Komplexe Zahl
steht für die Menge der komplexen Zahlen
Die komplexen Zahlen erweitern den Zahlenbereich der reellen Zahlen derart, dass
die Gleichung
lösbar wird. Da der Körper
der reellen Zahlen ein geordneter
Körper ist und damit alle reellen Quadratzahlen
nichtnegativ sind, kann die Lösung dieser Gleichung nicht reell sein. Man
braucht also eine neue
Zahl, sie wird
genannt, mit der Eigenschaft
Diese Zahl
wird als imaginäre
Einheit bezeichnet. In der Elektrotechnik
wird stattdessen der Buchstabe
verwendet, um einer Verwechslung mit einer (durch
oder
bezeichneten) von der Zeit
abhängigen Stromstärke
vorzubeugen.
Komplexe Zahlen können in der Form
dargestellt werden, wobei
und
reelle Zahlen sind und
die imaginäre Einheit ist. Auf die so dargestellten komplexen Zahlen lassen sich
die üblichen Rechenregeln für reelle Zahlen anwenden, wobei
stets durch
ersetzt werden kann und umgekehrt. Für die Menge der komplexen Zahlen wird das
Symbol
(Unicode
U+2102: ℂ, siehe Buchstabe
mit Doppelstrich) verwendet.
Der so konstruierte Zahlenbereich der komplexen Zahlen bildet einen Erweiterungskörper der reellen Zahlen und hat eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften, die sich in vielen Bereichen der Natur- und Ingenieurwissenschaften als äußerst nützlich erwiesen haben. Einer der Gründe für diese positiven Eigenschaften ist die algebraische Abgeschlossenheit der komplexen Zahlen. Dies bedeutet, dass jede algebraische Gleichung positiven Grades über den komplexen Zahlen eine Lösung besitzt, was für reelle Zahlen nicht gilt. Diese Eigenschaft ist der Inhalt des Fundamentalsatzes der Algebra. Ein weiterer Grund ist ein Zusammenhang zwischen trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion (Eulerformel), der über die komplexen Zahlen hergestellt werden kann. Ferner ist jede auf einer offenen Menge einmal komplex differenzierbare Funktion dort auch beliebig oft differenzierbar – anders als in der Analysis der reellen Zahlen. Die Eigenschaften von Funktionen mit komplexen Argumenten sind Gegenstand der Funktionentheorie, auch komplexe Analysis genannt.
Definition
Die komplexen Zahlen lassen sich als Zahlbereich im Sinne einer Menge von Zahlen, für die die Grundrechenarten Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division erklärt sind, mit den folgenden Eigenschaften definieren:
- Die reellen Zahlen sind in den komplexen Zahlen enthalten. Das heißt, dass jede reelle Zahl eine komplexe Zahl ist.
- Das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz gelten für die Addition und die Multiplikation komplexer Zahlen.
- Das Distributivgesetz gilt.
- Für jede komplexe Zahl
existiert eine komplexe Zahl
, sodass
.
- Für jede von null verschiedene komplexe Zahl
existiert eine komplexe Zahl
, sodass
.
- Es existiert eine komplexe Zahl
mit der Eigenschaft
.
- Unter allen Zahlbereichen mit den zuvor genannten Eigenschaften sind die komplexen Zahlen minimal.
Die letzte Forderung ist gleichbedeutend damit, dass sich jede komplexe Zahl
in der Form
(bzw. in verkürzter Notation
oder auch
)
mit reellen Zahlen
und
darstellen lässt. Die imaginäre Einheit
ist dabei keine reelle Zahl. Die Existenz eines solchen Zahlbereichs wird im
Abschnitt zur Konstruktion
der komplexen Zahlen nachgewiesen.
Unter Verwendung der Begriffe Körper
und Isomorphie lässt sich das
so formulieren: Es gibt minimale Körper, die den Körper der reellen Zahlen und
ein Element
mit der Eigenschaft
+
enthalten. In einem solchen Körper hat jedes Element
eine und nur eine Darstellung als
mit reellen
Die komplexen Zahlen sind isomorph zu jedem solchen Körper.
Die Koeffizienten
werden als Real- bzw. Imaginärteil von
bezeichnet. Dafür haben sich zwei Notationen etabliert:
und
und
Notation
Die Notation in der Form
wird auch als (nach René
Descartes benannte) kartesische
oder algebraische Form bezeichnet. Die Bezeichnung kartesisch
erklärt sich aus der Darstellung in der komplexen bzw. gaußschen Zahlenebene
(siehe weiter unten). Es findet sich auch die Darstellung
;
in der Norm
DIN
1302:1999 Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe kommt sie
allerdings nicht vor.
In der Elektrotechnik
wird das kleine i schon für zeitlich veränderliche Ströme verwendet
(siehe Wechselstrom) und kann zu
Verwechslungen mit der imaginären Einheit
führen. Daher kann in diesem Bereich gemäß DIN 1302 der Buchstabe j verwendet
werden.
