Zeitgleichung
Die Zeitgleichung (Formelzeichen ZG oder ZGL) ist der Zeitunterschied zwischen der wahren Sonnenzeit (wahre Ortszeit WOZ) und der mittleren Sonnenzeit (mittlere Ortszeit MOZ).
Die Ursachen der Zeitgleichung sind die leicht schwankende Geschwindigkeit der Bewegung der Erde auf ihrer elliptischen Bahn um die Sonne und die Tatsache, dass ihre Achse bei dieser jährlichen Bewegung in guter Näherung parallel zu sich selbst bleibt und dass sie nicht senkrecht zur Bahnebene steht.
Im Einzelnen verursachen
- die elliptische Form der Erdbahn einen annähernd periodischen Unterschied (Periode 1 Jahr) von etwa ± 7,5 Minuten,
- die parallele Verlagerung der geneigten Erdachse einen annähernd periodischen Unterschied (Periode ½ Jahr) von etwa ± 10 Minuten.
Es fällt aber keines der Extrema der langen Periode mit einem der kurzen Periode zusammen, weshalb übers Jahr kein Maximum + 17,5 Minuten (+ 7,5 + 10) oder Minimum - 17,5 Minuten (- 7,5 - 10) entsteht. Zur Zeit sind die jährlichen Extremwerte etwa +16 und −14 Minuten.
Die Zeitgleichung ändert sich stetig um bis zu etwa 30 Sekunden in 24 Stunden. In üblichen Tabellenwerken wird der Wert der Zeitgleichung für jeden Tag eines bestimmten Jahres für den Zeitpunkt 12:00 UT angegeben. Für viele Anwendungen ist es ausreichend, diesen Wert überall auf der Erde und für den gesamten örtlichen lichten Tag zu benutzen.
Die meisten Sonnenuhren zeigen die wahre Sonnenzeit an und gehen folglich gegenüber der mittleren Sonnenzeit zeitweise bis etwa 16 Minuten vor beziehungsweise bis etwa 14 Minuten nach.[2] Eine manchmal neben dem Zifferblatt angegebene Zeitgleichungstabelle oder ein -diagramm hilft dem Benutzer, die mittlere Zeit auszurechnen (oberes Bild). Oftmals wird als Ersatz für die Mitteleuropäische Zeit MEZ die wahre Sonnenzeit des 15. östlichen Längengrades angezeigt. Man erhält von einer solchen Sonnenuhr die MEZ durch Korrektur mit dem Wert der Zeitgleichung und erspart sich die sonst noch nötige Korrektur von der mittleren örtlichen Sonnenzeit eines beliebigen Längengrads zur MEZ.
Das folgende Diagramm (unteres Bild) ist ein etwas mehr als ein Jahr langer Ausschnitt aus der prinzipiell stetig aus der Vergangenheit in die Zukunft fortlaufenden Zeitgleichung (rote Linie). Es gibt keinen exakt gleichen jahrlichen Verlauf. Die jeweils vier Jahre auseinanderliegenden Werte (zum Beispiel die für 2011 im Diagramm und die künftigen für 2015) unterscheiden sich aber lediglich um Sekunden. Innerhalb der vierjährigen Schaltperiode decken sich die Jahresausschnitte infolge der kleinen Verschiebungen der kalendarischen Tagesskala (< ±1Tag) gegen das Sonnenjahr mit etwas größeren Abweichungen, die dennoch kleiner als ±1 Minute sind.
In astronomischen
Jahrbüchern werden die Zeitgleichungswerte jährlich neu berechnet, nur für
das betreffende Jahr vorgesehen und sekundengenau angegeben. In ihnen können
auch jüngste Erkenntnisse zum Einfluss der astronomischen Ursachen
berücksichtigt sein.
Historisches
Die Zeitgleichung war schon den antiken Astronomen bekannt. Geminos von Rhodos erwähnt sie. Im Almagest des Ptolemäus wurde sie recht genau und bündig angesprochen. Bald nach Bekanntwerden der Keplerschen Gesetze hat John Flamsteed 1672 die quantitative Beschreibung eingeführt.
