Riemannsche ζ-Funktion
Die riemannsche ζ-Funktion (Zeta-Funktion nach Bernhard Riemann) ist eine spezielle mathematische Funktion, die in der analytischen Zahlentheorie, einem Teilgebiet der Mathematik, eine zentrale Rolle spielt. Ihre entscheidende Bedeutung erlangt die riemannsche ζ-Funktion durch den Zusammenhang zwischen der Lage ihrer komplexen Nullstellen und der Verteilung der Primzahlen. Die genaue Lage dieser Nullstellen ist Gegenstand der riemannschen Vermutung, eines der wichtigsten ungelösten Probleme der Mathematik. Ausgehend von einer Definition als Dirichlet-Reihe findet die riemannsche ζ-Funktion in zahlreichen mathematischen Disziplinen Anwendung:
- in der analytischen Zahlentheorie im Zusammenhang mit Primzahlen, zahlentheoretischen Funktionen und weiteren Dirichlet-Reihen,
- in der Analysis durch besondere Funktionswerte und das Auftreten in unendlichen Reihen sowie
- in der Wahrscheinlichkeitstheorie, zum Beispiel bei der Zeta-Verteilung.
Erstmals untersucht wurde die Zeta-Funktion im 18. Jahrhundert von Leonhard Euler, der bedeutende Aussagen bezüglich ihrer fundamentalen Eigenschaften treffen konnte. In der Zeit danach folgten viele weitere Entdeckungen, die bedeutendsten unter ihnen von Riemann im Jahr 1859, der den tiefgründigen Zusammenhang zwischen der Zeta-Funktion und den Primzahlen erheblich erweiterte. Entscheidende Fortschritte erzielten Mathematiker wie zum Beispiel Ernst Leonard Lindelöf, Jacques Hadamard, Charles-Jean de La Vallée Poussin, Godfrey Harold Hardy, John Edensor Littlewood, Atle Selberg, Sergei Michailowitsch Woronin und John Brian Conrey. Wegen der überragenden Bedeutung der riemannschen Vermutung für die Zahlentheorie und deren Anwendungen bleibt der Themenkreis der riemannschen ζ-Funktion ein Gebiet intensiver mathematischer Forschung.
Einordnung ohne mathematisches Vorwissen
Im Zentrum der Zahlentheorie, jenes Zweiges der Mathematik, der sich mit den Eigenschaften der ganzen Zahlen 1, 2, 3, 4 ... beschäftigt, stehen die Primzahlen 2, 3, 5, 7, 11, .... Diese sind ausgezeichnet durch die Eigenschaft, genau zwei Teiler zu haben, nämlich die 1 und sich selbst. Die 1 ist keine Primzahl. Bereits Euklid konnte zeigen, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, weshalb die Liste 2, 3, 5, 7, 11, ... niemals enden wird.
Die Primzahlen sind gewissermaßen die Atome der ganzen Zahlen, da sich jede positive ganze Zahl eindeutig in solche zerlegen lässt. Zum Beispiel ist und . Trotz dieser elementaren Eigenschaft ist nach mehreren Jahrtausenden Mathematikgeschichte bis heute kein einfaches Muster bekannt, dem sich die Primzahlen in ihrer Folge unterwerfen. Ihre Natur ist eines der größten mathematischen Rätsel.
Auch wenn das detaillierte Verständnis der Sequenz 2, 3, 5, 7, ... unerreichbar fern ist, kann man nach Mustern suchen, wenn man den Blick ausweitet. Zum Vergleich stelle man sich vor, dass mit Hilfe statistischer Methoden das Verhalten sehr vieler Menschen (zum Beispiel bezüglich Konsum- und Wahlverhalten) oft überraschend präzise beschrieben werden kann, obgleich ein einzelner Mensch äußerst komplex ist. Das hat grob gesagt damit zu tun, dass größer werdende relevante Datenmengen immer zuverlässigere Informationen liefern. Im Falle der Primzahlen führt eine solche Ausweitung unter anderem zu der Frage, wie viele Primzahlen es unter einer fest gewählten Zahl gibt.
Zum Beispiel sind nur 4 Primzahlen, nämlich 2,3,5 und 7, kleiner als die Zahl 10. Im Falle von 50 sind es schon 15 kleinere Primzahlen, sie sind gegeben durch
Ende des 19. Jahrhunderts konnte ein verblüffend einfaches (allerdings grobes) Beschreibungsmuster für das quantitative Verhalten der Primzahlen unter einer Größe bewiesen werden. Dieses wurde bereits im 18. Jahrhundert vom 15-jährigen Gauß vermutet. Aus diesem lässt sich aus einer gegebenen Zahl die Anzahl der Primzahlen, die kleiner als diese Zahl sind, schätzen. Das Muster wird relativ betrachtet immer genauer, je größer die obere Schranke gewählt wird. Beispielsweise liefert es für den Wert 50 die Prognose 18 (es sind tatsächlich 15 Primzahlen, siehe oben). Weiter sagt es rund 1246 Primzahlen unter der Zahl 10.000 voraus - tatsächlich sind es 1229.
Das entscheidende Werkzeug zum Beweis dieses schätzungsweise richtigen Musters ist die riemannsche Zeta-Funktion. Das besondere an dieser Funktion ist, dass sie das Gesetz der eindeutigen Primfaktorzerlegung in der Sprache der Analysis ausdrückt. Interessanterweise erhöht sich mit dem Wissen um die Zeta-Funktion auch unser Wissen um die Primzahlen, sogar in detaillierteren Fragestellungen. So können viele Primzahltests, wie der von Miller-Rabin unter Annahme der riemannschen Vermutung bewiesen bzw. verbessert werden. Die Nullstellen der Zeta-Funktion implizieren zudem einen Korrekturterm oberen Musters, der es in einen exakten Ausdruck umwandelt. Jedoch sind praktische Berechnungen mit dieser Formel numerisch nicht sinnvoll.
Die Primzahlen sind nicht nur Gegenstand der mathematischen Grundlagenforschung, sondern haben auch Anwendung. So kommen beispielsweise bei diversen Kryptosystemen wie der RSA-Verschlüsselung sehr große Primzahlen zum Einsatz.
Geschichte
Im Gegensatz zu den Primzahlen oder der euklidischen Geometrie ist die mathematische Entdeckungsgeschichte der riemannschen Zetafunktion sehr jung. So sind alle bis heute wesentlichen Entdeckungen zu dieser Funktion in den letzten 350 Jahren gemacht worden. Dies liegt zum einen daran, dass in der Zeit davor die notwendigen mathematischen Methoden noch nicht ausgereift waren. Die Zeta-Funktion besaß zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung noch keinerlei offensichtliche Anwendung in der Praxis. Ein Grund, weshalb sie trotzdem die Aufmerksamkeit vieler Mathematiker erhielt, war, dass sie trotz ihrer sehr simpel wirkenden Struktur nicht so triviale Eigenschaften besitzt wie beispielsweise die geometrische Reihe.
Einer der ersten Mathematiker, der sich mit einem Vorläufer der heute definierten Zeta-Funktion intensiv und ausführlich auseinandersetzte, war Leonhard Euler. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts versuchten Mathematiker, den exakten Grenzwert der unendlichen Reihe
zu bestimmen. Leonhard Euler, der im Jahre 1735 dieses schwierige Basler Problem mit Hilfe eigener neuartiger Techniken löste, untersuchte anschließend den verallgemeinerten Ausdruck
(Euler verwendete das „reelle “, die Schreibweise mit komplexer Variablen wurde erst über Riemann populär) in der Hoffnung, weitere und außerdem weit bedeutendere Aussagen über diese Reihe treffen zu können. Da die Methoden der komplexen Analysis Euler zu seinen Lebzeiten weitestgehend noch nicht bekannt waren, war er auch noch nicht im Stande, das Problem der Primzahlen in der Weise anzugehen wie später Riemann. Jedoch gelangen ihm einige wichtige Aussagen.
