Folsäure
Sicherheitshinweise | |||||||||
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Die Folsäure [aus lat. folium = Blatt (wegen des Vorkommens in grünen Pflanzenblättern)] (die synthetische Form des B-Vitamins, mit einem Monoglutamat, siehe Bild mit n = 1), auch: Vitamin B9, Vitamin M (unüblich), Vitamin B11 (ungebräuchlich) oder Folat (die Summe der folatwirksamen Verbindungen, also: sowohl mit einem Mono- oder mehreren Glutamatresten angehängt Polyglutamate), ist ein 1941 entdecktes, hitze- und lichtempfindliches Vitamin aus dem B-Komplex. Es setzt sich chemisch zusammen aus einem Pteridin-Derivat, para-Aminobenzoesäure und L-Glutaminsäure.
Vorkommen
Zu den natürlichen Folsäurelieferanten zählen insbesondere Hefen mit bis zu 2500 µg je 100 g, Weizenkeime und -kleie mit bis zu 400 µg je 100 g, sowie Kalbs- und Geflügelleber mit jeweils rund 100 µg je 100 g. Geringe Mengen sind enthalten in Vollkornprodukten, grünem Blattgemüse, Roter Bete, Broccoli, Möhren, Spargel, Radieschen, Rosenkohl, Rucola, Spinat, Tomaten, Eigelb, Nüssen, Obst, Fisch und Fleisch.
Strukturformel | |
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Folsäuremonoglutamat (n=1), Folsäurepolyglutamat (n = 2, 3, ...) | |
Allgemeines | |
Trivialname |
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Andere Namen |
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Summenformel | C19H19N7O6 |
CAS-Nummer | 59-30-3 |
PubChem | 6037 |
ATC-Code | B03BB01 |
Kurzbeschreibung | orangegelbes, kristallines Pulver |
Vorkommen | Weizenkeime, Rinderleber, Bohnen, Hefe, Vollkornbrot, Spinat, Grünkohl, Spargel, Nüsse, Obst, Fisch und Eigelb |
Physiologie | |
Funktion | Übertragung von C1-Gruppen bei biochemischen Reaktionen |
Täglicher Bedarf | 60-600 µg |
Folgen bei Mangel | Zellteilungsstörungen (als Folge: Megaloblastäre Anämie), Neuralrohrdefekte bei der Embryogenese |
Überdosis | 15 mg/Tag |
Eigenschaften | |
Molare Masse | 441,40 g/mol |
Aggregatzustand | fest |
Schmelzpunkt | 250 °C (Zersetzung) |
Löslichkeit | schlecht in Wasser (1,6 mg/l bei 25 °C) |
Herstellung
Folsäure wird in der chemischen Industrie im Tonnenmaßstab hergestellt. Zunächst wird dazu aus Guanidin und Cyanessigsäureethylester das 6-Hydroxy-2,4-diaminopyrimidin synthetisiert, welches mit Salpetriger Säure dann zum Nitro-Derivat umgesetzt und anschließend zum 6-Hydroxy-2,4,5-triaminopyrimidin reduziert wird. Als Reduktionsmittel werden hierfür Zinn(II)-chlorid, Natriumdithionit oder Wasserstoffin Verbindung mit einem Hydrierkatalysator (Palladium auf Kohle) eingesetzt.
- Synthese von 6-Hydroxy-2,4,5-triaminopyrimidin, einem Ausgangsstoff der industriellen Folsäuresynthese
In einer Dreikomponenten-Reaktion wird das 6-Hydroxy-2,4,5-triaminopyrimidin anschließend mit 1,1,3-Trichloraceton und N-(4-Aminobenzoyl)-L-glutaminsäure unter schwach sauren Bedingungen und mit Hilfe von Natriumhydrogensulfit zur Folsäure umgesetzt. Anstelle des Trichloracetons können auch 2,3-Dibrompropionaldehyd oder Methylglyoxal verwendet werden.
- Industrielle Synthese von Folsäure aus 6-Hydroxy-2,4,5-triaminopyrimidin, 1,1,3-Trichloraceton und N-(4-Aminobenzoyl)-L-glutaminsäure
Chemische und physikalische Eigenschaften
Acidität
Folsäure ist eine dreiprotonige Säure. Die zugehörigen negativen dekadisch logarithmierten Säurekonstanten (pKS-Werte) in Wasser unter Normbedingungen betragen 4,65; 6,75; 9,00.
Stabilität
Das Vitamin ist empfindlich gegenüber Licht (insbesondere UV-Strahlung), Sauerstoff, Schwermetallen, erhöhten Temperaturen sowie (wenn auch sehr gering) gegenüber Wasser. Daher sollten zu intensives Wässern und zu lange Lager- und Kochzeiten von Nahrungsmitteln vermieden werden. Auch auf die menschliche Haut treffende intensive Sonnenstrahlung reduziert die Folsäure im Körper. Bei hellhäutigen Menschen ist der Effekt besonders stark.
