Ascorbinsäure
Sicherheitshinweise | |||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
|
Ascorbinsäure ist ein farb- und geruchloser, kristalliner, gut wasserlöslicher Feststoff mit saurem Geschmack. Sie ist eine organische Säure, genauer eine vinyloge Carbonsäure; ihre Salzenennt man Ascorbate. Ascorbinsäure gibt es in vier verschiedenen stereoisomeren Formen, biologische Aktivität weist jedoch nur die L-(+)-Ascorbinsäure auf. Ihre wichtigste Eigenschaft ist beim Menschen und einigen anderen Spezies die physiologische Wirkung als Vitamin. Ein Mangel kann sich bei Menschen durch Skorbut manifestieren. Der Name ist daher abgeleitet von der lateinischen Bezeichnung der Krankheit, scorbutus, mit der verneinenden Vorsilbe a- (weg-, un-), also die "antiskorbutische" Säure. Da Ascorbinsäure leicht oxidierbarist, wirkt sie als Redukton und wird als Antioxidans eingesetzt.
Die L-(+)-Ascorbinsäure und ihre Ableitungen (Derivate) mit gleicher Wirkung werden unter der Bezeichnung Vitamin C zusammengefasst. Der Sammelbegriff Vitamin C umfasst daher auch Stoffe, die im Körper zu L-(+)-Ascorbinsäure umgesetzt werden können, wie z.B. die Dehydroascorbinsäure (DHA).
Geschichte
Strukturformel | |
---|---|
L-Ascorbinsäure | |
Allgemeines | |
Trivialname | Vitamin C |
Andere Namen |
|
Summenformel | C6H8O6 |
CAS-Nummer | 50-81-7 |
PubChem | 5785 |
ATC-Code |
|
DrugBank | DB00126 |
Kurzbeschreibung | weißes, geruchloses, kristallines Pulver |
Vorkommen | u.a. Obst, Gemüse, Grüntee |
Physiologie | |
Funktion | u.a. Radikalfänger, Cofaktor bei Mono- und Dioxidasereaktionen (insbes. Biosynthese von Collagen), Komplexierung von Metallkationen |
Täglicher Bedarf | 100 mg |
Folgen bei Mangel | Skorbut (Morbus Möller-Barlow), Schwächung des Bindegewebes |
Überdosis |
|
Eigenschaften | |
Molare Masse | 176,13 g/mol |
Aggregatzustand | fest |
Dichte | 1,65 g/cm3 |
Schmelzpunkt |
190-192 °C (Zersetzung) |
pKs-Wert |
4,37±0,53 |
Löslichkeit | gut wasserlöslich (333 g/l bei 20 °C) |
Erforschung des Skorbut
Skorbut war bereits im 2. Jahrtausend v.Chr. im Alten Ägypten als Krankheit bekannt. Auch der griechische Arzt Hippokrates und der römische Autor Plinius berichten darüber.
Bis ins 18. Jahrhundert war Skorbut die häufigste Todesursache auf Seereisen. Im Jahre 1747 untersuchte der englische Schiffsarzt James Lind diese Krankheit. Er nahm zwölf Seeleute, die unter Skorbut litten, und teilte sie in sechs Gruppen zu je zwei Personen. Jeder Gruppe gab er zusätzlich zu den üblichen Nahrungsrationen einen weiteren speziellen Nahrungsmittelzusatz. Im Speziellen: Obstwein, Schwefelsüure, Essig, Gewürze und Kräuter, Seewasser, sowie Orangen und Zitronen. Er stellte fest, dass die Gruppe, welche die Zitrusfrüchte erhielt, eine rasche Besserung zeigte. 1757 veröffentlichte Lind dieses Resultat. Doch erst 1795 ließ die britische Marine die Nahrungsrationen auf See mit Zitronensaft ergänzen. Zusätzlich wurden auch Sauerkraut und Malz zur Skorbutprävention eingesetzt. Lange Zeit wurde behauptet, dass Skorbut die Folge einer speziellen (bakteriellen) Erkrankung, Vergiftung, mangelnder Hygiene oder Überarbeitung sei.
Der Engländer George Budd vermutete bereits 1842, dass in der Nahrung spezielle essentielle Faktoren enthalten sein müssen. Fehlen diese, würden erkennbare Mangelerscheinungen auftreten. Diese Entwicklungen gerieten allerdings wieder in Vergessenheit, als die Reisedauer durch das Aufkommen der Dampfschifffahrt stark verkürzt wurde und dadurch die Gefahr für den Mangel sank. Außerdem führte die fehlende exakte Identifikation des Vitamins dazu, dass wirksamer frischer Orangensaft durch billigeren gekochten Limettensaft ersetzt wurde. Zuletzt machte Ende des 19. Jahrhunderts die sogenannte Ptomain-Theorie von sich reden, die eine Nahrungsmittelvergiftung für den Skorbut verantwortlich machte. So kam es, dass auf den großen Polarexpeditionen wieder der Skorbut Einzug hielt und niemand ein korrektes Konzept für seine Behandlung hatte. Betroffen waren insbesondere die britische Arktisexpedition 1875-1876, die Jackson-Harmsworth-Expedition 1894-1897, Scotts Discovery-Expedition 1901-1904 und die Terra-Nova-Expedition 1910-1913.
Im Jahr 1907 wurde ein Modell zur Isolierung und Identifizierung eines Stoffs entdeckt, der gegen Skorbut wirkt. Axel Holst und Theodor Frølich, zwei norwegische Ärzte, studierten die Schiffsbesatzungen der norwegischen Fischereiflotte, um der "Schiffs-Beriberi" auf den Grund zu gehen. Sie gaben später Meerschweinchen verschiedene Diäten aus Getreide und Mehl. Daraufhin konnten Holst und Frølich erstmals den Skorbut, der bis dahin nur bei Menschen beobachtet wurde, an Tieren nachweisen. Sie konnten ferner zeigen, dass durch bestimmte Fütterungszusätze die Krankheit bei den Meerschweinchen geheilt werden konnte. Damit leisteten sie einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Erforschung des Vitamins C.
