Separabilität (Quantenmechanik)

In der Quantenmechanik bezeichnet man den Zustand eines zusammengesetzten Systems als separabel, wenn er nicht verschränkt ist, das heißt, wenn er sich als Gemisch aus Produktzuständen schreiben lässt.

Separabilität für reine Zustände

Der Einfachheit halber werden im Folgenden alle Räume als endlichdimensional angenommen. Zunächst betrachten wir reine Zustände.

Separabilität ist eine Eigenschaft zusammengesetzter Quantensysteme, das heißt im einfachsten („bipartiten“) Fall, eines aus den Teilsystemen 1 und 2 bestehenden Gesamtsystems 12. Die quantenmechanischen Zustandsräume der Teilsysteme seien die Hilberträume H_{1} und H_{2} mit den jeweiligen orthonormalen Basisvektoren \{|{a_{i}}\rangle \}_{{i=1}}^{n} und \{|{b_{j}}\rangle \}_{{j=1}}^{m}. Der Hilbertraum des zusammengesetzten Systems ist dann das Tensorprodukt

H_{{12}}=H_{1}\otimes H_{2},

mit der Basis \{|{a_{i}}\rangle \otimes |{b_{j}}\rangle \}, oder in kompakterer Notation \{|a_{i}b_{j}\rangle \}. Jeder Vektor in H_{{12}} (d.h., jeder reine Zustand des Systems 12) lässt sich schreiben als |\psi \rangle =\Sigma _{{i,j}}c_{{i,j}}|a_{i}\rangle \otimes |b_{j}\rangle =\Sigma _{{i,j}}c_{{i,j}}|a_{i}b_{j}\rangle .

Wenn sich ein reiner Zustand |\psi \rangle \in H_{1}\otimes H_{2} in der Form |\psi \rangle =|\psi _{1}\rangle \otimes |\psi _{2}\rangle schreiben lässt (wobei |\psi _{i}\rangle ein reiner Zustand des Teilsystems i ist), heißt er separabel oder Produktzustand. Andernfalls nennt man den Zustand verschränkt.

Standardbeispiele für einen separablen und einen verschränkten Zustandsvektor in H_{{12}}={\mathbb  {C}}^{2}\otimes {\mathbb  {C}}^{2} sind

|00\rangle \doteq {\begin{pmatrix}1\\0\\0\\0\end{pmatrix}}       bzw.        (|00\rangle+|11\rangle)/\sqrt{2} \doteq \frac{1}{\sqrt{2}}\begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 0 \\ 1 \end{pmatrix},

wobei \doteq wie üblich zu lesen ist als: „wird repräsentiert durch“.

Man sieht,

Beides ist in einem verschränkten Zustand nicht möglich. Passend verallgemeinert lässt sich diese Unterscheidung auch auf den Fall gemischter Zustände übertragen.

Die vorangehende Diskussion lässt sich ohne wesentliche Änderungen auf den Fall unendlichdimensionaler Systeme verallgemeinern.

Separabilität für gemischte Zustände

Nun betrachten wir den Fall gemischter Zustände. Ein gemischter Zustand des zusammengesetzten Quantensystems 12 wird durch eine Dichtematrix \rho beschrieben, die auf dem Hilbertraum H_{{12}}=H_{1}\otimes H_{2} wirkt.

\rho ist separabel, wenn es {\displaystyle p_{k}\geq 0} mit {\displaystyle p_{1}+p_{2}+\dots =1} und Zustände \{\rho _{1}^{k}\} auf H_{1} und \{\rho _{2}^{k}\} auf H_{2} gibt (die jeweils gemischte Zustände der Teilsysteme beschreiben), so dass

\rho =\sum _{k}p_{k}\rho _{1}^{k}\otimes \rho _{2}^{k}.

Andernfalls heißt \rho verschränkt.

Die physikalische Bedeutung dieser mathematischen Definition ist, dass sich ein separabler Zustand als Gemisch von Produktzuständen \rho _{1}^{k}\otimes \rho _{2}^{k} auffassen lässt.

Es ist nach der obigen Definition klar, dass die separablen Zustände eine konvexe Menge bilden.

