Hauptfaserbündel
In der Mathematik ist das Hauptfaserbündel, beziehungsweise Prinzipalfaserbündel oder Prinzipalbündel, ein Konzept der Differentialgeometrie, mit dem getwistete Produkte formalisiert werden und das unter anderem in der Physik zur Beschreibung von Eichfeldtheorien und speziell Yang-Mills-Feldern verwendet wird.
Produkte (triviale Prinzipalbündel)
Prinzipalbündel verallgemeinern den Begriff des kartesischen
Produktes
eines Raumes
und einer topologischen
Gruppe
.
So wie das kartesische Produkt
besitzt auch ein Prinzipalbündel
die folgenden Eigenschaften:
- Eine Gruppenoperation
von
auf
in der gleichen Art, wie
für den Produktraum
- Eine Projektionsabbildung von
nach
die im Falle eines Produktraumes einfach die Projektion auf den ersten Faktor darstellt:
.
Anders als Produkträume haben Prinzipalbündel keinen bevorzugten Schnitt, wie
er im Produktfall durch das neutrale
Element der Gruppe
gegeben ist. Es gibt also zu Elementen
kein bevorzugtes Element aus
als Identifikation von
.
Genauso wenig gibt es allgemein eine stetige Projektion auf
welche die Projektion auf das zweite Element des Produktraumes verallgemeinert:
.
Prinzipalbündel können deswegen komplizierte Topologien
haben, die eine Darstellung des Bündels als Produktraum verhindern, selbst wenn
einige zusätzliche Annahmen gemacht werden.
Funktionen
lassen sich als Schnitte im trivialen Prinzipalbündel
interpretieren, nämlich als
.
Schnitte in Prinzipalbündeln verallgemeinern also den Begriff der G-wertigen
Abbildungen.
Definition
Ein Prinzipalbündel ist ein Faserbündel
über einem Raum
mit der Projektion
,
versehen mit einer stetigen
Rechtsoperation
(im Folgenden notiert als
)
einer topologischen
Gruppe
,
sodass die Operation jede Faser auf sich selbst abbildet (das heißt
für alle
und alle
)
und die Gruppe frei (jeder Punkt wird nur unter dem neutralen Element der Gruppe
invariant) und transitiv (jeder Punkt einer Faser wird von jedem anderen mittels
der Gruppenoperation erreicht) auf jeder Faser operiert. Die Gruppe
heißt Strukturgruppe des Prinzipalbündels.
Sind
und
glatte
Mannigfaltigkeiten, die Strukturgruppe eine Lie-Gruppe
und die Operation selbst glatt,
so heißt das Prinzipalbündel glattes Prinzipalbündel.
Trivialisierung
Wie bei jedem Faserbündel ist die Projektion topologisch gesehen lokal
trivialisierbar: Es gibt also zu jedem
eine offene Umgebung
,
sodass
homöomorph ist zu
.
Jede Faser ist homöomorph zur als topologischer Raum aufgefassten Strukturgruppe
.
Eine Trivialisierung eines Prinzipalbündels ist sogar unter Berücksichtigung der
Gruppenoperation möglich: Es lässt sich ein äquivarianter
Homöomorphismus
wählen, sodass
für alle .
Jede solche lokale Trivialisierung
induziert einen lokalen
Schnitt
vermöge
,
wobei
das neutrale Element bezeichne.
Umgekehrt induziert auch jeder lokale Schnitt
eine lokale Trivialisierung
gegeben durch
mit
.
Die lokale Trivialisierbarkeit folgt also aus der Existenz lokaler Schnitte,
welche allgemein auf Faserbündeln existieren. Anders als bei allgemeinen
Faserbündeln (man betrachte etwa das Tangentialbündel einer glatten
Mannigfaltigkeit) impliziert nicht nur die globale Trivialisierbarkeit die
Existenz eines globalen Schnittes, sondern auch die Existenz eines globalen
Schnittes die Trivialisierbarkeit.
Im physikalischen Kontext lässt sich die Wahl einer Eichung als (je nach Situation lokale oder globale) Wahl einer Trivialisierung bzw. eines Schnittes verstehen.
