Rauschen (Physik)
Unter Rauschen (auch Untergrund genannt) versteht die Physik allgemein eine Störgröße mit breitem unspezifischem Frequenzspektrum. Es kann daher als eine Überlagerung vieler harmonischer Schwingungen oder Wellen mit unterschiedlicher Amplitude und Frequenz beziehungsweise Wellenlänge interpretiert werden.
Bei der Übertragung von Nachrichtensignalen ist das Rauschen meistens die größte Störquelle. Die Rauschquellen treten dabei im gesamten Übertragungssystem, also im Sender, im Empfänger und auf dem Übertragungsweg auf. Man unterscheidet dabei zwischen der durch äußere und innere Rauschquellen erzeugten Rauschleistung. Die Qualität der Signale wird in der Nachrichtentechnik mit dem sogenannten Signal-Rausch-Verhältnis (Störabstand) angegeben.
Forschungsgeschichte und physikalische Ursachen
Rauschen wurde als physikalisches Phänomen, nämlich als messbare unregelmäßige Stromschwankungen, erstmals 1918 durch Walter Schottky beschrieben (Annalen der Physik 57 (1918),541). Macht man diese Stromschwankungen nach Verstärkung über einen Lautsprecher hörbar, so erklingt ein typisches Geräusch, das dem Phänomen auch den Namen gab. Inzwischen wird der Begriff „Rauschen“ entsprechend obenstehender Definition sehr viel allgemeiner verwendet.
Zu den Pionieren der experimentellen und theoretischen Untersuchung physikalischer Rauschprozesse gehören neben anderen John Bertrand Johnson (1887–1970), der zehn Jahre nach Schottkys Entdeckung das thermische Rauschen experimentell verifizierte, und nach dem in der angelsächsischen Literatur das thermische Rauschen als Johnson-Rauschen benannt wird, und Harry Nyquist, der ebenfalls zehn Jahre nach Schottkys erster Veröffentlichung eine Modellvorstellung der spektralen Leistungsdichte des thermischen Rauschens entwickelte.
In Schottkys Veröffentlichung von 1918 wird auch eine andere wichtige physikalische Rauschursache beschrieben, das Schrotrauschen. 1925 findet J.B. Johnson bei einer Überprüfung von Schottkys Veröffentlichung das Funkelrauschen.
Seither ist eine Vielzahl anderer physikalischer Rauschphänomene entdeckt worden. Stellvertretend seien hier das Generations-Rekombinations-Rauschen in Halbleitern und das kosmische Hintergrundrauschen genannt. Letzteres wird von radioastronomischen Empfangseinrichtungen auch aus solchen Himmelsrichtungen empfangen, an denen sich keine bekannten kosmischen Objekte befinden. Es befindet sich also überall und kommt aus allen Richtungen. Nach heutigen Modellvorstellungen ist dieses Rauschen ein Überbleibsel des kosmischen Urknalls. Aus der Sicht des Radioastronomen kann Rauschen somit nicht nur als Störgröße wirken (wie z.B. das von der Empfangsanlage selbst erzeugte Rauschen), sondern auch z.B. als Hintergrundstrahlung eine Nutzgröße sein.
Beim Rauschthermometer wird ebenfalls Rauschen als Nutzgröße ausgewertet.
Viele physikalische Rauschphänomene sind auch heute noch Gegenstand intensiver Untersuchungen.
Die Ursachen von Funkel- oder 1/f-Rauschen lassen sich klassisch nicht erklären. Quantentheoretisch ist eine einheitliche Darstellung möglich.
Schrotrauschen oder Poissonsches Schrotrauschen entsteht dadurch, dass einzelne Ladungsträger, deren Energie statistisch verteilt ist, eine Potentialbarriere überqueren.
Spektrale Leistungsdichte
Außer nach physikalischen Ursachen klassifiziert man Rauschen auch nach den Parametern der stochastischen Prozesse, oder nach messtechnisch erfassbaren Größen, die das Rauschen beschreiben. Zu Letzteren gehört beispielsweise die spektrale Leistungsdichte, das ist die Leistung pro (infinitesimal kleiner) Bandbreite. Sie ist im Allgemeinen von der Frequenz abhängig.
Die spektrale Leistungsdichte im weiteren Sinne oder die mathematische spektrale Leistungsdichte wird als Fouriertransformierte der Autokorrelationsfunktion eines stationären Zufallsprozesses gewonnen. (Beispiel: Autokorrelationsfunktion der Rauschspannung über einem ohmschen Widerstand).
Die spektrale Leistungsdichte im engeren Sinne oder die physikalische spektrale Leistungsdichte wird als Fouriertransformierte der Kreuzkorrelationsfunktion zweier Zufallsprozesse gewonnen. Dabei muss die Kreuzkorrelationsfunktion beim Argument 0 eine physikalisch sinnvolle Leistung sein. (Beispiel: Kreuzkorrelationsfunktion aus Rauschstrom durch einen und Rauschspannung über einem ohmschen Widerstand).
