Zusammenhang (Differentialgeometrie)
Im mathematischen Teilgebiet der Differentialgeometrie ist ein Zusammenhang ein Hilfsmittel, um Richtungsänderungen im Laufe einer Bewegung zu quantifizieren und Richtungen in verschiedenen Punkten miteinander in Beziehung zu setzen.
Dieser Artikel behandelt im Wesentlichen den Zusammenhang auf einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit beziehungsweise auf einem Vektorbündel. Ein ausgezeichneter Zusammenhang auf einem Tensorbündel, einem besonderen Vektorbündel, heißt kovariante Ableitung. Allgemeiner existieren auch Zusammenhänge auf Prinzipalbündeln mit analogen definierenden Eigenschaften.
Motivation
In der Differentialgeometrie interessiert man sich für die Krümmung von
Kurven, insbesondere von Geodäten.
In euklidischen Räumen ist die Krümmung einfach durch die zweite Ableitung
gegeben. Auf differenzierbaren Mannigfaltigkeiten ist die zweite Ableitung nicht
direkt zu bilden. Ist
eine Kurve, so muss man für die zweite Ableitung dieser Kurve den
Differenzenquotienten mit den Vektoren
und
bilden. Diese Vektoren befinden sich jedoch in unterschiedlichen Vektorräumen,
daher kann man nicht einfach die Differenz der beiden bilden. Um das Problem zu
lösen, hat man eine Abbildung definiert, welche man Zusammenhang nennt. Diese
Abbildung soll einen Zusammenhang zwischen den beteiligten Vektorräumen
bereitstellen und trägt daher auch diesen Namen.
Definitionen
In diesem Abschnitt bezeichnet
eine glatte
Mannigfaltigkeit,
das Tangentialbündel
und
ein Vektorbündel.
Mit
wird die Menge der glatten Schnitte
im Vektorbündel
notiert.
Zusammenhang
Indem man sagt, was die Richtungsableitung
eines Vektorfeldes in Richtung eines Tangentialvektors
ist, erhält man einen Zusammenhang auf einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit
.
Demgemäß definiert man einen Zusammenhang auf einem Vektorbündel als eine
Abbildung
die einem Vektorfeld
auf
und einem Schnitt
im Vektorbündel
wieder einen Schnitt in
zuordnet, so dass die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
ist in
linear über
, das heißt
-
- für
und
ist
-linear in
das heißt, es gilt
-
- für
.
- Außerdem gilt die Produktregel beziehungsweise Leibnizregel
-
- für jede Funktion
.
- Hier bezeichnet
die Richtungsableitung der Funktion
in Richtung
(Tangentialvektoren werden also als Derivationen aufgefasst). Eine andere Schreibweise für
ist
.
Alternativ kann man den Zusammenhang auch als Abbildung
mit den gleichen Eigenschaften definieren.
Linearer Zusammenhang
Ein linearer oder affiner Zusammenhang auf
ist ein Zusammenhang auf
.
Das heißt, es ist eine Abbildung
welche die drei definierenden Eigenschaften aus dem obigen Abschnitt erfüllt.
Induzierte Zusammenhänge
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten auf anderen Vektorbündeln auf natürliche Weise Zusammenhänge zu induzieren.
Zusammenhang auf einer reellen Untermannigfaltigkeit
Sei
die Standardbasis von
,
dann wird auf
der euklidische Zusammenhang
durch
definiert, wobei
und
Darstellungen der Vektorfelder
bzgl. der Standardbasis sind. Ist
eine Untermannigfaltigkeit von
,
so erhält man auf
einen von
induzierten Zusammenhang. Dieser ist durch
bestimmt. Dabei bezeichnet
die orthogonale
Projektion.
Zusammenhänge auf dem Tensorbündel
Sei
ein linearer Zusammenhang auf der Mannigfaltigkeit
.
Auf dem Tensorbündel
lässt sich ein eindeutiger Zusammenhang
induzieren, der ebenfalls mit
notiert wird und die folgenden Eigenschaften erfüllt:
- Auf
stimmt
mit dem gegebenen Zusammenhang überein.
