PT1-Glied

PT1-Glied im Strukturbild

Als PT1-Glied bezeichnet man ein LZI-Übertragungsglied in der Regelungstechnik, welches ein proportionales Übertragungsverhalten mit Verzögerung 1. Ordnung aufweist. Ein gebräuchliches Beispiel ist in der Elektrotechnik der Tiefpass (1. Ordnung).

Die zugehörige Funktionalbeziehung im Zeitbereich ist die Differentialgleichung

T\cdot {\dot  {y}}(t)+y(t)=K\cdot u(t),

so dass die komplexe Übertragungsfunktion im Bildbereich die Form

G(s)={\frac  {K}{1+T\cdot s}}

hat. Hierbei bezeichnet K, K > 0, die Übertragungskonstante bzw. den Verstärkungsfaktor und T , T > 0, die Zeitkonstante.

Bodediagramm

Beim PT1-Glied ist G(j\omega )={\frac  {K}{1+j\omega T}} der Frequenzgang. Daher gilt für den Amplituden- und Phasengang im Bodediagramm:

|G(j\omega )|={\frac  {K}{{\sqrt  {1+\omega ^{2}T^{2}}}}}
\varphi (\omega )=-\arctan(\omega T)

Amplitudengang

Bezeichnet \omega _{0}={\frac  {1}{T}} die Knick- bzw. Eckkreisfrequenz, so lässt sich der Amplitudengang grob in zwei Bereiche einteilen:

G(j\omega )={\begin{cases}K,&{\mbox{wenn }}\omega \ll \omega _{0}\\{\frac  {K}{{\frac  {\omega }{\omega _{0}}}}},&{\mbox{wenn }}\omega \gg \omega _{0}\end{cases}}

bzw.

|G|_{{{\mathrm  {dB}}}}={\begin{cases}20\log K,&{\mbox{wenn }}\omega \ll \omega _{0}\\20\log K-20\log {\frac  {\omega }{\omega _{0}}},&{\mbox{wenn }}\omega \gg \omega _{0}\end{cases}}

Für Kreisfrequenzen unterhalb der Eckkreisfrequenz liegt die Betragskennlinie des PT1-Gliedes parallel zur 0-dB-Linie im Abstand von KdB und für große Kreisfrequenzen fällt sie mit 20 dB/Dekade. Bei der Knickkreisfrequenz ω = ω0 schneiden sich die beiden Asymptoten. Der tatsächliche Wert des Amplitudenganges weicht dort um −3 dB von der asymptotischen Näherung ab. Bei ω = 0,5 ω0 bzw. ω = 2 ω0 beträgt die Abweichung nur noch −1 dB.

Die Eckkreisfrequenz berechnet sich aus der Polstelle der Übertragungsfunktion, also der Nullstelle des Nenners 1 + Ts. Die Polstelle ist -{\frac  {1}{T}} und heißt Eigenwert, dessen Betrag die Eckkreisfrequenz ω0 beschreibt.

Phasengang

Die Phasenverschiebung des PT1-Gliedes beträgt bei kleinen Kreisfrequenzen 0°, bei großen Kreisfrequenzen −90° und bei der Knickkreisfrequenz ω0 −45°.

Für die asymptotische Näherung zeichnet man eine Gerade, die eine Dekade vor der Knickkreisfrequenz bei 0° beginnt und eine Dekade nach der Knickkreisfrequenz bei −90° endet.

Bodediagramm eines PT1-Gliedes (K = 2, T = 1)

Sprungantwort

Die Sprungantwort des PT1-Gliedes wird beschrieben durch

a(t)=K(1-{\mathrm  {e}}^{{-{\frac  {t}{T}}}})

und hat den Verlauf einer e-Funktion. Der Verlauf nähert sich dem Endwert K an. Nach der Zeit t = T beträgt der Wert 0,63 K und nach t = 3 T bereits 0,95 K, es bleibt theoretisch aber immer eine minimale Abweichung vom Endwert erhalten. Die Tangente im Ursprung schneidet den Wert des Verstärkungsfaktors K nach der Zeit T. Der Betrag der Zeitkonstanten T bestimmt die Schnelligkeit des Gliedes.