So fand er zum Beispiel die Lösung des Basler Problems und die allgemeine Formel
(Euler selbst verwendete noch nicht das als Funktionssymbol) und berechnete neben per Hand den Wert
Auch entdeckte Euler das nach ihm benannte Euler-Produkt
und konnte mit seiner Hilfe die Divergenz der Reihe der Kehrwerte aller Primzahlen
nachweisen. Diese Tatsache war für ihn ein Indikator dafür, dass Primzahlen wesentlich dichter liegen müssten als Quadratzahlen, da er im Basler Problem ja gezeigt hatte, dass die unendliche Summe der Kehrwerte aller Quadratzahlen gegen einen endlichen Grenzwert strebt. Auch die von Riemann später bewiesene Funktionalgleichung soll Euler schon bekannt gewesen sein.
Im Jahr 1859 setzte Bernhard Riemann in seiner Arbeit Über die Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Größe die Zeta-Funktion in zentralen Zusammenhang zu den Primzahlen. Zwar hatte Euler schon ein Jahrhundert zuvor die Gültigkeit des Euler-Produktes aufgezeigt, jedoch war es erst mit Riemanns Herangehensweise möglich geworden, daraus konkrete Informationen über Primzahlen selbst zu gewinnen. Riemann, der selbst ein Schüler von Gauß war, schrieb in seiner achtseitigen Arbeit eine funktionentheoretische Interpretation und Auswertung des Euler-Produkts, die einen Zusammenhang zwischen Primzahlen und den nicht-trivialen Nullstellen der Zeta-Funktion schaffte. Damit war ihm ein völlig neuer Zugang zu dem Primzahl-Rätsel gelungen. In ihr führte er auch zum ersten Mal das griechische (Zeta) als Funktionssymbol ein. In seiner Arbeit formulierte er außerdem seine bis heute unbewiesene berühmte riemannsche Vermutung, die eine wichtige Aussage über die genaue Lage der Nullstellen der Zeta-Funktion macht. Daher beschäftigte sich Riemann ebenfalls mit der numerischen Berechnung seiner Zeta-Funktion und fand sogar die ziemlich genaue Lage einiger nicht-trivialer Nullstellen in der komplexen Ebene, ohne dafür eine Rechenmaschine zu benutzen. Seine Formel wurde später von dem deutschen Mathematiker Carl Ludwig Siegel bei der Auswertung seiner Dokumente wiederentdeckt und wird seit diesem Zeitpunkt Riemann-Siegel-Formel genannt.
Da viele von Riemanns Aufzeichnungen nach seinem Ableben von seiner Haushälterin verbrannt wurden, kann bis heute nur spekuliert werden, wie weit seine Untersuchungen tatsächlich gingen.
Im Jahre 1910 veröffentlichte der indische Mathematiker S. Ramanujan im Journal of the Indian Mathematical Society einen Artikel, in dem unter anderem die folgende Gleichung behauptet wurde:
Die meisten Mathematiker, die diese Gleichung zu Gesicht bekamen, hatten sie als offensichtlichen Schwachsinn gewertet. So kam es, dass Professor Hill vom University College in London schrieb:
„Mr. Ramanujan ist ein Opfer der Fallstricke des sehr schwierigen Gebietes der divergenten Reihen geworden.“
Als Ramanujan jedoch den britischen Mathematiker Godfrey Harold Hardy in Cambridge brieflich auf seine Theorie aufmerksam machte, wurde diesem in der Gleichung die korrekte Auswertung des Werts bewusst, auch wenn sie bezüglich ihrer mathematischen Formalität natürlich inkorrekt war. Hardy war sich sicher, dass Ramanujan, trotz seiner fremden Art, Mathematik zu betreiben, ein Genie sein müsse.
Definition
Die Zeta-Funktion wird in der Literatur generell über ihre Darstellung als Dirichlet-Reihe definiert.
Für komplexe Zahlen , deren Realteil größer als 1 ist, ist die Zeta-Funktion definiert durch die Dirichlet-Reihe
Wie man leicht über das Integralkriterium für unendliche Reihen beweist, ist diese Reihe im angegebenen Bereich absolut konvergent. Zudem ist die Konvergenz auf kompakten Teilmengen gleichmäßig, weshalb nach dem Satz von Weierstraß die dargestellte Funktion holomorph ist. Wegen der Divergenz der harmonischen Reihe ist diese Darstellung für alle komplexen Zahlen mit Realteil kleiner oder gleich 1 jedoch ungültig. In besonderem Maße wird dies für negative Argumente ersichtlich, wenn man zum Beispiel versuchte, die -Funktion an der Stelle über die Dirichlet-Reihe auszuwerten. Man hätte dann
und diese Reihe hat offensichtlich keinen endlichen Grenzwert.
Die Dirichlet-Reihe wird aufgrund ihrer Einfachheit und ihrer zahlentheoretischen Relevanz (siehe Euler-Produkt) als Basisdefinition verwendet. Mittels analytischer Fortsetzung wird eine sinnvolle Berechnung für alle komplexen Zahlen mit Ausnahme der Zahl möglich. Damit können schließlich auch scheinbar unendlich großen Werten wie einen Sinn gegeben werden, es gilt zum Beispiel .
Euler-Produkt
Eine wesentliche Eigenschaft der Zeta-Funktion ist ihre Verbindung zu den Primzahlen. Euler, der als Erster diesen Zusammenhang entdeckte, betrachtete dafür das später nach ihm benannte Euler-Produkt, welches für alle mit gültig ist:
Hierbei stellt jeder einzelne Faktor des Produktes eine geometrische Reihe gebildet über den Wert dar, während sich das gesamte Produkt über alle Primzahlen erstreckt. Das Euler-Produkt ist deshalb so erstaunlich, da Primzahlen aufgrund ihrer chaotischen Verteilung sehr schwer in analytischen Ausdrücken unterzubringen sind. Jedoch stellt es eine überraschend einfache Identität zwischen den „chaotischen Primzahlen“ und einer wohlgeordneten Reihe dar. In der Tat, lässt sich das Euler-Produkt als analytische Version des Gesetzes der eindeutigen Primfaktorzerlegung interpretieren.
Zum Beweis betrachtet man für eine Schranke zunächst
Da jeder Faktor eine geometrische Reihe ist, gilt
für alle Primzahlen . Dann gilt aber auch
wobei der Strich an der zweiten Summe anzeigt, dass nur über alle summiert wird, deren Primteiler sämtlich sind. Daraus folgt:
und mit und folgt die Behauptung.
Aus der unbedingten Konvergenz des Euler-Produktes folgt unmittelbar, dass auf der Halbebene keine Nullstellen besitzt. Ferner gilt dort die Identität
woraus Riemann schließlich den für alle gültigen, zahlentheoretisch sehr wichtigen Ausdruck
hervorbringen konnte. Hierbei bezeichnet die Primzahlfunktion, welche zählt, wie viele Primzahlen kleiner als sind. Die Summe auf der linken Seite liefert für jede Primzahlpotenz jeweils den Beitrag , kann also mit identifiziert werden.
Analytische Fortsetzung
Eine analytische Fortsetzung der im Gebiet durch die Reihe definierten holomorphen Funktion ist eine auf einem größeren Gebiet holomorphe Funktion, welche auf ganz mit dieser übereinstimmt. Nach dem Identitätssatz für holomorphe Funktionen ist eine solche Fortsetzung stets eindeutig bestimmt.
Obwohl es für den ganz allgemeinen Fall kein konstruktives Verfahren gibt, analytische Fortsetzungen anzugeben, ist es durch die Einfachheit der Dirichlet-Reihe nicht schwierig, eine solche zu finden. Besonders einfach erweist sich dies für die gelochte Halbebene , mittels der Beobachtung
Die Reihe zur rechten konvergiert nachweislich in besagter erweiterten Halbebene und wird in der Literatur auch manchmal als dirichletsche Eta-Funktion bezeichnet. Für eine weitere holomorphe Ausdehnung des Definitionsbereiches eignen sich nun viele Methoden, welche jedoch nach dem Identitätssatz alle dieselbe Funktion darstellen. Eine davon bietet die Anwendung der eulerschen Reihentransformation auf die obere alternierende Reihe. Man erhält damit eine 1930 von Konrad Knopp veröffentlichte und auf ganz definierte Reihenidentität
Diese wurde von Helmut Hasse bewiesen. Es ist zu beachten, dass die anderen Singularitäten mit sämtlich hebbar sind.
