Gadolinium

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
02 – Leicht-/Hochentzündlich
Achtung
H- und P-Sätze H: In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase.
P:
  • Unter inertem Gas handhaben. Vor Feuchtigkeit schützen.
  • Inhalt in / unter … aufbewahren. (Die vom Gesetzgeber offen gelassene Einfügung ist vom Inverkehrbringer zu ergänzen)
EU-Gefahrstoffkennzeichnung
Leichtentzündlich
Leicht-
entzündlich
(F)
R- und S-Sätze R: Reagiert mit Wasser unter Bildung leicht entzündlicher Gase."
S:
  • Behälter trocken und dicht geschlossen halten.
  • Zum Löschen ... verwenden. (vom Hersteller anzugeben)(wenn Wasser die Gefahr erhöht, anfügen: Kein Wasser verwenden)

Gadolinium ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Gd und der Ordnungszahl 64. Im Periodensystem steht es in der Gruppe der Lanthanoide und zählt damit auch zu den Metallen der seltenen Erden.

Geschichte

Das Element wurde erstmals 1880 vom Schweizer Chemiker Jean Charles Galissard de Marignac entdeckt. Er untersuchte dabei die Bestandteile von Samarskit und ihre unterschiedliche Löslichkeit in Kaliumsulfat-Lösungen. Es bildeten sich je nach Löslichkeit mehrere Fraktionen. In einer der Fraktionen fand er im Absorptionsspektrum die Spektrallinien eines unbekannten Elements. Dieses nannte er, da er nicht ausreichend Material für eine exakte Bestimmung erhalten konnte, Yα. Daneben fand er in einer weiteren Fraktion das ihm ebenfalls unbekannte Yβ, hierbei stellte sich jedoch schnell heraus, dass es sich um das schon von Marc Delafontaine und Paul Émile Lecoq de Boisbaudran gefundene Samarium handelte. Nachdem die Existenz von Yα von William Crookes und Paul Émile Lecoq de Boisbaudran bestätigt werden konnte, nannte Lecoq de Boisbaudran am 19. April 1886 das neue Element in Absprache mit Marignac Gadolinium, zu Ehren des finnischen Chemikers Johan Gadolin, mit dem Symbol Gd.

Metallisches Gadolinium wurde erstmals 1935 von Félix Trombe gewonnen. Er nutzte dafür die elektrolytische Reduktion einer Schmelze aus Gadolinium(III)-chlorid, Kaliumchlorid und Lithiumchlorid bei 625–675 °C an Cadmiumelektroden. Kurze Zeit später entdeckte er zusammen mit Georges Urbain und Pierre-Ernest Weiss den Ferromagnetismus des Elements.

Vorkommen

Gadolinium ist auf der Erde ein seltenes Element, sein Anteil an der kontinentalen Erdkruste beträgt etwa 6,2 ppm.

Das Element kommt in vielen Mineralen der Seltenerdmetalle in unterschiedlichen Gehalten vor. Besonders hoch ist der Gadoliniumgehalt in Mineralen der Yttererden wie Xenotim, in Xenotimvorkommen aus Malaysia beträgt der Gadoliniumanteil etwa 4 %. Aber auch Monazit enthält je nach Lagerstätte 1,5 bis 2 % des Elements, in Bastnäsit ist der Anteil mit 0,15 bis 0,7 % dagegen geringer. Es ist nur ein einziges Mineral bekannt, in dem Gadolinium das Seltenerdmetall mit dem höchsten Anteil ist. Dabei handelt es sich um das sehr seltene Uranylcarbonat Lepersonnit-(Gd) mit der chemischen Zusammensetzung Ca(Gd,Dy)2(UO2)24(SiO4)4(CO3)8(OH)24 · 48H2O.

Gewinnung und Darstellung

Auf Grund der Ähnlichkeit, und da Gadolinium nur in geringen Mengen in den Erzen enthalten ist, ist die Abtrennung von den anderen Lanthanoiden schwierig. Nach dem Aufschluss der Ausgangsmaterialien wie Monazit oder Bastnäsit mit Schwefelsäure oder Natronlauge sind verschiedene Wege zur Abtrennung möglich. Neben Ionenaustausch ist besonders ein auf der Flüssig-Flüssig-Extraktion basierendes Verfahren wichtig. Dabei wird bei Bastnäsit als Ausgangsmaterial zunächst das Cer in Form von Cer(IV)-oxid abgetrennt und die verbleibenden Seltenen Erden in Salzsäure gelöst. Daraufhin werden mit Hilfe einer Mischung von DEHPA (Di(2-ethylhexyl)phosphorsäure) und Kerosin in Flüssig-Flüssig-Extraktion Europium, Gadolinium, Samarium und die schwereren Seltenerdmetalle von den leichten getrennt. Ersteres lässt sich chemisch durch Reduktion zu zweiwertigem Europium und Fällung als schwerlösliches Europium(II)-sulfat abtrennen. Für die Trennung von Gadolinium, Samarium und dem Rest wird wiederum die Flüssig-Flüssig-Extraktion genutzt. Die Mischung wird in verdünnter Salzsäure gelöst, mit einer Mischung von DEHPA und Trimethylbenzolen (Shellsol A) behandelt und in einer Mixer-Settler-Apparatur getrennt.

