Hyperebene
![](bilder/Affine_subspace.png)
Eine Hyperebene ist in der Mathematik
eine Verallgemeinerung des Konzepts der Ebene
vom Anschauungsraum
auf Räume
beliebiger Dimension.
Ähnlich wie eine Ebene im dreidimensionalen Raum durch einen Stützvektor und zwei
Richtungsvektoren
beschrieben werden kann, wird eine Hyperebene im -dimensionalen
Raum durch einen Stützvektor und
Richtungsvektoren dargestellt. Im
-dimensionalen
Koordinatenraum ist
eine Hyperebene die Lösungsmenge
einer linearen
Gleichung mit
Unbekannten. Hyperebenen spielen daher eine wichtige Rolle bei der
Lösungsstruktur linearer
Gleichungs- und Ungleichungssysteme.
In der linearen Algebra werden Hyperebenen auch in unendlichdimensionalen Vektorräumen betrachtet und sind dort gerade die affinen Unterräume mit Kodimension eins. Jede Hyperebene entsteht durch Verschiebung eines Untervektorraums um einen festen Vektor. Kann dabei der Nullvektor gewählt werden, spricht man auch von einer linearen Hyperebene, da dann die Hyperebene selbst einen Vektorraum darstellt. Zur besseren Unterscheidung spricht man im Fall eines beliebigen Verschiebungsvektors auch von einer affinen Hyperebene.
Jeder Untervektorraum mit Kodimension eins kann auch als Kern eines linearen Funktionals charakterisiert werden. In der Funktionalanalysis werden insbesondere abgeschlossene Hyperebenen betrachtet, die durch stetige lineare Funktionale beschrieben werden. In der projektiven Geometrie werden auch projektive Hyperebenen als projektive Teilräume mit Kodimension eins untersucht. Einen noch weiter verallgemeinerten Hyperebenenbegriff findet man in der Matroidtheorie.
Euklidische Geometrie
Definition
![](bilder/Plane_equation_qtl1.png)
Eine Hyperebene im -dimensionalen
euklidischen
Raum
ist eine Teilmenge
der Form
,
wobei
ein Stützvektor
der Hyperebene ist und
linear
unabhängige Richtungsvektoren
der Hyperebene sind.
Die Richtungsvektoren spannen dabei ein affines Koordinatensystem
auf, wobei
die affinen
Koordinaten eines Punkts der Hyperebene sind.
Beispiele
- Im eindimensionalen euklidischen Raum stellt jeder Punkt eine Hyperebene dar.
- Im zweidimensionalen euklidischen Raum stellt jede Gerade eine Hyperebene dar.
- Im dreidimensionalen euklidischen Raum stellt jede Ebene eine Hyperebene dar.
Weitere Darstellungen
Neben der obigen Parameterform gibt es noch weitere Darstellungsformen für Hyperebenen. In Normalenform lautet die Darstellung einer Hyperebene
,
wobei
ein Normalenvektor
der Hyperebene ist,
wieder ein Stützvektor der Hyperebene ist und
das Standardskalarprodukt
zweier Vektoren darstellt.
In hessescher
Normalform hat eine Hyperebene die entsprechende Darstellung
,
wobei
ein normierter
und orientierter
Normalenvektor der Hyperebene ist und
den Abstand
der Hyperebene vom Koordinatenursprung
beschreibt.
Die hessesche Normalform erlaubt eine effiziente Berechnung des Abstands eines
beliebigen Punkts des Raums zu der Hyperebene. In Koordinatenform lautet
die Darstellung einer Hyperebene
,
wobei
sind und mindestens einer der Koeffizienten
ungleich null ist.
Die Koordinatenform ergibt sich aus der Normalenform durch Ausmultiplizieren,
wobei
und
gesetzt werden.
Verwendung
![](bilder/Secretsharing_3-point.png)
Wie aus der Koordinatenform ersichtlich, stellt die Lösungsmenge einer linearen Gleichung
mit
Unbekannten der Form
/DD>
eine Hyperebene im -dimensionalen
euklidischen Raum dar. Jede Zeile eines linearen
Gleichungssystems beschreibt daher eine solche Hyperebene. Die Lösungsmenge
des linearen Gleichungssystems ist dann der Schnitt aller dieser
Hyperebenen.