In der Physik wird zwischen
für die Stromstärke
bei Wechselstrom und
für die imaginäre Einheit unterschieden. Dies führt durch die recht klare
Trennung beim aufmerksamen Leser nicht zu Verwechslungen und wird in dieser Form
weitgehend sowohl in der physikalisch-experimentellen als auch in der
physikalisch-theoretischen Literatur angewandt; handschriftlich ist diese
Feinheit allerdings nicht zu halten, weshalb häufig das
als Symbol für die imaginäre Einheit verwendet wird. Siehe auch: Komplexe
Wechselstromrechnung
Komplexe Zahlen können gemäß DIN 1304-1 und DIN 5483-3 unterstrichen dargestellt werden, um sie von reellen Zahlen zu unterscheiden.
Rechnen in der algebraischen Form
Addition
![](bilder/260px-Komplexe_addition.svg.png)
Für die Addition zweier komplexer Zahlen
mit
und
mit
gilt
Subtraktion
Für die Subtraktion zweier komplexer Zahlen
und
(siehe Addition) gilt
Multiplikation
Für die Multiplikation zweier komplexer Zahlen
und
(siehe Addition) gilt
Division
Für die Division der komplexen Zahl
durch die komplexe Zahl
(siehe Addition) mit
erweitert
man den Bruch mit der zum Nenner
konjugiert
komplexen Zahl
.
Der Nenner wird dadurch reell (und ist gerade das Quadrat des Betrages von
):
Rechenbeispiele
Addition:
Subtraktion:
Multiplikation:
Division:
Weitere Eigenschaften
- Der Körper
der komplexen Zahlen ist einerseits ein Oberkörper von
, andererseits ein zweidimensionaler
-Vektorraum. Der Isomorphismus
wird auch als natürliche Identifikation bezeichnet. In der Regel nutzt man dies auch, um
formell als
mit der entsprechenden komplexen Multiplikation zu definieren und dann
zu setzen. Dabei wird gleichzeitig festgelegt:
- Die Drehung der komplexen Ebene am Ursprung um den positiven Winkel
überführt die positive reelle
in die positiv-imaginäre Einheit
.
- Wenn die positiv-reelle Halbachse in der komplexen Ebene nach rechts geht, dann legt man die positiv-imaginäre Halbachse nach oben. Das ist in Einklang mit dem mathematisch-positiven Drehsinn.
- Die Drehung der komplexen Ebene am Ursprung um den positiven Winkel
- Die Körpererweiterung
ist vom Grad
; genauer ist
isomorph zum Faktorring
, wobei
das Minimalpolynom von
über
ist. Ferner bildet
bereits den algebraischen Abschluss von
.
- Als
-Vektorraum besitzt
die Basis
. Daneben ist
wie jeder Körper auch ein Vektorraum über sich selbst, also ein eindimensionaler
-Vektorraum mit Basis
.
und
sind genau die Lösungen der quadratischen Gleichung
. In diesem Sinne kann
(aber auch
) als „Wurzel aus
“ aufgefasst werden.[1]
ist im Gegensatz zu
kein geordneter Körper, d.h., es gibt keine mit der Körperstruktur verträgliche lineare Ordnungsrelation auf
. Von zwei unterschiedlichen komplexen Zahlen kann man daher nicht sinnvoll (bezogen auf die Addition und Multiplikation in
) festlegen, welche von beiden die größere bzw. die kleinere Zahl ist.
Betrag und Metrik
Betrag
Der Betrag
einer komplexen Zahl
ist die Länge
ihres Vektors in der Gaußschen
Zahlenebene und lässt sich z.B. zu
aus ihrem Realteil
und Imaginärteil
berechnen. Als eine Länge ist der Betrag reell und nicht negativ.
Beispiele:
Metrik
Die durch die Abstandsfunktion
induzierte Metrik
versieht den komplexen Vektorraum
mit seiner Standardtopologie.
Sie stimmt mit der Produkttopologie
von
überein, wie die Einschränkung
von
auf
mit der Standardmetrik auf
übereinstimmt.
Beide Räume
wie
sind vollständig
unter diesen Metriken. Auf beiden Räumen lässt sich der topologische Begriff der
Stetigkeit
zu analytischen Begriffen wie Differentiation
und Integration
erweitern.
Komplexe Zahlenebene
![](bilder/260px-Komplexe_zahlenebene.svg.png)
Während sich die Menge
der reellen
Zahlen durch Punkte auf einer Zahlengeraden
veranschaulichen lässt, kann man die Menge
der komplexen Zahlen als Punkte in einer Ebene (komplexe Ebene, gaußsche
Zahlenebene) darstellen. Dies entspricht der „doppelten Natur“ von
als zweidimensionalem reellem Vektorraum. Die Teilmenge der reellen Zahlen
bildet darin die waagerechte Achse, die Teilmenge der rein imaginären Zahlen
(d.h. mit Realteil 0) bildet die senkrechte Achse. Eine komplexe Zahl
mit
besitzt dann die horizontale Koordinate
und die vertikale Koordinate
,
wird also mit dem Zahlenpaar
identifiziert.
Gemäß Definition entspricht die Addition komplexer Zahlen der Vektoraddition, wobei man die Punkte in der Zahlenebene mit ihren Ortsvektoren identifiziert. Die Multiplikation ist in der gaußschen Ebene eine Drehstreckung, was nach Einführung der Polarform weiter unten klarer werden wird.