In der älteren Literatur sind Minuend und Subtrahend vertauscht. Dieses Resultat mit umgekehrtem Vorzeichen wurde der früher im Alltag benutzten, auf einer Sonnenuhr angezeigten wahren Sonnenzeit hinzugefügt, um die mit der neu erfundenen Räderuhr dargestellte mittlere Sonnenzeit zu erhalten. Dieser Vorgang entspricht der alten Bedeutung von „Gleichung“ als „zuzufügende Korrektur“. In französischen Jahrbüchern ist diese Konvention heute noch üblich.
Heutzutage hat die mittlere Zeit, die man von (prinzipiell) stets gleichmäßig laufenden Uhren abliest, Priorität, und man folgert aus ihr die wahre Sonnenzeit. Die heutige Vorzeichenregelung wurde getroffen, um auch bei dieser Gewohnheit „zufügend korrigieren“ zu können.[3]
Stern- und Sonnentag und mittlere Sonne
Stern- und Sonnentag
Der Zeitraum zwischen zwei Meridiandurchgängen der Sonne ist ein Sonnentag; er beträgt im Mittel 24 Stunden. Im Unterschied dazu wird der Zeitraum zwischen zwei Meridiandurchgängen eines Fixsternes als Sterntag bezeichnet. Dies ist die Zeit für eine Drehung der Erde um sich selbst und beträgt 23 Stunden 56 Minuten und 4 Sekunden (365,25 Sonnentage ≈ 366,25 Sterntage). Der Unterschied zwischen der Länge des Sterntages und der Länge des Sonnentages resultiert aus der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne. Von Tag zu Tag kommt die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne fast einen Bogengrad voran (360 Grad in 365 Tagen). Da beide Bewegungen gleichen Drehsinn haben, muss sich die Erde um ebenfalls knapp ein Grad über die volle Umdrehung hinaus weiterdrehen, bis die Sonne wieder durch den Meridian geht. Dies benötigt im Mittel 3 Minuten und 56 Sekunden.
Die Erdrotation ist sehr gleichmäßig, weshalb die Dauer des Sterntags als konstant angenommen werden kann. Unterschiedlich groß sind allein die kleine Zusatz-Drehung und die damit verbundene kleine zusätzliche Zeit, die aus der ungleich schnellen Bahnfahrt der Erde resultieren. Diese Zusatzzeit kann bis etwa 30 Sekunden länger oder bis etwa 20 Sekunden kürzer sein als ihr mittlerer Wert von knapp 4 Minuten, was sich über Monate hinweg auf bis zu rund einer Viertelstunde aufsummieren kann, bevor sich der Effekt wieder umkehrt. Die am Sonnenstand abgelesene wahre Sonnenzeit WOZ vergeht somit ungleichmäßig. Ihre Abweichung von der gleichmäßig vergehenden, zum Beispiel von einer Räderuhr ablesbaren Zeit MOZ ist die sogenannte Zeitgleichung.
Mittlere Sonne
Als der von der (scheinbaren) Bewegung der (wahren) Sonne „gemachte“ Sonnentag als ungleichmäßig lang erkannt wurde, der Sonnentag aber grundlegendes Zeitmaß bleiben sollte, wurde auf den formalen Gebrauch einer fiktiven sogenannten mittleren Sonne ausgewichen und mit der sogenannten mittleren Sonnenzeit ein gleichmäßiges Zeitmaß geschaffen. Die künstliche mittlere Sonne läuft gleichmäßig und nicht auf der Ekliptik, sondern auf dem Himmels-Äquator um und „macht“ dabei den mittleren Sonnentag.
Zwei Zeitgleichungsursachen, überlagert
Die Ursachen für die Zeitgleichung erkennt man leichter aus heliozentrischer Sicht, denn sie folgen aus den Bewegungen der Erde relativ zur ruhenden Sonne. Der Einfachheit halber wird gelegentlich weiterhin von „Sonnenzeit“ gesprochen, auch wenn es sich um Bewegungen der Erde, nicht um die der Sonne, in Abhängigkeit von der Zeit handelt.