Isolierung der Ascorbinsäure
Im Jahr 1912 entdeckte der Biochemiker Casimir Funk nach Studien zu der Mangelerkrankung Beriberi, dass diese durch das Fehlen einer chemischen Substanz, Thiamin, verursacht wurde. Er prägte dafür das Kunstwort "Vitamin", eine Zusammensetzung aus vita (Leben) und Amin. Den damals noch unbekannten Faktor, der heutzutage als Vitamin C bekannt ist, nannte er Antiskorbut-Vitamin.
1921 gab der Biochemiker Sylvester Zilva einer Mischung von aus Zitronensaft isolierten Substanzen, die in der Lage war, Skorbut zu heilen, die Bezeichnung Vitamin C. Bereits 1927 gelang es dem ungarischen Wissenschaftler Albert von Szent-Györgyi Nagyrapolt, Vitamin C aus der Nebenniere, Orangensaft bzw. Weißkohl zu isolieren. Die so isolierte Ascorbinsäure sandte er Zilva zu, der nach Analyse fälschlicherweise jene aber nicht als Vitamin C erkannte. Durch diesen Fehler verzögerte sich die Identifikation von Ascorbinsäure als Vitamin C um mehrere Jahre. In den 1920er Jahren verfehlten auch andere, wie z.B. der Wissenschaftler Karl Paul Link oder Oberst Edward B. Vedder, den Nachweis dafür, dass Ascorbinsäure Skorbut heilen kann und das postulierte Vitamin C ist.
Zwischen 1928 und 1934 gelang es Szent-Györgyi sowie Joseph L. Svirbely und unabhängig davon Charles Glen King mit seinen Mitarbeitern, durch Kristallisationsversuche die für die Heilung von Skorbut verantwortliche Substanz zu isolieren. 1931 isolierten King und Svirbely kristallines Vitamin C aus Zitronensaft und erkannten, dass diese Skorbut heilen kann und die physikalischen und chemischen Eigenschaften der damals noch kaum charakterisierten sogenannten Hexuronsäure, der heutigen Ascorbinsäure, teilte. Szent-Györgyi wollte diese Säure zunächst "Ignose" nennen (von ignosco), da sie trotz vieler Wissenslücken mit Hexosen verwandt war. Dieser Name wurde aber nicht akzeptiert. Da aber die Anzahl der Kohlenstoffatome (sechs C-Atome) bekannt war und die Substanz sich wie eine Säure verhält, wurde der Name Hexuronsäure von Szent-Györgyi eingeführt. Svirbely wechselte bald als Mitarbeiter zu Szent-Györgyi. Sie bewiesen, dass die bisher isolierten Substanzen mit Skorbut heilenden Eigenschaften (Vitamin C) mit der Hexuronsäure übereinstimmten. Damit stellte Szent-Györgyi fest, dass diese das lang gesuchte Vitamin C ist.
Die Struktur dieser damals noch Hexuronsäure genannten Verbindung wurde 1933 schließlich durch die Arbeiten von Walter Norman Haworth und dessen damaligen Assistenten Edmund Hirst aufgeklärt. Szent-Györgyi und Haworth änderten den Namen der Hexuronsäure schließlich in L-Ascorbinsäure, der bis heute akzeptiert wird. 1934 gelang Haworth und Tadeus Reichstein erstmals die Synthese künstlicher L-Ascorbinsäure aus Glucose. Haworth erhielt 1937 für seine Forschungen am Vitamin C den Nobelpreis für Chemie, Szent-Györgyi den für Medizin. Seit 1967 wurde von Linus Paulingdie Verwendung hoher Dosen von Ascorbinsäure (er selbst nahm 18 g pro Tag ein) als Vorbeugung gegen Erkältungen und Krebs propagiert, was jedoch umstritten ist (siehe weiter unten). Der Medical Observer online berichtet im Januar 2012 über Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass Vitamin C zwar keinen Schutz vor Erkältungen biete, aber trotzdem von zentraler Bedeutung für das Immunsystem sei. So gäbe es zahlreiche Hinweise darauf, dass ausreichend Vitamin C das Immunsystem stärke.
Die industrielle Herstellung von Vitamin C begann 1934 durch Hoffmann-La Roche in der Schweiz. Die Nachfrage danach blieb aber anfangs gering.
Die Zeit des Nationalsozialismus
In der Zeit des Nationalsozialismus (1933-45) förderten die Machthaber in Deutschland die Versorgung der Bevölkerung mit den damals gerade erst entdeckten Vitaminen sehr aktiv. Sie wollten so den "Volkskörper von innen stärken", weil sie davon überzeugt waren, dass Deutschland den Ersten Weltkrieg auch als Folge von Mangelernährung verloren hatte. In Vitamin-Aktionen wurden Kinder, Mütter, Schwerstarbeiter und Soldaten mit Vitaminen versorgt, insbesondere mit Vitamin C.
Nationalsozialistische Massenorganisationen wie die Deutsche Arbeitsfront und die Reichsarbeitsgemeinschaft für Volksernährung organisierten die Produktion und Verteilung von Vitamin-C-Präparaten. Hausfrauen wurden dazu aufgerufen, Hagebutten, Sanddorn, Walnüsse und Fichtennadeln zu sammeln, aus denen Brotaufstriche und andere Vitaminpräparate für die Wehrmacht hergestellt wurden. Noch 1944 bestellte die Wehrmacht 200 Tonnen Vitamin C, u.a. bei Roche.
Vorkommen
In der Nahrung kommt Vitamin C vor allem in Obst und Gemüse vor, sein Gehalt sinkt jedoch beim Kochen, Trocknen oder Einweichen sowie bei der Lagerhaltung. Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen und Grapefruits enthalten — in reifem Zustand unmittelbar nach der Ernte — viel Vitamin C. Grünkohl hat den höchsten Vitamin-C-Gehalt aller Kohlarten (105-120 mg/100 g verzehrbare Substanz). Rotkraut, Weißkraut und Sauerkraut sind ebenfalls Vitamin-C-Lieferanten. Sauerkraut war lange Zeit in der Seefahrt von Bedeutung, wo ein haltbares Vitamin-C-reiches Nahrungsmittel benötigt wurde. Die höchsten natürlichen Vitamin-C-Konzentrationen hat man in der Buschpflaume und im Camu-Camu gefunden. In Sauerkraut und Kohlgemüse ist Ascorbinsäure in Form von Ascorbigen A und B (C-2-Scatyl-L-ascorbinsäure) gebunden. Wird das Gemüse gekocht, zerfallen die Moleküle in L-Ascorbinsäure und 3-Hydroxyindol, sodass es in gekochtem Zustand mehr Vitamin C enthalten kann als im rohen Zustand. Durch zu langes Kochen wird das Vitamin jedoch zerstört und gelangt verstärkt in das Kochwasser. Viele Gemüsearten enthalten Ascorbinsäure-Oxidase, die insbesondere durch Zerkleinern mit dem Vitamin in Berührung kommt und dieses oxidiert. Das führt z. B. bei Rohkost, die nicht sofort verzehrt wird, zu erheblichen Vitamin-C-Verlusten.