Funktionalgleichung
Im Folgenden bezeichnet die Gammafunktion, die die Fakultät auf komplexe Zahlen verallgemeinert. Auf ganz gilt als Identität zwischen meromorphen Funktionen
Aus dieser geht durch einfache Umformung die alternative Darstellung
für alle hervor. Oft wird auch die symmetrische Variante der Funktionalgleichung, nämlich
in der Literatur zitiert. Man beachte die Invarianz, die unter der Variablentransformation entsteht.
Die Funktionalgleichung schafft einen Zusammenhang zwischen bedeutenden mathematischen Funktionen und zieht wichtige Resultate nach sich. So bietet sie beispielsweise wertvolle Erkenntnisse über die Lage der Nullstellen der Zeta-Funktion, die in direktem Zusammenhang zu den Primzahlen stehen.
Alternativ zu der obigen Funktionalgleichung definierte Riemann in seiner Arbeit die Funktion
für die
gilt. Sie wird auch als riemannsche Xi-Funktion bezeichnet.
Ein Herleitungsansatz für die Funktionalgleichung befindet sich im Abschnitt Beziehung zur Thetafunktion.
Eigenschaften
Meromorphie, Singularitäten und Laurent-Reihe
Die -Funktion ist eine in ganz holomorphe Funktion, das bedeutet, dass sie an allen Stellen außer komplex differenzierbar ist.
Ihre -te Ableitung besitzt für Argumente mit Realteil größer als 1 die Darstellung:
An der Stelle besitzt sie, aufgrund der Divergenz der harmonischen Reihe, einen Pol erster Ordnung mit Residuum 1, das heißt, es gilt:
Also ist sie eine in ganz meromorphe Funktion. Insbesondere kann sie um in eine Laurent-Reihe mit Konvergenzradius entwickelt werden, diese hat die Form
Bei den Koeffizienten
handelt es sich um die Stieltjes-Konstanten, wobei die Euler-Mascheroni-Konstante ist, für die sich daraus insbesondere der Ausdruck
ergibt.
Asymptotisches Verhalten
Für unbegrenzt größer werdende Realteile hat die Zeta-Funktion ein leicht zu bestimmendes asymptotisches Verhalten, es gilt
Dies folgt unmittelbar aus der gleichmäßigen Konvergenz der Dirichlet-Reihe in den Bereichen und Vertauschung von Limes und Summation:
Vergleiche hierzu auch den komplexen Graphen der Zeta-Funktion zu Beginn des Artikels, der in Richtung der positiven reellen Achse zunehmend konstant rot gefärbt ist.
Wachstumsgesetze entlang der vertikalen imaginären Achse sind, falls vorhanden, deutlich schwerer zu sondieren. Jedoch sind einige Abschätzungen bekannt. Mit Hilfe des Phragmen-Lindelöf Prinzips zeigt man
für feste Werte und alle . Dabei ist eine positive Konstante. Diese Abschätzung kann jedoch vermutlich weiter verbessert werden. Setzt man zu diesem Zweck
so wird zum Beispiel vermutet, dass ist. Diese lindelöfsche Vermutung folgt aus der Richtigkeit der riemannschen Vermutung, ist aber bis heute unbewiesen.
Spiegelung konjugierter Argumente
Hinweis: Diese ist keine nur für die Zeta-Funktion spezifische Eigenschaft, spielt aber bezüglich der Verteilung der Nullstellen eine wichtige Rolle, weshalb sie trotzdem ausführlicher erwähnt wird.
Zu einer komplexen Zahl definiert man ihre Konjugation über . Es gilt nun für alle :
Das bedeutet: Wenn für ein reelles Zahlenpaar mit
mit gilt, so gilt gleichzeitig
Das sieht man unmittelbar mit - im Falle der analytischen Fortsetzung ist dies mit der Reihentransformation weiterhin erfüllt. Ist nun eine Nullstelle, so gilt insbesondere
weshalb ebenfalls Nullstelle ist.
Charakterisierung durch Hamburger
Im Jahre 1921 gelang es Hans Hamburger, die riemannsche Zeta-Funktion anhand ihrer Funktionalgleichung wie folgt zu charakterisieren.
Es sei , wobei eine ganze Funktion endlicher Ordnung und ein Polynom ist, für durch die Dirichlet-Reihe darstellbar. Ferner gelte die Funktionalgleichung
wobei ebenfalls auf der Halbebene als Dirichlet-Reihe darstellbar sei. Dann folgt bereits die Identität .
Universalitätssatz von Woronin
Nach dem Universalitätssatz von Sergei Michailowitsch Woronin ist die riemannsche -Funktion imstande, jede beliebige (holomorphe) Funktion in einer nullstellenfreien Kreisscheibe mit Radius 1/4 beliebig genau zu approximieren.
Als anschaulichen Vergleich stelle man sich dafür vor, dass es für jede (holomorphe) Funktion eine Art „Landkarte“ gibt, die Höhen und Tiefen sowie Himmelsrichtung der Funktionswerte in der komplexen Ebene darstellt. Der Universalitätssatz besagt nun, dass man, wenn man die Landkarte der Zeta-Funktion in einem bestimmten unendlichen Bereich scannen würde, früher oder später auf Gebiete stieße, die Ausschnitten der Landkarten anderer Funktionen, also mitsamt allen darin eingetragenen „Bergen“ und „Tälern“, sehr ähneln – ja, sogar beliebig genau ähneln. Als einzige Voraussetzung gelte hierbei jedoch, dass auf dem Kartenausschnitt der fremden Funktion nie der Wert 0 eingetragen sei.
Formal ausgedrückt: sei eine zusammenhängende, kompakte Teilmenge des Streifens .
Sei nun eine in ganz holomorphe Funktion, die außerdem für kein verschwinde. Es existiert dann für jedes ein , sodass
für alle . Wenn es nun kein gibt, derart dass ist, die Approximation also nicht perfekt möglich ist und trotzdem immer besser werden soll, indem immer kleiner wird, muss immer größer werden. Dabei kann nicht den Limes haben, sondern höchstens ein Häufungspunkt sein.
Es gilt sogar noch mehr: die Dichte aller , die eine Approximation erfüllen, ist positiv, wie folgende Ungleichung
beweist. Hier ist das Standard-Lebesgue-Maß auf den reellen Zahlen.
Mellin-Transformation - die Verbindung zur Gamma-Funktion
Die nach der Definition als Dirichlet-Reihe und dem Euler-Produkt wohl elementarste und wichtigste Darstellung der Zeta-Funktion ist die sogenannte Mellin-Transformation. Dabei wird die Zeta-Funktion über ein unendliches Integral ausgedrückt.
Grundlage dieser Darstellung ist das eulersche Integral für die Gamma-Funktion
aus welchem nach der Substitution mit und Division durch nach beidseitigem Summieren der Ausdruck
hervorgeht. Dieser gilt naturgemäß nur auf der Halbebene . Zu beachten ist jedoch, dass der Integrand neben der Kernfunktion eine um analytische Funktion ist:
Diese Tatsache schafft eine enge Beziehung zwischen Zeta-Funktion und den Bernoulli-Zahlen . Durch sukzessives Abspalten der Taylor-Polynome von im Integrationsintervall von 0 bis 1 kann die Zeta-Funktion auf ganz fortgesetzt werden:
Dabei wird ausgenutzt, dass eine ganze Funktion ist. Wertet man die hebbaren Singularitäten (durch Limesbildung) and den Stellen aus, offenbart sich der enge Zusammenhang zwischen und den Bernoulli-Zahlen.
Eng verwandt zur oberen Transformation ist eine Kurvenintegraldarstellung. Diese wurde von Riemann selbst verwendet, um die Zeta-Funktion in die komplexe Ebene fortzusetzen. Indem er den Integrationsweg des Mellin-Integrals aus dem oberen Abschnitt modifizierte, konnte Riemann für alle
herleiten, wobei "der Integrationsweg von +∞ nach +∞ verläuft und den Ursprung einmal umläuft". Gemeint ist damit ein Weg, der von +∞ knapp über der reellen Achse parallel Richtung Ursprung verläuft, diesen entgegen Uhrzeigerrichtung umkreist, und anschließend unterhalb der reellen Achse wieder zu +∞ strebt.
