Folgenkompaktheit
In der Mathematik ist ein topologischer
Raum folgenkompakt, wenn jede Folge
eine konvergente Teilfolge besitzt. Metrische
Räume sind genau dann folgenkompakt, wenn sie totalbeschränkt
und vollständig,
also kompakt
sind. Daher sind Teilmengen des
genau dann folgenkompakt (und kompakt), wenn sie abgeschlossen und beschränkt
sind. Es gibt topologische Räume, die folgenkompakt und nicht kompakt sind, und
Räume, die nicht folgenkompakt, aber kompakt sind.
Definitionen
Konvergente Folgen in topologischen Räumen
Ist
ein metrischer Raum, so konvergiert eine Folge
mit
gegen
,
wenn
.
Das bedeutet, dass die Folge genau dann gegen
konvergiert, wenn es für jede positive reelle Zahl
eine natürliche Zahl
gibt, sodass alle Folgenglieder ab dem
-ten
Glied einen Abstand von
haben, der kleiner als
ist.
In beliebigen topologischen Räumen treten die Umgebungen an
Stelle der Bälle .
Ist
ein topologischer Raum, so konvergiert eine Folge
mit
gegen
,
wenn es zu jeder Umgebung
von
ein
gibt, sodass
gilt für alle
.
Folgenkompaktheit
Ein topologischer Raum
wird folgenkompakt genannt, wenn jede Folge
mit
eine konvergente Teilfolge
enthält. Entsprechend nennt man einen Teilraum
folgenkompakt, wenn jede Folge
mit
eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in
besitzt.
Metrische Räume
Ein metrischer Raum ist genau dann folgenkompakt, wenn er kompakt ist. Denn ein metrischer Raum ist genau dann kompakt, wenn er total beschränkt und vollständig ist.
Ist ein metrischer Raum total beschränkt, so enthält jede Folge eine Cauchy-Folge als Teilfolge. Ist er zusätzlich vollständig, so konvergiert diese Folge. Ein kompakter metrischer Raum ist daher folgenkompakt. Allgemeiner ist jeder erstabzählbare kompakte Raum folgenkompakt.
Ist ein metrischer Raum umgekehrt folgenkompakt, so muss er total beschränkt
sein, da man sonst ein
und eine Folge von Punkten finden könnte, die jeweils einen Abstand von
haben, und daher keine konvergente Teilfolge haben würde. Der Raum muss außerdem
vollständig sein, da eine konvergente Teilfolge einer Cauchy-Folge denselben
Grenzwert wie die ursprüngliche Folge haben muss.
Eigenschaften folgenkompakter Räume
Ein topologischer Raum wird abzählbar-kompakt genannt, wenn jede Folge einen Häufungspunkt hat. Jeder folgenkompakte Raum ist abzählbar kompakt. (Die Umkehrung gilt nicht.) Insbesondere ist jeder folgenkompakte Raum auch schwach abzählbar kompakt und pseudokompakt, da das auch jeder abzählbar kompakte Raum ist. Für metrische Räume fallen Kompaktheit, Folgenkompaktheit und abzählbare Kompaktheit stets zusammen.
Beispiele
Ein kompakter Hausdorff-Raum, der nicht folgenkompakt ist
Die Menge ,
versehen mit der diskreten
Topologie, ist kompakt, daher ist nach dem Satz von Tychonoff
auch die Menge
aller Funktionen von dem Intervall
nach
,
versehen mit der Produkttopologie
kompakt, außerdem ist dieser Raum hausdorffsch.
Dass
mit der Produkttopologie versehen ist, bedeutet, dass eine Folge von Funktionen
konvergiert, wenn sie punktweise konvergiert.
Dieser Raum ist aber nicht folgenkompakt:
Eine Folge von Funktionen, die keine konvergente Teilfolge enthält, kann wie folgt definiert werden:
In der zum Dezimalbruch analogen Schreibweise im Dualsystem sind die Nachkommastellen einer reellen Zahl eine unendliche Folge von Nullen und Einsen.
Die Folge
wird nun wie folgt definiert:
ist die
-te
Nachkommastelle der Zahl
.
Zu einer Teilfolge
kann nun wie folgt eine Zahl
definiert werden. In der binären Kommadarstellung hat
an der
-ten
Stelle eine
,
wenn
gerade ist und eine
,
wenn
ungerade ist, an den weiteren Stellen eine
.
Das bedeutet, dass die Folge
nicht konvergiert, da im Punkt
die Werte hin- und herspringen. Die Folge
kann also keine konvergente Teilfolge haben.
Da der Raum kompakt ist, besitzt die Folge
jedoch ein konvergentes Teilnetz.
Ein folgenkompakter Raum, der nicht kompakt ist
Die erste überabzählbare Ordinalzahl
(also die überabzählbare Menge aller abzählbaren Ordinalzahlen
)
ist durch die Relation
(die
-Relation)
wohlgeordnet und trägt daher die Topologie
dieser Ordnung.
Ist nun
eine Folge von Ordinalzahlen, so ist die kleinste Ordinalzahl mit der
Eigenschaft, dass nur endlich viele Folgenglieder größer als sie sind, ein
Häufungspunkt dieser Folge und die Folge kann zu einer konvergenten Folge
ausgedünnt werden. Der Raum ist daher abzählbar kompakt und folgenkompakt.
Die Familie
von offenen Mengen überdeckt die Menge aller abzählbaren Ordinalzahlen. Eine
endliche Teilfamilie enthält aber nur abzählbar viele Elemente von
.
ist daher nicht kompakt.
Dass die Menge
nicht kompakt ist, liegt daran, dass sie die Limesordinalzahl
nicht enthält. Diese ist aber nicht der Limes einer abzählbaren Folge, sondern
nur der Limes eines überabzählbaren Netzes
(etwa gegeben durch alle abzählbaren Ordinalzahlen in ihrer natürlichen
Reihenfolge).
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.10. 2021