Die folgenden Angaben dienen nur der Orientierung, die tatsächlichen Werte hängen stark von der Sorte der Pflanze, der Bodenbeschaffenheit, dem Klima während des Wachstums, der Lagerdauer nach der Ernte, den Lagerbedingungen und der Zubereitung ab.
Vitamin-C-Gehalt in Obst- und Gemüsesorten je 100 g (nach absteigendem Vitamin-C-Gehalt geordnet):
|
|
Vitamin-C-Gehalt in tierischen Produkten je 100 g (nach absteigendem Vitamin-C-Gehalt geordnet):
- Kalbsleber 40 mg
- Rinderleber 33 mg
- Milch 1 mg
Herstellung und Verwendung
Die Jahresproduktion für Ascorbinsäure liegt weltweit bei etwa 80.000 Tonnen (2006). Diese Menge hat sich seit 1999 mehr als verdoppelt (1999: 35.000-40.000 t, 2004: > 50.000 t). Marktführer war lange Zeit die Schweizer Hoffmann-La Roche (30 % Weltumsatz), gefolgt vom BASF-NPEG-Kartell (auch etwa 30 %) und der Firma Merck. 2002 hat Hoffmann-La Roche seine Vitaminsparte für 3,4 Milliarden Schweizer Franken (etwa 2,1 Milliarden Euro) an die niederländische Koninklijke DSM verkauft. Ascorbinsäure wird zurzeit hauptsächlich in China produziert.
Synthese
Ascorbinsäure kann aus C5-Zuckern wie L-Xyloson, L-Lyxose, L-Xylose und L-Arabinose synthetisiert werden.
Für die großtechnische Synthese dagegen wird in chemischen Fabriken aus der Ausgangssubstanz D-Glucose über Sorbitol kristalline Ascorbinsäure, Natriumascorbat (E 301), Calciumascorbat (E 302) und Ascorbylmonophosphat hergestellt. Diese sogenannte Reichstein-Synthese (1934) ist bis heute die Grundlage dieser industriellen, chemisch-mikrobiologischen Produktion.
Biologisch-technisches Verfahren
Zur Unterscheidung von diesem synthetisch hergestellten Produkt wird ein mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestelltes Vitamin C international mit GMO-Vitamin C (GMO, genetically modified organism: "gentechnisch veränderter Organismus") bezeichnet. GMO-Ascorbinsäure ist preiswerter; nach diesem Verfahren wird weltweit der größere Teil hergestellt.
Auch im sogenannten Sonoyama-Verfahren wird Ascorbinsäure aus D-Glucose hergestellt. Dabei wird dieses zunächst durch Pantoea agglomerans zu 2,5-Dioxo-D-Gluconsäure oxidiert. Ein zweiter Stamm, Aureobacterium sp., reduziert das Produkt zu 2-Oxo-L-Gulonsäure, welches dann wie bei der Reichstein-Synthese zu L-Ascorbinsäure umgesetzt wird. Es wird versucht, P. agglomerans-Stämme gentechnisch so zu verändern, dass diese aus Glucose in einem einstufigen mikrobiellen Verfahren 2-Oxo-L-Gulonsäure herstellen.
Verwendung
Ascorbinsäure findet hauptsächlich als Antioxidans Verwendung. Sie wird vielen Lebensmittelprodukten als Konservierungsmittel beziehungsweise Umrötungshilfsmittel, z. B. bei der Herstellung von Brühwürsten, unter der Nummer E 300 zugesetzt. Weitere E-Nummern von Ascorbinsäurederivaten sind E 301 (Natriumascorbat), E 302 (Calciumascorbat), E 304a (Ascorbylpalmitat) und E 304b (Ascorbylstearat). Naturtrüber Apfelsaft kann bei der Herstellung mit Ascorbinsäure versetzt werden und wird dadurch deutlich heller, weil im natürlichen Saft vorhandene Chinone, die bei der Pressung durch Oxidation von Phenolen mit Luftsauerstoff und dem Enzym Polyphenoloxidase entstehen und eine braune Farbe bewirken, wieder reduziert werden. Ascorbylpalmitat wird zur Verhinderung der Autooxidation von Fetten eingesetzt und verhindert so, dass diese ranzig werden. Der Ascorbinsäurezusatz zu Mehlen als Mehlbehandlungsmittel soll das Gashaltevermögen und das Volumen der Teige vergrößern. Dies lässt sich durch die Ausbildung zusätzlicher Disulfidbrücken zwischen den Kleber-Strängen des Teiges erklären. Auch im Pharma-Bereich dient Ascorbinsäure als Antioxidans zur Stabilisierung von Pharmaprodukten.
Wegen seiner reduzierenden Eigenschaft wird Ascorbinsäure auch vereinzelt als Entwicklungssubstanz in photographischen Entwicklern eingesetzt.
Zum Auflösen von Heroinbasevor der Injektion wird oft Ascorbinsäure mit dem Heroin aufgekocht.
Chemische Eigenschaften
Struktur
Ascorbinsäure enthält mehrere Strukturelemente, die zu ihrem chemischen Verhalten beitragen: eine Lactonstruktur, zwei enolische Hydroxygruppen sowie eine sekundäre und eine primäre Alkoholgruppe. Der Lactonring ist nahezu planar. Die Endiol-Struktur bedingt die reduzierenden (antioxidativen) Eigenschaften der Ascorbinsäure, da Endiole leicht zu Diketonen oxidiert werden können. Das Bild links zeigt dies exemplarisch.
Endiole mit benachbarter Carbonylgruppe nennt man daher auch Reduktone.
Ascorbinsäure bildet zwei intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen, die maßgeblich zur Stabilität und damit zu den chemischen Eigenschaften der Endiol-Struktur beitragen (vgl. auch rechte Abbildung).
