Äußere Ableitung
Die äußere Ableitung oder Cartan-Ableitung ist ein Begriff aus den Bereichen Differentialgeometrie und Analysis. Sie verallgemeinert die aus der Analysis bekannte Ableitung von Funktionen auf Differentialformen. Der Name Cartan-Ableitung erklärt sich daher, dass Élie Cartan (1869–1952) der Begründer der Theorie der Differentialformen ist.
Definition
Sei
eine
-dimensionale
glatte
Mannigfaltigkeit und
eine offene Teilmenge. Mit
wird hier der Raum der
-Formen
auf der Mannigfaltigkeit
bezeichnet. So gibt es dann für alle
genau eine Funktion
,
so dass die folgenden Eigenschaften gelten:
ist eine Antiderivation, das heißt für
und
gilt
.
- Sei
, dann ist
definiert als das totale Differential.
- Der Operator verhält sich natürlich in Bezug auf Einschränkungen,
das heißt: Sind
offene Mengen und
, so gilt
.
Es muss natürlich bewiesen werden, dass ein solcher Operator existiert und
eindeutig ist. Dieser trägt den Namen äußere Ableitung oder Cartan-Ableitung und
wird meistens mit
bezeichnet. Man verzichtet also auf den Index, welcher den Grad der
Differentialform angibt, auf welche der Operator angewendet wird.
Eigenschaften
Formel für die äußere Ableitung
Man kann die äußere Ableitung auch mit Hilfe der Formel
darstellen, dabei bedeutet das Zirkumflex
in
,
dass das entsprechende Argument wegzulassen ist,
bezeichnet die Lie-Klammer.
Koordinatendarstellung
Sei
ein Punkt auf einer glatten Mannigfaltigkeit. Die äußere Ableitung von
hat in diesem Punkt die Darstellung
,
dabei hat
die lokale Darstellung
Darstellung über Antisymmetrisierungsabbildung
Die äußere Ableitung
von
-Formen
ist einfach durch die totale
Ableitung gegeben und stets kovariant (siehe auch kovariante
Ableitung) und antisymmetrisch. Die äußere Ableitung einer
-Form
kann bis auf ein Vielfaches als Antisymmetrisierung
des formalen Tensorprodukts
von
mit der Form angesehen werden:
In Indexnotation:
Rücktransport
Seien
zwei glatte
Mannigfaltigkeiten und
eine einmal stetig differenzierbare Funktion. Dann ist der Rücktransport
ein Homomorphismus, so dass
und
gilt.
In Worten sagt man auch: Produktbildung bzw. äußere Differentiation sind mit der "pullback"-Relation verträglich.
Adjungierte äußere Ableitung
Sei in diesem Abschnitt
eine pseudo-riemannsche
Mannigfaltigkeit mit Index
.
Mit
wird im Folgenden der Hodge-Stern-Operator
bezeichnet. Der Operator
ist definiert durch
und für
durch
Er wird als adjungierte äußere Ableitung oder Koableitung bezeichnet.
Dieser Operator ist linear und es gilt .
In der Tat ist
der zu
adjungierte Operator. Ist die Mannigfaltigkeit zusätzlich kompakt, so gilt für die
Riemannsche Metrik
und
die Relation
.
Aus diesem Grund notiert man
auch als
,
da dieser ja der adjungierte
Operator ist. Ähnliche Dualitätsbeziehungen können auch für Pseudo-Riemannsche
Metriken definiert werden, zum Beispiel für die Minkowski-Metrik der
Speziellen
Relativitätstheorie bzw. die Lorentz-Metrik
der Allgemeinen
Relativitätstheorie.
Verallgemeinerung weiterer Differentialoperatoren
Die aus der Vektoranalysis
bekannten Differentialoperatoren kann man mit Hilfe der äußeren Ableitung
und dem Hodge-Stern-Operator
auf Riemann’sche
Mannigfaltigkeiten erweitern. Insbesondere erhält man für die Rotation eine
Formel, welche auf n-dimensionalen Räumen operiert. Im Folgenden sei
immer eine glatte Riemann’sche
Mannigfaltigkeit.
Diese beiden Isomorphismen werden durch die Riemannsche Metrik induziert. Sie
bilden Tangentialvektoren auf Kotangentialvektoren ab und umgekehrt. Zum
Verständnis reicht es, an dieser Stelle die Wirkung der Isomorphismen im
dreidimensionalen Raum zu demonstrieren. Sei
ein Vektorfeld, so gilt für den
Flat-Operator in Standardkoordinaten von
.
