtslage verschwindet die potenzielle Energie. Deshalb ist die Gesamtenergie gleich der maximalen kinetischen Energie:
Zu demselben Ergebnis kommt man, wenn man die Gesamtenergie über den Maximalwert der potenziellen Energie berechnet:
.
steht hier jeweils für den Maximalwert der Auslenkung, also für die Amplitude.
Wird mit komplexen Zahlen gerechnet, so tritt an die Stelle von
das Betragsquadrat
der gegebenenfalls komplexwertigen Amplitude.
Eindimensionaler gedämpfter Oszillator
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Eine mechanische Schwingung ist im Allgemeinen nicht reibungsfrei. Das heißt, die Schwingung verliert durch Reibung Energie und daher nimmt ihre Amplitude ab. Man spricht von einer Dämpfung der Schwingung, wodurch diese im Allgemeinen nicht mehr harmonisch ist. Ein solches System ist nicht mehr konservativ, sondern dissipativ. In der Differentialgleichung tritt dann zur beschleunigenden Kraft F eine Reibungskraft FR hinzu.
Das Vorzeichen der Kraft ist der Geschwindigkeit entgegengesetzt. Der genaue Ausdruck für FR hängt von der Art der Reibung ab. So kann der Betrag von F konstant sein, oder beispielsweise eine lineare oder quadratische Abhängigkeit von der Geschwindigkeit besitzen.
Im Falle von Gleitreibung ist der Betrag von FR konstant:
Ein Beispiel für eine lineare Abhängigkeit ist die Luftreibung bei kleinen Geschwindigkeiten. Dort kann die Luftströmung als laminar betrachtet werden. Damit ist sie nach dem Gesetz von Stokes proportional zur Geschwindigkeit, also zur ersten zeitlichen Ableitung der Auslenkung.
Im Fall einer solchen linearen Dämpfung nennt man den Proportionalitätsfaktor
Dämpfungskonstante.
Lineare Dämpfung
Bei linearer Dämpfung kann die Reibung allgemein durch einen Dämpfungsterm
hinzugefügt werden, welcher zur Geschwindigkeit
proportional und entgegengesetzt ausgerichtet ist. Die Konstante
wird auch als Abklingkonstante
bezeichnet. Damit erhält man die Bewegungsgleichung einer linear gedämpften
Schwingung als gewöhnliche lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung:
.
bezeichnet die ungedämpfte Eigenkreisfrequenz des Oszillators. Mit einem Exponentialansatz
gelangt man zur allgemeinen Lösung
Dabei sind
und
komplexwertige Konstanten, die aus den Anfangsbedingungen bestimmt werden.
- Im Falle schwacher Dämpfung (
) ergibt sich somit wie im ungedämpften Fall eine sinusförmige Schwingung, deren Amplitude jedoch exponentiell abfällt. Die Stärke dieses Abfalls wird von
im Exponenten der einhüllenden Exponentialfunktion bestimmt: Die Amplitude fällt im Zeitraum
auf
der ursprünglichen Amplitude ab. Die Kreisfrequenz der Schwingung verringert sich auf
.
- Im Falle starker Dämpfung (
), dem sogenannten Kriechfall, bildet sich keine wirkliche Schwingung mehr aus. Vielmehr kriecht die Auslenkung gegen die Ruhelage.
- Im aperiodischen
Grenzfall (
) erreicht die Schwingung noch eine Maximalauslenkung (
), fällt danach aber schneller als im Fall starker Dämpfung auf die Ruhelage zurück. Ob ein Nulldurchgang stattfindet hängt von den Anfangsbedingungen ab.
Gibt man die Anfangsbedingungen
und
zum Zeitpunkt
vor, dann erhält man im Schwingfall
die partikuläre Lösung
mit
Für den Spezialfall ,
d.h. ohne Dämpfung, vereinfacht sich die Lösung zu
Für den aperiodischen Grenzfall
ergibt sich
Variante: Torsionsoszillator
Eine Variante des klassischen harmonischen Oszillators stellt der
Torsionsoszillator dar. Anstatt einer Schraubenfeder wird hier eine
Torsionsfeder beziehungsweise ein Torsionsfaden verwendet. Anstatt von
Translationsbewegungen kommt es dann zu Rotationsbewegungen. Die Berechnung
erfolgt prinzipiell auf dem gleichen Weg. Es wird lediglich die Masse
durch das Trägheitsmoment
und die Geschwindigkeit
durch die Winkelgeschwindigkeit
ersetzt.