Polarform
![](bilder/220px-Complex_coloring.jpg)
Verwendet man anstelle der kartesischen Koordinaten
und
Polarkoordinaten
und
mit
als der Argument-Funktion, kann man die komplexe Zahl
auch in der folgenden, auf der eulerschen Relation
beruhenden sogenannten Polarform (auch Polardarstellung)
darstellen, die sich aus
und
ergibt. Die Darstellung mit Hilfe der komplexen e-Funktion
heißt dabei auch Exponentialdarstellung (der Polarform), die Darstellung mittels
des Ausdrucks
trigonometrische Darstellung (der Polarform). Aufgrund der eulerschen Relation
sind beide Darstellungen gleichwertig. Des Weiteren gibt es für sie, namentlich
in der Praxis, die verkürzten Schreibweisen
in denen
für die Summe
steht und die Darstellung mit dem Winkeloperator
als Versordarstellung bezeichnet
wird.
In der komplexen Zahlenebene entspricht dabei
der euklidischen Vektorlänge (d.h. dem Abstand zum Ursprung 0) und
dem mit der reellen Achse eingeschlossenen Winkel der Zahl
.
Üblicherweise jedoch nennt man
hier den Betrag
von
(oder auch seinen Modul) (Schreibweise
)
und den Winkel
das Argument (oder auch die Phase) von
(Schreibweise
).
Da
und
dabei derselben Zahl
zugeordnet werden können, ist die Polardarstellung zunächst nicht eindeutig.
Deshalb schränkt man
meist auf das Intervall
,
also
ein, um anschließend statt vom Argument selbst von seinem Hauptwert für
zu sprechen. Der Zahl
indes ließe sich jedes beliebige Argument zuordnen, und zum Zweck einer
eindeutigen Darstellung kann man es in diesem Fall tatsächlich auf 0 festlegen.
Das Argument von
ist auch der Imaginärteil des komplexen natürlichen Logarithmus
Mit der Wahl eines auf ganz
definierten Zweiges des Logarithmus ist also auch eine Argumentfunktion bestimmt
(und umgekehrt).
Alle Werte
bilden den Einheitskreis der komplexen Zahlen mit dem Betrag
,
diese Zahlen werden auch unimodular genannt und bilden die Kreisgruppe.
Dass die Multiplikation von komplexen Zahlen (außer der Null) Drehstreckungen
entspricht, lässt sich mathematisch wie folgt ausdrücken: Die multiplikative Gruppe
der komplexen Zahlen ohne die Null lässt sich als direktes Produkt der
Gruppe der Drehungen, der Kreisgruppe, und der
Streckungen um einen Faktor ungleich Null, der multiplikativen Gruppe
auffassen. Erstere Gruppe lässt sich durch das Argument
parametrisieren,
zweitere entspricht gerade den Beträgen.
Komplexe Konjugation
![](bilder/260px-Komplexe_konjugation.svg.png)
Ändert man das Vorzeichen
des Imaginärteils
einer komplexen Zahl
so erhält man die zu
konjugiert
komplexe Zahl
(manchmal auch
geschrieben).
Die Konjugation
ist ein (involutorischer)
Körperautomorphismus, da sie mit Addition und Multiplikation verträglich ist,
d.h., für alle
gilt
In der Polardarstellung hat die konjugiert komplexe Zahl
bei unverändertem Betrag gerade den negativen Winkel von
Man kann die Konjugation in der komplexen Zahlenebene also als die Spiegelung
an der reellen Achse interpretieren. Insbesondere werden unter der
Konjugation genau die reellen Zahlen auf sich selbst abgebildet.
Das Produkt aus einer komplexen Zahl
und ihrer komplex Konjugierten
ergibt das Quadrat ihres Betrages:
Die komplexen Zahlen bilden damit ein triviales Beispiel einer C*-Algebra.
Die Summe aus einer komplexen Zahl
und ihrer komplex Konjugierten
ergibt das 2-Fache ihres Realteils:
Die Differenz aus einer komplexen Zahl
und ihrer komplex Konjugierten
ergibt das
-Fache
ihres Imaginärteils:
Umrechnungsformeln
Von der algebraischen Form in die Polarform
Für >
in algebraischer Form ist
Für
ist das Argument
beliebig, wird aber häufig auf 0 gesetzt oder undefiniert gelassen. Für
kann das Argument
im Intervall
mit Hilfe einer trigonometrischen Umkehrfunktion, bspw. mit Hilfe des Arkuskosinus
-
für für
ermittelt werden. Verfahren, die den Arkustangens verwenden,
sind im Artikel Arkustangens
und Arkuskotangens § Umrechnung ebener kartesischer Koordinaten in polare
aufgeführt. Dazu gehört auch die in vielen Programmiersprachen
und Tabellenkalkulationen
zur Verfügung gestellte häufig mit dem Namen arctan2,
aber auch atan2,
bezeichnete Variante der Arkustangensfunktion, die beide Werte übergeben bekommt
und das Ergebnis je nach Vorzeichen von
und
dem passenden Quadranten zuordnet.