Stereochemie
Ascorbinsäure hat zwei asymmetrische Kohlenstoffatome (C4 und C5) und existiert damit in vier verschiedenen stereoisomeren Formen, die optische Aktivität aufweisen:
Die Moleküle L- und D-Ascorbinsäure verhalten sich wie Bild und Spiegelbild zueinander, sie sind Enantiomere, ebenso die L- und die D-Isoascorbinsäure.
L-Ascorbinsäure und D-Isoascorbinsäure sowie D-Ascorbinsäure und L-Isoascorbinsäure sind Epimere, sie unterscheiden sich jeweils in der Konfiguration nur eines C-Atoms. Trotz dieser geringen Unterschiede sind die Stereoisomere der L-Ascorbinsäure im Körper fast alle inaktiv, da die am Stoffwechsel beteiligten Enzymespezifisch L-Ascorbinsäure erkennen. Lediglich die D-Isoascorbinsäure (E 315) weist eine geringe Wirkung auf.
Acidität
Obwohl Ascorbinsäure keine der "klassischen" sauren funktionellen Gruppen (Carbonsäure, Sulfonsäure, Phosphonsäure, etc.) aufweist, ist sie beträchtlich sauer. Mit einem pKs-Wert von 4,25 ist sie sogar stärker sauer als Essigsäure mit pKs = 4,8. Sie liegt damit unter physiologischen Bedingungen als Ascorbat-Anion AscH− vor (vgl. Abbildung).
Dies ist zum einen auf die Endiol-Struktur zurückzuführen. Enole sind bereits deutlich saurer als Alkohole. Zusätzlich wird die Azidität bei Ascorbinsäure durch die zweite enolische OH-Gruppe und durch die benachbarte Carbonylgruppe noch verstärkt. Zum anderen wird das nach Abspaltung des Protons entstehende Enolat-Anion mittels Keto-Enol-Tautomerie stabilisiert. Die dann bestehende negative Ladung am Sauerstoff wird dabei sowohl über die Doppelbindung zwischen den beiden Kohlenstoffatomen als auch über die Carbonylfunktion delokalisiert, also verteilt und somit stabilisiert.
Strukturell könnte man diese Gruppierung auch als vinyloge Carbonsäure auffassen, d. h. als eine Carbonsäure-Funktion mit "eingeschobener" C-C-Doppelbindung zwischen Carbonylgruppe und OH-Gruppe.
Die andere enolische OH-Gruppe (in den Strukturformeln rechts unten) hat nur schwach saure Eigenschaften (pKs = 11,79), da hier das Anion weniger mesomere Grenzstrukturen zur Stabilisierung ausbilden kann. Nach Abgabe beider Protonen entsteht aus Ascorbinsäure ein Dianion (Asc2−) (vgl. auch Abbildung).
Die intermediäre Form, die durch Abgabe eines Elektrons und eines Protons entsteht (AscH.), ist eine sehr starke Säure (pKs = -0,45). Sie hat aber wegen ihrer Kurzlebigkeit im Metabolismus keine Bedeutung.
Hinweis: Bei der parenteralen Gabe von Vitamin C (Injektionen, Infusionen) wird das Salz der Ascorbinsäure — das Ascorbat-Anion — verwendet. Das ist die biologisch aktive Form, die unter physiologischen Bedingungen keine weiteren sauren Valenzen (Protonen) abgibt. Vitamin-C-Injektionen führen hierdurch nicht zu Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt.
Säurerest
Das Säurerest-Ion der Ascorbinsäure nennt sich Ascorbat. Es entsteht durch Übertragung eines Wasserstoffions (H+, Proton) auf ein protonierbares Lösungsmittel, etwa Wasser. Deswegen lautet seine Summenformel C6H7O6−. Die Reaktion ist eine Gleichgewichtsreaktion:
- Ascorbinsäure reagiert mit Wasser zu Ascorbat und einem Oxonium-Ion.
Reduktionsmittel
Ascorbinsäure ist in wässrigen Lösungen ein starkes Reduktionsmittel. Hierbei kann es über Zwischenstufen zu Dehydroascorbinsäure (DHA) oxidiert werden (vgl. obere Abbildung). Dieser Prozess ist auch reversibel, so können beispielsweise Cystein, Dithiothreitol oder andere Thiole DHA zurück zu Ascorbinsäure reduzieren.
In der Reduktions-/Oxidationswirkung liegt die wichtigste Eigenschaft von Vitamin C in biologischen Systemen.
Stabilität
In kristalliner Form ist Ascorbinsäure relativ stabil gegenüber Oxidation durch Luftsauerstoff. In wässriger Lösung geschieht die Zersetzung wesentlich rascher, wobei eine Temperaturerhöhung, eine Erhöhung des pH-Wertessowie die Anwesenheit von Schwermetallionen diese beschleunigen. Säuren wie Citronensäure, Oxalsäure oder Metaphosphorsäure sowie Komplexbildner wie 8-Hydroxychinolin wirken stabilisierend. Bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln durch Kochen werden durchschnittlich 30 % der enthaltenen Ascorbinsäure zersetzt. Je nach Art und Dauer von Lagerung oder Zubereitung sind auch Verluste bis zu 100 % möglich.
Nachweis
Um Ascorbinsäure quantitativ nachzuweisen, gibt es zahlreiche colorimetrische Methoden. Normalerweise verwendet man 2,4-Dinitrophenylhydrazin. Ascorbinsäure reagiert mit diesem zu einem Hydrazon, dessen Absorption man messen kann. Darüber hinaus kann 2,2′-Bipyridin zum colorimetrischen Nachweis dienen. Hierbei macht man sich die Reduktionskraft der Ascorbinsäure zunutze, die Fe(III) zu Fe(II) reduziert. Fe(II) bildet dann mit 2,2′-Bipyridin einen farbigen Komplex. Es sind auch einige fluorometrische Nachweismethoden bekannt.
Ascorbinsäure lässt sich auch durch Titration mit Tillmans-Reagenz (2,6-Dichlorphenolindophenol, abgekürzt DCPIP) nachweisen, bei der das Reagenz durch die Ascorbinsäure zu einer Leukoverbindung reduziert wird. Dabei ist ein Farbumschlag von tiefblau zu farblos zu beobachten. Diese Methode eignet sich für eine schnelle Bestimmung, die aber an die Genauigkeit oben genannter Wege nicht heranreicht.