Beschreibung in der Hamilton-Dynamik
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Die Bewegungsgleichung des harmonischen Oszillators lässt sich auch mit der
hamiltonschen
Mechanik herleiten.
Wie oben betrachten wir eine Masse
an einer Feder mit Federkonstanten
.
Als generalisierte
Koordinate wird
verwendet. Die Hamilton-Funktion
setzt sich aus potentieller und kinetischer Energie wie folgt zusammen:
Mit den kanonischen Gleichungen
gelangt man zur bereits oben beschriebenen Bewegungsgleichung.
Da die Gesamt-Energie
erhalten ist (
),
bilden Ort
und Impuls
eine Ellipse
mit Halbachsen
und
aus.
Die Gesamt-Energie des Systems ist proportional zu der von der Ellipse
eingeschlossene Fläche
Im Fall eines gedämpften Oszillators bildet die Trajektorie anstelle einer Ellipse eine Spirale, die sich auf den Ursprung zubewegt.
Bei einem mehrdimensionalen harmonischen Oszillator lassen sich mittels Hauptachsentransformation
und
entlang der Hauptachsen des Potentials wählen. Bei einer solchen Wahl entkoppeln
die Bewegungsgleichungen der einzelnen Richtungen.
Mehrdimensionaler Oszillator
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Zum Beispiel mit einem Hamilton-Ansatz wie im vorherigen Abschnitt erläutert, lässt sich das Kraftgesetz für einen n-dimensionalen harmonischen Oszillator formulieren als:
Man sieht, dass die Differentialgleichungen entkoppelt sind, also die Kraftkomponente in einer Dimension nur von der Auslenkung in dieser Dimension abhängt. Daher sind die Lösungen für die einzelnen Komponenten des Ortsvektors die Lösungen des entsprechenden eindimensionalen Problems:
Die Eigenwerte
entsprechen dabei den Eigenkreisfrequenzen. Lassen sich alle
als ganzzahliges Vielfaches einer Konstanten schreiben, so ist die Schwingung
des harmonischen Oszillators periodisch.
Ein isotroper harmonischer Oszillator ist daher immer periodisch.
Zweidimensionaler Oszillator
Bei einem anisotropen zweidimensionalen harmonischen Oszillator bewegt sich das Teilchen auf einer Lissajous-Kurve. Die Bewegung ist periodisch, wenn die Frequenzen der Schwingungen in je einer Koordinate in einem rationalen Verhältnis stehen. Andernfalls ist sie aperiodisch, d.h. sie kehrt niemals in den Anfangszustand zurück. Sie kommt ihm aber beliebig nahe.
Bei einem isotropen zweidimensionalen harmonischen Oszillator entartet die Lissajous-Kurve zu einem Kreis, einer raumfesten geraden Strecke oder einer raumfesten Ellipse. Ein Beispiel ist das sphärische Pendel bei kleinen Auslenkungen.
Die Bewegungsgleichungen sind
Die allgemeine Lösung lässt sich schreiben als:
,
wobei die Konstanten
durch den Anfangsort und
durch die Anfangsgeschwindigkeit gegeben sind. Im Fall
ergibt sich eine gerade Strecke. Wenn
und
und beide nicht zueinander parallel sind, ergeben sich Trajektorien in Form
einer Ellipse oder Kreis, deren Mittelpunkt die Ruhelage ist.
Um die möglichen Bewegungsformen zu bestimmen, wird die allgemeine Lösung so ausgedrückt:
mit beliebigen Werten für die Amplituden
und Phasenverschiebungen
,
die sich aus den Anfangsbedingungen ergeben. Es können sich verschiedene
Bahnkurven bilden, die sämtlich den Ursprung als Mittelpunkt haben und mit der
gleichen Frequenz durchlaufen werden:
- Für
ergibt sich eine lineare harmonische Schwingung zwischen den Punkten
längs einer Geraden, die mit der x-Achse den Winkel
bildet.
- Für
ergibt sich eine Ellipse mit den Halbachsen der Länge
bzw.
parallel zu den Koordinatenachsen. Ist dann auch noch
, wird aus der Ellipse ein Kreis. Dann ist das Pendel ein konisches Pendel (s.o.).
- Allgemein ergibt sich für
und beliebigen Amplituden
eine Ellipse, deren Halbachsen von allen vier Parametern abhängen und schräg zu den Koordinatenachsen liegen.
- Schreibweise mit komplexen Zahlen
Die beiden Koordinaten können zu einer einzigen komplexen Variablen
zusammengefasst werden. Für
gilt dann die Differentialgleichung
mit der allgemeinen Lösung
.
