Schwache Topologie
Die schwache Topologie ist in der Mathematik eine spezielle Topologie, die auf normierten Räumen definiert wird. Die Konvergenz bezüglich der schwachen Topologie wird dann schwache Konvergenz genannt. Die schwache Konvergenz und die schwache Topologie ist ein zentrales Konzept der Funktionalanalysis, da sich mit ihr beispielsweise allgemeinere Kriterien für die Existenz von Minima und Maxima formulieren lassen.
Definition in normierten Räumen
Gegeben sei ein normierter
Raum
sowie sein topologischer
Dualraum
,
also der Vektorraum aller stetigen linearen
Funktionale
,
der versehen mit der Operatornorm auch zum normierten Vektorraum wird.
Über die linearen Funktionale
Eine Folge
in
heißt schwach konvergent gegen
,
wenn
gilt. Die von der schwachen Konvergenz erzeugte Topologie
heißt dann die schwache Topologie auf
.
Als Initialtopologie
Umgekehrt lässt sich die schwache Topologie auf
auch als Initialtopologie
definieren. Die schwache Topologie ist dann die Initialtopologie auf
bezüglich der Elemente aus
.
Somit ist die schwache Topologie
die gröbste
Topologie auf
,
so dass alle Elemente des topologischen Dualraumes
stetig sind. Eine bezüglich der schwachen Topologie konvergente Folge heißt dann schwach konvergent.
Eine andere Formulierung ist, dass die Urbilder
offener Mengen der normstetigen linearen Funktionale eine Subbasis der schwachen
Topologie bilden. Konkret bedeutet dies, dass man die offenen Mengen auf
wie folgt konstruiert:
- Bilde alle Urbilder
für
und
bzw.
offen,
- bilde alle endlichen Durchschnitte der Mengen aus dem ersten Schritt,
- bilde alle Vereinigungen (auch unendliche) der Mengen aus dem zweiten Schritt.
Dies sind alle offenen Mengen der schwachen Topologie auf .
Beispiel
Betrachtet man als normierten Raum
den Lp-Raum
mit
,
so ist aufgrund der Dualität
von Lp-Räumen ist der Dualraum
normisomorph zu
,
wobei
der zu
konjugierte
Index ist. Es gilt also
.
Somit besitzt jedes stetige lineare Funktional
eine Darstellung von der Form
,
wobei
und
ist. Somit ist eine Funktionenfolge
aus
genau dann schwach konvergent gegen
,
wenn
gilt. Dies ist genau die Schwache Konvergenz in Lp.
Eigenschaften als topologischer Raum
Durch die schwache Topologie wird
zu einem lokalkonvexen
Raum, dessen Topologie beispielsweise durch die Menge
.
von Halbnormen beschrieben werden kann.
Definiert man für ein
mit
und
,
so ist eine Nullumgebungsbasis
von
gegeben durch
.
Des Weiteren garantiert der Satz
von Hahn-Banach, dass der Topologische Raum
immer ein Hausdorff-Raum
ist, denn lokalkonvexe Räume sind genau dann Hausdorff-Räume, wenn zu jedem
ein
existiert, so dass
ist. Somit sind Grenzwerte von Folgen bezüglich der schwachen Konvergenz (sofern
sie existieren) eindeutig.
Beziehung zur Normkonvergenz
Die Normtopologie
des vorgegebenen Raumes ist immer feiner als die
schwache Topologie
,
es gilt also
.
Im allgemeinen ist diese Inklusion echt, das heißt alle normkonvergenten Folgen sind auch schwach Konvergent, aber es existieren auch schwach konvergente Folgen, die nicht normkonvergent sind.
Ein Beispiel hierfür lässt sich im Folgenraum
konstruieren, wobei
ist. Wählt man als Folge
,
so ist immer
.