Über eine inverse Mellin-Transformation lässt sich oberer Integrand aus der Zeta-Funktion zurück gewinnen. Es gilt für jede reelle Zahl und alle :
Der tiefe Zusammenhang zwischen der Zeta-Funktion und der Fakultät wurde bereits von Euler beobachtet, jedoch nicht mathematisch rigoros ausgearbeitet.
Spezielle Funktionswerte
Funktionswerte für gerade natürliche Zahlen
Die Funktionswerte der riemannschen Zeta-Funktion für positive gerade Zahlen haben eine enge Beziehung zur Kreiszahl . Für eine positive ganze Zahl ist
wobei die -te Bernoulli-Zahl bezeichnet. Somit lässt sich jeder Funktionswert in der Form
schreiben, wobei und ganze Zahlen sind. Daraus folgt auch sofort, dass jeder Wert für natürliche Zahlen irrational und sogar transzendent ist.
Beispielsweise ist
Diese Formeln wurden von Euler entdeckt und 1735 in seiner Arbeit De Summis Serierum Reciprocarum erstmals veröffentlicht. Das Auffinden des Werts von ist auch als das Basler Problem bekannt.
Daneben gibt es auch die bemerkenswerte Rekursionsformel
für natürliche Zahlen , die Euler noch nicht bekannt war.
Funktionswerte für ungerade natürliche Zahlen
Über den Wert der Zeta-Funktion für ungerade natürliche Zahlen ist nur sehr wenig bekannt. Beispielsweise weiß man, dass die Apéry-Konstante irrational ist, was 1979 von dem französischen Mathematiker Roger Apéry bewiesen wurde. Sein Beweis fand große Achtung in den Mathematikerkreisen – z.B. zitierte Carl Ludwig Siegel:
„Man kann den Beweis nur wie einen Kristall vor sich hertragen“
Im Wesentlichen verwendete Apéry die Reihe
mit rationalen Gliedern. Es gilt hingegen auch . Somit geriet die Frage nach der Existenz rationaler Zahlen mit
oder auch
zunehmend in den Mittelpunkt, um Aperys Beweismethode gegebenenfalls auch auf andere Zeta-Werte anwenden zu können. Diese ist bis heute nicht geklärt, aber Gegenstand intensiver Forschung.
Es ist hingegen sehr wohl bekannt, dass unendlich viele Werte irrational sind. Außerdem konnte Wadim Zudilin als Spezialfall zeigen, dass mindestens einer der Werte , , und irrational sein muss.
Um 1900 fand Matyáš Lerch einen besonders eleganten Ausdruck für :
Durch Arbeiten von Lerch und S. Ramanujan inspiriert, entwickelte der Kanadier Simon Plouffe ab 1995 weitere Ausdrücke dieser Art:
Diese Ausdrücke eignen sich für eine effiziente Berechnung der Zetawerte sehr gut, da die einbezogenen Reihen äußerst schnell konvergieren.
Eine allgemeine Formel für alle ungeraden positiven ganzen Zahlen der Form mit ist:
wobei die -te Bernoulli-Zahl ist. Dies vereinfacht sich zu einer alternativen Darstellung, die Zeta-Werte gerader Argumente mit einschließt:
Somit lässt sich jeder Wert in der Form
mit ganzen Zahlen und schreiben, was, ähnlich bei den Werten gerader Funktionsargumente, eine engere Verwandtschaft zwischen und impliziert. Es ist jedoch bis heute ungeklärt, ob einer der Werte als rationales Vielfaches von darstellbar ist.
Es gibt noch eine Multiintegraldarstellung für natürliche Argumente. Für alle erhält man:
So bekommt man unter anderem:
Dies beweist man leicht durch die Auffassung des Integranden als Grenzwert der geometrischen Reihe und Vertauschung von Integration und Summation.
2n + 1 | ζ(2n + 1) | OEIS Folge |
---|---|---|
3 | 1,2020569031595942853997381… | Folge A002117 in OEIS |
5 | 1,0369277551433699263313654… | Folge A013663 in OEIS |
7 | 1,0083492773819228268397975… | Folge A013665 in OEIS |
9 | 1,0020083928260822144178527… | Folge A013667 in OEIS |
11 | 1,0004941886041194645587022… | Folge A013669 in OEIS |
13 | 1,0001227133475784891467518… | Folge A013671 in OEIS |
15 | 1,0000305882363070204935517… | Folge A013673 in OEIS |
17 | 1,0000076371976378997622736… | Folge A013675 in OEIS |
19 | 1,0000019082127165539389256… | Folge A013677 in OEIS |
Funktionswerte für nichtpositive ganze Zahlen
Im Gegensatz zu den Zeta-Werten positiver ganzer Argumente, über die im Falle der ungeraden Werte bis heute nahezu nichts bekannt ist, sind die Funktionswerte für nichtpositive ganze Zahlen sämtlich bekannt. Insbesondere sind sie alle rational. Sie hängen, wie die Zeta-Werte gerader positiver Zahlen, sehr eng mit den Bernoulli-Zahlen zusammen.
Aus der Funktionalgleichung und Eulers Formel für gerade Zeta-Werte gelangt man für eine natürliche Zahl zu:
Aus für ungerade n sowie
was ebenfalls aus der Funktionalgleichung folgt, geht schließlich die für alle natürlichen Zahlen gültige Darstellung
hervor. Weitere Werte sind:
Bezüglich des Wertes schrieb der indische Mathematiker S. Ramanujan in einem seiner Artikel die (formal natürlich inkorrekte) Gleichung:
siehe auch im Abschnitt Geschichte.
Funktionswerte für halbzahlige Argumente
Für die Funktionswerte für halbzahlige Argumente gilt:
- (Folge A059750 in OEIS),
- (Folge A078434 in OEIS).
Dieser Wert wird u.a. in der Physik bei der Berechnung der kritischen Temperatur für die Ausbildung eines sogenannten Bose-Einstein-Kondensats und in der Spinwellen-Theorie bei magnetischen Systemen benötigt.
2017 gab Franke folgende Identität für halbzahlige Funktionswerte:
mit , , , und .
Spezielle Werte der Ableitung
Für alle negativen ganzen Zahlen erhält man insbesondere:
Daraus ergeben sich unter anderem die Werte:
Andere Werte sind:
wobei hier die Glaisher-Kinkelin-Konstante bezeichnet.
Nullstellen
Die Lage der Nullstellen der riemannschen Zeta-Funktion hängt stark mit der Verteilung der Primzahlen zusammen. Beispielsweise folgt aus der Aussage, dass für alle bereits der Primzahlsatz.
Triviale Nullstellen
Aus der Darstellung als Euler-Produkt kann man leicht folgern, dass für gilt. Zusammen mit der Funktionalgleichung ergibt sich, dass die einzigen Nullstellen außerhalb des kritischen Streifens
die „trivialen“ Nullstellen sind.
Nicht-triviale Nullstellen
Neben den trivialen Nullstellen besitzt die Zeta-Funktion weitere Nullstellen im kritischen Streifen . Diese werden auch als nicht-triviale Nullstellen bezeichnet. Das hat den Grund, dass bis heute nur sehr wenig über die genaue Lage dieser Nullstellen bekannt ist. Dies hat unter anderem den Grund, dass das Euler-Produkt in dieser Region nicht mehr konvergiert.
Nullstellenfreie Regionen
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts konnte mit Hilfe eines einfachen Widerspruchsbeweises gezeigt werden, dass die Zeta-Funktion keine Nullstellen auf der Geraden besitzt. Diese nullstellenfreie Region konnte (teils mit großem analytischen Aufwand) verbessert werden. Das bis heute schärfste nullstellenfreie Gebiet ist für gegeben durch:
Solche Verbesserungen führen (in verallgemeinerter Form für Dirichletsche L-Funktionen) unter anderem zum Satz von Siegel-Walfisz.