Die Berechnung des Winkels
im Intervall
kann im Prinzip so durchgeführt werden, dass der Winkel zunächst wie vorstehend
beschrieben im Intervall
berechnet wird und dann um
vergrößert wird, falls er negativ ist:
(siehe Polarkoordinaten).
Von der Polarform in die algebraische Form
Wie weiter oben stellt
den Realteil und
den Imaginärteil jener komplexen Zahl dar.
Arithmetische Operationen in der Polarform
Durch arithmetische Operationen sind folgende Operanden miteinander zu verknüpfen:
Bei der Multiplikation werden die Beträge
und
miteinander multipliziert und die zugehörigen Phasen
bzw.
addiert. Bei der Division wird der Betrag des Dividenden durch den Betrag
des Divisors
geteilt und die Phase des Divisors von der Phase des Dividenden subtrahiert. Für
die Addition und die Subtraktion existiert auch eine, etwas kompliziertere,
Formel:
Trigonometrische Form
![](bilder/260px-Komplexe_multiplikation.svg.png)
![](bilder/260px-Komplexe_division.svg.png)
- mit
und der arctan2-Funktion.
- mit
Exponentialform
mit
und
wie oben.
Rechenoperationen 3. Stufe
Zu den Rechenoperationen der dritten Stufe gehören Potenzieren, Wurzelziehen (Radizieren) und Logarithmieren.
Potenzen
Natürliche Exponenten
Für natürliche Zahlen
berechnet sich die
-te
Potenz in der polaren Form
zu
(siehe den Satz
von de Moivre) oder für die algebraische Form
mit Hilfe des binomischen
Satzes zu
Beliebige komplexe Exponenten
Die allgemeine Definition einer Potenz mit komplexer Basis
und komplexem Exponenten
lautet
wobei
für den Hauptwert
des komplexen Logarithmus steht (siehe unten), damit liefert die Formel
ebenfalls einen Hauptwert. Im Fall
allerdings stimmen alle in Frage kommenden Ergebnisse mit diesem Hauptwert
überein und die Funktion wird eindeutig.
Wurzeln
Logarithmen
Der komplexe
natürliche Logarithmus ist (anders als der reelle
auf )
nicht eindeutig. Eine komplexe Zahl
heißt Logarithmus der komplexen Zahl
,
wenn
Mit
ist auch jede Zahl
mit beliebigem
ein Logarithmus von
.
Man arbeitet daher mit Hauptwerten,
d.h. mit Werten eines bestimmten Streifens der komplexen Ebene.
Der Hauptwert des natürlichen Logarithmus der komplexen Zahl
ist
mit
und
.
Anders formuliert: Der Hauptwert des natürlichen Logarithmus der komplexen Zahl
ist
wobei
der Hauptwert des Arguments
von
ist.
Naheliegenderweise gelten die Logarithmengesetze
für den Hauptwert des natürlichen Logarithmus nur modulo .
Die endlichen Untergruppen
Genau die Zahlen bilden den Einheitskreis der komplexen Zahlen
mit dem Betrag
,
diese Zahlen werden auch unimodular genannt und bilden die Kreisgruppe.
Alle Elemente einer endlichen Untergruppe der multiplikativen Einheitengruppe
sind Einheitswurzeln.
Unter allen Ordnungen
von Gruppenelementen gibt es eine maximale, etwa
.
Da
kommutativ ist, erzeugt ein Element mit dieser maximalen Ordnung dann auch die
Gruppe, so dass die Gruppe zyklisch
ist und genau aus den Elementen
besteht. Alle Elemente liegen auf dem Einheitskreis.
Die Vereinigung aller endlichen Untergruppen ist eine Gruppe, die zur Torsionsgruppe
isomorph ist. Sie liegt
dicht
in ihrer Vervollständigung,
der schon erwähnten Kreisgruppe,
die auch als 1-Sphäre
aufgefasst werden kann und zu
isomorph ist.
Pragmatische Rechenregeln
Am einfachsten lassen sich die Berechnungen folgendermaßen durchführen:
- Addition und Subtraktion komplexer Zahlen werden (in der algebraischen Form) komponentenweise durchgeführt.
- Die Multiplikation komplexer Zahlen kann je nach Vorgabe vorteilhaft in algebraischer Form oder in Exponentialform (Multiplikation der Beträge und Addition der Argumente (Winkel)) durchgeführt werden.
- Bei der Division komplexer Zahlen werden in Exponentialform ihre Beträge dividiert und ihre Argumente (Winkel) subtrahiert, oder in algebraischer Form der Quotient mit dem konjugierten Nenner erweitert.
- Beim Potenzieren einer komplexen Zahl mit einem reellen Exponenten wird ihr Betrag potenziert und ihr Argument (Winkel) mit dem Exponenten multipliziert; die Benutzung der algebraischen Form (mit Newtons Binomialsatz) ist in den meisten Fällen umständlicher (insbesondere für höhere Potenzen).