Die Gewinnung elementaren Gadoliniums ist über die Reduktion von Gadolinium(III)-fluorid mit Calcium möglich.

{\mathrm  {2\ GdF_{3}+3\ Ca\longrightarrow 2\ Gd+3\ CaF_{2}}}

Gadolinium wird nur in geringerem Umfang produziert und benötigt, wichtigster Produzent ist wie bei allen Seltenerdmetallen die Volksrepublik China.

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Gadolinium, Gd, 64
Serie Lanthanoide
Gruppe, Periode, Block La, 6, f
Aussehen silbrig weiß
CAS-Nummer 7440-54-2
Massenanteil an der Erdhülle 5,9 ppm
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Kristallstruktur hexagonal
Dichte 7,886 g/cm3 (25 °C)
Magnetismus ferromagnetisch (Curie-Temp. 292,5 K)
Schmelzpunkt 1585 K (1312 °C)
Siedepunkt 3273 K (3000 °C)
Molares Volumen 19,90 · 10−6 m3/mol
Verdampfungswärme 301 kJ/mol
Schmelzwärme 10,0 kJ/mol
Schallgeschwindigkeit 2680 m/s bei 293,15 K
Elektrische Leitfähigkeit 0,763 · 106 A/(V · m)
Wärmeleitfähigkeit 11 W/(m · K)
Chemisch
Oxidationszustände 2, 3
Elektronegativität 1,20 (Pauling-Skala)

Eigenschaften

Elementares Gadolinium
Wärmekapazität von Gadolinium, grün: gesamte Wärmekapazität, rot: phononischer Anteil, blau: spinanteil, türkis: elektronischer Anteil

Physikalische Eigenschaften

Das silbrigweiß bis grauweiß glänzende Metall der seltenen Erden ist duktil und schmiedbar. Es kristallisiert in einer hexagonal-dichtesten Kristallstruktur mit den Gitterparametern a = 363 pm und c = 578 pm. Oberhalb von 1262 °C geht die Struktur in eine kubisch-raumzentrierte Struktur über.

Neben dieser Hochtemperaturphase sind mehrere Hochdruckphasen bekannt. Die Abfolge der Phasen entspricht dabei der der anderen Lanthanoide (außer Europium und Ytterbium). Auf die hexagonale Struktur folgt (jeweils bei Raumtemperatur) bei Drücken über 1,5 GPa eine Struktur vom Samarium-Typ, oberhalb von 6,5 GPa ist eine doppelt-hexagonale Kristallstruktur stabil. Eine kubisch-flächenzentrierte Packung ist bei Drücken zwischen 26 und 33 GPa am stabilsten. Bei noch größeren Drücken sind noch eine doppelt-kubisch-flächenzentrierte Struktur sowie das monokline Gd-VIII bekannt.

Gadolinium ist neben Dysprosium, Holmium, Erbium, Terbium und Thulium eines der Lanthanoide, das Ferromagnetismus besitzt. Mit einer Curie-Temperatur von 292,5 K (19,3 °C) besitzt es die höchste Curie-Temperatur aller Lanthanoide, nur Eisen, Cobalt und Nickel besitzen höhere. Oberhalb dieser Temperatur ist es paramagnetisch mit einer magnetischen Suszeptibilität χm von 0,12.

Aufgrund dieser magnetischen Eigenschaften hat Gadolinium auch eine sehr stark temperaturabhängige Wärmekapazität. Bei tiefen Temperaturen (unter 4 K) dominiert zunächst, wie bei Metallen üblich, die elektronische Wärmekapazität Cel (wobei Cel = γ·T mit γ = 6,38 mJ·mol−1·K−2 und T der Temperatur). Für höhere Temperaturen ist die Debyesche Wärmekapazität (mit der Debye-Temperatur ΘD = 163,4 K) ausschlaggebend. Unterhalb der Curie-Temperatur nimmt die Wärmekapazität dann stark zu, was auf das Spinsystem zurückzuführen ist. Sie erreicht 56 J·mol−1·K−1 bei 290 K, um bei höheren Temperaturen fast schlagartig auf unter 31 J·mol−1·K−1 einzubrechen.

Gadolinium ist Bestandteil keramischer Hochtemperatur-Supraleiter des Typs Ba2GdCu3O7-x mit einer Sprungtemperatur von 94,5 K. Das reine Element ist nicht supraleitfähig.

Gadolinium hat mit 49.000 barn wegen seines enthaltenen Isotops Gd-157 (mit 254.000 barn) den höchsten Einfangquerschnitt für thermische Neutronen aller bekannten stabilen Elemente (nur das instabile Xe-135 erreicht etwa das zehnfache von Gd-157). Die hohe Abbrandrate (burn-out-rate) schränkt eine Verwendung als Steuerstab in Kernreaktoren stark ein.

Chemische Eigenschaften

In trockener Luft ist Gadolinium relativ beständig, in feuchter Luft bildet es eine nichtschützende, lose anhaftende und abblätternde Oxidschicht aus. Mit Wasser reagiert es langsam. In verdünnten Säuren löst es sich auf. Stäube von metallischem Gadolinium sind feuer- und explosionsgefährlich.

