Pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit
Eine pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit oder semi-riemannsche
Mannigfaltigkeit ist ein mathematisches Objekt aus der (pseudo-)
Definition
Mit
wird im Folgenden der Tangentialraum
an einem Punkt
einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit
bezeichnet. Eine pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit
ist eine differenzierbare
Mannigfaltigkeit
zusammen mit einer für jeden Punkt
definierten Funktion
.[A
1] Diese Funktion ist tensoriell,
symmetrisch und nicht ausgeartet,
das heißt für alle Tangentialvektoren
und Funktionen
gilt
(tensoriell d.h.. bilinear),
(symmetrisch),
- falls für
gilt, dass
für alle
, so folgt
.
Außerdem ist
differenzierbar abhängig von
.
Die Funktion
ist also ein differenzierbares Tensorfeld
und heißt pseudo-riemannsche Metrik oder metrischer
Tensor.
Signatur
Wie jeder gewöhnlichen Bilinearform
kann man auch der pseudo-riemannschen Metrik eine Signatur
zuordnen. Diese ist aufgrund des Trägheitssatzes
von Sylvester unabhängig von der Wahl des Koordinatensystems auf der
Mannigfaltigkeit und damit auch unabhängig von der Wahl des Punktes .
Wie bei der Determinante
gibt es zu gegebener „Physik“ zahlreiche äquivalente Ausdrücke. Aber da
nicht ausgeartet ist, ist der dritte Eintrag in der Signatur immer null und die
Determinante von
ist immer ungleich null. Vierdimensionale pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeiten
mit der Signatur (3,1,0) (beziehungsweise meist (1,3,0)) heißen Lorentz-Mannigfaltigkeiten.
Diese spielen eine wichtige Rolle in der allgemeinen Relativitätstheorie.
Pseudo-riemannsche Geometrie
Im Unterschied zu pseudo-riemannschen Metriken sind die riemannschen Metriken positiv definit, was eine stärkere Forderung als „nicht ausgeartet“ ist. Einige Resultate aus der riemannschen Geometrie lassen sich auch auf pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeiten übertragen. So gilt zum Beispiel der Hauptsatz der riemannschen Geometrie auch für pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeiten. Es existiert also für jede pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit ein eindeutiger Levi-Civita-Zusammenhang. Jedoch im Gegensatz zur riemannschen Geometrie kann man nicht zu jeder differenzierbaren Mannigfaltigkeit eine Metrik mit vorgegebener Signatur finden. Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen riemannscher und pseudo-riemannscher Geometrie ist das Fehlen eines Äquivalents für den Satz von Hopf-Rinow in der pseudo-riemannschen Geometrie. Im Allgemeinen sind hier metrische Vollständigkeit und geodätische Vollständigkeit nicht miteinander verknüpft. Durch die Signatur der Metrik ergeben sich außerdem Probleme für die Stetigkeit der Abstandsfunktion. So kann die Abstandsfunktion für Lorentzmannigfaltigkeiten die Eigenschaft aufweisen, nicht oberhalbstetig zu sein.
Definitionsvariante
Abweichend von der obigen Definition unterscheidet Serge Lang semi-riemannsche
von pseudo-riemannschen Mannigfaltigkeiten und verlangt für erstere zusätzlich,
dass
positiv semidefinit sei, das heißt
für alle
.
Lorentzsche Mannigfaltigkeit
Eine Lorentzsche Mannigfaltigkeit ist ein wichtiger Spezialfall einer pseudo-Riemannschen Mannigfaltigkeit, bei der die Signatur der Metrik (+1, (-1)(n-1 mal)) oder (äquivalent, (-1 +1(n-1 mal)) ist (siehe Vorzeichenkonvention). Solche Metriken werden Lorentzsche Metriken genannt. Sie sind nach dem niederländischen Physiker Hendrik Lorentz benannt.
Anmerkungen
- ↑
Erklärung zu den Notationen
und
versus
und
:
Wenn die Tangentialräume
als für alle
disjunkt verstanden werden, dann kann man eine alternative Notation
anstelle von
wie folgt einführen:
(ad hoc Abkürzung für die Menge aller Paare von Tangentialvektoren aus jeweils demselben Tangentialraum)
, wenn
der (wegen vorausgesetzter Disjunktheit) eindeutig bestimmte Punkt
ist mit
Für alle
ist dann
und damit für jeden Punkt
die Einschränkung
, abgekürzt
identisch mit
, d.h.
. Auf diese Weise kann man das ursprüngliche
aus dem alternativen
zurückgewinnen.
Man kann nun die Mannigfaltigkeit
alternativ durch
kennzeichnen und (etwas ungenau)
statt
als Metrik bezeichnen. Da man im normalen Gebrauch nicht beide Bezeichnungen gleichzeitig benötigt, schreibt man
, wenn eigentlich
(in der hier benutzten ad hoc Notation) gemeint ist, und entsprechend
statt
, sowie für
kurz
statt
. Der Vorteil ist, dass man bei vorausgesetzter Disjunktheit der Tangentialräume bei der Metrik den Punkt
ohne Verlust der Eindeutigkeit weglassen kann.
Literatur
- Manfredo Perdigão do Carmo: Riemannian Geometry („Geometria Riemannia“). 2. Aufl. Birkhäuser, Boston 1993, ISBN 0-8176-3490-8.
- Peter Petersen: Riemannian geometry (Graduate Texts in Mathematics; Bd. 171). 2. Aufl. Springer-Verlag, New York 2006, ISBN 0-387-29403-1.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 26.06. 2022