- Auf
ist
die gewöhnliche Richtungsableitung von Funktionen:
- Für
gilt die folgende Produktregel
- Der Zusammenhang
kommutiert mit der Tensorverjüngung
, das heißt
Dieser Zusammenhang auf
wird auch kovariante Ableitung genannt.
Kompatibilität mit der riemannschen Metrik und Symmetrie
Sei
eine riemannsche
oder pseudo-riemannsche
Mannigfaltigkeit. Einen Zusammenhang
nennt man kompatibel
mit der Metrik
dieser Mannigfaltigkeit, falls
gilt. Mit der 3. Eigenschaft aus dem Abschnitt Zusammenhänge auf dem Tensorbündel erhält man die Gleichung
und daher ist die Kompatibilitätsbedingung äquivalent zu
Ein Zusammenhang heißt symmetrisch oder torsionsfrei, wenn der Torsionstensor verschwindet, das heißt, es gilt
Diese beiden Eigenschaften erscheinen natürlich, da sie von einem induzierten Zusammenhang auf einer reellen Untermannigfaltigkeit bereits erfüllt werden. Ein Zusammenhang auf einer (abstrakten) Mannigfaltigkeit, welcher diese beiden Eigenschaften erfüllt, ist eindeutig bestimmt. Diese Aussage wird Hauptsatz der riemannschen Geometrie genannt und der eindeutig bestimmte Zusammenhang heißt Levi-Civita- oder riemannscher Zusammenhang. Ein Zusammenhang, welcher mit der riemannschen Metrik kompatibel ist, heißt metrischer Zusammenhang. Eine riemannsche Mannigfaltigkeit kann im Allgemeinen mehrere verschiedene metrische Zusammenhänge haben.
Eigenschaften
- Sei
und seien
zwei Vektorfelder auf
, so dass
in einer Umgebung
von
gilt. Dann folgt für alle Vektorfelder
Allgemeiner brauchen
und
nicht einmal auf einer ganzen Umgebung gleich zu sein. Genauer: Falls es eine
glatte Kurve
gibt (für ein geeignetes
)
so, dass
und
und falls
für alle
gilt, dann folgt schon
.
Das bedeutet, dass die beiden Vektorfelder
und
nur entlang einer geeigneten glatten Kurve übereinstimmen müssen.
- Analog zur eben genannten Eigenschaft: Seien
zwei Vektorfelder auf
so, dass
. Dann gilt für alle
, dass
.
Darstellung in Koordinaten: Christoffel-Symbole
Bilden die lokalen Vektorfelder
in jedem Punkt eine Basis des Tangentialraums, so sind die Christoffel-Symbole
definiert durch
bzw.
in einsteinscher Summenkonvention.
Haben die Vektorfelder
und
bezüglich dieser Basis die Gestalt
und
,
so gilt für die Komponenten
von
,
wobei
die Richtungsableitung der Funktion
in Richtung des Vektors
bezeichnet.
Wählt man als Basisvektorfelder speziell die durch eine Karte gegebenen
Vektorfelder ,
so erhält man die Koordinatendarstellung
.
Dieses Resultat entspricht der Produktregel: Im Produkt
ändern sich bei infinitesimalen
Änderungen sowohl die Basisvektoren
als auch die Komponentenfunktionen
und es entsteht die Summe beider Änderungen.
Anwendungen
Die zentralen Begriffe dieses Artikels betreffen in der Physik u.a. die Allgemeine Relativitätstheorie und die Eichtheorien (z.B. Quantenelektrodynamik, Quantenchromodynamik und Yang-Mills-Theorie) der Hochenergiephysik, sowie in der Festkörperphysik die BCS-Theorie der Supraleitung. Das Gemeinsame an diesen Theorien ist, dass „Zusammenhang“ und „kovariante Ableitung“ durch Vektorpotentiale generiert werden, die gewissen Eichbedingungen genügen, und dass sie explizit in bestimmter Weise in die Energiefunktion des Systems eingehen.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.06. 2022