Simplex (Mathematik)
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Als Simplex oder n-Simplex, gelegentlich auch
n-dimensionales Hypertetraeder, bezeichnet man in der Geometrie ein spezielles
-dimensionales
Polytop.
Dabei ist ein Simplex die einfachste Form eines Polytops. Jedes
-dimensionale
Simplex besitzt
Ecken. Man erzeugt ein
-Simplex
aus einem
-Simplex,
indem man einen affin unabhängigen Punkt (s. u.) hinzunimmt und alle
Ecken des niedrigerdimensionalen Simplex mit diesem Punkt in Form einer Kegelbildung
durch Strecken
verbindet.
Somit ergibt sich mit zunehmender Dimension die Reihe Punkt,
Strecke, Dreieck,
Tetraeder. Ein
-Simplex
ist die Fortsetzung dieser Reihe auf
Dimensionen.
Definitionen
Affine Unabhängigkeit
Sei
und seien
endlich viele Punkte eines
-Vektorraums
.
Man nennt diese Punkte affin unabhängig,
falls für die Skalare
gilt, dass aus
mit
folgt, dass
.
Anderst ausgedrückt, es gibt keinen -dimensionalen
affinen Unterraum
,
in dem die
Punkte liegen. Eine äquivalente Formulierung ist: Die Menge
ist linear unabhängig.
In diesem Falle ist jeder der Punkte
von den übrigen Punkten
affin unabhängig und genauso von dem durch die
aufgespannten affinen Unterraum.
Eine Menge von Punkten eines -dimensionalen
Vektorraums
über
(
)
nennt man in allgemeiner Lage, wenn jede aus höchstens
Punkten bestehende Teilmenge affin unabhängig ist.
Simplex
Sei
und seien
affin unabhängige Punkte des
(oder eines n-dimensionalen Vektorraums über
)
gegeben, so ist das von
aufgespannte (oder erzeugte) Simplex
gleich folgender Menge:
.
Die Punkte
werden Eckpunkte von
und
baryzentrische
Koordinaten genannt. Die Zahl
ist die Dimension des Simplexes. Ein Simplex der Dimension k wird auch
kurz k-Simplex genannt. Ein Simplex ist also nichts weiter als die konvexe Hülle von
endlich vielen affin unabhängigen Punkten im
,
welche dann die Eckpunkte dieses Simplexes sind.
Seitenflächen und Rand
Es sei
ein Simplex. Jedes in
enthaltene Simplex, welches durch eine nicht leere Teilmenge der Eckpunkte von
aufgespannt wird, heißt Seite (seltener Facette oder
Untersimplex) von
.
Die nulldimensionalen Seiten (Facetten) sind gerade die Eckpunkte oder
Ecken, die 1-Seiten (oder 1-Facetten) sind die Kanten und die
-Seiten
oder
-Facetten
heißen Seitenflächen. Die Vereinigung der Seitenflächen heißt der
Rand
des Simplexes
:
Die Anzahl der -Seiten
(oder
-Facetten)
des
-Simplex
ist gleich dem Binomialkoeffizienten
.
Das -Simplex
ist das einfachste
-dimensionale
Polytop,
gemessen an der Anzahl der Ecken. Nach dem Simplex ist das Simplex-Verfahren aus
der linearen
Optimierung und genauso das Downhill-Simplex-Verfahren
in der nichtlinearen Optimierung benannt.
Beispiel
- Ein 0-Simplex ist ein Punkt.
- Ein 1-Simplex ist eine Strecke.
- Ein 2-Simplex ist ein Dreieck.
- Ein 3-Simplex ist ein Tetraeder (vier Ecken, vier Seitenflächen aus Dreiecken, sechs Kanten); er wird erzeugt aus einem Dreieck (2-Simplex), zu dem ein Punkt, welcher nicht in der Dreiecksebene liegt, hinzugenommen und mit allen Ecken des Dreiecks verbunden wird.
- Ein 4-Simplex heißt auch Pentachoron.
- Ein Beispiel eines
-Simplex im
(und zwar eines mit rechtwinkliger Ecke im Ursprung) ist durch
-
- gegeben. Dieses Simplex heißt Einheitssimplex. Es wird vom Nullvektor und den
Einheitsvektoren
der Standardbasis des
aufgespannt und hat mit der Länge der Einheitsvektoren c=1 das Volumen
.
Standard-Simplex
In der Algebraischen Topologie, insbesondere der Definition der singulären Homologie, spielen die sogenannten Standard-Simplizes eine wichtige Rolle.
Der -dimensionale
Standardsimplex
ist der im
von den Einheitsvektoren
,
also von den Ecken
aufgespannte -Simplex.
Der
-Standardsimplex
entspricht damit der größten Seitenfläche eines
-Einheitssimplex.
Ein singulärer -Simplex
ist per Definition eine stetige Abbildung des Standard-Simplex
in einen topologischen Raum
,
siehe singuläre
Homologie.