- Beim Radizieren (Wurzelziehen) einer komplexen Zahl mit einem reellen
Exponenten wird ihr Betrag radiziert und ihr Argument (Winkel) durch den
Exponenten dividiert. Hierdurch entsteht die erste Lösung. Bei einer
-ten Wurzel entstehen
Lösungen, die im Winkel von
um den Ursprung der gaußschen Ebene verteilt sind. Siehe Wurzel (Mathematik). Eine Quadratwurzel kann auch recht einfach in kartesischer Form berechnet werden.
- Beim Multiplizieren in algebraischer Form lässt sich durch folgendes Verfahren eine der vier Multiplikation einsparen. Allerdings sind drei zusätzliche Additionen bzw. Subtraktionen notwendig und die Berechnung lässt sich schlechter parallelisieren.
Konstruktion der komplexen Zahlen
In diesem Abschnitt wird nachgewiesen, dass tatsächlich ein Körper
der komplexen Zahlen existiert, der den in der obigen Definition geforderten
Eigenschaften genügt. Es sind dabei verschiedene Konstruktionen möglich, die
jedoch bis auf Isomorphie zum selben Körper führen.
Paare reeller Zahlen
Die Konstruktion nimmt zunächst keinerlei Bezug auf die imaginäre Einheit
:
Im 2-dimensionalen reellen Vektorraum
der geordneten reellen Zahlenpaare
wird neben der Addition
(das ist die gewöhnliche Vektoraddition) eine Multiplikation durch
definiert.
Nach dieser Festlegung schreibt man ,
und
wird zu einem Körper, dem Körper der komplexen Zahlen. Die imaginäre
Einheit wird dann durch
definiert.
Da
eine Basis des
bilden, lässt sich
damit als Linearkombination
darstellen.
Erste Eigenschaften
- Die Abbildung
ist eine Körpereinbettung von
in
, aufgrund derer wir die reelle Zahl
mit der komplexen Zahl
identifizieren.
Bezüglich der Addition ist:
- die Zahl
das neutrale Element (das Nullelement) in
und
- die Zahl
das inverse Element in
.
Bezüglich der Multiplikation ist:
- die Zahl
das neutrale Element (das Einselement) von
und
- das Inverse (Reziproke)
zu
ist
.
Bezug zur Darstellung in der Form a + bi
Durch
wird die imaginäre Einheit festgelegt; für diese gilt
,
was nach obiger Einbettung gleich
entspricht.
Jede komplexe Zahl
besitzt die eindeutige Darstellung der Form
mit ;
dies ist die übliche Schreibweise für die komplexen Zahlen.
Polynome: Adjunktion
Eine weitere Konstruktion der komplexen Zahlen ist der Faktorring
des Polynomringes in einer
Unbestimmten über den reellen Zahlen. Die Zahl
entspricht dabei dem Bild der Unbestimmten
,
die reellen Zahlen werden mit den konstanten Polynomen identifiziert.
Dieses Konstruktionsprinzip ist auch in anderem Kontext anwendbar, man spricht von Adjunktion.
Matrizen
Die Menge der -Matrizen
der Form
mit
bildet ebenfalls ein Modell der komplexen Zahlen. Dabei werden die reelle
Einheit
bzw. die imaginäre Einheit
durch die Einheitsmatrix
bzw. die Matrix
dargestellt. Daher gilt:
Diese Menge ist ein Unterraum
des Vektorraums der reellen
-Matrizen.
Reelle Zahlen entsprechen Diagonalmatrizen
Die zu den Matrizen gehörenden linearen Abbildungen sind, sofern
und
nicht beide null sind, Drehstreckungen
im Raum
.
Es handelt sich um genau dieselben Drehstreckungen wie bei der Interpretation
der Multiplikation mit einer komplexen Zahl
in der gaußschen
Zahlenebene.
Geschichte
Der Begriff „komplexe Zahlen“ wurde von Carl Friedrich Gauß (Theoria residuorum biquadraticorum, 1831) eingeführt, der Ursprung der Theorie der komplexen Zahlen geht auf die italienischen Mathematiker Gerolamo Cardano (Ars magna, Nürnberg 1545) und Rafael Bombelli (L’Algebra, Bologna 1572; wahrscheinlich zwischen 1557 und 1560 geschrieben) zurück.
Die Unmöglichkeit eines naiven Radizierens der Art
ist bei der Behandlung quadratischer Gleichungen schon sehr früh bemerkt und
hervorgehoben worden, z.B. schon in der um 820 n.Chr. verfassten
Algebra des Muhammed
ibn Mûsâ Alchwârizmî. Aber bei dem nächstliegenden und unanfechtbaren
Schluss, dass diese Art von Gleichung nicht lösbar sei, blieb die mathematische
Forschung nicht stehen.