Physiologische Bedeutung
Folsäure ist die Vorstufe des Coenzyms Tetrahydrofolsäure (THF), die unter physiologischen Bedingungen als Anion Tetrahydrofolat vorliegt. Dieses hat eine zentrale Stellung im C1-Stoffwechsel. THF wirkt besonders als Lieferant von Methyl- (CH3-), Methylen- (CH2=) und Formyl-Gruppen (HCO-) mit an der Synthese von Purinbasen und von desoxy-Thymidinmonophosphat (dTMP), die für die DNS-Replikation notwendig sind. Außerdem ist THF Coenzym der Methylierung von Homocystein zu Methionin. Geliefert werden die C1-Bausteine des THF u.a. von den Aminosäuren Serin, Glycin und Histidin. Ein Belastungstest mit Histidin dient zur Diagnose eines Folsäuremangels. Wegen der Beteiligung an der Synthese von DNS-Bausteinen spielt die Folsäure daher insbesondere in der Schwangerschaft, sowie bei sich häufig teilenden Zellen (z.B. Knochenmark) eine entscheidende Rolle.
Aufnahme und Speicherung
Folsäure ist - wie alle Vitamine - für den menschlichen Organismus essenziell und kann von ihm selbst nicht hergestellt werden. Deshalb muss Folsäure mit der Nahrung aufgenommen werden. Um zunächst in das Zellinnere zu gelangen, angefangen mit den Darm-Mucosa-Zellen, ist das Folsäuremolekül auf die Anwesenheit des Transportproteins protonengekoppelter Folattransporter angewiesen, der ebenfalls für den Export in die Blutbahn zustündig ist. THF und 5-Derivate des THF benutzen den Folattransporter 1 für den Import, auch und besonders im Darm. Folat, Dihydrofolsäure (DHF) und THF können in die Mitochondrien mittels des mitochondrialen Folattransporters wechseln.
Folat und seine Derivate werden durch Bindung an Polyglutamat im Zytosol und den Mitochondrien der Zellen gespeichert. Nur so können viele der kohlenstoffübertragenden Reaktionen stattfinden. Für die Bindung insbesondere von DHF und THF wird das Enzym Folylpolyglutamat-Synthetase benötigt.
Folatüberschuss führte in Zellkulturen zu einem signifikanten Rückgang der Expression aller folattransportierenden Proteine (PCFT, RFC, Folatrezeptor) in Darmzellen. Im menschlichen Organismus können Folsäureüberschüsse einen Vitamin-B12-Mangel verdecken.
Physiologischer Bedarf
Die empfohlene Tagesdosis nach Recommended Daily Allowance (RDA) beträgt 200 µg. Die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (1. Auflage, 3. korrigierter Nachdruck 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.) empfehlen eine tägliche Aufnahme von rund 400 µg Folsäure (Frauen mit Kinderwunsch perikonzeptionell 800 µg). Mit Blick auf die zusätzliche Vorbeugung gegen Arteriosklerose wurden früher 600 µg für gesunde Erwachsene, 800 µg für Schwangere und für stillende Mütter empfohlen. Die Zufuhr von mehr als 1.000 µg Folsäure täglich hat keinen zusätzlichen gesundheitlichen Effekt und führt lediglich zu einem Kreislauf von nicht umsetzbarer Folsäure im Körper. Ursache hierfür ist die außerordentlich begrenzte Aktivität der so genannten Dihydrofolatreduktase (DHFR) und ihrer damit verbundenen raschen Sättigung. Dieses in der Leber vorkommende Enzym hilft, die zugeführte Folsäure in eine für den menschlichen Organismus nutzbare Form (Tetrahydrofolsäure) umzuwandeln. Nach Verabreichung größerer Mengen Folsäure werden diese zum Großteil unverändert als Pteroylmonoglutamat über den Urin ausgeschieden. Die Risiken einer Überversorgung mit Folsäure werden inzwischen allerdings kritisch betrachtet. So kann ein Überschuss von Folsäure einen Vitamin-B12-Mangel verdecken, aus der eine Schädigung des Nervensystems folgen kann.
Folsäure-Mangel und Fehlbildungen
Ein Folsäuremangel im menschlichen Körper wirkt sich auf das Blutbild aus, indem er zu einer hyperchromen makrozytären Anämie führen kann. Der Mensch kann maximal 12 bis 15 mg Folsäure speichern; dies entspricht einem Vorrat für drei bis vier Monate. Im Normalfall enthält das Blutserum 5 bis 20 µg/L, die Erythrozyten zwischen 160 und 640 µg/L des Vitamins. Bei einem Mangel fällt der Serumspiegel zuerst ab, weshalb meist dieser über Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC) oder über Chemolumineszenz bestimmt wird. Sehr oft tritt ein Folsäuremangel als Folge von erhöhtem Alkoholkonsum, Erkrankungen des Dünndarms oder Lebererkrankungen auf. Bei Frauen ist der Folsäurebedarf bei Einnahme von empfängnisverhütenden Mitteln sowie innerhalb der Schwangerschaft erhöht.