Spiegelung der Nullstellen
Die Funktionalgleichung der Zeta-Funktion und ihre grundlegende Spiegelungseigenschaft bezüglich konjugierter Argumente implizieren ein paarweises Auftreten der nicht-trivialen Nullstellen. Ist z.B. eine Nullstelle im kritischen Streifen, so ist aufgrund der Funktionalgleichung
auch Nullstelle. Zusätzlich aber ist , weshalb auch Nullstelle ist; analog aber auch Zu bemerken ist, dass alle Werte und im kritischen Streifen liegen, dort zu einem Rechteck verbunden werden können und somit quasi ein Nullstellen-Doppelpaar bilden.
Ist jedoch die riemannsche Vermutung richtig, so liegen alle Nullstellen auf der Geraden , wobei dann stets bzw. gilt.
Asymptotische Verteilung
Das Verteilungsmuster der Nullstellen entlang des kritischen Streifens ist nicht vollkommen zufällig. Ähnlich wie bei den Primzahlen, die auf den ersten Blick völlig willkürlich unter den natürlichen Zahlen verstreut sind, lässt sich auch hier eine einfache Funktion finden, die zumindest asymptotisch die Streuung darstellt und nachvollzieht. So kann man für eine gegebene Zahl ein annäherndes Ergebnis auf die Frage finden, wie viele Nullstellen sich im Bereich zwischen der reellen Achse und der Gerade werden finden lassen. Riemann gab in seiner Arbeit diese Formel zur asymptotischen Verteilung der nicht-trivialen Nullstellen erstmals an. Er behauptete, die Anzahl der Nullstellen innerhalb des Rechtecks erfülle die asymptotische Äquivalenz
wobei der relative Fehler die Größenordnung besitzt. Seinen Gedankengang begründete er über eine Auswertung des nullstellenzählenden Integrals
wobei die riemannsche Xi-Funktion bezeichnet, die insbesondere dieselben Nullstellen im kritischen Streifen besitzt wie die Zeta-Funktion. Unglücklicherweise fand sich in seinen Aufzeichnungen aber kein einziger Hinweis, wie er dieses Integral berechnet hatte. Da Riemann ein Genie auf dem Gebiet funktionentheoretischer Umformungen war, geht man davon aus, dass er die Auswertung schlicht für zu trivial hielt, um sie detailliert zu erklären. Das hatte zur Folge, dass Riemanns Herleitung noch Jahre nach ihrer Veröffentlichung nur als Vermutung akzeptiert werden konnte. Auch bezüglich anderer Aussagen fehlte es der Nachwelt an Beweisen. Riemann ging nämlich noch weiter und behauptete die wesentlich stärkere Aussage, dass die Anzahl der Nullstellen auf der kritischen Geraden ebenfalls ungefähr bei seiner Auswertung von läge. Bis heute kann nur spekuliert werden, wie er es schaffen konnte, solch eine starke Aussage mit seinen Mitteln herzuleiten. Erst über 50 Jahre später konnte Hans von Mangoldt beweisen, dass Riemann zumindest bei seiner Angabe der Nullstellen im Rechteck recht gehabt hatte. Riemanns Aussagen über die Verteilung der Nullstellen auf der kritischen Gerade sind jedoch wesentlich schwerer zu beweisen. Erst durch Arbeiten von Hardy, Littlewood, Selberg und Levinson im 20. Jahrhundert gelangen erste wichtige Einblicke und Erfolge.
Lage auf der kritischen Geraden
Im Jahr 1914 konnte Godfrey Harold Hardy zeigen, dass unendlich viele nicht-triviale Nullstellen auf der kritischen Geraden liegen. In seinem damals revolutionären Beweis machte er sich zu nutze, dass für alle reellen Zahlenwerte der Ausdruck
nur reelle Funktionswerte annimmt. Dies vereinfachte das Problem auf die zu klärende Existenz unendlich vieler Nullstellen einer reellwertigen Funktion. Der durch Widerspruch geführte Beweis zeigt auf, dass für unendlich oft sein Vorzeichen wechseln muss, was schon zeigt, dass unendlich viele Nullstellen auf besitzt. 1921 verbesserte Hardy zusammen mit seinem Freund und Kollegen John Edensor Littlewood die Aussage auf das wesentlich stärkere Resultat, dass für ausreichend große Werte die Anzahl der Nullstellen auf der kritischen Geraden im Segment mindestens beträgt, wobei eine positive Konstante bezeichnet. Atle Selberg verbesserte dieses Ergebnis 1942 auf . Für diesen und andere Beiträge wurde er im Jahre 1950 mit der Fields-Medaille geehrt.
Anfang der 1970er konnte Norman Levinson zeigen, dass mindestens ein Drittel der nicht-trivialen Nullstellen auf der kritischen Geraden liegen muss. Sein nur knapp dreiseitiger Beweis wird als wichtiger Schritt in Richtung einer noch unbekannten Lösung der riemannschen Vermutung gesehen.
Explizite Berechnung der Primzahlfunktion
Über die nicht-trivialen Nullstellen kann der Wert der Primzahlfunktion an der Stelle explizit und exakt berechnet werden. Riemann führt die zahlentheoretische Funktion
ein (in seinem Artikel , in anderer Literatur auch ), wandelt sie um in
und kommt zu
wobei den Integrallogarithmus und die Möbiusfunktion bezeichnet. Bezüglich Konvergenz ist zu beachten, dass die Summe die Nullstellen nach ihrer Konjugation paarweise addiert. Des Weiteren sind die Terme in der Summe als zu verstehen (hier bezeichnet die (komplexe) Integralexponentialfunktion), denn: Verwechslungen können bei der Auswertung von über den Hauptzweig des komplexen Logarithmus entstehen!
Numerische Werte der frühen Nullstellen
Die Imaginärteile der „ersten“ Nullstellen sind beispielsweise
±k | ±Im ρk | ±k | ±Im ρk |
---|---|---|---|
1 | 14,134725141734693790… | 11 | 52,970321477714460644… |
2 | 21,022039638771554993… | 12 | 56,446247697063394804… |
3 | 25,010857580145688763… | 13 | 59,347044002602353079… |
4 | 30,424876125859513210… | 14 | 60,831778524609809844… |
5 | 32,935061587739189690… | 15 | 65,112544048081606660… |
6 | 37,586178158825671257… | 16 | 67,079810529494173714… |
7 | 40,918719012147495187… | 17 | 69,546401711173979252… |
8 | 43,327073280914999519… | 18 | 72,067157674481907582… |
9 | 48,005150881167159727… | 19 | 75,704690699083933168… |
10 | 49,773832477672302181… | 20 | 77,144840068874805372… |
Über die Eigenschaften dieser Imaginärteile (Irrationalität, Transzendenz, …) ist bis heute nichts bekannt.
Hadamard-Produktentwicklung
Neben dem Euler-Produkt gibt es eine weitere Produktdarstellung der Zeta-Funktion, die erstmals ihre Nullstellen in eine mögliche Definition direkt mit einschließt. Diese ist deshalb so bedeutend, weil sie der Schlüssel für den Zusammenhang zwischen Primzahlen und Nullstellen ist. Der entscheidende Schritt in Bernhard Riemanns Arbeit war nämlich der „Vergleich“ dieser beiden Produkte, was schließlich ein enges Verhältnis zwischen den Produktelementen (in diesem Falle Primzahlen und Nullstellen) impliziert.