In gewissem Sinne ist bereits der Italiener Gerolamo Cardano (1501–1576) in seinem 1545 erschienenen Buch Artis magnae sive de regulis algebraicis liber unus darüber hinausgegangen. Er behandelt dort die Aufgabe, zwei Zahlen zu finden, deren Produkt 40 und deren Summe 10 ist. Er hebt hervor, dass die dafür anzusetzende Gleichung
keine Lösung hat, fügt aber einige Bemerkungen hinzu, indem er in die Lösung
der allgemeinen normierten quadratischen Gleichung
für
und
die Werte −10 bzw. 40 einsetzt. Wenn es also möglich wäre, dem sich ergebenden
Ausdruck
einen Sinn zu geben, und zwar so, dass man mit diesem Zeichen nach denselben Regeln rechnen dürfte wie mit einer reellen Zahl, so würden die Ausdrücke
in der Tat je eine Lösung darstellen.
Für die Quadratwurzel aus negativen Zahlen und allgemeiner für alle aus einer
beliebigen reellen Zahl
und einer positiven reellen Zahl
zusammengesetzten Zahlen
oder
hat sich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die Bezeichnung imaginäre Zahl
eingebürgert, die ursprünglich von René
Descartes stammt, der in seiner La Géométrie (1637) damit die
Schwierigkeit des Verständnisses komplexer Zahlen als nichtreeller Lösungen
algebraischer Gleichungen ausdrückte. John
Wallis erzielte im 17. Jahrhundert erste Fortschritte in Hinblick auf
eine geometrische Interpretation komplexer Zahlen. Gottfried Wilhelm
Leibniz nannte sie 1702 eine feine und wunderbare Zuflucht des
menschlichen Geistes, beinahe ein Zwitterwesen zwischen Sein und
Nichtsein.
Die Einführung der imaginären Einheit
als neue Zahl wird Leonhard
Euler zugeschrieben. Er erzielte durch Rechnen mit imaginären Zahlen
wertvolle neue Erkenntnisse, zum Beispiel veröffentlichte er die Eulersche Formel 1748
in seiner Einführung in die Analysis und veröffentlichte erstmals explizit die
Formel
von Abraham
de Moivre (Ende des 17. Jahrhunderts, dieser wiederum hatte sie von Isaac
Newton),
aber auch Euler hatte noch große Schwierigkeiten beim Verständnis und der
Einordnung komplexer Zahlen, obwohl er routinemäßig damit rechnete.
Die geometrische Interpretation wurde zuerst vom dänischen Landvermesser Caspar Wessel (1799 veröffentlicht in den Abhandlungen der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften, aber erst rund hundert Jahre später weiteren Kreisen bekannt), von Jean-Robert Argand (in einem obskuren Privatdruck 1806, den aber Legendre zur Kenntnis kam und der 1813 breiteren Kreisen bekannt wurde) und Gauß (unveröffentlicht) entdeckt. Gauß erwähnt die Darstellung explizit in einem Brief an Friedrich Bessel vom 18. Dezember 1811. Nach Argand wird die geometrische Darstellung in der Zahlenebene manchmal auch Arganddiagramm genannt.
Als Begründer der komplexen Analysis gilt Augustin-Louis Cauchy in einer 1814 bei der französischen Akademie eingereichten Arbeit über Integration im Komplexen, die aber erst 1825 veröffentlicht wurde. 1821 definierte er in seinem Lehrbuch Cours d’analyse eine Funktion einer komplexen Variablen in die komplexe Zahlenebene und bewies viele grundlegende Sätze der Funktionentheorie.
Ausgehend von philosophischen Ideen Immanuel
Kants fand William
Rowan Hamilton 1833 eine logisch einwandfreie Begründung der komplexen
Zahlen als geordnetes Paar reeller Zahlen. Er deutete die komplexe Zahl
als Zahlenpaar
und definierte Addition beziehungsweise die Multiplikation durch:
Heute machen diese Dinge keinerlei begriffliche oder tatsächliche Schwierigkeiten. Durch die Einfachheit der Definition, der bereits erläuterten Bedeutung und Anwendungen in vielen Wissenschaftsgebieten stehen die komplexen Zahlen den reellen Zahlen in nichts nach. Der Begriff der „imaginären“ Zahlen, im Sinne von eingebildeten bzw. unwirklichen Zahlen, hat sich also im Laufe der Jahrhunderte zu einer schiefen, aber beibehaltenen Bezeichnung entwickelt.
Bedeutung
Komplexe Zahlen in der Physik
Komplexe Zahlen spielen in der Grundlagenphysik eine zentrale Rolle. In der Quantenmechanik wird der Zustand eines physikalischen Systems als Element eines (projektiven) Hilbertraums über den komplexen Zahlen aufgefasst. Komplexe Zahlen finden Verwendung bei der Definition von Differentialoperatoren in der Schrödingergleichung und der Klein-Gordon-Gleichung. Für die Dirac-Gleichung benötigt man eine Zahlbereichserweiterung der komplexen Zahlen, die Quaternionen. Alternativ ist eine Formulierung mit Pauli-Matrizen möglich, die aber die gleiche algebraische Struktur wie die Quaternionen aufweisen.
