Homogene Funktion
Eine mathematische Funktion heißt
homogen vom Grad ,
wenn bei proportionaler Änderung aller Variablen um den Proportionalitätsfaktor
sich der Funktionswert um den Faktor
ändert.
Funktionen dieses Typs sind zum Beispiel in den Wirtschaftswissenschaften und in den Naturwissenschaften wichtig.
Definition
Eine Funktion auf dem -dimensionalen
reellen Koordinatenraum
heißt homogen vom Grad ,
wenn für alle
und
gilt.
Ist ,
heißt die Funktion überlinear homogen, bei
linear homogen und sonst (
)
unterlinear homogen.
Beispiele aus der Mikroökonomie
In der Mikroökonomie
spielen homogene Produktionsfunktionen
eine wichtige Rolle. Sie stellen einen Zusammenhang zwischen
Produktionsfaktoren
und der zugehörigen Produktion
her. Bei einer linear homogenen Produktionsfunktion führt ein
vermehrter/verminderter Einsatz aller Produktionsfaktoren zu einer im gleichen
Verhältnis erhöhten/verminderten Produktion, denn aus
folgt
.
Eine solche Produktionsfunktion ist homogen mit dem
Homogenitätsgrad 1 (linear homogen). Ein Beispiel für eine homogene
Produktionsfunktion vom Grad 1 stellt die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion
dar.[1]
Bei homogenen Produktionsfunktionen stimmt der Homogenitätsgrad mit der Skalenelastizität
(nur in einer Richtung) überein. Überlinear homogene Produktionsfunktionen
weisen steigende, linear homogene konstante und unterlinear homogene abnehmende
Skalenerträge
auf. Der Umkehrschluss, von Skalenerträgen auf den Homogenitätsgrad zu
schließen, ist jedoch nicht möglich, weil bei Skalenerträgen auch das
Faktoreinsatzverhältnis zu ihrer Erzielung geändert werden kann, zur
Feststellung der Homogenitätseigenschaft jedoch nicht.
Ein weiteres Beispiel sind Individuelle Nachfragefunktionen .
Sie stellen einen Zusammenhang zwischen Preisen
,
Einkommen
und den nachgefragten Mengen
dar. Kommt es beispielsweise im Zuge einer Währungsumstellung (von DM zu Euro)
zu einer Halbierung aller Preise und der Einkommen und wird dies von den
Individuen vollständig berücksichtigt (Freiheit von Geldwertillusion), so
werden sich die nachgefragten Mengen nicht ändern. Das heißt, es gilt:
Nachfragefunktionen sind somit homogen vom Grad 0 in den Preisen und im Einkommen (Nullhomogenität).
Homothetie
Bei ordinalen Nutzenfunktionen
ist die Annahme der Homogenität nicht sinnvoll, weil eine streng monoton
wachsende Transformation
einer Nutzenfunktion
dieselben Präferenzen repräsentiert wie die Funktion
selbst. Eine homothetische Nutzenfunktion ist eine streng monoton
wachsende Transformation einer homogenen Nutzenfunktion.
Bei Nutzenfunktionen mit dieser Eigenschaft verlaufen die Engelkurven linear.
Beispiel: Sei
und
.
Offensichtlich ist die Nutzenfunktion linear homogen. Ihre Transformation ist
inhomogen, aber homothetisch; sie repräsentiert dieselbe Präferenzordnung.
Positive Homogenität
Eine Funktion
heißt positiv homogen vom Grad
,
falls
für alle
und alle
gilt.
Im Unterschied zu homogenen Funktionen brauchen positiv homogene Funktionen
nur auf
definiert zu sein und der Homogenitätsgrad
kann jede beliebige reelle Zahl sein.
Für solche Funktionen gibt der Eulersche Satz (oder das Euler-Theorem) über positiv homogene Funktionen eine äquivalente Charakterisierung an:
Eine differenzierbare Funktion
ist genau dann positiv homogen vom Grad
,
wenn gilt
für alle .
Hierbei bezeichnen
die partiellen
Ableitungen von
nach der
-ten
Komponente von
,
die Richtungsableitung
an der Stelle
in Richtung des Vektors
und
den Gradienten von
.
Eine positiv homogene Funktion kann also auf einfache Weise durch die partiellen Ableitungen und Koordinaten dargestellt werden.
Diese Tatsache wird in der Physik sehr häufig benutzt, vor allem in der Thermodynamik, da die dort auftretenden intensiven und extensiven Zustandsgrößen homogene Funktionen nullten bzw. ersten Grads sind. Konkret benutzt man dies z.B. bei der Herleitung der Euler-Gleichung für die innere Energie.
In den Wirtschaftswissenschaften folgt aus dem Eulerschen Theorem für
Produktionsfunktionen vom Homogenitätsgrad 1 bei den
Faktorpreisen
und dem Güterpreis
.
Bei linear homogenen Produktionsfunktionen ist der Wert des Produkts gleich den Faktorkosten (siehe auch: Ausschöpfungstheorem).
Herleitung des Euler-Theorems
Gegeben sei zunächst eine positiv homogene differenzierbare
Funktion .
Es gilt also
.
Differentiation der linken Seite nach
liefert mit der Kettenregel
.
Differentiation der rechten Seite nach
liefert hingegen
.
Durch Einsetzen von
folgt die Eulersche Homogenitätsrelation.
Umgekehrt sei nun eine differenzierbare Funktion
gegeben, die die Eulersche Homogenitätsrelation erfüllt. Zu gegebenem
betrachten wir die reelle Funktion
.
Wegen der Homogenitätsrelation erfüllt
die gewöhnliche
Differentialgleichung erster Ordnung
mit der Anfangsbedingung
.
Eine Lösung dieses Anfangswertproblems ist
und nach einem Eindeutigkeitssatz für gewöhnliche Differentialgleichungen ist
die Lösung im Gebiet
eindeutig. Das bedeutet aber
.
Siehe auch
Anmerkungen
- ↑
Dies ist eine linear homogene Funktion wegen
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 08.08. 2020