Hyperbolischer Raum
In der Geometrie ist der
hyperbolische Raum ein Raum mit konstanter negativer Krümmung. Er erfüllt
die Axiome der euklidischen
Geometrie mit Ausnahme des Parallelenaxioms.
Der zweidimensionale hyperbolische Raum mit konstanter Krümmung
heißt hyperbolische
Ebene.
Definition
Sei
eine natürliche Zahl. Der n-dimensionale hyperbolische Raum
ist die n-dimensionale,
einfach
zusammenhängende, vollständige
Riemannsche
Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung
konstant
.
Die Existenz des n-dimensionalen hyperbolischen Raumes ergibt sich aus den unten angegebenen Modellen, die Eindeutigkeit aus dem Satz von Cartan.
Gelegentlich wird die Bezeichnung hyperbolischer Raum auch allgemeiner
für -hyperbolische
Räume im Sinne von Gromov
verwendet. Dieser Artikel betrachtet jedoch im Folgenden nur den hyperbolischen
Raum mit Schnittkrümmung −1. Am Ende des Artikels werden weitere (teilweise
nicht kompatible) in der Mathematik vorkommende Verwendungen des Begriffes
"Hyperbolischer Raum" aufgelistet.
Eindeutigkeit
Aus einem Satz von Elie Cartan folgt, dass der n-dimensionale hyperbolische Raum bis auf Isometrie eindeutig ist. Insbesondere sind die unten angegebenen Modelle des n-dimensionalen hyperbolischen Raumes alle isometrisch zueinander.
Eigenschaften
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Zu jeder Geodäte
und jedem Punkt
gibt es unendlich viele zu
disjunkte Geodäten durch
.
Die Innenwinkelsumme
von Dreiecken ist stets kleiner als .
Der Flächeninhalt eines Dreiecks ist
,
wobei
die Innenwinkel sind.
Trigonometrie
Es gelten die Formeln der hyperbolischen Trigonometrie:
und
wobei
die Innenwinkel eines Dreiecks
und
die Längen der gegenüberliegenden Seiten sind.
Exponentielles Wachstum
Das Volumen eines Balles vom Radius
ist
,
es wächst somit exponentiell mit dem Radius.
Isometrien
Geodätische Halbgeraden in
heißen asymptotisch, wenn sie endlichen Abstand haben. Dies definiert
eine Äquivalenzrelation auf der Menge der geodätischen Halbgeraden. Der
Rand
im Unendlichen
ist die Menge der Äquivalenzklassen von auf Bogenlänge parametrisierten
geodätischen Halbgeraden. Jede Isometrie
lässt sich auf den Rand im Unendlichen
fortsetzen.
Die Isometrien des hyperbolischen Raumes fallen in die folgenden (bis auf die Identitäts-Abbildung disjunkten) Klassen:
- elliptisch:
hat einen Fixpunkt in
,
- loxodromisch
hat keinen Fixpunkt in
, lässt aber zwei Punkte in
und die sie verbindende Geodäte invariant,
- parabolisch:
lässt einen Punkt
und seine Horosphären invariant.
Die Gruppe der Isometrien des
ist isomorph zu
.
Modelle
Poincaré-Halbraum-Modell
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Der Halbraum
mit der Riemannschen Metrik
ist ein Modell des hyperbolischen Raumes.
Für
wird es auch als Poincaré-Halbebenen-Modell bezeichnet.
Poincaré-Ball-Modell
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Die offene Kugel
mit der Riemannschen Metrik
ist ein Modell des hyperbolischen Raumes.
Für
wird es auch als Poincaré-Kreisscheiben-Modell bezeichnet.
Hyperboloid-Modell
Betrachte den
mit der Pseudo-Riemannschen
Metrik
.
Das Hyperboloid
mit der induzierten Metrik ist ein Modell des hyperbolischen Raumes.
Projektives Modell
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Sei
die kanonische Projektion auf den projektiven
Raum, dann erhält man das projektive Modell des hyperbolischen Raumes als
Bild des Hyperboloids unter
.
Nach der Identifikation
entspricht das projektive Modell der Menge
.
Abstände berechnen sich gemäß der Hilbert-Metrik
,
wobei die Betragsstriche für euklidische Abstände stehen sollen und
die Schnittpunkte der Geodäten durch
mit der Einheitssphäre sind.
Historie
Das Projektive Modell, das Poincaré-Ball-Modell und das
Poincaré-Halbraum-Modell wurden 1868 von Eugenio
Beltrami konstruiert, alle drei als Bilder eines weiteren (sogenannten
"hemisphärischen") Modells unter geeigneten Isometrien. Das Poincaré-Ball-Modell
war für
bereits 1850 von Joseph Liouville
untersucht worden und das projektive Modell kam 1859 in einer Arbeit Arthur Cayleys zur projektiven
Geometrie vor, allerdings ohne Herstellung des Zusammenhangs zur
hyperbolischen Geometrie.