Die beiden Konstanten
werden aus den Anfangsbedingungen berechnet:
Einfache Spezialfälle sind:
- Für
ergibt sich eine Kreisbahn im Uhrzeigersinn (mathematisch negativer Sinn) mit Radius
.
- Für
ergibt sich eine Kreisbahn gegen den Uhrzeigersinn (mathematisch positiver Sinn) mit Radius
.
- Für
ergibt sich eine gerade Strecke zwischen vom Punkt
zum Punkt
(und zurück).
- Für
ergibt sich dieselbe gerade Strecke, aber beginnend in der Ruhelage.
Der harmonische Oszillator außerhalb der Mechanik
Elektrischer Schwingkreis
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Der elektrische Schwingkreis ist ein harmonischer Oszillator in der Elektrodynamik. Während
in der Mechanik periodisch potentielle und kinetische Energie ineinander
umgewandelt werden, werden im Schwingkreis die in einem Kondensator
mit der Kapazität
gespeicherte elektrische Energie und die in einer Spule mit der Induktivität
gespeicherte magnetische Energie gegeneinander ausgetauscht. Es ergibt sich eine
Differentialgleichung für die Stromstärke
:
Die Ähnlichkeit mit der Bewegungsgleichung des mechanischen Oszillators ist offensichtlich. Folgende Tabelle soll Analogien zwischen dem mechanischen und elektrischen Oszillator deutlich machen:
mechanisch (Translation) | mechanisch (Torsion/Rotation) | RLC–Reihenschwingkreis | RLC–Parallelschwingkreis |
---|---|---|---|
Auslenkung |
Winkel |
Ladung
|
Spannung
|
Geschwindigkeit
|
Winkelgeschwindigkeit
|
Stromstärke
|
Änderungsrate der Spannung |
Masse
|
Trägheitsmoment
|
Induktivität
|
Kapazität
|
Federkonstante
|
Torsionskonstante |
Reziproke Kapazität |
Reziproke Induktivität |
Dämpfungskonstante
|
Dämpfungskonstante |
Leitwert
| |
äußere Kraft |
äußeres Drehmoment
|
externe Spannung |
Änderungsrate der externen Stromstärke |
Ungedämpfte Eigenfrequenz | |||
Differentialgleichung | |||
Der harmonische Oszillator der Quantenmechanik
Da ein beliebiges Potential um eine stabile Gleichgewichtslage entwickelt werden kann und dann in 1. Näherung parabelförmig ist, ist der harmonische Oszillator in der Quantenmechanik ein Standard-Modell. Es ist eines der wenigen Systeme, für das eine analytische Lösung bekannt ist.
In der Quantenmechanik werden die Orts-, Impuls- und Energievariablen eines Teilchens durch Operatoren ersetzt. Der Hamiltonoperator für die Energie eines harmonischen Oszillators ist gegeben durch
.
Die Wellenfunktionen, mit denen sich die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des Teilchens berechnen lassen, sind Eigenfunktionen des Hamiltonoperators. Die Energieniveaus entsprechen den Eigenwerten.
Lorentz-Oszillator in der Optik
Der Lorentzoszillator dient in der Optik als Modell um das Verhalten der Atome eines Festkörpers unter Einfluss einer elektromagnetischen Welle zu beschreiben. Zum Beispiel ist dann die Suszeptibilität, die dem Aufbau des Feldes entgegenwirkt, das Analogon zur Dämpfung durch Reibung in der Mechanik. Mit Hilfe des Lorentzoszillators lassen sich im Drudemodell optische Phänomene wie Doppelbrechung oder der komplexe Brechungsindex erklären.
Anregung harmonischer Oszillatoren
Wenn einem Oszillator Energie zugefügt wird, spricht man von Anregung. Für
den mechanischen Oszillator bedeutet dies, dass entweder eine externe Kraft
angreift, oder sich Parameter des Oszillators wie die Eigenfrequenz
verändern. Die Anregung quantenmechanischer Oszillatoren wird mittels Leiteroperatoren
dargestellt (siehe Harmonischer
Oszillator (Quantenmechanik)). Das Abführen von Energie, auch Abregung
genannt, geschieht analog.