Erste Ursache: Elliptizität der Erdbahn
Die Bahn der Erde um die Sonne ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Das zweite Keplersche Gesetz beschreibt die Veränderung der Bahngeschwindigkeit der Erde während eines Umlaufs. In der Umgebung des Perihels – des sonnennächsten Punkts – bewegt sich die Erde - von der Sonne gesehen - mit höherer Winkelgeschwindigkeit als im Mittel und legt während eines Tages einen größeren Winkel zurück, so dass sie eine etwas größere Zusatzdrehung machen muss, bis die Sonne wieder durch den Meridian geht. Das dauert länger als im Durchschnitt. In der Umgebung des Aphels – des sonnenfernsten Punkts – ist es umgekehrt.
In Perihel-Umgebung (Winterhalbjahr auf der Nordhalbkugel) vergeht die wahre Sonnenzeit wegen der größeren Erdgeschwindigkeit (und der dadurch nötigen größeren Zusatzdrehung) langsamer, in Aphel-Umgebung (Sommerhalbjahr auf der Nordhalbkugel) vergeht sie schneller als die gleichmäßige mittlere Sonnenzeit. Die Änderung der wahren Tageslänge zwischen zwei Tagen beträgt maximal etwa ± 8 Sekunden. Die Summierung dieser Änderungen ergibt innerhalb eines Jahres maximal etwa ± 7½ Minuten Schwankung der wahren Sonnenzeit (sinus-ähnliche schwarze Linie in oben stehendem Diagramm (ohne Ekliptikschiefe), Nulldurchgänge im Perihel und im Aphel[4]).
Die Zeitgleichung resultiert daraus, dass diese Schwankung noch durch die Wirkung der zweiten Ursache verändert wird.
Zweite Ursache: parallele Verlagerung der geneigten Erdachse
Die Richtung der Erdachse, die die Ebene der Erdbahn schräg (im oben dargestellten Schema nicht beachtet) mit etwa 23,44° Abweichung von der Normale schneidet, ist relativ zu den Fixsternen nahezu unveränderlich. Von der Sonne aus betrachtet ändert die Erdachse täglich ihre Richtung, sie macht eine volle Taumelbewegung pro Jahr. Die tägliche Bahnfahrt der Erde ist eine Drehung (etwa 1°) um die Bahnachse (bzw. um die Sonne). Die dadurch erforderliche Zusatzdrehung der Erde erfolgt um ihre eigene Achse. Da beide Achsen nicht parallel sind, sind beide Drehungen nicht gleich groß.
An den Tag-und-Nacht-Gleichen schneiden sich die beiden Achsen von der Sonne aus gesehen unter dem Winkel ε ≈ 23,44°. Der Schnittwinkel ist jetzt am größten. Die Drehung der Erde um ihre Achse wirkt sich mit maximaler Verstärkung als Drehung um die zu ihrer Bahnebene (Ekliptik) rechtwinklige Achse aus. Folge ist, dass die Zusatzdrehung und die dafür erforderliche Zeit kleiner als im Mittel sind. Die wahre Sonnenzeit vergeht schneller als die mittlere Sonnenzeit.
An den Sonnenwenden decken sich beide Achsen scheinbar. Einer der beiden Erdpole ist aber der Sonne näher als der andere. Die tägliche 1°-Drehung der Erde um die Bahnachse bildet sich als Bogen auf einem ihrer beiden Wendekreise ab. Der zugehörende Bogen auf dem Erdäquator ist größer. Die erforderliche Zusatzdrehung der Erde um ihre Achse und die dafür erforderliche Zeit sind größer als im Mittel. Die wahre Sonnenzeit vergeht langsamer als die mittlere Sonnenzeit.
Wenn die erste Ursache der Zeitgleichung entfiele (fiktiver Grenzfall), betrüge die Änderung der wahren Tageslänge zwischen zwei Tagen maximal etwa ± 20 Sekunden.[5] Die Summierung dieser Änderungen ergibt innerhalb eines Jahres maximal etwa ± 10 Minuten halbjährliche Schwankung der wahren Sonnenzeit (sinus-ähnliche Magenta-farbene Linie in oben stehendem Diagramm: auf Kreisbahn; Start etwa zur Wintersonnenwende[6]).