Über den Produktsatz von Weierstraß für holomorphe Funktionen ist es möglich, die Zeta-Funktion anhand ihrer Nullstellen über ein Produkt der Form
explizit zu rekonstruieren, wobei eine meromorphe und nullstellenfreie (meist elementare) Funktion darstellt. Im Falle der Zeta-Funktion ergibt sich für die Funktion und somit unter Verwendung der trivialen sowie nicht-trivialen Nullstellen:
Unter Zuhilfenahme der Produktentwicklung der Gamma-Funktion erhält man das Hadamard-Produkt, benannt nach seinem Entdecker Jacques Hadamard, das global in konvergiert:
Eine etwas einfachere Form des Hadamard-Produktes ist:
Besonders diese letzte Darstellung verdeutlicht, dass sich die -Funktion im Prinzip komplett aus ihren Nullstellen und ihrer Singularität bei konstruieren lässt. Dieses Produkt ist jedoch nur bedingt konvergent. Absolute Konvergenz ergibt sich, wenn man die Nullstellen „paarweise“ ordnet. und sind ein solches Paar. Also:
Aufgrund ihrer langsamen Konvergenzgeschwindigkeit ist die Produktdarstellung jedoch in der Praxis nicht als Grundlage für einen numerischen Berechnungsalgorithmus für die Zeta-Funktion geeignet.
Die riemannsche Vermutung
Die Lage der Nullstellen im kritischen Streifen hängt eng mit Aussagen über die Verteilung der Primzahlen zusammen. Beispielsweise ist die Aussage, dass auf dem Rand des kritischen Streifens keine Nullstellen liegen, ein möglicher Zwischenschritt beim Beweis des Primzahlsatzes. Weitere Vergrößerungen des „nullstellenfreien Bereiches“ implizieren Restgliedabschätzungen im Primzahlsatz. Riemann vermutete im Jahr 1859, dass alle Nullstellen auf der parallel zur imaginären Achse verlaufenden Geraden liegen. Diese so genannte riemannsche Vermutung konnte bislang weder bewiesen noch widerlegt werden.
Der Verlauf der Zeta-Funktion in der komplexen Ebene, besonders entlang von parallel zur imaginären Achse verlaufenden Streifen, wird wegen des Zusammenhangs mit der Primzahlverteilung und des davon unmittelbar betroffenen sogenannten Faktorisierungsproblems seit kurzem auch gezielt mit physikalischen Methoden untersucht, und zwar mit Interferenz-Methoden analog zur Holographie. Man teilt dazu die definierende Summe in zwei Teile mit positiver bzw. negativer Phase auf, bzw. , die man anschließend zur Interferenz bringt.
Zusammenhänge zur Theorie der Automorphen Formen
In der Theorie der für die Zahlentheorie wichtigen Modulformen taucht die riemannsche Zeta-Funktion an einigen Stellen auf.
Zeta-Werte als Koeffizienten von Eisensteinreihen
Für die Gewichte sind die sog. Eisensteinreihen
Modulformen bezüglich der vollen Modulgruppe . Als solche besitzen sie auf der oberen Halbebene eine Fourierentwicklung. Diese ist explizit gegeben durch
Unter Einsatz von Euler's Formel für positive, gerade ganzzahlige Funktionswerte kann jedoch die folgende, für die Zahlentheorie enorm wichtige, Normalisierung vorgenommen werden:
Die zu zugehörige L-Funktion ist ferner gegeben durch
Dieses Prinzip verallgemeinert sich für Eisensteinreihen zu Kongruenzuntergruppen. Hier hängen die konstanten Koeffizienten mit Werten von L-Funktionen zu Dirichlet-Charakteren zusammen.
Beziehung zu nicht-holomorphen Eisensteinreihen
Für komplexe Zahlen mit und mit konvergiert die Eisensteinreihe
absolut. Die dadurch definierte Funktion ist nicht-holomorph und zudem (für fixierte ) invariant in unter Wirkung der vollen Modulgruppe. Zudem lässt sie sich (für fixierte ) in meromorph in die gesamte Ebene fortsetzen mit einfachen Polen in und , es gilt die Funktionalgleichung
Diese Parallele zur Theorie der Zeta-Funktion lässt bereits einen Zusammenhang vermuten. Es gilt die Darstellung
wobei die Untergruppe der Translationen von bezeichnet. Betrachtet man zudem die Fourierentwicklung
so gilt
Nicht-holomorphe Eisensteinreihen, und damit auch die Zeta-Funktion selbst, spielen eine fundamentale Rolle bei der sogenannten Ranking-Selberg Methode.
Beziehung zur Thetafunktion
Eine sehr wichtige Eigenschaft der riemannschen Zeta-Funktion ist ihre Funktionalgleichung. Diese drückt sich am einfachsten über
aus und es ist zu bemerken, dass auf der rechten Seite erstaunlicherweise die komplexe Variable einfach durch ersetzt wird.
Es gibt mehrere Herleitungsvarianten zum Auffinden dieser Gleichung. Zwei verschiedene zeigte bereits Riemann. Eine davon schließt einen einfachen Spezialfall der jacobischen Theta-Reihe direkt mit ein, nämlich . Von Vorteil ist die Modifizierung , es gilt . Die Theta-Funktion ist dabei eine Modulform halbganzen Gewichts: Mit der poissonschen Summenformel fand bereits Carl Gustav Jacob Jacobi die Identität , woraus sofort folgt.
Ausgangspunkt ist die Integraldarstellung
Der folgende Trick ist eine Standard-Umformung beim Beweis des heckeschen Umkehrsatzes. Durch eine Aufspaltung des Integrals in die Intervalle und , wobei in letzteres die Substitution vorgenommen wird:, folgt
Das zweite Integral kann elementar berechnet werden:
Wie man leicht erkennt, ist die rechte Seite unter der Abbildung unverändert, woraus schon die Funktionalgleichung folgt. Diese Argumentation ist deshalb gerechtfertigt, da das Integral auf der rechten Seite nun für alle existiert.
Beukers' Beweis der Irrationalität von
1987 konnte Frits Beukers die Irrationalität von mit Hilfe der Theorie der Modulformen beweisen. Dafür betrachtete er die Funktion
welche eine Modulform zum Gewicht 4 für die Kongruenzuntergruppe ist. Die zu diesem korrespondierende L-Funktion ist dann
Das Argument bezieht sich letztlich auf eine Technik, welche Konvergenzradien von Umkehrfunktionen lokal injektiver, meromorpher Funktionen ausnutzt. Nach heutigem Wissensstand lässt sich der Ansatz von Beukers jedoch nicht auf die Fälle übertragen.
Anwendung in der analytischen Zahlentheorie
Im Wesentlichen gibt es zwei Anwendungstypen.
- Typ 1: Man hat eine zahlentheoretische Funktion, d.h. Zahlen die interessante arithmetische Informationen enthalten. Zum Beispiel könnte die Anzahl aller ganzen Zahlen darstellen, die teilerfremd zu sind. Man will nun das Verhalten der Summe für größer werdende untersuchen. Dabei kann eine Möglichkeit sein, die von den erzeugte Dirichlet-Reihe zu betrachten. Hat diese gute analytische Eigenschaften, hängt also zum Beispiel stark mit der riemannschen Zeta-Funktion zusammen, kann mit Hilfe von Taubertheorie das Problem angegangen werden. Dabei gilt: je detaillierter die eingehenden Informationen sind, desto bessere Rückschlüsse können gezogen werden. Dies ist ein weiterer Hinweis auf die Bedeutung der riemannschen Vermutung.
Da Taubersätze meistens nicht geeignet sind, Restglieder abzuschätzen, kommen oft auch feinere Methoden zum Einsatz. In diesem Kontext ist zum Beispiel auf die Selberg-Delange Methode verwiesen.
- Typ 2: Hat man umgekehrt gewisse Informationen über die Zahlen gesammelt, so kann man diese in manchen Fällen auf die erzeugte Dirichlet-Reihe anwenden, um so Informationen über deren Verhalten zu treffen. In diesem Kontext sei zum Beispiel auf die Mertenssche Vermutung verwiesen, die allerdings bereits widerlegt wurde.
Im Folgenden werden einige wichtige Beispiele gegeben.
Zusammenhang zum Primzahlsatz
Wie bereits der 15-jährige Gauß vermutete, wächst die Anzahl aller Primzahlen unter einer gegebenen Schranke asymptotisch gleich wie der Ausdruck . Es gilt also
Dieser sogenannte Primzahlsatz wurde jedoch erst hundert Jahre später unabhängig von Jacques Hadamard und Charles-Jean de La Vallée Poussin bewiesen. Dafür betrachtet man die sog. Mangoldt-Funktion
Der Primzahlsatz ist nun äquivalent zu der Aussage
Dies wurde von Pafnuti Lwowitsch Tschebyschow gezeigt. Betrachtet man die von erzeugte Dirichlet-Reihe, ergibt sich
Aus für alle folgt, dass die Funktion auf dem ganzen Streifen (außer im Punkt ) holomorph ist, was wegen den Einsatz eines Taubersatzes ermöglicht. Damit folgt und der Primzahlsatz ist bewiesen.
