Lorentzkurve

Die Lorentzkurve, nach Hendrik Antoon Lorentz, oder Breit-Wigner-Funktion, nach Gregory Breit und Eugene Wigner, ist eine Kurve, die in der Physik bei der Beschreibung von Resonanzen auftritt.

Zwei Lorentzkurven mit verschiedenen Breiten. Die Kurven sind so normiert, dass der Flächeninhalt unter den Kurven identisch ist.

Mathematische Definition und Näherung

In die Breit-Wigner-Funktion gehen zwei Parameter ein. Der Parameter \omega _{0} bestimmt die Position des Maximums, der Parameter \gamma wird Breite der Kurve genannt. Aus physikalischer Sicht ist eine Interpretierbarkeit der Kurve nur für \omega \geq 0 gegeben, da mit \omega in der Regel eine Kreisfrequenz assoziiert ist und negative Frequenzen physikalisch unsinnig sind. Die Funktionsvorschrift lautet:

{\displaystyle f(\omega )={\frac {1}{(\omega ^{2}-\omega _{0}^{2})^{2}+\gamma ^{2}\omega _{0}^{2}}}}

Eine andere Form der Kurve erhält man durch Reparametrisierung, indem man statt der Parameter \omega _{0} und \gamma folgenden Satz Parameter verwendet:

{\displaystyle {\omega _{0}'}^{2}=\omega _{0}^{2}{\sqrt {1+{\frac {\gamma ^{2}}{\omega _{0}^{2}}}}},\qquad {\gamma '}^{2}=2\omega _{0}^{2}\left({\sqrt {1+{\frac {\gamma ^{2}}{\omega _{0}^{2}}}}}-1\right)}

Dann ist

{\displaystyle f(\omega )={\frac {1}{(\omega ^{2}-{\omega _{0}'}^{2})^{2}+{\gamma '}^{2}\omega ^{2}}}};

insbesondere gilt für {\displaystyle \gamma ^{2}/\omega _{0}^{2}\ll 1}, dass die gestrichenen und ungestrichenen Parameter nahezu identisch werden. Die erste Form wird für gewöhnlich in der Teilchenphysik bevorzugt, die zweite Form in der klassischen Physik, da sie sich in ihren jeweiligen Gebieten aus der Physik in den entsprechenden Formen ergeben. Zur Rückkonversion dienen die Beziehungen

{\displaystyle \omega _{0}^{2}={\omega '_{0}}^{2}+{\frac {{\gamma '}^{2}}{2}}\qquad \gamma ^{2}={\frac {{\gamma '}^{2}}{2}}{\frac {4{\omega '_{0}}^{2}-{\gamma '}^{2}}{2{\omega '_{0}}^{2}-{\gamma '}^{2}}}}

Entgegen teilweise vertretener Auffassung ist weder \gamma noch \gamma ' die Halbwertsbreite (FWHM) der Kurve. Diese ist statt dessen

{\displaystyle {\text{FWHM}}={\sqrt {\omega _{0}^{2}+\gamma \omega _{0}}}-{\sqrt {\omega _{0}^{2}-\gamma \omega _{0}}}}

und ergibt sich für {\displaystyle \gamma ^{2}/\omega _{0}^{2}\ll 1} nur ungefähr zu \gamma .

Für {\displaystyle \omega \approx \omega _{0}} und {\displaystyle \gamma \ll \omega _{0}} kann die Lorentzkurve durch

{\displaystyle f(\omega )={\frac {1}{4\omega _{0}^{2}}}{\frac {1}{(\omega -\omega _{0})^{2}+\gamma ^{2}/4}}}

approximiert werden. Sie ist dann bis auf einen Normierungsfaktor identisch mit der in der mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie als Cauchy-Verteilung bezeichneten Wahrscheinlichkeitsdichte. Wenn von der Lorentzkurve die Rede ist, ist teilweise auch die approximierte Fassung gemeint.

Physikalische Bedeutung

Klassische Physik

Die Differentialgleichung für den gedämpften harmonischen Oszillator

{\displaystyle \left({\frac {\mathrm {d} ^{2}}{\mathrm {d} t^{2}}}+\gamma {\frac {\mathrm {d} }{\mathrm {d} t}}+\omega _{0}^{2}\right)x(t)=F(t)}

kann durch Fourier-Transformation in die algebraische Gleichung

{\displaystyle \left(-\omega ^{2}+\mathrm {i} \gamma \omega +\omega _{0}^{2}\right){\tilde {x}}(\omega )={\tilde {F}}(\omega )}

überführt werden. Die in diesen Gleichungen auftretende Größen sind:

Die Gleichung kann nun elementar gelöst werden, ihre Lösung ist

{\displaystyle {\tilde {x}}(\omega )={\frac {{\tilde {F}}(\omega )}{-\omega ^{2}+\mathrm {i} \gamma \omega +\omega _{0}^{2}}}}

und ihr Betragsquadrat

{\displaystyle f(\omega )={\tilde {x}}(\omega ){\tilde {x}}^{*}(\omega )={\frac {{\tilde {F}}{\tilde {F}}^{*}}{(\omega ^{2}-\omega _{0}^{2})^{2}+\gamma ^{2}\omega ^{2}}}}

die Lorentzkurve in der zweiten Parametrisierung.

Teilchenphysik

In der Teilchenphysik sind die Propagatoren die Umkehrfunktionen der Bewegungsgleichungen für die Teilchen. Diese haben einen Pol bei der Masse m dieser Teilchen. Um dies zu umgehen, führt man eine sogenannte komplexe Masse ein, die die Zerfallsbreite \Gamma des jeweiligen Teilchens berücksichtigt. Dann ist der Propagator für einen bestimmten Viererimpuls k proportional zu

{\displaystyle P(k^{2})\sim {\frac {1}{k^{2}-m^{2}+\mathrm {i} \Gamma m}}}

und sein Betragsquadrat ist die Lorentzkurve in der ersten Parametrisierung:

{\displaystyle P(k^{2})P^{*}(k^{2})\sim {\frac {1}{(k^{2}-m^{2}c^{4})^{2}+\Gamma ^{2}m^{2}c^{4}}}}

Beispiel

Z0-Boson

Speziell für den Zerfall des Z0-Bosons ergibt sich die Breit-Wigner-Formel zu

{\displaystyle \sigma _{i\rightarrow f}(s)=12\pi (\hbar c)^{2}\cdot {\frac {\Gamma _{i}\cdot \Gamma _{f}}{(s-M_{Z}^{2}c^{4})^{2}+M_{Z}^{2}c^{4}\Gamma _{\text{tot}}^{2}}}.}

Hierbei ist

Trenner
Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
Seitenende
Seite zurück
©  biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 04.10. 2019