Ascorbinsäure kann auch spezifisch mittels Oxidation durch das Enzym Ascorbinsäure-Oxidase nachgewiesen werden, wobei die Änderung der Lichtabsorption bei einer Wellenlänge von 245 nm gemessen wird.
Gehaltsbestimmung
Die Gehaltsbestimmung wird im Europäischen Arzneibuch durch redoximetrische Titration mit 0,05-molarer Iodlösungunter Zusatz von Stärke durchgeführt (Iodometrie). Dabei verbraucht ein Mol Ascorbinsäure ein Mol Iod, das zu farblosem Iodid umgesetzt wird. Die Färbung durch den blauen Iod-Stärke-Komplex dient der Endpunktbestimmung. Da die zugesetzte Stärkelösung die Reaktion verzögert und einen schleppenden Umschlag verursacht, bietet sich eine Indikation mit Variamin an. Der maßanalytische Faktor beträgt 8,8065 mg Ascorbinsäure / ml 0,05 M Iodlösung.
Dehydroascorbinsäure
L-Dehydroascorbinsäure (englisch dehydro ascorbic acid, DHA) entsteht durch Oxidation von Ascorbinsäure. Im menschlichen Metabolismus kann sie zu L-Ascorbinsäure reduziert werden und damit Vitamin C regenerieren. Dehydroascorbinsäure liegt in wässrigen Lösungen nahezu vollständig als Monohydrat (mono-DHA·H2O) vor. Dabei bildet es einen Bizyklus, was man durch Kernspinresonanzspektroskopie nachgewiesen hat. Möglicherweise kann es noch ein zweites Molekül Wasser aufnehmen, um dann ein Dihydrat auszubilden. Auch Semi-Dehydroascorbinsäure sowie oxidierte Formen veresterter Ascorbinsäuren werden zur Gruppe der Dehydroascorbinsäure gezählt.
Generell wird Vitamin C in Form von DHA durch Glucosetransporter, hauptsächlich GLUT-1, in die Mitochondrien der Zellen transportiert, da nur sehr wenige Zellen über spezifische Vitamin-C-Transporter verfügen. Hierbei sind die meisten dieser Transporter Natriumionen-abhängig. Insbesondere das Gehirn ist auf eine Versorgung mit Ascorbinsäure angewiesen, das Vitamin kann jedoch nicht die Blut-Hirn-Schranke passieren. Dieses Problem wird dadurch umgangen, dass Dehydroascorbinsäure auch durch Glucosetransporter, zum Beispiel GLUT-1, durch die Schranke transportiert und in den Gehirnzellen zu Ascorbinsäure reduziert wird.
Es wird davon ausgegangen, dass Ascorbinsäure in Form von DHA intrazellulär transportiert wird. Hierbei soll extrazelluläre Ascorbinsäure zu DHA oxidiert, in die Zelle aufgenommen und dann wieder reduziert werden, da Ascorbinsäure selbst die Zelle nicht verlassen kann.
DHA ist instabiler als L-Ascorbinsäure. Je nach Reaktionsbedingungen (pH-Wert, An- bzw. Abwesenheit von Reduktionsmitteln wie Glutathion) kann es entweder wieder zurück in Ascorbinsäure umgewandelt werden oder zu Diketogulonsäure (DKG) irreversibel hydrolysieren.
Physiologische Bedeutung
Vitamin C ist ein Radikalfänger und hat eine antioxidative Wirkung (es wirkt also als Reduktionsmittel).
Weiterhin stellt Vitamin C ein wichtiges Coenzym für die Prolyl-4-Hydroxylase dar. Dieses Enzym wird bei der Biosynthese des Proteins (Eiweißes) Kollagen benötigt. Es wandelt integrierte Prolinreste in 4-Hydroxyprolyl-Seitenketten unter Verbrauch von molekularem Sauerstoff um. Hydroxyprolin ist für den stabilen Kollagenaufbau unerlässlich.
Ebenfalls innerhalb der Biosynthese von Kollagen, aber auch weiterer Proteine, findet mithilfe von Ascorbinsäure und des Enzyms Lysylhydroxylase die Hydroxylierung von L-Lysin zum Hydroxylysin statt. Im Kollagen erfällt dieses eine Funktion in der kovalenten Quervernetzung benachbarter Moleküle. Darüber hinaus kann Hydroxylysin im Kollagen und weiteren Proteinen glykosyliert werden, was zur Bildung von Glykoproteinen führt.
Mangel an Vitamin C führt zu einer verminderten Aktivität der Prolyl-Hydroxylierung und der Lysyl-Hydroxylierung und damit zur Instabilität von Kollagen. Da Kollagen in praktisch allen Organen und Geweben des menschlichen und tierischen Organismus vorkommt, vor allem aber im Bindegewebe, wird bei Mangel von Vitamin C Skorbut ausgelöst.
Auch bei der Hydroxylierung von Steroiden ist Vitamin C ein wichtiger Cofaktor. Darüber hinaus spielt es eine wichtige Rolle beim Aufbau von Aminosäuren wie beispielsweise dem L-Tyrosin. Auch bei der Umwandlung von Dopamin zu Noradrenalin, im Cholesterin-Stoffwechsel und bei der Carnitinbiosynthese wird Ascorbinsäure benötigt.
Mit Niacin und Vitamin B6 steuert Vitamin C die Produktion von L-Carnitin, das für die Fettverbrennung in der Muskulatur benötigt wird. Weiterhin begünstigt es die Eisenresorption im Dünndarm.
L-Ascorbinsäure wirkt am Nikotinrezeptor des Typs α9α10 als positiver allosterischer Modulator. Hierdurch könnte es sich zur Akutbehandlung eines Schalltraumas empfehlen. Die wirksame Konzentration liegt bei 1-30 mM.
Bedarf
Der Bedarf an Vitamin C wird zum Teil sehr kontrovers gesehen. Die Zufuhrempfehlung für einen gesunden Erwachsenen beträgt laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 100 mg/Tag. Die Meinungen hierüber gehen jedoch weit auseinander; die Empfehlungen anderer Gruppierungen liegen zwischen einem Bruchteil (z. B. der Hälfte) und einem Vielfachen (z. B. "so viel wie möglich") dieses Wertes. Fest steht, dass Mengen bis zu 5000 mg kurzzeitig als unbedenklich gelten. überschüssige Mengen werden vom Körper über den Urin ausgeschieden, da Vitamin C gut wasserlöslich ist.