Erstaunlicherweise ist im Beweis des Primzahlsatzes absolut entscheidend, dass die Zeta-Funktion auf der Geraden keine Nullstellen besitzt. Bereits hier ist also zu erkennen, dass es einen Zusammenhang zwischen Primzahlen und den Nullstellen der Zeta-Funktion gibt. In der Tat, durch die Angabe nullstellenfreier Gebiete lässt sich das Restglied in weiter verbessern.
In Verbindung mit zahlentheoretischen Funktionen
Es existieren Zusammenhänge zwischen einigen zahlentheoretischen Funktionen und der -Funktion. Diese Verbindungen drücken sich in Dirichlet-Reihen aus, die über die betreffenden zahlentheoretischen Funktionen gebildet werden. Hierbei macht man sich zu Nutze, dass das Produkt zweier (oder generell mehrerer) konvergenter Dirichlet-Reihen eine wiederum konvergente Dirichlet-Reihe ergibt. Man spricht auch von der sogenannten Dirichlet-Faltung zweier (oder mehrerer) Dirichlet-Reihen. In diesem Zusammenhang kann man sich zum Beispiel die Dirichlet-Reihen von , oder auch ansehen.
Teilerfunktionen
Man findet beispielsweise die Relation:
wobei die Teileranzahlfunktion darstellt, die zählt, wie viele natürliche Teiler eine Zahl besitzt. Zu diesem Ergebnis gelangt man durch systematisches Ausmultiplizieren des Quadrates der Dirichlet-Reihe der Zeta-Funktion. Da es sich dabei um das Produkt zweier (konvergenter) Dirichlet-Reihen handelt, kann es, wie oben beschrieben, wiederum über eine Dirichlet-Reihe dargestellt werden.
Die aus dieser Faltung erzeugte Dirichlet-Reihe hat nun eine neue zahlentheoretische Funktion, die als bezeichnet wird. Der Summenindex wird als gewählt, um Verwechslungen zu vermeiden. Der vorletzte Schritt der Auswertung zeigt nun, dass man den Wert von über die Anzahl aller natürlichen Zahlenpaare gewinnen kann, für die gilt. Somit reduziert sich die Frage nach dem Wert von darauf, wie viele Teiler die betroffene Zahl besitzt.
Allgemeiner hat man:
wobei die verallgemeinerte Teilerfunktion ist.
Möbiusfunktion
Mit der Möbiusfunktion erhält man eine Dirichlet-Reihe, die den Kehrwert der -Funktion erzeugt. Es gilt dann:
Zur Erklärung dieses Zusammenhangs betrachtet man
also einfach den Kehrwert des Euler-Produkts, und bildet durch konsequentes Ausmultiplizieren die dazugehörige Dirichlet-Reihe, die sich dann definitionsgemäß über die Möbiusfunktion erstreckt.
Eulersche Phi-Funktion
Die Dirichlet erzeugende Funktion für die Eulersche -Funktion ist gegeben durch
Damit folgt unter anderem
Summe von Quadraten
Die Dirichlet-Reihe der Quadratsummen-Funktion , die angibt, auf wie viele Arten eine natürliche Zahl als Summe von Quadraten ganzer Zahlen geschrieben werden kann, lässt sich ebenfalls auf die riemannsche Zetafunktion überleiten. So erhält man beispielsweise zusammen mit der dirichletschen Betafunktion:
Insbesondere lässt sich über diesen Ansatz zeigen, dass sich der Limes
einer festen Konstanten nähert. Diese Sierpiński-Konstante (benannt nach Wacław Sierpiński) lässt sich in Abhängigkeit von der Kreiszahl, der Euler-Mascheroni Konstante und logarithmierten Werten der Gammafunktion auch schreiben als:
Mittels eines Taubersatzes findet man außerdem
was jedoch auch mittels elementarer Geometrie (durch Zählen von Gitterpunkten in Kreisen mit dem Ursprung als Mittelpunkt) gezeigt werden kann!
Ähnliche Ausdrücke finden sich für 4 bzw. 8 Quadrate:
- .
Daraus folgt unter anderem unmittelbar der Satz von Jacobi.
Anwendung in der algebraischen Zahlentheorie und Verallgemeinerungen
Dirichletsche L-Funktionen
Die riemannsche Zeta-Funktion ist eine spezielle dirichletsche L-Funktion. Sie korrespondiert zum sog. trivialen Charakter für alle Werte . Aus diesem Grunde ist sie zentraler Gegenstand der algebraischen Zahlentheorie, die sich mit der Struktur von Charakteren zu gewissen Gruppen befasst.
Verwandtschaft zur dedekindschen Zeta-Funktion von Zahlkörpern
Beziehung zum Zahlkörper
Im Falle ist die dedekindsche Zeta-Funktion gerade die riemannsche Zeta-Funktion. Insbesondere hängt diese mit den Primelementen in deren Ganzheitsring zusammen.
Beziehung zu quadratischen Zahlkörpern
Ist eine quadratische Erweiterung von mit Diskriminante , so hängt ihre dedekindsche Zeta-Funktion eng mit der riemannschen Zeta-Funktion zusammen. Es gibt dann nämlich einen Dirichlet-Charakter modulo , so dass
wobei die zu gehörige dirichletsche L-Funktion bezeichnet. Die Funktion hat einen Pol erster Ordnung in und erfüllt eine Funktionalgleichung.
Verwendet werden kann die dedekindsche Zetafunktion unter anderem zur Berechnung der Klassenzahl von . Dafür wird die sogenannte Klassenzahlformel verwendet.
Ein wichtiger Spezialfall ist . Die dazu korrespondierende Zeta-Funktion ist gegeben durch
wobei die dirichletsche Betafunktion zum Charakter modulo 4 korrespondiert. Daraus ergeben sich relativ direkt Formeln für die Summe von zwei Quadraten.
Abelsche Erweiterungen
Im Falle, dass eine abelsche Erweiterung ist, ist der Quotient eine ganze Funktion. D.h. gewissermaßen, dass die riemannsche Zeta-Funktion in diesem Falle ein "Teiler von " ist. Dass dies auch für nicht-abelsche Erweiterungen richtig ist, ist Gegenstand tiefer zahlentheoretischer Vermutungen (Artinsche Vermutung).
Beziehungen zu anderen speziellen Funktionen
Als Taylor-Koeffizienten von Kotangens und Digamma-Funktion
In der Analysis tritt die Zeta-Funktion unter anderem als Koeffizientenfolge in den Taylor-Reihen des Kotangens und der Digamma-Funktion auf.
Die erzeugende Funktion der Folge mit für alle ist:
wobei hier die Digamma-Funktion und die Euler-Mascheroni-Konstante bezeichnet.
Summiert man außerdem in einer Potenzreihe, die die Zetafunktionswerte als Koeffizienten hat, nur über die geradzahligen Exponenten bzw. Folgeglieder, so ergibt sich:
ebenfalls mit Konvergenzradius 1. Diese Identität bietet einen Beweisansatz für Euler's Formel für .
Beziehung zur Polygammafunktion
Espinosa und Moll haben 2003 die Relation
mit der Digammafunktion und der auf komplexe Ordnungen verallgemeinerten Polygammafunktion aufgezeigt. Unter Ausnutzung der Beziehung
zur hurwitzschen Zeta-Funktion und Einsetzen in die allgemeinere Relation
gelangt man zu
Damit sind die Nullstellen der ζ-Funktion Lösungen ρ der Gleichung
Wegen der „Multiplikationsformel“
lässt sich für , sogar die allgemeinere Beziehung
herleiten.