Komplexe Zahlen haben in der Physik und Technik eine wichtige Rolle als Rechenhilfe. So lässt sich insbesondere die Behandlung von Differentialgleichungen zu Schwingungsvorgängen vereinfachen, da sich damit die komplizierten Beziehungen in Zusammenhang mit Produkten von Sinus- bzw. Kosinusfunktionen durch Produkte von Exponentialfunktionen ersetzen lassen, wobei lediglich die Exponenten addiert werden müssen. So fügt man dazu beispielsweise in der komplexen Wechselstromrechnung geeignete Imaginärteile in die reellen Ausgangsgleichungen ein, die man bei der Auswertung der Rechenergebnisse dann wieder ignoriert. Dadurch werden in der Zwischenrechnung harmonische Schwingungen (reell) zu Kreisbewegungen in der komplexen Ebene ergänzt, die mehr Symmetrie aufweisen und deswegen einfacher zu behandeln sind.
In der Optik werden die brechenden und absorbierenden Effekte einer Substanz in einer komplexen, wellenlängenabhängigen Permittivität (Dielektrizitätskonstante) oder dem komplexen Brechungsindex zusammengefasst, die wiederum auf die elektrische Suszeptibilität zurückgeführt wird.
In der Fluiddynamik werden komplexe Zahlen eingesetzt, um ebene Potentialströmungen zu erklären und zu verstehen. Jede beliebige komplexe Funktion eines komplexen Arguments stellt immer eine ebene Potentialströmung dar – der geometrische Ort entspricht dem komplexen Argument in der gaußschen Zahlenebene, das Strömungspotenzial dem Realteil der Funktion, und die Stromlinien den Isolinien des Imaginärteils der Funktion mit umgekehrtem Vorzeichen. Das Vektorfeld der Strömungsgeschwindigkeit entspricht der konjugiert komplexen ersten Ableitung der Funktion. Durch das Experimentieren mit verschiedenen Überlagerungen von Parallelströmung, Quellen, Senken, Dipolen und Wirbeln kann man die Umströmung unterschiedlicher Konturen darstellen. Verzerren lassen sich diese Strömungsbilder durch konforme Abbildung – das komplexe Argument wird durch eine Funktion des komplexen Arguments ersetzt. Beispielsweise lässt sich die Umströmung eines Kreiszylinders (Parallelströmung + Dipol) in die Umströmung eines tragflügel-ähnlichen Profils (Joukowski-Profil) verzerren und die Rolle des tragenden Wirbels an einer Flugzeug-Tragfläche studieren. So nützlich diese Methode zum Lernen und Verstehen ist, zur genauen Berechnung reicht sie im Allgemeinen nicht aus.
Komplexe Zahlen in der Elektrotechnik
In der Elektrotechnik besitzt die Darstellung elektrischer Größen mit Hilfe komplexer Zahlen weite Verbreitung. Sie wird bei der Berechnung von zeitlich sinusförmig veränderlichen Größen wie elektrischen und magnetischen Feldern verwendet. Bei der Darstellung einer sinusförmigen Wechselspannung als komplexe Größe und entsprechenden Darstellungen für Widerstände, Kondensatoren und Spulen vereinfachen sich die Berechnungen des elektrischen Stromes, der Wirk- und der Blindleistung in einer Schaltung. Die durch Differentialquotienten oder Integrale gegebene Verkopplung geht über in eine Verkopplung durch trigonometrische Funktionen; die Berechnung der Zusammenhänge lässt sich damit wesentlich erleichtern. Auch das Zusammenwirken mehrerer verschiedener sinusförmiger Spannungen und Ströme, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Nulldurchgänge haben können, lässt sich in komplexer Rechnung leicht darstellen. Genaueres über dieses Thema steht im Artikel über die komplexe Wechselstromrechnung.
In den letzten Jahren hat die digitale Signalverarbeitung außerordentlich an Bedeutung gewonnen, deren Fundament die Rechnung mit komplexen Zahlen bildet.
Körpertheorie und algebraische Geometrie
Der Körper der komplexen Zahlen ist der algebraische Abschluss des Körpers der reellen Zahlen.
Je zwei algebraisch abgeschlossene Körper mit derselben Charakteristik
und demselben Transzendenzgrad
über ihrem Primkörper
(der durch die Charakteristik festgelegt ist) sind (ringtheoretisch) isomorph.
Bei einem Körper von Charakteristik 0 mit überabzählbarem
Transzendenzgrad ist dieser gleich der Kardinalität
des Körpers. Körpertheoretisch bilden die komplexen Zahlen also den einzigen
algebraisch abgeschlossenen Körper mit Charakteristik 0 und der
Kardinalität
des Kontinuums.
Eine Konstruktion des Körpers der komplexen Zahlen ist mithilfe dieser
Feststellung auch rein algebraisch etwa als Erweiterung des algebraischen
Abschlusses der rationalen Zahlen um
viele transzendente Elemente möglich. Eine weitere Konstruktion liefert ein Ultraprodukt: Hierzu bilde
man zu jedem endlichen
Körper seinen algebraischen Abschluss und bilde von ihnen das Ultraprodukt
bezüglich eines beliebigen freien Ultrafilters.
Aus dem Satz
von Łoś folgt, dass dieses Ultraprodukt ein algebraisch abgeschlossener
Körper mit Charakteristik 0 ist, die Kardinalität des Kontinuums folgt aus
mengentheoretischen Überlegungen.