Bei einer ausgewogenen Mischkost kann in Deutschland davon ausgegangen werden, dass dem Körper alle lebensnotwendigen Vitamine, und daher auch Vitamin C, in ausreichendem Maße zugeführt werden. Die Versorgung mit Vitamin C ist in Deutschland knapp über der DGE-Empfehlung von 100 mg pro Tag. Daher sind Vitaminpräparate für einen gesunden Menschen, der sich abwechslungsreich und vollwertig ernährt, überflüssig. Die Empfehlung für Schwangere und Stillende liegt bei 110 bzw. 150 mg täglich. Ursache für eine unzureichende Zufuhr ist meistens eine einseitige Ernährung. Dies betrifft vor allem Menschen, die nicht täglich frisches Obst und Gemüse verzehren.
Untersuchungen mit 14C-markiertem Vitamin C zeigen, dass der tägliche Ascorbatumsatz unabhängig von der Vitamin-C-Zufuhr nur etwa 20 mg beträgt. Somit genügen bereits knapp 20 mg täglich, um Skorbut zu vermeiden. Die Fachinformation des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt für Vitamin C einen täglichen Gesamtumsatz von etwa 1 mg/kg Körpergewicht an.
Für Vergleichszwecke interessant ist, dass für Meerschweinchen eine Tagesdosis von 10-30 mg empfohlen wird (bei einem Gewicht von ca. 0,8-1,5 kg), wobei es diese wie Menschen nicht selbst über die Leber produzieren können. Im Gegensatz dazu produzieren viele Tiere selbst Vitamin C. Große Hunde oder kleine Kälber, die etwa das Körpergewicht eines Menschen haben, stellen 1-2 g täglich her, bei Krankheit sogar bis zu 10 g.
Studien zur Pharmakokinetik von Vitamin C zeigen, dass eine volle Sättigung der Körperreserven mit Vitamin C (3000 mg) eine tägliche Zufuhr von 200 mg erfordert. Immunzellen wie Lymphozyten, Neutrophile und Monozyten werden bereits bei einer täglichen Aufnahme von 100 mg Vitamin C gesättigt. Die vollständige Plasmasättigung wird bei Zufuhr von 1000 mg Vitamin C pro Tag erreicht. Allerdings nimmt die Bioverfügbarkeit bei oraler Einnahme mit steigender Einzeldosis stark ab. 200 mg werden noch nahezu vollständig aufgenommen. Aus diesem Grund ist es sinnvoller, mehrere Einzeldosen mit je 200 mg über den Tag verteilt zu sich zu nehmen, als einmalig 1000 mg.
Die Vitamin-C-Versorgung des Organismus spiegelt sich im Blutspiegel wider. Laut DGE sind Konzentrationen < 20 µmol/l (0,35 mg/dl) mit vorklinischen Symptomen wie beispielsweise allgemeiner Müdigkeit, Leistungsschwäche, Infektanfälligkeit und schlechter Wundheilung verbunden. Offensichtliche klinische Mangelsymptome, die unter dem Begriff Skorbut zusammengefasst werden, treten erst bei Vitamin-C-Plasmaspiegeln unterhalb von ≤ 10 µmol/l (0,18 mg/dl) auf. Heute ist allgemein anerkannt, dass subklinische Vitamin-C-Defizite die Langzeitgesundheit negativ beeinflussen. Ein deutsches Konsensuspapier empfiehlt deshalb präventive Vitamin-C-Plasmaspiegel ≥ 50 µmol/l (0,9 mg/dl) zur Verringerung des Arteriosklerose- und Krebsrisikos (DGE 2000). Die von der DGE empfohlene Vitamin-C-Tagesdosis von 100 mg bezieht sich ausschließlich auf Gesunde. Vitamin C ist eines der wichtigsten körpereigenen Antioxidantien. Ein Mehrbedarf bei Erkrankungen, die mit der Generierung von reaktiven Sauerstoffverbindungen (ROS) einhergehen, ist unbestritten. Er ist beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnis nur noch nicht genau bezifferbar. Chronisch entzündliche Erkrankungen wie beispielsweise Arthritis, Allergien, Arteriosklerose, Krebs oder rezidivierende Infektionen sind nachweislich mit einem subklinischen bis klinischen Vitamin-C-Mangel (≤ 30 µmol/l, 0,54 mg/dl) und oxidativem Stress verbunden. Eine ständig zunehmende Anzahl epidemiologischer Studien zeigt den prophylaktischen Wert einer adäquaten dietätischen Vitamin-C-Aufnahme. Hier sind vor allem die Ergebnisse der EPIC-Studie zu nennen, die 2001 in der Zeitschrift "The Lancet" publiziert wurden. Die Daten von fast 20.000 Männern und Frauen zeigten, dass eine Steigerung der Blutascorbatwerte um 20 µM (0,35 mg/dl) eine 20%-ige Reduktion der Mortalität mit sich brachte.
Mangelerscheinungen
Szent-Györgyi identifizierte 1933 das Vitamin C als wirksame Substanz gegen Skorbut.
Nur wenige Wirbeltiere, darunter Trockennasenaffen (unter anderem der Mensch), Meerschweinchen und Echte Knochenfische, sowie einige Familien in den Ordnungen der Fledertiere und Sperlingsvögel, sind nicht zur Biosynthese von Ascorbinsäure aus Glucuronsäure befähigt. Ihnen fehlt das Enzym L-Gulonolactonoxidase. Für diese Lebewesen ist Ascorbinsäure ein Vitamin, also essenziell. Für alle anderen Wirbeltiere ist Ascorbinsäure nur ein Metabolit. Lebewesen, die nicht in der Lage sind Ascorbinsäure selbst zu synthetisieren, müssen diese in ausreichender Menger über die Nahrung aufnehmen, um nicht an Skorbut zu erkranken. In frisch gelegten Hühnereiern fehlt zwar die Ascorbinsäure, sie wird jedoch ab Brutbeginn hauptsächlich von der Membran des Dottersacks synthetisiert.