Der Flat-Operator bildet also Vektorfelder in ihren Dualraum ab. Der
Sharp-Operator ist die dazu inverse Operation. Sei
ein Kovektorfeld
(bzw. eine 1-Form), so gilt (ebenfalls Standardkoordinaten)
.
Kreuzprodukt
Das Kreuzprodukt ist zwar kein
Differentialoperator und wird zudem in der Vektoranalysis nur für
dreidimensionale Vektorräume definiert. Trotzdem ist es, insbesondere für die
Definition der Rotation, sehr wichtig: Sei
ein Vektorraum und
zwei Elemente einer äußeren
Potenz von
,
dann ist das verallgemeinerte Kreuzprodukt definiert durch
.[1]
Für eine Begründung dieser Definition siehe unter äußere Algebra.
Gradient
Es sei
eine partiell differenzierbare Funktion und auf
sei das Standardskalarprodukt
gegeben. Der Gradient
der Funktion
im Punkt
ist für beliebiges
der durch die Forderung
eindeutig bestimmte Vektor .
Mit Hilfe des Differentialformen-Kalküls kann man den Gradienten auf einer
Riemann’schen Mannigfaltigkeit
durch
definieren. Da die Menge der 0-Formen nach Definition gleich der Menge der
beliebig oft differenzierbaren Funktionen ist, verallgemeinert diese Definition
den Gradienten von Funktionen. Dies lässt sich schnell durch eine kurze Rechnung
einsehen. Ist
eine glatte Funktion, so gilt
In euklidischen Vektorräumen notiert man dies häufig wie folgt:
Rotation
In der Vektoranalysis ist die Rotation eine Abbildung .
Für allgemeine Vektorfelder gilt
.
Folgende Rechnung zeigt, dass man für die Dimension
den bekannten Ausdruck für die Rotation erhält:
Diese Formel erhält man sofort, indem man die Definition des Gradienten in die des Kreuzproduktes einsetzt.
Divergenz
Ebenso gibt es eine Verallgemeinerung der Divergenz, diese lautet
Hodge-Laplace-Operator
Der Hodge-Laplace-Operator ist ein spezieller verallgemeinerter Laplace-Operator. Solche Operatoren haben in der Differentialgeometrie eine wichtige Bedeutung.
Definition
Sei
eine glatte Riemann’sche Mannigfaltigkeit, so ist der Hodge-Laplace-Operator
definiert durch
Eine Funktion
heißt harmonisch, wenn sie die Laplace-Gleichung
erfüllt. Analog definiert man die harmonischen
Differentialformen. Eine Differentialform
heißt harmonisch, falls die Hodge-Laplace-Gleichung
erfüllt ist. Mit
wird die Menge aller harmonischen Formen auf
notiert. Dieser Raum ist aufgrund der Hodge-Zerlegung
isomorph zur entsprechenden De-Rham-Kohomologiegruppe.
Eigenschaften
Der Hodge-Laplace-Operator hat folgende Eigenschaften:
, also falls
harmonisch ist, so ist auch
harmonisch.
- Der Operator
ist selbstadjungiert bezüglich einer Riemannschen Metrik g, das heißt für alle
gilt;
.
- Notwendig und hinreichend für die Gleichung
ist, dass
und
gilt.
Dolbeault-Operator
Zwei weitere Differentialoperatoren, welche mit der Cartan-Ableitung in
Verbindung stehen sind der Dolbeault- und der Dolbeault-Quer-Operator auf
Mannigfaltigkeiten. So kann man die Räume der Differentialformen vom Grad
einführen, welche durch
notiert werden, und erhält auf natürliche Weise die Abbildungen
und
mit .
In lokalen Koordinaten haben diese Differentialoperatoren die Darstellungen
und
Anmerkungen
- ↑
Damit hängt eine in der Physik benutzte
Sprachregelung zusammen, nach welcher man polare und axiale
Vektoren unterscheidet; das Kreuzprodukt zweier polarer Vektoren ergibt zum
Beispiel einen axialen Vektor. Die als
bzw.
bezeichneten Größen der theoretischen Mechanik („Drehimpulse“ bzw. „Drehmomente“) sind z.B. axiale Vektoren.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 16.07. 2021