Unter dem Schlagwort Lefschetz-Prinzip werden verschiedene Sätze zusammengefasst, die es erlauben, Ergebnisse der algebraischen Geometrie, die über den komplexen Zahlen bewiesen werden, auf andere algebraisch abgeschlossene Körper mit Charakteristik 0 zu übertragen (was maßgeblich auf der Vollständigkeit der Theorie der algebraisch abgeschlossenen Körper mit Charakteristik 0 aufbaut). Die Betrachtung des komplexen Falls bietet den Vorteil, dass dort topologische und analytische Methoden eingesetzt werden können, um algebraische Ergebnisse zu erhalten. Obige Ultraproduktkonstruktion erlaubt die Übertragung von Ergebnissen im Fall einer Charakteristik ungleich 0 auf die komplexen Zahlen.
Spektraltheorie und Funktionalanalysis
Viele Ergebnisse der Spektraltheorie
gelten für komplexe Vektorräume
in größerem Umfang als für reelle. So treten z.B. komplexe Zahlen als Eigenwerte
reeller Matrizen
auf (dann jeweils zusammen mit dem konjugiert-komplexen Eigenwert). Das erklärt
sich dadurch, dass das charakteristische
Polynom der Matrix aufgrund der algebraischen Abgeschlossenheit von
über den komplexen Zahlen stets in Linearfaktoren zerfällt.
Dagegen gibt es reelle Matrizen ohne reelle Eigenwerte, während das Spektrum
eines beliebigen beschränkten
Operators auf einem komplexen (mindestens eindimensionalen) Banachraum nie leer ist.
In der Spektraltheorie auf Hilberträumen
lassen sich Sätze, die im reellen Fall nur für selbstadjungierte
Operatoren gelten, im komplexen Fall oft auf normale Operatoren
übertragen.
Auch in weiteren Teilen der Funktionalanalysis spielen die komplexen Zahlen eine besondere Rolle. So wird etwa die Theorie der C*-Algebren meist im Komplexen betrieben, die harmonische Analyse befasst sich mit Darstellungen von Gruppen auf komplexen Hilberträumen.
Funktionentheorie und komplexe Geometrie
Das Studium differenzierbarer Funktionen auf Teilmengen der komplexen Zahlen ist Gegenstand der Funktionentheorie. Sie ist in vieler Hinsicht starrer als die reelle Analysis und lässt weniger Pathologien zu. Beispiele sind die Aussage, dass jede in einem Gebiet differenzierbare Funktion bereits beliebig oft differenzierbar ist, oder der Identitätssatz für holomorphe Funktionen.
Die Funktionentheorie ermöglicht oft auch Rückschlüsse auf rein reelle Aussagen, beispielsweise lassen sich manche Integrale mit dem Residuensatz berechnen. Ein wichtiges Einsatzgebiet dieser Methoden ist die analytische Zahlentheorie, die Aussagen über ganze Zahlen auf Aussagen über komplexe Funktionen zurückführt, häufig in der Form von Dirichletreihen. Ein prominentes Beispiel ist die Verbindung zwischen Primzahlsatz und riemannscher ζ-Funktion. In diesem Zusammenhang spielt die riemannsche Vermutung eine zentrale Rolle.
Die oben erwähnte Starrheit holomorpher Funktionen tritt noch stärker bei globalen Fragen in Erscheinung, d.h. beim Studium komplexer Mannigfaltigkeiten. So gibt es auf einer kompakten komplexen Mannigfaltigkeit keine nichtkonstanten globalen holomorphen Funktionen; Aussagen wie der Einbettungssatz von Whitney sind im Komplexen also falsch. Diese sogenannte „analytische Geometrie“ (nicht mit der klassischen analytischen Geometrie von René Descartes zu verwechseln!) ist auch eng mit der algebraischen Geometrie verknüpft, viele Ergebnisse lassen sich übertragen. Die komplexen Zahlen sind auch in einem geeigneten Sinne ausreichend groß, um die Komplexität algebraischer Varietäten über beliebigen Körpern der Charakteristik 0 zu erfassen (Lefschetz-Prinzip).
Literatur
- Reinhold Remmert: Komplexe Zahlen. In D. Ebbinghaus u.a. (Hrsg.): Zahlen. Springer, 1983.
Verwandte Themen
- Gaußsche Zahlen und Eisenstein-Zahlen sind eine Verallgemeinerung der ganzen Zahlen auf die komplexen Zahlen.
- Hyperkomplexe Zahlen verallgemeinern die algebraische Struktur der komplexen Zahlen.
- Komplexwertige Funktionen bilden komplexe Zahlen auf komplexe Zahlen ab.
Anmerkungen
- ↑
Bei Verwendung des Zeichens
ist noch deutlicher gemacht, als es vielleicht bei Verwendung von
wäre, dass bei jedem Vorkommen dieselbe Lösung von
(dasselbe „Vorzeichen“) genommen werden muss. Dennoch bleiben alle algebraischen Aussagen gültig, wenn überall
durch
ersetzt wird.
![Trenner](/button/corpdivider.gif)
![Extern](/button/extern.png)
![Seitenende](/button/stonrul.gif)
© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.12. 2022