Zuvor hatten Nikolai Iwanowitsch Lobatschewski und János Bolyai eine auf Axiomen aufbauende Theorie des hyperbolischen Raumes entwickelt und zahlreiche seiner Eigenschaften formal hergeleitet. Erst mit den von Beltrami angegebenen Modellen war aber der Beweis erbracht, dass die hyperbolische Geometrie widerspruchsfrei ist.
Henri Poincaré entdeckte, dass die hyperbolische Geometrie auf natürliche Weise bei der Untersuchung von Differentialgleichungen und in der Zahlentheorie (bei der Untersuchung von quadratischen Formen) vorkommt. Im Zusammenhang mit der Untersuchung ternärer quadratischer Formen benutzte er 1881 erstmals das Hyperboloid-Modell.
Homogener Raum
Der hyperbolische Raum ist der homogene Raum
wobei
die Zusammenhangskomponente
der Eins in
bezeichnet.
Damit ist hyperbolische Geometrie eine Geometrie im Sinne von Felix Kleins Erlanger Programm.
Für
hat man auch die Darstellungen
.
Einbettung in den euklidischen Raum
Der hyperbolische Raum
besitzt eine isometrische
-Einbettung
in den euklidischen
Raum
.
Andere Verwendungen des Begriffs „hyperbolischer Raum“
- In der metrischen
Geometrie sind
-hyperbolische Räume im Sinne von Gromov (auch als Gromov-hyperbolische Räume bezeichnet) eine Klasse von metrischen Räumen, zu der unter anderem einfach zusammenhängende Mannigfaltigkeiten negativer Schnittkrümmung (insbesondere also auch der hyperbolische Raum) gehören. Endlich erzeugte Gruppen werden als hyperbolische Gruppen bezeichnet, wenn ihr Cayley-Graph ein
-hyperbolischer Raum ist.
- In der Theorie der symmetrischen
Räume gibt es neben den in diesem Artikel betrachteten hyperbolischen
Räumen, die in diesem Zusammenhang oft als reell-hyperbolische Räume
bezeichnet werden, noch die komplex-hyperbolischen
und quaternionisch-hyperbolischen
Räume sowie die Cayley-hyperbolische
Ebene. Diese werden für
oder
definiert als
mit der induzierten Riemannschen Metrik.
- In der Inzidenzgeometrie ist ein hyperbolischer Raum ein angeordneter Inzidenzraum mit einer Kongruenzrelation und der Eigenschaft, dass jede Ebene mit der induzierten Anordnung und Kongruenzrelation eine hyperbolische Ebene im Sinne von Karzel-Sörensen-Windelberg ist. Insbesondere gibt es in der endlichen Geometrie den Begriff endlicher hyperbolischer Räume.
- In der komplexen
Analysis heißt eine komplexe
Mannigfaltigkeit
Brody-hyperbolisch, wenn jede holomorphe Abbildung
konstant ist. Dies gilt insbesondere für die durch das Poincaré-Kreisscheiben-Modell gegebene komplexe Struktur auf der hyperbolischen Ebene, siehe Satz von Liouville.
- Ebenfalls in der komplexen Analysis heißt eine komplexe Mannigfaltigkeit Kobayashi-hyperbolisch (oder nur hyperbolisch), wenn die Kobayashi-Pseudo-Metrik eine Metrik ist. Für kompakte komplexe Mannigfaltigkeiten sind Brody-Hyperbolizität und Kobayashi-Hyperbolizität äquivalent.
- In der komplexen Differentialgeometrie heißen Kähler-Mannigfaltigkeiten
Kähler-hyperbolisch, wenn die hochgehobene Kählerform
der universellen Überlagerung
das Differential einer beschränkten Differentialform ist.
- In der Homotopietheorie
ist ein hyperbolischer Raum ein topologischer
Raum
mit
. Hier bezeichnet
die i-te Homotopiegruppe und
ihren Rang. Diese Definition steht in keinem Zusammenhang mit der in diesem Artikel besprochenen.
Literatur
- Eugenio Beltrami: Saggio di interpretazione della geometria non-euclidea. Giornale Matemat. 6 (1868), 284–312
- Eugenio Beltrami: Teoria fondamentale degli spazii di curvatura constante. Ann. Mat. Ser. II 2 (1868–69), 232–255
- Felix Klein: Über die sogenannte nicht-euklidische Geometrie Math. Ann. 4 (1871), 573–625.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 12.02. 2022