Zeitgleichung, Überlagerung zweier Ursachen
Die Wirkungen der Elliptizität der Erdbahn und der parallelen Verlagerung der geneigten Erdachse resultieren zur Zeitgleichung. Die beiden sinus-ähnlichen Linien sind Annäherungen, und ihre relative Phasenlage ändert sich auch langsam im Laufe der Zeit. Letzteres verursacht im Wesentlichen die langsame Werte-Änderung der prinzipiell insgesamt vier Extremwerte der Zeitgleichung. Den absoluten Größtwert von etwa |17,5| min kann wegen des Periodenverhältnisses von 2 : 1 der beiden jeweils sinus-ähnlichen Linien nur einer der vier Extremwerte haben. Positiv/negativ gleiche Wertepaare sind möglich. Ihre beiden Werte können unmittelbar nacheinander (wie es annähernd zur Zeit der Fall ist) oder zeitlich versetzt auftreten (s. auch unten im Abschnitt Analemma).
Die Zeitgleichung hat gegenwärtig (2011) folgende Kennwerte (siehe rote Linie in obigem Diagramm):
- Nullpunkte: 13. April, 13. Juni, 1. September und 25. Dezember,
- Hauptextremwerte: 11. Februar (−14 min 14 s) und 3. November (+16 min 26 s) - ein annähernd gleiches Wertepaar.
- Nebenextremwerte: am 14. Mai (+3 min 40 s) und am 26. Juli (−6 min 32 s) - ein weiteres annähernd gleiches Wertepaar.
Negative Zahlenwerte bedeuten: Die wahre Sonnenzeit läuft der mittleren
Sonnenzeit beziehungsweise die wahre Sonne der mittleren Sonne nach.
Positive
Zahlenwerte bedeuten: Die wahre Sonnenzeit läuft der mittleren Sonnenzeit
beziehungsweise die wahre Sonne der mittleren Sonne voraus.
Berechnung
Zur Ermittlung eines Zeitgleichungswerts für einen gegebenen Zeitpunkt ist die Differenz WOZ − MOZ (s. o.) auf den Sonnenstand und den Stand einer fiktiven mittleren Sonne zurückzuführen. Die Rotation der Erde um ihre Polachse spielt dabei keine Rolle.
Modell der mittleren Sonnen
Zur Erläuterung der Zeitgleichung werden zwei fiktive mittlere Sonnen [7] herangezogen.(Abbildung rechts). Die erste mittlere Sonne läuft gleichmäßig mit der mittleren Winkelgeschwindigkeit des Sonnenumlaufs in der Ekliptik um und durchläuft zusammen mit der wahren Sonne das Perihel. Die zweite mittlere Sonne läuft mit derselben Periode im Äquator um und passiert gleichzeitig mit den Frühlingspunkt ♈. ist die mittlere oder Vergleichssonne mit der Rektaszension
Ausgehend von diesem Modell ergibt sich die Zeitgleichung zu
wobei die Rektaszension der (wahren) Sonne bezeichnet. Der hochgestellte Stern weist darauf hin, dass als Winkel statt als Zeit angegeben ist. Wenn die wahre Sonne westlich der mittleren steht, ist WOZ > MOZ, aber . Daher ist die Reihenfolge von Minuend und Subtrahend gegenüber der anfänglichen Definition per Zeitunterschied umgedreht.
Im Tageslauf durchläuft die Sonne 360° in 24 Stunden oder 1° in 4 min. Damit gilt für die Zeitgleichung in Minuten
ist in Grad einzusetzen. Das Winkel- und das Zeitformat der Zeitgleichung sind übereinstimmende Versionen desselben Begriffs.
Rektaszension der wahren und der Vergleichssonne
= | ||
numerische Exzentrizität | ||
= | ||
Schiefe der Ekliptik in Grad | ||
= | ||
Länge des Perihels in Grad | ||
= | ||
mittlere Länge in Grad | ||
= | Zeit ab 1. Januar 2000 12:00 UTC in Tagen |
Im Folgenden werden die Rektaszensionen und für den Zeitpunkt ermittelt. Die Rechnung basiert auf dem Kepler'schen Zweimassenmodell, wobei hier allerdings die Erde als Zentral- und die Sonne als Umlaufkörper aufgefasst wird. Das ist zulässig, weil der geozentrische Ortsvektor der Sonne dem heliozentrischen Ortsvektor der Erde genau entgegengesetzt ist (vgl. Sonnenbahn). Damit gilt der Kepler'sche Formelsatz auch für die scheinbare Bahn der Sonne (s. a. Sonnenstand).
