Moment
Momente von Zufallsvariablen sind Parameter der deskriptiven Statistik und spielen eine Rolle in der Stochastik. Die Begriffe Erwartungswert, Varianz, Schiefe und Wölbung zur Beschreibung einer Zufallsvariablen hängen eng mit deren Momenten zusammen.
Eine Verteilungsfunktion ist durch Angabe aller Momente der entsprechenden Zufallsvariable bestimmt, falls die Momente existieren und die Reihe der momenterzeugenden Funktion konvergiert. Die Bestimmung einer Verteilung mit vorgegebenen Momenten wird als das Momentenproblem bezeichnet, welches auch in der technischen Mechanik eine große Rolle spielt.
Es gibt Verteilungen, deren Momente nur bis zu einer bestimmten Ordnung existieren. Dazu gehören die t-Verteilungen, deren Momente nur für Ordnungen existieren, die kleiner als der Freiheitsgrad sind. Im Spezialfall der Cauchy-Verteilung existiert also nicht einmal das erste Moment (der Erwartungswert), das ist auch bei der Lévy-Verteilung der Fall.
Definition
Es sei
eine Zufallsvariable
und
eine natürliche
Zahl. Dann bezeichnet man als Moment der Ordnung k von X oder kürzer
als k-tes Moment von X den Erwartungswert der
‑ten
Potenz von
(unter der Voraussetzung, dass dieser existiert):
und als k-tes absolutes Moment von X wird der Erwartungswert der -ten
Potenz des Absolutbetrages
von
bezeichnet:
In theoretischen Untersuchungen werden mitunter auch Momente
nichtganzzahliger Ordnung
betrachtet.
Die Existenz von Momenten einer bestimmten Ordnung liefert allgemein Aussagen über die Verteilung der Wahrscheinlichkeitsmasse.
Das erste Moment ist der Erwartungswert. Er wird meist mit
bezeichnet und kann als Mittelwert angesehen werden.
Darstellung für reelle Zufallsvariable
Ist
eine auf einem Wahrscheinlichkeitsraum
definierte reelle Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion
,
dann folgt aus der Definition des Erwartungswertes
.
Ist
eine stetige Zufallsvariable mit der Dichtefunktion
,
dann gilt
,
und für eine diskrete Zufallsvariable mit den Werten
und den zugehörigen Wahrscheinlichkeiten
ist
.
Mit Hilfe des Lebesgue-Integrals
bezüglich des Wahrscheinlichkeitsmaßes
lassen sich diese Fälle einheitlich schreiben als
.
Zentrale Momente
Neben den oben definierten Momenten werden die zentralen Momente
definiert, bei denen die Verteilung der Wahrscheinlichkeitsmasse um den
Erwartungswert
der Zufallsvariablen
betrachtet wird:
und
Aus der Definition folgt unmittelbar, dass das erste zentrale Moment immer 0 ist:
Das erste zentrale absolute Moment ist die mittlere absolute Abweichung:
Das zweite zentrale Moment ist die Varianz:
Das dritte zentrale Moment ist nach Normierung die Schiefe (engl. skewness):
Das vierte zentrale Moment ist nach Normierung die Wölbung (engl. kurtosis, Exzess):
Schiefe und Wölbung werden zusammen als höhere Momente bezeichnet. Die Wölbung wird oft als Maß der Abweichung von der Normalverteilung benutzt, die Schiefe ist ein Maß der Abweichung von einer symmetrischen Verteilung.
Momente, charakteristische Funktion und Kumulanten
Durch mehrfaches Ableiten der Formel für die charakteristische Funktion erhält man eine Darstellung der gewöhnlichen Momente durch die charakteristische Funktion als
Das -te
Moment kann auch mit der momenterzeugenden
Funktion ermittelt werden. Außerdem ist es möglich, das k-te Moment als
Polynom k-ten Grades aus den ersten k Kumulanten
darzustellen. Dieses Polynom ist dann genau das k-te vollständige Bell-Polynom
:
.
Markow-Ungleichung
Die Bedeutung der Momente wird durch folgenden Satz deutlich:
Wenn das -te
absolute Moment
der Zufallsvariablen
existiert, dann gilt
.
Das ist die Markow-Ungleichung,
die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit betragsmäßig großer Werte von
liefert. Im Spezialfall
folgt daraus mit der Varianz
von
die bekannte Tschebyschow-Ungleichung
,
die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit großer Abweichungen der
Zufallsvariablen
von ihrem Erwartungswert macht.
Verbundmomente
Der Momentenbegriff lässt sich auch auf mehrere Zufallsvariablen erweitern.
Im Falle zweier Zufallsvariablen
und
sind die gemeinsamen Momente (engl. joint moments) von
und
mit der gemeinsamen
Dichte .
Analog werden die zentralen gemeinsamen Momente von
und
als
definiert. Insbesondere ist
die Kovarianz
von
und
.
Berechnung
Ein Näherungsverfahren zur Berechnung von Momenten ist die First-order second-moment Methode.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.06. 2020