Studien, die den tatsächlichen Vitamin-C-Gehalt im Blut des Menschen bestimmen, beobachten häufiger als bislang angenommen eine Unterversorgung: Die NHANES-III-Untersuchung von 1988 bis 1994 stellte fest, dass 10 bis 14 % der untersuchten Amerikaner an einer ernsten Unterversorgung (< 11 µmol/l) und 17-20 % an einer subklinischen (11-28 µmol/l) Unterversorgung leiden — insgesamt also mehr als ein Viertel der Bevölkerung. Die aktuelle NHANES-Erhebung für den Zeitraum 2003-2004 beobachtet eine erfreuliche Entwicklung: Eine ernste Unterversorgung betrifft nur noch 7,1 % der Bevölkerung. Einschneidend sind allerdings immer noch die Einkommensverhältnisse. Menschen mit niedrigem Einkommen leiden im Vergleich zu Gutverdienern doppelt so häufig an einer Unterversorgung (10ö17 % versus 5-8 %). Zwei wesentliche Gründe für die insgesamt verbesserte Vitamin-C-Versorgung sind weniger Passivraucher, durch ein Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen und die zunehmende Einnahme von Vitaminpräparaten. Am subklinischen Mangel (< 28 µmol/l) änderte sich kaum etwas — er trifft immer noch ca. 20 % der Amerikaner. Der sozioökonomische Einfluss auf eine gesundheitsbewusste Ernährung wird auch in einer schottischen Untersuchung deutlich: 44 % der Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status wiesen Vitamin-C-Blutspiegel unter 23 µmol/l und 20 % unter 11 µmol/l auf. Aber Nichtrauchen und gute Schulbildung schützen nicht automatisch vor einer Unterversorgung. Eine kanadische Studie bestimmte in der Zeit von 2004 bis 2008 die Vitamin-C-Blutspiegel von knapp 1000 Nichtrauchern im Alter von 20-29 Jahren an einer Campus-Universität. Jeder Dritte zeigte einen subklinischen Vitamin-C-Mangel (< 28 µmol/l) und jeder Siebte sogar defizitäre Werte unterhalb der Skorbutgrenze (< 11 µmol/l). Dabei korrelierte der Mangel mit Übergewicht, Bluthochdruck und Entzündungsparametern.
Überdosierung
Für Vitamin C ist die Hypervitaminose, wie sie beispielsweise bei Vitamin A vorkommen kann, sehr selten, da der Körper einen Überschuss an Ascorbinsäure wieder über die Nieren ausscheidet.
In einer vom National Institutes of Health (NIH) durchgeführten Studie wurden sieben Freiwillige zunächst mit einer ascorbinsäurearmen Diät ernährt und so ihre körpereigenen Vorräte an Vitamin C aufgebraucht. Als diese danach wieder mit Vitamin C versorgt wurden, begann die renale (über die Niere) Ausscheidung an unverändertem Vitamin C ab etwa 100 mg/d. Die Zufuhr über 400 mg/d wurde — soweit überhaupt im Darm aufgenommen (die Einnahme von Megadosen senkt die Resorptionsquote deutlich) — praktisch vollständig renal ausgeschieden. Ab etwa 1 g pro Tag steigen die Oxalat- und sekundär auch die Harnsäure-Konzentrationen im Blutplasma. Da ein Teil der Ascorbinsäure im Stoffwechsel zu Oxalsäure umgesetzt wird, besteht bei entsprechend disponierten Menschen prinzipiell ein erhöhtes Risiko für Calciumoxalat-Nierensteine (CaC2O4). Schon bei normaler Zufuhr stammen etwa 30 bis 50 % des Plasmaoxalats aus dem Vitamin-C-Abbau. Allerdings steigt der Oxalatspiegel im Urin selbst erst an, wenn eine Tagesdosis von etwa 6 g überschritten wird.
Hohe orale Einzeldosen können einen vorwiegend osmotisch bedingten Durchfall auslösen. Die jeweilige Dosis variiert von Person zu Person, wird aber mit ca. 5-15 g (1-3 gehäufte Teelöffel) für eine gesunde Person angegeben. Zu erwähnen ist allerdings auch, dass diese Toleranzgrenze bei Individuen, die an schweren Erkrankungen leiden, bis auf über 200 g ansteigen kann.
Bei Menschen mit Glucose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel (G6PD-Mangel, Favismus), einer insbesondere in Afrika sehr weit verbreiteten, erblichen Krankheit, können intravenöse Vitamin-C-Dosen, ca. 30-100 g pro Infusion, zur Hämolyse führen.
Häufig wird Vitamin C, besonders wenn auf nüchternen Magen konsumiert, mit Indigestion durch Übersäuerung des Magens in Verbindung gebracht. Dies kann unter anderem vermieden werden, indem Vitamin C nicht als Ascorbinsäure, sondern als Ascorbat (Salz der Ascorbinsäure, z. B. Natrium-Ascorbat) aufgenommen wird. Dies kann zum Beispiel durch die Zugabe von Backpulver (NaHCO3) erreicht werden. Studien haben allerdings gezeigt, dass die Resorption von Vitamin C erhöht wird, wenn es zu Fruchtsäften wie z. B. Orangensaft gemischt wird.
Bei der Ratte liegt der LD50-Wert (die Dosis, bei der die Hälfte der Versuchstiere sterben) für Vitamin C bei 11,9 g pro Kilogramm Körpergewicht. Das entspricht bei einem 70 kg schweren Menschen einer Dosis von 833 g.
Therapeutisch und prophylaktisch eingesetzt wird die Überdosierung von Vitamin C z. B. bei Harnwegsinfektionen. Durch die renale Ausscheidung der Ascorbinsäure wird der Urin sauer. In diesem sauren Milieu können die Erreger deutlich schlechter gedeihen. Eine regelmäßige Einnahme von Vitamin C erhöht jedoch die Bildung von Nierensteinen, zumindest ist das Risiko bei den untersuchten Männern doppelt so hoch.
Stoffwechsel im Detail
Ascorbinsäure kann sowohl mit der Nahrung aufgenommen als auch vom Stoffwechsel der meisten Lebewesen selbst synthetisiert werden.
Aufnahme mit der Nahrung
Der Transportweg von Vitamin C erfolgt über Enterozytzellen des Darmes. Wie es von dort in den Blutstrom gelangt, ist noch nicht vollständig geklärt. Jedoch ist der Transport von Ascorbat bzw. Dehydroascorbat (DHA) vom Blut in alle anderen Zellen genauer bekannt.