Zur Bestimmung der Rektaszension der Sonne sind einige Elemente ihrer scheinbaren Bahn um die Erde nötig. Die rechts tabellierten Werte sind Montenbruck [8] entnommen. Montenbruck gibt die Bahnelemente für die Erde an. Weil hier die Sonne der Umlaufkörper ist, sind die Längen und in der Tabelle um 180° vergrößert.
Der vorgegebene Termin, für den die Zeitgleichung ausgerechnet werden soll, legt die Zeit fest, wie in der letzten Zeile der Tabelle angegeben. Damit kann die mittlere Anomalie der scheinbaren Sonne
aus zwei Bahnelementen lt. Tabelle bestimmt werden. Die Länge der wahren Sonne in der Ekliptik
ergibt sich aus einer Reihenentwicklung der Mittelpunktsgleichung
mit ausreichender Genauigkeit. Die Mittelpunktsgleichung beschreibt die scheinbare Sonnenbewegung (Bahnellipse der Erde) mit gleichem Ergebnis wie die aus der Keplergleichung ermittelte Lösung.
Die Rektaszension der Sonne hängt mit ihrer ekliptikalen Länge über die Transformationsformel
von ekliptikalen in äquatoriale Koordinaten zusammen (Schiefe s. Tabelle). Der Index bei arctan ruft den (Neben-)Wert der Arkustangensrelation auf, der am nächsten liegt (s. Arcustangens mit Lageparameter).
Um die Bahn der zweiten mittleren Sonne mit derjenigen der ersten in der von Schneider (s. o.) beschriebenen Weise zu synchronisieren, ist der mittleren Rektaszension der Zeitverlauf des Sonnenbahnelements (vgl. Tabelle) zuzuweisen.[9] Mit
liegen alle Größen zur Berechnung von und vor.
Resultat
Ausgehend von führen die bisherigen Angaben zur zusammenfassenden Formel
die sich mit einem Tangens-Additionstheorem in
umformen lässt.
Komponenten
Die Zeitgleichungsfunktion lässt sich gemäß
aus zwei Komponenten zusammensetzen. Der linke Summand beziffert den Beitrag der Bahnexzentrizität („erste Usache“, s. o.) bei senkrecht auf der Ekliptik stehender Erdachse (). Aus Gleichung folgt dafür
Dieser Teil verläuft sinusähnlich mit Jahresperiode. Die Werte sind gleich
denen der negativen Mittelpunktsgleichung .
Die beiden Nullstellen fallen mit den Apsiden
zusammen.
Der rechte Summand bezeichnet den Beitrag, der nach
berücksichtigter Exzentrizität
durch die Schiefe der Ekliptik
hinzukommt („zweite Usache“, s. o.). Er ergibt sich zu
und verläuft ebenfalls sinusähnlich, aber mit zwei Perioden pro Jahr. Die vier Nullstellen fallen mit den Jahreszeitanfängen zusammen.
Geltungsdauer und Genauigkeit
Die Zeitgleichungsformel ist mit den tabellierten Konstanten mehrere Jahrhunderte vor und nach dem Jahr 2000 anwendbar. Die Werte weichen um weniger als 5 s von denen eines genauen Referenzmodells ab, das – anders als das Kepler-Modell – die Störkräfte der anderen Planeten und vor allem des Mondes berücksichtigt.
Zahlenbeispiel
Die Tabelle enthält die Werte in der Reihenfolge der Rechenschritte ohne Zwischenergebnisrundung. Die Himmelskugel-Graphik passt grob zum gewählten Zeitpunkt.
Wert | 5599,125 d | 0,016703 | 23,437° | 283.204° | 5799,228° | 5516,025° | 1,704° | 5800,932° | 5798,508° |
Hauptwert | 39,228° | 116,025 ° | 40,932° | 38,508° | |||||
Wert | 0,720° | 2,88 min | -1,704° | -6.82 min | 2,424° | 9.70 min |
Ein präziser Vergleichswert für beträgt 2,89 min.