Erzwungene Schwingung
Eine erzwungene Schwingung wird durch eine unabhängige, meist periodische Kraft oder auch elektrische Spannung angeregt. Ein Beispiel hierfür ist eine Dipolantenne. Die Differentialgleichung, hier das Beispiel des gedämpften Oszillators, wird dadurch inhomogen:
Selbsterregte Schwingung
Von einer selbsterregten Schwingung spricht man, wenn die Energiezufuhr durch ein geeignetes Steuerelement und den Schwingungsvorgang selbst gesteuert wird. Mathematisch lässt sich eine solche Energiezufuhr zum Beispiel durch einen speziellen Dämpfungsterm realisieren, bei dem die Dämpfung negativ werden kann. Ein solches System ist meist nichtlinear. Ein Beispiel hierfür ist der Van-der-Pol-Oszillator.
Parametererregte Schwingung
Wenn sich durch die Veränderung von Parametern, wie der Länge eines Pendels,
die Eigenfrequenz
eines harmonischen Oszillators zeitlich verändert, spricht man von einer
parametererregten Schwingung. Ein Beispiel ist eine Schaukel
bei kleinen Auslenkungen.
Gekoppelte harmonische Oszillatoren

Einen mehrdimensionalen harmonischen Oszillator, bei dem die einzelnen Komponenten, also die harmonischen Oszillatoren entlang der Hauptachsen des Potentials, nicht unabhängig sind, sondern miteinander wechselwirken, bezeichnet man als gekoppelt. Dies führt dazu, dass die Energie der Schwingung der einzelnen Komponenten nicht mehr erhalten sein muss, da sie durch die Wechselwirkung von einer Komponente auf eine andere übertragen werden kann.
Gekoppelte mechanische Oszillatoren nennt man auch gekoppelte Pendel. Eine mechanische Wechselwirkung zwischen zwei Pendeln wird beispielsweise erzeugt, indem man die Massen zweier getrennter Pendel mit einer Feder verbindet. Wenn mehrere gleiche Pendel, in einer Reihe angeordnet, jeweils mit ihren unmittelbaren Nachbarn über Federn verbunden sind, bezeichnet man die Anordnung als Schwingerkette. Ein interessantes Beispiel, bei dem die Energie zwischen einer Translationsbewegung und einer Rotationsbewegung wechselt, ist das Wilberforce-Pendel.
Mit Hilfe gekoppelter Oszillatoren können auch Gitterschwingungen beispielsweise in Kristallen modelliert werden. Hier sorgt die elektrische Wechselwirkung zwischen den Ionen, Molekülen oder Atomen des Kristallgitters für die notwendige Kopplung. Die quantenmechanische Betrachtung im Artikel Harmonischer Oszillator (Quantenmechanik) führt dann zu den Phononen.
Kontinuumsübergang
Schwingungen eines Kontinuums, beispielsweise eine Saitenschwingung können mit Hilfe eines unendlich dimensionalen gekoppelten harmonischen Oszillators beziehungsweise unendlich vielen eindimensionalen gekoppelten harmonischen Oszillatoren beschrieben werden. Der Übergang zu unendlich vielen Oszillatoren wird nachfolgend für eine Longitudinalwelle durchgeführt. Das Verfahren lässt sich analog auch für Transversalwellen durchführen.

Wir nehmen das Beispiel von
gekoppelten Oszillatoren der Masse
,
die durch Federn mit Federkonstanten
verbunden sind. Die Auslenkung des i-ten Oszillators bezeichnen wir mit
.
Der Abstand der einzelnen Massen ist
.
Die Lagrange-Funktion
dieses Systems ist dann:
Die Bewegungsgleichung des Systems lässt sich daraus herleiten als:
Diese Gleichung teilen wir durch
und erhalten:
Durch einen Kontinuumsübergang wird der diskrete Index
durch eine kontinuierliche Koordinate
,
und die diskrete Funktion
durch die Wellenfunktion
ersetzt. Für einen solchen Kontinuumslimes wird gleichzeitig der Limes
,
,
und
genommen, sodass dabei folgende Größen konstant gehalten werden:
- Die Gesamtlänge
- Die Gesamtmasse
und damit auch die Dichte
- Das Produkt aus Federkonstante und Federlänge
Der Faktor
auf der linken Seite der Gleichung ist konstant. Daher lässt sich diese Seite
schreiben als
Die rechte Seite der Gleichung lässt sich umschreiben als:
Dies ist gerade der Differenzenquotient
für die zweite Ableitung. Man erhält nämlich mit Hilfe einer
Taylorentwicklung um
Man erhält so die Wellengleichung
Anmerkungen
- ↑
Zeitpunktangaben beziehen sich auf obenstehende
Grafik; der Abstand zweier Zeitpunkte beträgt eine viertel Periode, also
.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.03. 2022