Beziehung zur Primzetafunktion
Es gilt für alle mit :
wobei mit
die Primzetafunktion bezeichnet. Mit Hilfe von Möbius-Inversion lässt sich daraus eine Möglichkeit ableiten, die Primzetafunktion schnell aus einer Reihe über logarithmierte Zeta-Funktionen zu gewinnen.
Diese kuriose Formel kann dazu verwendet werden, die Primzetafunktion extrem effizient zu berechnen. Zum Beispiel fand Henri Cohen innerhalb weniger Millisekunden
Ferner ist es möglich zu zeigen, dass die Reihe der reziproken Primzahlen divergiert.
Sonstiges Auftreten
In der Analysis
Es gibt eine reichhaltige Fülle an unendlichen Reihen mit besonderen Grenzwerten, die die Zeta-Funktion beinhalten. Zwei Beispiele für Reihen mit rationalen Grenzwerten sind:
und
Zusammen mit der Euler-Mascheroni-Konstante hat man:
und auch:
Auch für die catalansche Konstante existieren solche Reihen:
In der Wahrscheinlichkeitstheorie
Die Zeta-Funktion spielt eine zentrale Rolle bei der sogenannten Zipf-Verteilung. Es gilt für eine Zufallsvariable :
Auch einige Wahrscheinlichkeitsgesetze aus der Zahlentheorie stehen in engem Zusammenhang zu der Zeta-Funktion. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig gewählte Zahl quadratfrei ist, und ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass zwei zufällig gewählte Zahlen teilerfremd sind, ist gleich
- (Folge A059956 in OEIS).
Allgemeiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass n positive ganze Zahlen keine k-te Potenz größer 1 als gemeinsamen Teiler haben.
Als Funktionswert spezieller Funktionen
Die riemannsche Zeta-Funktion taucht ebenfalls bei der Auswertung bestimmter Funktionswerte anderer spezieller Funktionen auf, was nicht zuletzt durch ihre Verbindung zur Gamma-Funktion (beispielsweise in der Funktionalgleichung) begründet werden kann. Zum Beispiel ergibt sich mit der Polygamma-Funktion:
Numerische Berechnung
Für eine schnelle numerische Berechnung der Funktion sind viele klassische Darstellungsformen eher unbrauchbar. Dazu zählen in etwa im Besonderen die Dirichlet-Reihe, das Euler-Produkt, die Mellin-Transformation und das Hadamard-Produkt. Für effiziente Leistung ist ein endlicher approximativer Summenausdruck mit hoher Konvergenzgeschwindigkeit am geeignetsten.
Als gute Methode erweist sich die „abgebrochene“ Summenformel, die mit Hilfe der Euler-MacLaurin-Summenformel,
gewonnen wird, wobei f als Mindestvoraussetzung eine auf dem Intervall q-mal differenzierbare Funktion ist, die Bernoulli-Polynome sind und den ganzzahligen Anteil von darstellt. Setzt man hier ergibt sich beispielsweise die in der Literatur häufig zitierte Darstellung
die für gültig ist.
Hierfür wird zunächst eine beliebige natürliche Zahl festgelegt, für die außerdem gelten sollte. Es gilt dann:
wobei das Restglied durch
gegeben ist. Bei der (freien) Wahl von ist zu beachten, dass das Restglied nur auf der Halbebene konvergiert. Daher muss stets gelten. Für größer werdende Werte von verkleinert sich der Fehler unabhängig von rapide.
Durch Anwendung der Funktionalgleichung (eine schnelle Berechnung der Gamma-Funktion und der Exponentialfunktion ist leicht zu implementieren), kann zudem ohne Einschränkung angenommen werden. Hier ist die Summenformel deutlich schneller.
Die Nützlichkeit dieser Approximation ist bereits länger bekannt. Beispielsweise ermittelte Leonhard Euler 1735 den Wert von auf etwa 20 Stellen genau, bevor er das Basler Problem, das sich mit dem analytisch „exakten“ Wert von befasste, löste. Diese numerische Auswertung war für ihn die praktische Bestätigung für die Richtigkeit seines exakt ermittelten Wertes.
Weiter fand der dänische Mathematiker Jørgen Pedersen Gram im Jahr 1903 numerische Werte der ersten 15 nicht-trivialen Nullstellen, wobei er die ersten zehn Nullstellen auf sechs und die weiteren fünf auf jeweils eine Stelle nach dem Komma ermittelte.
Beispiele
Als ein Beispiel bietet sich die numerische Annäherung des Zahlenwertes von
an. Für eine sehr gute Approximation reichen die Werte und vollkommen aus. Einsetzen ergibt:
Die folgende Tabelle zeigt die numerische Auswertung dieser Rechnung.
Term | Numerischer Wert |
---|---|
Diese mit wenig Aufwand gewonnene Approximation stimmt mit dem tatsächlichen Wert
bereits in sechs Dezimalstellen (gerundet) nach dem Komma überein. Zur Unterstreichung der Effektivität sei bemerkt: hätte Euler stattdessen die Formel benutzt, so wären für die gleiche Approximation ca. 1.000.000 Summanden nötig gewesen. Geht man davon aus, dass Euler per Hand pro Term durchschnittlich 20 Sekunden Rechenzeit benötigte, wären dies ca. zwei Drittel Jahre ununterbrochenes Rechnen gewesen.
Analog kann der Dezimalwert von angenähert werden. Hier reicht die Wahl von und .
Term | Numerischer Wert |
---|---|
Auch dieser Wert stimmt auf sechs Dezimalstellen genau.
Andere Ausdrücke für die ζ-Funktion
Neben ihrer elementaren Reihendarstellung besitzt die Zeta-Funktion eine reiche Fülle an weiteren Ausdrücken, von denen einige im Folgenden aufgeführt werden. Hierbei sei jedoch zu bemerken, dass sich die allermeisten dieser Formeln für eine effiziente numerische Berechnung eigentlich nicht eignen. Viele dieser Ausdrücke spielen jedoch in der reinen Mathematik eine Rolle.
Erwähnenswert ist der interessante Ausdruck
- ,
der für (also wiederum auch im kritischen Streifen) konvergiert.
Ein interessanter und exotischer Ausdruck ergibt sich, wenn man direkt die elementare Reihendarstellung der Zeta-Funktion in die Abel-Plana-Summenformel einsetzt:
Fasst man dabei die beiden Terme auf der rechten Seite zusammen, erhält man
- ,
wobei das Integral allerdings einschränkend nur für konvergiert.
Eine erwähnenswerte Formel für die Ableitung der -Funktion lässt sich mittels logarithmischer Ableitung gewinnen, also über die Identität:
Setzt man hier für die -te Primzahl (Euler-Produkt), ergibt sich:
Verallgemeinerungen und andere Zeta-Funktionen
In dem Wunsch, die Definition der riemannschen Zeta-Funktion zu verallgemeinern oder zu variieren, wurden zahlreiche verwandte Funktionen eingeführt und untersucht. Häufig tragen diese ebenfalls den Namen „Zeta-Funktion“, verbunden mit dem Namen ihres „Entdeckers“. Insbesondere seien hier die dedekindsche Zeta-Funktion, die hurwitzsche Zeta-Funktion und die lerchsche Zeta-Funktion genannt, siehe auch Liste aller Zeta-Funktionen. Dabei verallgemeinert die dedekindsche Zeta-Funktion die riemannsche vom Körper der rationalen Zahlen auf beliebige algebraische Zahlkörper. Mit Hilfe der hurwitzschen Zeta-Funktion lassen sich die riemannsche Zeta-Funktion und die dirichletschen L-Funktionen einheitlich behandeln. Die weit reichende Definition der lerchschen Zeta-Funktion gestattet nicht nur Spezialisierungen zur hurwitzschen und somit auch zur riemannschen Zeta-Funktion, sondern beinhaltet noch zahlreiche weitere, wichtige Funktionen als Spezialfälle. Ähnlich definierte „verallgemeinerte Zeta-Funktionen“ werden auch in der theoretischen Physik verwendet, und zwar im Zusammenhang mit der systematischen sogenannten semiklassischen Näherung quantenmechanischer Resultate.
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de Seite zurück© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.12. 2021