Die Aufnahme von Dehydroascobat (DHA, vergleiche Abschnitt oben) in das Zellinnere (Zytosol) menschlicher Zellen findet mittels dreier Glucosetransporter statt, und zwar GLUT-1, GLUT-3 und GLUT-4. DHA konkurriert dabei mit Glucose, so dass ein Übermaß an Glucose effektiv die Aufnahme von DHA verhindern kann. Was Ascorbat anbetrifft, wird es zusammen mit je zwei Natriumionen mittels der Transportproteine SVCT1 und SVCT2 ins Zellinnere geschleust.
Biosynthese
Ascorbinsäure wird von Bakterien, Pflanzen und Wirbeltieren mithilfe jeweils verschiedener Enzyme produziert. Ausgangssubstanzen sind hauptsächlich D-Glucose bzw. D-Galaktose.
Bei Pflanzen können neben D-Glucose und D-Galaktose auch D-Glucuronlacton, D-Galakturonat bzw. dessen Methylester die Biosynthese einleiten.
Biosynthese in Wirbeltieren
Bei Ratten wurde die Biosynthese am besten untersucht. Die Bildung der Ascorbinsäure beginnt mit der Oxidation von UDP-D-Glucose zu UDP-D-Glucuronsäure durch das Enzym UDP-Glucose-Dehydrogenase (EC 1.1.1.22). Oxidationsmittel ist dabei das NAD+.
Ausnahmen
Trockennasenaffen, Meerschweinchen, Echten Knochenfischen, sowie einigen Familien der Fledertiere und Sperlingsvögel fehlt das Enzym L-Gulonolactonoxidase (B in obiger Abbildung) aufgrund eines genetischen Defekts, sodass sie Ascorbinsäure nicht synthetisieren können. Man geht davon aus, dass die genetische Mutation bei Trockennasenaffen vor etwa 65 Millionen Jahren auftrat. Jene Tiere waren seinerzeit in einer Gegend angesiedelt, die ganzjährig reich an Vitamin-C-haltigen Früchten war. Daher hatte dieser bei anderen Tieren letale Defekt keine negativen Auswirkungen. Auch einige Insekten wie die Wanderheuschrecken (Acrididae) können Ascorbinsäure nicht selbständig herstellen.
Funktion
Die wichtigste Funktion der Ascorbinsäure im menschlichen Organismus beruht auf ihrer Eigenschaft als Reduktionsmittel. Sie ist also in der Lage, Elektronen auf andere Moleküle zu übertragen.
Man kann zwei grundsätzliche Aufgaben unterscheiden:
Ascorbinsäure als Radikalfänger (Scavenger)
Ascorbinsäure dient im tierischen Organismus als Radikalfänger, da es in der Lage ist, ebensolche auf andere Moleküle zu übertragen. Die Grafik zeigt nicht den tatsächlichen Reaktionsmechanismus, sondern schematisch die Fähigkeit der Ascorbinsäure, unter Reaktion zur Dehydroascorbinsäure zwei Radikale freisetzen zu können (vgl. obere Abbildung).
Bei der Verstoffwechslung des Sauerstoffs in der Zelle kann es zur Bildung des Hyperoxidradikals O2•− kommen, wenn der molekulare Sauerstoff O2 bei der Endreaktion der Atmungskette statt vier Elektronen nur eines erhalten hat. Das Hyperoxidradikal ist aufgrund dieses Elektronenmangels extrem reaktiv und in der Lage, molekulare Zellstrukturen zu schädigen. Die Reaktion mit Ascorbinsäure überführt dieses in Wasserstoffperoxid:
Das Wasserstoffperoxid wird von dem Enzym Katalase abgebaut.
Ascorbinsäure als Cofaktor in Redoxreaktionen
Sowohl Ascorbinsäure als auch dessen oxidierte Form (DHA) sind Cofaktoren für viele biochemische Reaktionen. Hierbei stellt Ascorbinsäure Elektronen für Kupfer(I)-abhängige Monooxygenasen bzw. Eisen(III)-abhängige Dioxygenasen bereit. In vitro können auch andere Redoxfaktoren diese enzymatischen Reaktionen katalysieren.
Von Bedeutung ist diese Redoxeigenschaft der Ascorbinsäure beispielsweise bei der Synthese von Collagen im menschlichen Stoffwechsel. Zur Darstellung dieses Strukturproteins muss die Aminosäure L-Prolin zu ihrer oxidierten Form, Hydroxyprolin, umgewandelt werden. Ascorbinsäure dient dazu, das in dieser Reaktion genutzte Reduktionsmittel Fe(II) zu regenerieren. Besteht ein Mangel an Vitamin C, kann die Bildung des Hydroxyprolins bei der Collagensynthese nur begrenzt erfolgen, so dass die typischen Symptome des Skorbuts wie Zahnfleischbluten, Zahnausfall und Hautschäden auftreten.
Recycling der Oxidationsprodukte
Die nach Oxidation entstehenden Produkte Semidehydroascorbinsäure und Dehydroascorbinsäure werden enzymatisch wieder zu Ascorbinsäure reduziert. Die Enzyme Cytochrom b5-Reduktase und Thioredoxinreduktase katalysieren die Umwandlung von Semidehydroascorbinsäure zu Ascorbinsäure im Cytosol, unter Verbrauch von NADH bzw. NADPH. Außerdem kann eine Reduktion über elektronentransferierende Membranproteine stattfinden. Dehydroascorbinsäure wird sowohl spontan mittels Glutathion oder NADPH reduziert als auch enzymatisch über die Glutathiontransferase Omega.
Abbau
Der Abbau von Dehydroascorbinsäure wird bei Säugetieren durch Hydrolyse zur physiologisch inaktiven 2,3-Diketogulonsäure eingeleitet. Diese wird entweder zu Oxalat und L-threonischer Säure gespalten oder zu Kohlenstoffdioxid, Xylose, Xylulose decarboxyliert. Im Unterschied dazu haben Bakterien wie E. coli enzymatische Stoffwechselwege für den Abbau von Ascorbinsäure und wahrscheinlich auch für Dehydroascorbinsäure.
Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.deSeite zurück
© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.07. 2023