Sprungantwort eines PT1-Gliedes (K = 2, T = 1)

Ortskurve

Die Ortskurve (0\leq \omega \leq \infty ) des PT1-Gliedes verläuft vom Punkt K auf der positiven reellen Achse durch den vierten Quadranten für \omega \to \infty in den Punkt 0.

F({\mathrm  j}\omega )={\frac  {K}{1+{\mathrm  j}\omega T_{1}}}

Komplex konjugiertes Erweitern liefert

F({\mathrm  j}\omega )={\frac  {K}{1+{\mathrm  j}\omega T_{1}}}\cdot {\frac  {1-{\mathrm  j}\omega T_{1}}{1-{\mathrm  j}\omega T_{1}}}={\frac  {K-{\mathrm  j}\omega T_{1}K}{1+\omega ^{2}T_{1}^{2}}}

sodass sich Real- und Imaginärteil explizit darstellen lässt:

{\mathrm  {Re}}\left\{F({\mathrm  j}\omega )\right\}={\frac  {K}{1+\omega ^{2}T_{1}^{2}}}
{\mathrm  {Im}}\left\{F({\mathrm  j}\omega )\right\}={\frac  {-\omega T_{1}K}{1+\omega ^{2}T_{1}^{2}}}

Damit errechnet sich Betrag und Phase

\left|F\left({\mathrm  j}\omega \right)\right|={\frac  {K}{{\sqrt  {1+\omega ^{2}T_{1}^{2}}}}}
\varphi (\omega )=\varphi \left(F({\mathrm  j}\omega )\right)=\arctan(-\omega T_{1})=-\arctan(\omega T_{1})

Die Extremwerte ergeben sich folgendermaßen:

{\mathrm  {Re}}\left\{F({\mathrm  j}\omega \to 0)\right\}=K
{\mathrm  {Im}}\left\{F({\mathrm  j}\omega \to 0)\right\}=0
{\mathrm  {Re}}\left\{F({\mathrm  j}\omega \to \infty )\right\}=0
{\mathrm  {Im}}\left\{F({\mathrm  j}\omega \to \infty )\right\}=0
|F({\mathrm  j}\omega \to 0)|=K
\varphi ({\mathrm  j}\omega \to 0)=0^{\circ }
|F({\mathrm  j}\omega \to \infty )|=0
\varphi ({\mathrm  j}\omega \to \infty )=-90^{\circ }
Ortskurve eines PT1-Gliedes (T = 1, K = 2)

Zeitdiskretes PT1-Glied

Das Verhalten eines PT1-Gliedes lässt sich mit der folgenden Formel zeitdiskret berechnen. Sie ist Grundlage zur Nachbildung dieses Reglertypes in der digitalen Signalverarbeitung.

Aus obiger Differentialgleichung folgt mit \Delta t als der Schrittweite der Abtastung die Differenzengleichung:

T\cdot {\frac  {y_{{n}}-y_{{n-1}}}{\Delta t}}+y_{{n}}=Ku_{{n}}

Daraus erhält man

\left({\frac  T{\Delta t}}+1\right)\cdot y_{{n}}-{\frac  T{\Delta t}}\cdot y_{{n-1}}=Ku_{{n}}

Auflösen nach y_{{n}} ergibt:

y_{{n}}={\frac  {1}{{\frac  T{\Delta t}}+1}}\left[Ku_{{n}}+{\frac  T{\Delta t}}\cdot y_{{n-1}}\right]

Mit

T^{{*}}={\frac  {1}{{\frac  T{\Delta t}}+1}}

erhält man eine optimierte Formel mit nur zwei Multiplikationen:

y_{{n}}=T^{{*}}\cdot (Ku_{{n}}-y_{{n-1}})+y_{{n-1}}

Siehe auch

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 16.09. 2019