Simplexe mit einer rechtwinkligen Ecke
Eine rechtwinklige Ecke bedeutet hier, dass je 2 in dieser Ecke
zusammenlaufende Kanten einen rechten
Winkel bilden. Oder anders ausgedrückt, das -Simplex
hat eine Ecke, an der seine an ihr anliegenden
-dimensionalen
Hyperflächen
zueinander orthogonal sind. Ein solches Simplex stellt eine Verallgemeinerung
rechtwinkliger Dreiecke dar und in ihm gilt eine n-dimensionale Version des Satzes
von Pythagoras:
Die Summe der quadrierten -dimensionalen
Volumen der an der rechtwinkligen Ecke anliegenden Hyperflächen
ist gleich dem quadrierten
-dimensionalen
Volumen der der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegenden Hyperfläche. Es gilt
also
Hierbei sind die Hyperflächen
paarweise orthogonal zueinander aber nicht orthogonal zu der Hyperfläche
,
die der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegt.
Im Falle eines 2-Simplex entspricht dies einem rechtwinkligen Dreieck und dem Satz des Pythagoras und bei einem 3-Simplex einem Tetraeder mit einer Würfelecke und dem Satz von de Gua.
Grundlegende Homöomorphieeigenschaften
- Zwei Simplexe
und
gleicher Dimension sind stets homöomorph. Eine solche Homöomorphie liegt also genau dann vor, wenn die Eckpunktmengen beider Simplexe identische Anzahl haben.
- Ein k-Simplex im
ist stets homöomorph zur abgeschlossenen k-dimensionalen Einheitskugel
. Folglich ist jedes Simplex eines euklidischen Raumes eine kompakte Menge.
Euklidischer simplizialer Komplex
Ein euklidischer simplizialer Komplex (engl. Euclidean simplicial
complex),
in der deutschen Literatur meist simplizialer Komplex genannt,
ist eine Familie
von Simplizes im
mit folgenden Eigenschaften:
- Mit jedem Simplex
gehört auch jede Seite von
zu
.
- Der Schnitt von zwei Simplizes von
ist leer oder gemeinsame Seite beider Simplizes.
- Jeder Punkt eines Simplex aus
hat (bzgl. der Standardtopologie des
) eine Umgebung, welche höchstens endlich viele Simplizes aus
schneidet (Lokalendlichkeit).
Die Vereinigung
, gebildet über alle Simplizes von
und versehen mit der vom
herrührenden Unterraumtopologie,
heißt das zu
gehörige Polyeder. Die zugehörige
Familie
nennt man dann auch eine Triangulation oder simpliziale
Zerlegung
von
.
Falls ein solches
existiert, heißt
triangulierbar.
Ein Polyeder, welches durch einen endlichen simplizialen Komplex
trianguliert wird, ist stets eine kompakte
Teilmenge des .
Abstrakter simplizialer Komplex
Ein abstrakter simplizialer Komplex (engl. abstract simplicial
complex)
ist eine Familie
von nichtleeren, endlichen
Mengen, welche (abstrakte) Simplizes genannt werden, und die folgende
Eigenschaft erfüllt:
- Mit
ist stets auch jede nichtleere Teilmenge von
in
enthalten.
Jedes Element eines Simplex heißt Ecke und jede nichtleere Teilmenge heißt
Seite (oder Facette). Die Dimension eines (abstrakten) Simplex mit
Ecken ist definiert als
.
Die Dimension eines Simplizialkomplexes ist definiert als das Maximum der
Dimensionen aller darin vorkommenden Simplizes, sofern dieses Maximum existiert.
In diesem Falle bezeichnet man den Simplizialkomplex als
endlichdimensional und besagtes Maximum als seine Dimension. Falls
die Dimensionen der Simplizes des Simplizialkomplexes über alle Grenzen wachsen,
so heißt der Simplizialkomplex unendlichdimensional.
Anwendung
Eine Anwendung findet sich im Downhill-Simplex-Verfahren.
Das ist ein Optimierungsverfahren,
bei dem man
Parameterwerte finden will, indem man sie so lange variiert, bis die Abweichung
zwischen Messwerten und einer Theoriefunktion, die von diesen Parametern
abhängt, minimal wird. Dazu wird im n-dimensionalen Parameterraum ein
Simplex aus Parametersätzen aufgespannt, für jeden Punkt des Simplex die
Fehlerfunktion berechnet und dann im Laufe des Algorithmus der jeweils
„schlechteste“ dieser Punkte durch einen (hoffentlich) „besseren“ (mit kleinerem
Fehlerwert) ersetzt, so lange, bis ein Konvergenz- oder sonstiges
Abbruchkriterium erfüllt ist. Als Anfangskonfiguration wird meistens ein
Simplex mit einer rechtwinkligen Ecke (wie oben erläutert) verwendet.
Simplexe, simpliziale Komplexe und Polyeder finden darüber hinaus eine breite Anwendung in der Topologie. Als eines der herausragenden Anwendungsbeispiele ist hier der Fixpunktsatz von Brouwer zu nennen, von dem Bronisław Knaster, Kazimierz Kuratowski und Stefan Mazurkiewicz im Jahre 1929 gezeigt haben, dass dieser Satz und verwandte Sätze der Topologie im Rahmen der Simplextheorie mit elementaren kombinatorischen Methoden, insbesondere unter Benutzung des Spernerschen Lemmas, ableitbar sind.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 16.01. 2022