Rauschprozesse mit konstanter spektraler Rauschleistungsdichte im weiteren Sinne nennt man Weißes Rauschen in Analogie zum weißen Licht, das alle Spektren (Frequenzen) des sichtbaren Lichtes mit gleicher Leistung (Intensität) umfasst. In der Realität können Rauschprozesse mit konstanter spektraler Rauschleistungsdichte nicht existieren, da sie eine unendlich große Leistung transportieren müssten. Allerdings gibt es physikalische Rauschprozesse, deren spektrale Rauschleistungsdichte auch im engeren Sinne in einem bestimmten mehr oder weniger großen Frequenzband praktisch konstant sind. Der Einfachheit halber bezeichnet man diese Prozesse dann auch als weiß. Dazu gehört beispielsweise das thermische Rauschen und das Schrotstromrauschen. Häufig kommt dieses quasi-weiße Rauschen dadurch zustande, dass von einem Gaußschen Rauschen, also einem Rauschen, bei dem die Amplituden der einzelnen Frequenzen gaußverteilt sind, nur ein Ausschnitt betrachtet wird oder relevant ist, in dem die Amplituden praktisch als konstant angesehen werden können. Weißes Rauschen ist nicht selbstähnlich.
Einen Rauschprozess mit einer spektralen Leistungsdichte, die in einem für die Praxis relevanten Frequenzbereich deutlich von einem konstanten Wert abweicht, nennt man „farbiges Rauschen“. Im Gegensatz zu „Weißem Rauschen“ gibt es allerdings keine allgemein als verbindlich anerkannte Definition für verschiedene Typen farbiger Rauschleistungsspektren. So findet man beispielsweise die Bezeichnung „Rosa Rauschen“ sowohl für Rauschen mit einer spektralen Rauschleistungsdichte, die umgekehrt proportional zur Frequenz abfällt, als auch für Rauschprozesse mit einer spektralen Rauschleistungsdichte, die umgekehrt proportional zum Quadrat der Frequenz abfällt.
Um dieser Mehrdeutigkeit zu entgehen, wird in wissenschaftlichen Veröffentlichungen für Prozesse, deren spektrale Rauschleistungsdichte umgekehrt proportional zur Frequenz geht, der Begriff „1/f-Rauschen“ verwendet. Manchmal wird das 1/f²-Rauschen in Unterscheidung zum „Rosa Rauschen“ als „Rotes Rauschen“ bezeichnet, da die Amplituden im niederfrequenten Bereich (beim roten Licht) höher sind. Dies entspräche in einem Lichtspektrum einer Verschiebung der Farbe ins Rote. Einige Quellen sprechen in diesem Zusammenhang auch von „Braunem Rauschen“.
Beispiele
für äußere Rauschquellen:
- Hintergrundrauschen (auch Wärmerauschen) durch die Entstehung des Weltalls
- Kosmisches Rauschen - vorwiegend von den Fixsternen des Milchstraßensystems (nimmt mit etwa 1/f³ ab)
- Terrestrisches Rauschen wie atmosphärisches Wärmerauschen, Blitzentladungen, Zündfunken, Bürstenfeuer an elektrischen Maschinen und durch Schaltvorgänge
- Kontaktrauschen an Kontaktstellen zwischen elektrischen Leitern und / oder Halbleitern
für innere Rauschquellen:
- Wärmerauschen (auch thermisches Rauschen, Widerstandsrauschen oder Johnson-Rauschen, Nyquist-Rauschen genannt) in Leitern
- Röhrenrauschen in Elektronenröhren
Hier spielen das Schrotrauschen (auch Schroteffekt oder Emissionsrauschen), das Stromverteilungsrauschen, das Influenzrauschen, das Ionisationsrauschen, das Sekundäremissionsrauschen, das Isolationsrauschen und das Funkelrauschen eine Rolle. - 1/f²-Rauschen bei der Brownschen Molekularbewegung
- Barkhausen-Rauschen (siehe auch Barkhausen-Effekt) durch das Umklappen der Weiss-Bezirke in Ferromagnetika
- Generations-Rekombinations-Rauschen in Halbleitern
- Chrominanzrauschen (auch Farbrauschen) und Luminanzrauschen (auch Helligkeitsrauschen) bei digitalen Bildern
Wärmerauschen | 1/f-Rauschen
Rosa Rauschen |
1/f²-Rauschen
Rotes Rauschen | |
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Eindimensionale Rauschsignale | |||
Zweidimensionale, farbige Rauschsignale |
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Zweidimensionale, graustufige Rauschsignale |
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 20.06. 2024