Wenn die Zustandsräume unendlichdimensional sind, werden Dichtematrizen durch positive Spurklasseoperatoren mit Spur 1 ersetzt. Ein Zustand heißt dann separabel, wenn er (in der Spurnorm) durch Zustände der obigen Form beliebig genau approximiert werden kann.

Separabilität für Vielparteien-Systeme

Die vorangehende Diskussion lässt sich leicht für aus vielen Teilsystemen bestehende Quantensysteme verallgemeinern. Wenn das System aus n Teilsystemen mit System-Hilbertraum H_{i},i=1,\dots ,n besteht, dann ist ein reiner Zustand auf H_{{1,\dots ,n}}=H_{1}\otimes H_{2}\otimes \dots \otimes H_{n} genau dann separabel (genauer: vollständig separabel), wenn er von der Form

|\psi \rangle =|\psi _{1}\rangle \otimes \cdots \otimes |\psi _{n}\rangle

ist. Analog ist ein gemischter Zustand \rho auf H_{{1..n}} separabel, wenn er sich als konvexe Summe von Produktzuständen schreiben lässt:

\rho =\sum _{k}p_{k}\rho _{1}^{k}\otimes \cdots \rho _{n}^{k}.

Separabilitätskriterien

Ein reiner Zustand \rho _{{12}} auf H_{1}\otimes H_{2} ist genau dann separabel, wenn die Entropie der reduzierten Zustände verschwindet, das heißt, wenn S(\rho _{1})=0 oder S(\rho _{2})=0 ist (beide Gleichungen sind über die Schmidt-Zerlegung äquivalent).

Die Frage, ob ein gegebener gemischter Zustand \rho separabel ist (Separabilitätsproblem), ist im Allgemeinen schwer zu beantworten (NP-Schwere). Die Unterscheidung von separablen und verschränkten Zuständen ist in der Quanteninformationstheorie von großem Interesse, da nur verschränkte Zustände Quantenkorrelationen aufweisen und eine wichtige Ressource darstellen, die Verfahren wie Quantenteleportation ermöglicht.

Ein Separabilitätskriterium ist eine (leicht überprüfbare) Bedingung, die jeder separable Zustand erfüllt (notwendige Bedingung für Separabilität). Die Verletzung einer solchen Bedingung ist dann hinreichend für den Nachweis von Verschränkung. Beispiele für solche Kriterien sind die Erfüllung der Bellschen Ungleichung oder das Peres-Horodecki-Kriterium, das besagt, dass die Dichtematrix eines separablen Zustands unter partieller Transposition[1] positiv bleibt. Allgemeiner lässt sich formulieren, dass die Dichtematrix eines separablen Zustands unter Anwendung jeder positiven Abbildung T in einem der Teilsysteme positiv bleiben muss:

(1\otimes T)\rho \geq 0.

Im Allgemeinen (d.h. für nicht notwendig separable Zustände) gilt dies nur für vollständig positive Abbildungen T. Die Gültigkeit der obigen Ungleichung für alle positiven Abbildungen T ist notwendig und hinreichend für Separabilität.

Andere Separabilitätskriterien ergeben sich aus den sogenannten Verschränktheitszeugen (entanglement witnesses) oder aus Verschränktheitsmaßen.

Anmerkungen

  1. Als partielle Transposition einer Matrix M auf H_{1}\otimes H_{2} bezeichnet man die Matrix, bei der die Transposition nur bezüglich eines der beiden Teilsysteme H_{1},H_{2} gebildet wird. Seien \{e_{i}\} und \{f_{i}\} Orthonormalbasen von H_{1} bzw. H_{2} und seien M_{{ij,kl}} die Matrixelemente in der Basis \{e_{i}\otimes f_{j}\}, dann gilt für die bezüglich H_{1} partiell transponierte Matrix M^{{T_{1}}}, dass (M^{{T_{1}}})_{{ij,kl}}=M_{{kj,il}}. Die lineare Abbildung {\displaystyle T_{1}\colon M\to M^{T_{1}}} wird oft auch als partielle Transposition bezeichnet. T_{1} ist ein Beispiel für einen „positive, aber nicht vollständig positive“ Abbildung. (vgl. z.B. Horodecki et al. Phys. Lett. A 223, 1 (1996))
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 04.07. 2021