Entsprechend dazu beschreibt die Lösungsmenge einer linearen Ungleichung der Form
einen Halbraum im -dimensionalen
euklidischen Raum, der von einer Hyperebene begrenzt wird. Die Lösungsmenge
eines linearen Ungleichungssystems ist dann der Schnitt solcher Halbräume und
stellt damit ein konvexes
Polytop
dar, beispielsweise einen Hyperwürfel,
ein Hyperrechteck oder einen
Simplex
(Hypertetraeder). Die lineare
Optimierung beschäftigt sich mit Verfahren zur Maximierung
eines vorgegebenen linearen Zielfunktionals
in einem konvexen Polytop.
Eine Hyperbene heißt Stützhyperebene einer gegebenen Menge im euklidischen Raum, wenn sie den Rand der Menge schneidet und die Menge vollständig in einem der beiden durch die Hyperebene definierten abgeschlossenen Halbräume liegt. Ist die Menge konvex, dann existiert für jeden Randpunkt der Menge eine solche Stützhyperebene.
Nach dem Satz von Stone-Tukey (englisch Ham sandwich theorem) können
beschränkte
messbare
Mengen im
-dimensionalen
euklidischen Raum durch eine Hyperebene gleichzeitig jeweils halbiert
werden.
Lineare Algebra
In der linearen Algebra wird das Konzept der Hyperebene auf Vektorräume über beliebigen Körpern und beliebiger Dimension verallgemeinert.
Definition
Ist
ein Vektorraum über dem Körper
,
dann ist eine Hyperebene eine Teilmenge
der Form
,
wobei
ein beliebiger Vektor und
ein Untervektorraum
von
mit Kodimension
ist. Hyperebenen sind demnach maximale echte affine
Unterräume, das heißt, jeder echte affine Unterraum ist in einer Hyperebene
enthalten. Eine Hyperebene wird als lineare Hyperebene bezeichnet, wenn
sie den Nullvektor enthält, das
heißt, wenn in der Definition
gewählt werden kann.
Beispiele
In den folgenden Beispielen sei
ein Körper der Charakteristik
,
beispielsweise die reellen
oder komplexen Zahlen.
- Im Koordinatenraum
stellen die Koordinatenvektoren, die eine lineare Gleichung der Form
erfüllen, eine Hyperebene dar. Ist
, handelt es sich dabei um eine lineare Hyperebene.
- Im Matrizenraum
stellen die Matrizen, bei denen die Summe aller Einträge konstant ist, eine Hyperebene dar. Ist diese Konstante
, handelt es sich dabei um eine lineare Hyperebene.
- Im Polynomraum
stellen die Polynome der Form
, wobei
fest vorgegeben ist, eine Hyperebene dar. Im Fall
handelt es sich dabei um eine lineare Hyperebene.
- Im Funktionenraum
stellen die Funktionen
mit
für ein festes
und
eine Hyperebene dar. Im Fall
handelt es sich dabei um eine lineare Hyperebene.
Weitere Darstellungen
Nachdem jeder Untervektorraum der Kodimension
auch als Kern
eines linearen
Funktionals
,
das nicht das Nullfunktional
ist, charakterisiert werden kann, hat eine Hyperebene die Darstellung
.
Durch Setzen von
ergibt sich daraus dann die äquivalente Darstellung
.
Hierbei sind
und
für eine gegebene Hyperebene nur bis auf einen gemeinsamen Faktor eindeutig
bestimmt. Umgekehrt stellt das Urbild
für jedes lineare Funktional
,
das ungleich dem Nullfunktional ist, und für jeden Skalar
eine Hyperebene dar.
Diese Aussagen bleiben auch dann noch gültig, wenn
ein Schiefkörper
und
ein Linksvektorraum
über
ist.
Verwendung
In der Funktionalanalysis
betrachtet man unendlichdimensionale Vektorräume über
oder
,
auf denen eine Topologie erklärt ist, die sie zu topologischen
Vektorräumen macht. Hier interessiert man sich besonders für Hyperebenen,
die durch stetige lineare Funktionale
definiert sind. Da ein lineares Funktional genau dann stetig ist, wenn sein Kern
abgeschlossen ist,
definieren die stetigen, linearen Funktionale ungleich dem Nullfunktional genau
die abgeschlossenen Hyperebenen. Für normierte
Räume, allgemeiner lokalkonvexe
Räume, gibt es nach dem Satz
von Hahn-Banach sehr viele solcher stetigen linearen Funktionale und damit
auch abgeschlossene Hyperebenen der Form
.
mit .