In der Embryonalentwicklung begünstigt ein Folsäuremangel die Entstehung von Neuralrohrdefekten wie eine Spina bifida oder Anenzephalie. Er soll außerdem Einfluss auf eine Frühgeburtlichkeit haben und scheint an der Entwicklung von angeborenen Herzfehlern beteiligt zu sein. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 800 Kinder mit einem Neuralrohrdefekt geboren, mithin ist etwa eines von tausend Neugeborenen betroffen; hinzuzurechnen sind wegen Spina bifida abgebrochene Schwangerschaften. Eine ausreichende Folsäureversorgung während der Schwangerschaft scheint darüber hinaus auch im Hinblick auf die Sprachentwicklung des Kindes eine wichtige Rolle zu spielen. Eine prospektive Beobachtungsstudie aus Norwegen zeigt zudem einen Zusammenhang zwischen Folsäuremangel und Autismus, weswegen Folsäure schon beim Wunsch einer Schwangerschaft eingenommen werden sollte.
Folsäuremangel führt zu einer perniziösen Anämie (hyperchrome makrozytäre Anämie). Die Mitverantwortung der Folsäure an der Zellreifung, -differenzierung und -teilung, insbesondere die der roten und weißen Blutkörperchen und der Schleimhautzellen wird zurzeit in mehreren Universitäten und Forschungslabors untersucht. Bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, beispielsweise der Arteriosklerose, soll ebenfalls auf ausreichende Folsäureversorgung geachtet werden. Der Wert für die Aminosäure Homocystein im Blut gilt als kardiovaskulärer Risikofaktor. Homocystein wird mit Hilfe der Folsäure und Vitamin B12 in Methionin umgewandelt. Die positiven Auswirkungen erhöhter Folsäuregaben — die unter anderem den Homocystein-Spiegel absenken — auf den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind jedoch nicht gut belegt.
Rechtliche Aspekte
Deutschland
Aus Sicht des Verbraucherschutzministeriums bedarf es in Deutschland keiner Beimengungspflicht. Auch Ernährungsexperten der Verbraucherzentralen u.a. sprechen sich gegen eine Pflichtanreicherung des Mehls mit Folsäure aus, da der Verbraucher auf natürlichem Wege mit Obst, Gemüse und Vollkornbrot ausreichend Folsäure aufnehmen könne und es ihm überdies freistehe, Nahrungsergänzungsmittel oder auch im Handel angebotene, folsäureangereicherte Müsliriegel, Getränke, Milchprodukte oder Kochsalz zu erwerben.
Da zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland durchschnittlich weniger als 300 µg täglich aufnehmen, fordern einige Kinderärzte und einige Gesundheitspolitiker, dem Grundnahrungsmittel Mehl (wenn es nicht Vollkornmehl ist) Folsäure beizumengen. Auf diese Weise soll insbesondere Fehlbildungen bei der Neuralrohrbildung vorgebeugt werden, die in den ersten drei Schwangerschaftswochen und damit zu einem Zeitpunkt eintreten, zu dem die Schwangerschaft in der Regel noch nicht bekannt ist. Von ärztlichen Befürwortern einer Folsäure-Anreicherung wird argumentiert, dass die Zahl der Schwangerschaften mit Neuralrohrdefekten in Deutschland im internationalen Vergleich besonders hoch sei (12,36/10.000 Geburten, im Vergleich zum internationalen Mittelwert von 7,88/10.000 Geburten). Jährlich gibt es in Deutschland etwa 800 Schwangerschaften mit Neuralrohrdefekten, die in der Mehrheit nach einem positiven Screening-Test abgebrochen werden. Herrmann/Obeid sind der Meinung, dass durch eine perikonzeptionelle Folsäure-Gabe die Häufigkeit von Neuralrohrdefekten um 20 bis 60 % abgesenkt werden könne.
Handelsnamen
- Monopräparate
Andreafol (CH), DreisaFol (D), Drossafol (CH), Fertifol (CH), Folarell (D), Folcur (D), Folgamma mono (D), Folsan (D), Folverlan (D), Folvite (CH), Gravi-Fol (D), Lafol (D), RubieFol (D)
- Kombinationspräparate
Aktiferrin- F (CH), BabyFORTE FolsäurePlus (D), Duofer-Fol (CH), Eryfer comp. (D), Femibion (D), Fero-Folic (CH), Ferro-Folgamma (D), Ferro-Folsan (D), Ferro Sanol comp./ gyn (D), Folgamma (D), Folicombin (D), Gyno-Tardyferon (CH), Hämatopan F (D), Kendural Fol (D), Maltofer-Fol (CH), Plastulen Duo (D), Tardyferon-Fol (D), Folsäure prenatal - Nr. 1 (D), Vitaverlan (D)
Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.deSeite zurück
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 13.09. 2024