Beispiele
Rahmenbündel
Sei
eine differenzierbare n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Das Rahmenbündel
ist die Menge aller Basen von Tangentialräumen
,
mit der kanonischen Projektion
.
Die Gruppe
wirkt transitiv und treu auf den Fasern.
Überlagerungen
Galois-Überlagerungen sind Prinzipalbündel mit der diskreten Gruppe der Decktransformationen als Strukturgruppe.
Homogene Räume
Sei
eine Lie-Gruppe und
eine abgeschlossene Untergruppe, dann ist
ein Prinzipalbündel mit Strukturgruppe
.
In der Topologie und Differentialgeometrie gibt es einige Anwendungsfälle der Prinzipalbündel. Desgleichen gibt es Anwendungen der Prinzipalbündel in der Physik. Dort bilden sie einen entscheidenden Teil des mathematischen Rahmens der Eichtheorien.
Assoziierte Vektorbündel
Im Falle von
kann man zu jedem
-Prinzipalbündel
ein assoziiertes komplexes Vektorbündel
definieren durch
mit der Äquivalenzrelation
.
Analog kann man zu jedem -Prinzipalbündel
ein assoziiertes reelles Vektorbündel definieren.
Zum Beispiel sei
eine differenzierbare n-dimensionale Mannigfaltigkeit und
das Rahmenbündel. Dann ist das Tangentialbündel
das assoziierte Vektorbündel für die kanonische Wirkung von
auf
.
Reduktion der Strukturgruppe
Ein -Prinzipalbündel
lässt sich auf eine Untergruppe
reduzieren, wenn das Bündel
einen Schnitt besitzt. Insbesondere ist ein Prinzipalbündel genau dann trivial,
wenn es sich auf die Untergruppe
reduzieren lässt.
Beispiele
Betrachte das Rahmenbündel
einer n-dimensionalen differenzierbaren Mannigfaltigkeit, die Strukturgruppe ist
.
Dann gilt:
- die Strukturgruppe lässt sich genau dann auf
reduzieren, wenn das Tangentialbündel
linear unabhängige Schnitte hat,
- die Strukturgruppe lässt sich immer auf
reduzieren, dies entspricht der Wahl einer Riemannschen Metrik,
- die Strukturgruppe lässt sich genau dann auf
reduzieren, wenn die Mannigfaltigkeit orientierbar ist.
Sei im Folgenden
eine gerade Zahl:
- die Strukturgruppe lässt sich genau dann auf
reduzieren, wenn die Mannigfaltigkeit fastkomplex ist,
- wenn die Mannigfaltigkeit symplektisch
ist, dann lässt sich die Strukturgruppe auf
reduzieren.
Sei im Folgenden
eine ungerade Zahl:
- wenn die Mannigfaltigkeit eine Kontaktstruktur
besitzt, dann lässt sich die Strukturgruppe auf
reduzieren.
Zusammenhang, Krümmung
Eine wichtige Rolle beim Studium von Prinzipalbündeln spielen
Zusammenhangs-1-Formen
und deren Krümmungs-2-Formen
.
Anwendung: Elektromagnetismus
In einem ladungsfreien
erfüllen das elektrische
Feld
und das Magnetfeld
die Maxwell-Gleichungen.
Die Felder besitzen Potentiale
und
mit
und >
.
Diese Potentiale sind jedoch nicht eindeutig, denn
und
für eine beliebige Funktion
geben dieselben Felder.
Man betrachtet die Minkowski-Raum-Zeit
und das Prinzipalbündel
mit der Zusammenhangsform
.
Deren Krümmungsform
gibt das elektromagnetische
Feld:
Die Eich-Transformationen sind von der Form .
Die Maxwell-Gleichungen lassen sich formulieren als ,
wobei
der Hodge-Operator
ist.
Literatur
- David Bleecker: Gauge Theory and Variational Principles, Dover edition. Auflage, Addison-Wesley Publishing, 1981, ISBN 0-486-44546-1.
- Martin Schottenloher: Geometrie und Symmetrie in der Physik. vieweg, Braunschweig 1995, ISBN 3-528-06565-6.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.02. 2021