Zeitgleichungswerte für die Passage ausgezeichneter Bahnpunkte
Die Berechnung von Zeitgleichungswerten für die Passage ausgezeichneter Bahnpunkte ist kürzer und einfacher. Es entfällt die aufwändige und nicht geschlossen durchführbare Bestimmung eines zu einer vorgegebenen Zeit gehörenden Bahnortes. Für diese Berechnung empfiehlt sich Anwendung der Kepler-Gleichung.
Sonnenauf- und -untergang zur Zeit der Sonnenwenden
Dass der Sonnenuntergang schon mehrere Tage vor der Wintersonnenwende wieder später am Abend und der Sonnenaufgang erst mehrere Tage danach wieder früher am Morgen stattfindet, ist eine Folge der Zeitgleichung. In WOZ angegeben sind die Grenzen zwischen Nacht und Tag und zwischen Tag und Nacht zwar zueinander über die Datumsachse symmetrisch, nicht aber in MOZ. Nach der Korrektur der WOZ mittels Zeitgleichung zur MOZ ist der Tageskorridor (siehe nebenstehende Abbildung) verzerrt. Die Wendepunkte seiner Grenzlinien haben sich auf ein früheres Datum (Sonnenuntergang) beziehungsweise auf ein späteres Datum (Sonnenaufgang) verschoben.
Auf das Datum für den kürzesten lichten Tag im Jahr (Wintersonnenwende) hat das keinen merklichen Einfluss. Es bleibt etwa beim 22. Dezember (1-Tages-Variation infolge Schaltjahrzyklus).
Bei der Sommersonnenwende besteht der gleiche Effekt. Er ist weniger ausgeprägt als im Winter, weil die Steigung der Zeitgleichung als Funktion des Datums nur etwa ein Drittel so groß ist.
Analemma
Stellt man die Abhängigkeit der Zeitgleichung von der Deklination der Sonne als Diagramm dar, entsteht eine Schleifenfigur, die als Analemma bezeichnet wird. Diese Schleife zeigt den wahren Stand der Sonne um 12 Uhr mittags mittlerer Ortszeit für die verschiedenen Jahreszeiten als Höhe über dem Himmelsäquator und als seitlichen Abstand vom Meridian. Dabei entsprechen in seitlicher Richtung vier Zeitminuten einem Grad im Winkelmaß. Die links gezeigten Figuren gelten nördlich des nördlichen Wendekreises mit der Blickrichtung nach Süden. In den Bildern links sind die Figuren gegenüber der Himmelsfigur in horizontaler Richtung ungefähr um den Faktor fünf bis sechs gedehnt. Rechts sieht man in einem historischen Mittagsweiser die zugehörige Schattenkurve (links/rechts unverzerrtes Analemma) auf einer vertikalen Wand markiert.
Die leichte Asymmetrie zwischen rechts und links rührt davon her, dass Perihel und Wintersonnenwende nicht auf denselben Tag fallen. Letzteres war zuletzt im Jahre 1246 der Fall (Tag der Wintersonnenwende etwa wie heute). Die innere Schnittstelle galt etwa für den 16. April und den 29. August.
Im Jahre 6433 wird das Perihel den Tag des Frühlings-Äquinoktiums erreicht haben. Die Zeitgleichung wird an den Tagen der Äquinoktien null und das Analemma eine zu diesem Punkt symmetrische Figur sein.
Am häufigsten ist das Analemma als Stundenschleife auf Sonnenuhren zu sehen, die zur Anzeige der mittleren Sonnenzeit ausgelegt sind. Oftmals wird es allerdings in zwei Teile (ein Teil ähnlich einem S, der andere ähnlich einem Fragezeichen) aufgeteilt, um Verwechslungen beim Ablesen zu verhindern (für einen Deklinationswert gibt es zwei Punkte auf der ganzen Figur). Jedes der beiden Teile gilt etwa ein halbes Jahr lang. Solche Uhren haben zwei auswechselbare Zifferblätter. Die Zifferblätter lassen sich leicht auf die am Aufstellort gültige Zonenzeit auslegen, zeigen also die „Normalzeit“ an.