Ist aber ,
so gibt es eine Folge
aus
,
so dass
ist. Dabei ist
wieder der zu
konjugierte Index. Somit ist
,
da
eine Nullfolge ist. Somit konvergiert die Folge schwach gegen 0, aber nicht
bezüglich der Norm gegen 0.
Der Satz von Mazur liefert eine eingeschränkte Umkehrung: Er besagt, dass aus den Folgengliedern einer schwach konvergenten Folge immer durch Konvexkombinationen eine zweite Folge konstruiert werden kann, die bezüglich der Norm konvergiert.
Insbesondere ist die Norm
nicht mehr stetig bezüglich der
schwachen Konvergenz, sondern nurnoch unterhalbstetig. Ist
also eine Folge
schwach konvergent in
gegen
,
so gilt
.
Beziehung zur schwach-*-Topologie
Analog zur schwachen Topologie auf einem normierten Raum
lässt sich eine schwach-*-Topologie
auf dessen topologischen Dualraum
als Initialtopologie oder über die linearen Funktionale definieren. Dazu fasst
man die Elemente
aus
über
als lineare Funktionale auf
auf. Dann ist die schwach-*-Topologie die gröbste Topologie auf
,
so dass alle diese Funktionale stetig sind. Alternativ heißt eine Folge
schwach-*-konvergent in
gegen
,
wenn
gilt.
Auf
ist die schwach-* Topologie gröber als die schwache: Konvergiert eine Folge
schwach in
,
so konvergiert sie auch schwach-* in
.
Denn konvergiert die Folge schwach, so gilt
und somit insbesondere für alle
mit ,
da es sich um Elemente des Dualraumes von
handelt. Somit ist
,
was der schwach-*-Konvergenz in
entspricht.
Außerdem konvergiert eine Folge genau dann schwach in ,
wenn sie im Bidualraum
schwach-* konvergiert. Dies beruht auf der Einbettung
der Elemente von
in
.
Hieraus folgt, dass für reflexive
Räume schwache und schwach-*-Topologie übereinstimmen.
Eigenschaften
- Die abgeschlossene Einheitskugel
von
ist genau dann schwach kompakt, wenn
ein reflexiver Banachraum ist.
- In lokalkonvexen topologischen Vektorräumen sind abgeschlossene und konvexe Teilmengen schwach abgeschlossen.
- Der Satz von Eberlein–Šmulian stellt die Äquivalenz von Kompaktheit und Folgenkompaktheit bzgl. der schwachen Topologie auf Banachräumen fest.
- Jede schwache konvergente Folge eines normierten Vektorraums ist beschränkt. Diese Eigenschaft ist eine Folgerung aus dem Satz von Banach-Steinhaus.
- In einem reflexiven Raum besitzt jede beschränkte Folge eine schwach konvergente Teilfolge. Da jeder Hilbertraum reflexiv ist, besitzt also eine beschränkte Folge in einem Hilbertraum immer eine schwach konvergente Teilfolge.
- In einem Hilbertraum ist die schwache Konvergenz äquivalent zur komponentenweisen Konvergenz bezüglich einer Orthogonalbasis.
Merkregel zum Begriff „schwach“ in der Funktionalanalysis
„Schwach“ bedeutet so viel wie „bzgl. aller stetigen Linearformen …“.
Beispiele:
- Eine Folge ist genau dann schwach konvergent, wenn sie bzgl. aller stetigen Linearformen konvergiert.
- Eine Menge ist genau dann schwach folgenkompakt, wenn jede Folge daraus eine bzgl. aller stetigen Linearformen konvergente Teilfolge besitzt.
- Eine Menge ist genau dann schwach beschränkt, wenn unter jeder der in Betracht gezogenen stetigen Linearformen die zugehörige Bildmenge eine beschränkte Menge innerhalb des zugrundeliegenden Körpers ist. Man beachte: Wegen des Satzes von Banach-Steinhaus ist jede schwach beschränkte Menge immer normbeschränkt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 23.07. 2019