Diese Reichhaltigkeit schlägt sich im Trennungssatz
nieder, nach dem zwei disjunkte konvexe, kompakte Mengen durch eine solche
abgeschlossene Hyperebene getrennt
werden können.
Die Trennungseigenschaft lässt sich auch für affine Räume über angeordneten Körpern mit dem Konzept der (starken) Seiteneinteilung verallgemeinern. Auch für nichtdesarguessche affine Ebenen existiert in gewissen Fällen eine (schwache) Seiteneinteilung durch Geraden.
Projektive Geometrie
Definition
Ist
der projektive
Raum zu dem Vektorraum
,
dann ist eine (projektive) Hyperebene eine Teilmenge
der Form
,
wobei
ein Untervektorraum von
der Kodimension eins ist, und
die Äquivalenzrelation
skalare Vielfache von Vektoren ungleich dem Nullvektor miteinander
identifiziert. Die Hyperebenen in
sind demnach gerade die projektiven
Unterräume der Kodimension eins. Eine projektive Hyperebene stellt selbst
wieder einen projektiven Raum dar, nämlich gerade den Raum
.
Ist
-dimensional,
dann ist
-dimensional
und
-dimensional.
Beispiele
Ist der zugrunde liegende Vektorraum
der euklidische Raum
,
dann gibt es folgende Entsprechungen:
- eine Hyperebene (ein Punkt) auf der projektiven
Geraden
entspricht einer Ursprungsgerade in der euklidischen Ebene
- eine Hyperebene (eine Gerade) in der projektiven
Ebene
entspricht einer Ursprungsebene im euklidischen Raum
- eine Hyperebene (eine Ebene) im projektiven
Raum
entspricht einer Ursprungshyperebene im euklidischen Raum
Koordinatendarstellung
![](bilder/Proj-ebene-homko-def.png)
Sind
die homogenen
Koordinaten eines Punkts im
-dimensionalen
projektiven Standardraum
,
dann hat eine projektive Hyperebene
die Koordinatendarstellung
,
wobei
sind und mindestens einer der Koeffizienten
ungleich null ist.
Eine nichtdesarguessche projektive Ebene lässt sich jedoch nicht auf diese Weise koordinatisieren. Dort sind die Hyperebenen per Definition die Geraden.
Bezug zu affinen Räumen
Ist
eine Hyperebene in einem projektiven Raum
,
dann stellt die Menge
einen affinen
Raum dar, wobei
eine entsprechende Einbettung
von
in
ist. Der Translationsraum von
ist dabei gerade der zu
zugehörige Untervektorraum
.
Die Punkte von
heißen dann eigentlich, die Punkte von
uneigentlich oder Fernpunkte.
Umgekehrt lässt sich jeder affine Raum durch disjunkte
Vereinigung mit einer Fernhyperebene gleicher Dimension zu einem projektiven
Raum
erweitern. Ist beispielsweise
und
,
dann ist die zugehörige Einbettung
mit der Inversen
.
Verwendung
Eine Anwendung projektiver Hyperebenen in der algebraischen Geometrie und der algebraischen Topologie bietet der Satz von Lefschetz über Hyperebenenschnitte, der einen Zusammenhang zwischen der Gestalt einer komplexen projektiven Varietät und der Gestalt ihrer Untervarietäten herstellt.
In der endlichen Geometrie haben unter den endlichen affinen oder projektiven Geometrien diejenigen besondere Eigenschaften, bei denen – neben den gewöhnlichen Punkten als Punktmenge – speziell die Hyperebenen des Raumes als Blockmenge gewählt werden.
Siehe auch
- Hyperfläche, eine Verallgemeinerung von Hyperebenen auf gekrümmte Mannigfaltigkeiten
- Householdertransformation, die Spiegelung eines Vektors an einer Hyperebene
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 10.01. 2021