Nullvektor
Der Nullvektor ist in der Mathematik ein spezieller Vektor eines Vektorraums, und zwar das eindeutig bestimmte neutrale Element bezüglich der Vektoraddition. Beispiele für Nullvektoren sind die Zahl Null, die Nullmatrix und die Nullfunktion. In einem Skalarproduktraum ist der Nullvektor orthogonal zu allen Vektoren des Raums. In einem normierten Raum ist er der einzige Vektor mit Norm Null. Jeder Untervektorraum eines Vektorraums enthält zumindest den Nullvektor, wobei der kleinste Untervektorraum der Nullvektorraum ist. Der Nullvektor wird zur Definition einiger zentraler Begriffe der linearen Algebra wie lineare Unabhängigkeit, Basis und Kern verwendet. Er spielt eine wichtige Rolle bei der Lösungsstruktur linearer Gleichungen.
Definition
Der Nullvektor eines Vektorraums
ist der eindeutig bestimmte Vektor
,
für den
für alle Vektoren
gilt. Er ist damit das neutrale
Element bezüglich der Vektoraddition.
Notation
Der Nullvektor wird meist mittels der Ziffer Null
durch ,
oder einfach nur
bezeichnet. Der Nullvektor ist jedoch im Allgemeinen von dem Nullelement des Skalarkörpers
des Vektorraums verschieden, das ebenfalls durch
dargestellt wird. Wenn Verwechslungsgefahr besteht, wird daher der Nullvektor
mit
und die skalare Null mit
bezeichnet. Gelegentlich wird der Nullvektor auch durch
,
oder
als kleines o notiert.
Als einziger Vektor der euklidischen Ebene kann der Nullvektor nicht durch einen Pfeil grafisch dargestellt werden, da ihm weder Richtung noch Länge zugeordnet werden können.
Beispiele
- Im Vektorraum
der reellen Zahlen ist der Nullvektor die Zahl
und damit gleich der Null des Skalarkörpers.
- Im Vektorraum
der komplexen Zahlen ist der Nullvektor die Zahl
und entspricht damit ebenfalls der skalaren Null.
- Im Koordinatenraum
ist der Nullvektor das n-Tupel
bestehend aus den Nullelementen des Körpers
.
- Im Matrizenraum
ist der Nullvektor die Nullmatrix, deren Elemente alle gleich
sind.
- Im Folgenraum
ist der Nullvektor die Folge
und nicht zu verwechseln mit dem Begriff der Nullfolge.
- In einem linearen
Funktionenraum, das heißt einem Vektorraum, der aus Funktionen von einer
Menge
in einen Vektorraum
besteht, ist der Nullvektor die Nullfunktion
, wobei
der Nullvektor des Zielraums ist.
Eigenschaften
Eindeutigkeit
Der Nullvektor eines Vektorraums ist eindeutig. Gäbe es nämlich zwei
verschiedene Nullvektoren
und
,
dann gilt sofort
und somit Gleichheit der beiden Vektoren.
Skalarmultiplikation
Für alle Skalare
aus dem Skalarkörper gilt
und analog dazu für alle Vektoren
des Vektorraums
,
was direkt aus den beiden Distributivgesetzen in Vektorräumen durch Wahl von
bzw.
folgt. Zusammen gilt damit
oder
,
denn aus
folgt entweder
oder
und dann
.
Spezielle Räume
In einem Skalarproduktraum,
also einem Vektorraum mit einem Skalarprodukt,
ist der Nullvektor orthogonal
zu allen Vektoren des Raums, das heißt für alle Vektoren
gilt
,
was aus der Linearität bzw. Semilinearität des Skalarprodukts folgt. Insbesondere ist der Nullvektor damit auch zu sich selbst orthogonal. In einem normierten Vektorraum gilt für die Norm des Nullvektors
und der Nullvektor ist der einzige Vektor mit dieser Eigenschaft, was aus der Definitheit und der absoluten Homogenität der Norm folgt.
In einem halbnormierten Raum kann es mehr als einen Vektor geben, dessen Norm null ist und ein solcher Vektor wird dann manchmal ebenfalls Nullvektor genannt. In einem Minkowski-Raum werden auch lichtartige Vektoren als Nullvektoren bezeichnet. In diesen Fällen entspricht der Begriff des Nullvektors jedoch nicht der obigen Definition.
Kreuzprodukt
Im dreidimensionalen euklidischen
Raum
ergibt das Kreuzprodukt
eines beliebigen Vektors mit dem Nullvektor
wieder den Nullvektor, also
.
Gleiches gilt für das Kreuzprodukt eines Vektors mit sich selbst,
.
Weiterhin gilt die Jacobi-Identität, das heißt die zyklische Summe wiederholter Kreuzprodukte ergibt ebenfalls den Nullvektor:
.
Verwendung
Linearkombinationen
Zu einer gegebenen Familie
von Vektoren
mit einer Indexmenge
lässt sich der Nullvektor stets als Linearkombination
ausdrücken. Dabei sind die Vektoren genau dann linear
unabhängig, wenn in dieser Linearkombination alle Koeffizienten
sein müssen. Der Nullvektor kann daher niemals Teil einer Basis eines
Vektorraums sein, denn er ist bereits für sich genommen linear abhängig. Jeder
Untervektorraum eines
Vektorraums enthält zumindest den Nullvektor. Die Menge
,
die nur aus dem Nullvektor besteht, bildet dabei den kleinstmöglichen
Untervektorraum eines Vektorraums, den Nullvektorraum;
seine Basis ist die leere
Menge
,
denn die leere Summe von Vektoren
ergibt definitionsgemäß den Nullvektor, also
.
Lineare Abbildungen
Eine lineare
Abbildung
zwischen zwei Vektorräumen
und
über dem gleichen Skalarkörper
bildet stets den Nullvektor auf den Nullvektor ab, denn es gilt
.
Auf den Nullvektor des Zielraums
können jedoch auch weitere Vektoren aus
abgebildet werden. Diese Menge heißt der Kern
der linearen Abbildung und sie bildet einen Untervektorraum von
.
Eine lineare Abbildung ist genau dann injektiv, wenn der
Kern nur aus dem Nullvektor besteht.
Lineare Gleichungen
Eine homogene lineare Gleichung
besitzt demnach zumindest den Nullvektor
als Lösung. Sie ist genau dann eindeutig lösbar, wenn der Kern des linearen Operators
nur aus dem Nullvektor besteht. Umgekehrt wird eine inhomogene
lineare Gleichung
mit
nie durch den Nullvektor gelöst. Eine inhomogene lineare Gleichung ist genau
dann eindeutig lösbar, wenn die zugehörige homogene Gleichung nur den Nullvektor
als Lösung besitzt, was eine Folge der Superpositionseigenschaft
ist.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.11. 2021