Auch die jeden Tag zur gleichen mittleren Zeit fotografierte Sonne ergibt in der Summe ein am Himmel stehendes Analemma.
Anmerkungen
- ↑ Die Skala ist für MEZ ausgelegt, somit wird die für 15° Ost angezeigte wahre Sonnenzeit (wahre Ortszeit WOZ) auf mittlere Sonnenzeit (mittlere Ortszeit MOZ) für 15° Ost (gleich MEZ) korrigiert. Standort: 12° 22' Ost, Skalenverschiebung: etwa 10½ Minuten (entspricht dem Winkel zwischen Vertikaler und XII-Uhr-Linie).
- ↑ a b Es existieren auch moderne Sonnenuhren, die für den Zeitausgleich konstruiert sind. Vgl. Siegfried Wetzel: Die Physik der Sonnenuhr. In: Schriften des Historisch-wissenschaftlichen Fachkreises Freunde alter Uhren in der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie. Deutsche Gesellschaft für Chronometrie (Hrsg.), 1998, ISBN 3-923422-16-4, Abb.n 16 bis 18.
- ↑ In den meisten Fällen befindet sich der Beobachtungsort nicht auf dem Bezugslängengrad der gebrauchten Zonenzeit, die sich deshalb von seiner mittleren Ortszeit unterscheidet. Man muss letztere vorgängig ermitteln: Potsdam liegt z.B. 2° westlicher als 15° Ost, dem Bezugslängengrad der MEZ. Die mittlere Ortszeit ist hier 8 Minuten (4 Minuten / Längengraddifferenz) kleiner als die von der (Armband-)Uhr angezeigte MEZ.
- ↑ Bei der Berechnung der Zeitgleichung in den ersten Näherungen wird die vom Mond periodisch verursachte Beschleunigung der Erde vernachlässigt. Man rechnet zum Beispiel für den Periheldurchgang gegenwärtig mit dem 3. oder 4. Januar (Unterschied innerhalb einer Vierjahres-Schaltperiode), was genau genommen nur für den gemeinsamen Schwerpunkt von Erde und Mond gilt. Erst bei angestrebter Genauigkeit im Sekundenbereich wird beachtet, dass der Schwerpunkt der Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt auf einem Radius von etwa 4700 km rotiert, die Erde also in Bahnrichtung während einer Mondperiode zeitweise bis 4 700 km voraus oder zurück ist.
- ↑ Siegfried Wetzel Die Zeitgleichung, elementar behandelt- DGC-Mitteilungen Nr. 109, 2007: Die angegebenen Werte folgen auf einfache Weise aus den Vorgaben 23,44° Abweichung der Erdachse von der Rechtwinkligkeit zur Bahnebene (Schiefe der Ekliptik) und 236 Sekunden, um die der mittlere Sonnentag länger als der Sterntag ist.
- ↑ Die vier Jahreszeiten wären exakt gleich lang und deshalb die Kalenderdaten der Nulldurchgänge (Sonnenwenden und Tag-und-Nacht-Gleichen) bis etwa zwei Tage verschoben.
- ↑ Manfred Schneider: Himmelsmechanik, Band II: Systemmodelle, BI-Wissenschaftsverlag, 1993, S. 507, ISBN 3-411-15981-2
- ↑ O. Montenbruck: Grundlagen der Ephemeridenrechnung, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, 7. Auflage 2005
- ↑ Herleitung der Setzung aus dem Schneider'schen Modell (s. Graphik Zeitgleichung als Winkel): Die Zeit der Frühlingspunktpassage von in der Ekliptik folgt aus zu . und sind die in der Tabelle Bahnelemente angegebenen Konstanten. Die Rektaszension von im Äquator ist als lineare Gleichung anzusetzen. Da die Umlaufzeit beider mittlerer Sonnen gleich sein soll, gilt . Die beiden mittleren Sonnen gehen gemeinsam durch den Frühlingspunkt, was die Gleichung nach sich zieht. Mit folgt daraus . Damit erfüllt die Setzung die Merkmale des Zeitgleichungsmodells von Schneider.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 08.01. 2023