 

Verwendung

Gadolinium wird zur Herstellung von Gadolinium-Yttrium-Granat für Mikrowellenanwendungen verwendet. Oxysulfide dienen zur Herstellung von grünem Leuchtstoff für nachleuchtende Bildschirme (Radar).

Intravenös injizierte Gadolinium(III)-Verbindungen, wie zum Beispiel Gadopentetat-Dimeglumin, dienen als Kontrastmittel bei Untersuchungen im Kernspintomographen. Dazu werden wegen der hohen Giftigkeit von freien Gadolinium-Ionen Komplexierungsmittel mit hoher Komplexierungskonstante, wie beispielsweise die Chelate DTPA (Diethylentriaminpentaessigsäure) und DOTA (1,4,7,10-Tetraazacyclododecan-1,4,7,10-tetraessigsäure, mit Gd = Gadotersäure), verwendet. Durch die sieben ungepaarten Elektronen in der f-Schale ist Gadolinium stark paramagnetisch. Das Kontrastmittel ermöglicht so den umgebenden Protonen – im Wesentlichen Wasser – schneller zu relaxieren. Dies erhöht die Kontrastunterschiede zwischen verschiedenen Geweben in einer MRT-Aufnahme erheblich. Aber Gadolinium kann sich nach Angaben der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA im Gehirn ablagern. Der Bundesverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN) rät, die Mittel vorerst nur bei unvermeidbaren Untersuchungen einzusetzen.

Gadolinium wird intravenös verabfolgt, um bspw. Tumoren und entzündliche Veränderungen im Gehirn darzustellen. Bei Störungen der Blut-Liquor Schranke kommt es zu einer Anreicherung im verdächtigen Bereich und liefert somit wichtige diagnostischen Informationen. Gadolinium-Gallium-Granat wurde zur Herstellung von Magnetblasenspeichern genutzt. Auch in der Herstellung von wiederbeschreibbaren Compact Discs findet es Anwendung.

Zusätze von 1 % Gadolinium erhöhen die Bearbeitbarkeit und die Hochtemperatur- und Oxidationsbeständigkeit von Eisen- und Chromlegierungen. Entsprechende Gadolinium-Eisen-Kobalt-Legierungen können zur optomagnetischen Datenspeicherung eingesetzt werden.

Gadolinium könnte, da es einen Curie-Punkt nahe der Zimmertemperatur besitzt, in Kühlgeräten, die nach dem Prinzip der adiabatischen Magnetisierung funktionieren, Verwendung finden. Solche Kühlgeräte würden ohne Ozonschichtschädigende Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) auskommen und besäßen keine verschleißenden mechanischen Teile.

Gadolinium wird in Form von Gadoliniumoxid in modernen Brennelementen als abbrennbares Absorbermaterial verwendet, das nach einem Brennelementewechsel zu Beginn des Betriebszyklus die durch einen Überschuss an Kernbrennstoff entstehende zu hohe Reaktivität des Reaktors begrenzt. Mit zunehmendem Abbrand der Brennelemente wird auch das Gadolinium abgebaut.

Mit Terbium dotiertem Gadolinium-Oxysulfid (Gd2O2S:Tb) ist ein in der Röntgentechnik häufig eingesetzter Szintillator. Gd2O2S:Tb emittiert Licht mit einer Wellenlänge von 545 nm.

Verbindungen

Physiologie

Es ist keine biologische Funktion des Gadoliniums bekannt.

Toxizität

Freie Gadolinium-Ionen verhalten sich ähnlich wie Calcium-Ionen, das heißt, sie werden vorwiegend in der Leber und im Knochensystem eingebaut und können dort über Jahre verbleiben. Freies Gadolinium beeinflusst außerdem als Calciumantagonist – die Ionenradien von Calcium und Gadolinium sind nahezu gleich – die Kontraktilität des Myokards und hemmt das Gerinnungssystem.

Intravenös applizierte Lösungen von freien Gadolinium-Ionen wirken akut toxisch. Von der Toxizität betroffen sind unter anderem die glatte und die quergestreifte Muskulatur, die Funktion der Mitochondrien und die Blutgerinnung.

Die Toxizität von freiem Gadolinium ist als hoch einzustufen. In komplexierter Form, so wie das Gadolinium in den zugelassenen Kontrastmitteln vorliegt, ist es dagegen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen im Allgemeinen gut verträglich. Seit 2006 gibt es zunehmend Berichte, dass es bei niereninsuffizienten Patienten nach Gabe verschiedener Chelate des Gadoliniums, insbesondere Gd-DTPA, zum Krankheitsbild der nephrogenen systemischen Fibrose kommen kann. Eine neue Studie liefert Hinweise darauf, dass Gadolinium in Kontrastmitteln nach mehrmaligen MRTs zu Ablagerungen und eventuell auch Strukturschädigungen im Gehirn führen könnten. Ob es wirklich zu einer Schädigung kommt, konnte jedoch noch nicht festgestellt werden.

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 09.01. 2024