Kreisteilungspolynom
In der Algebra werden
Kreisteilungspolynome (auch: Zyklotomische Polynome) verwendet, um
Unterteilungen des Einheitskreises
in gleiche Teile zu untersuchen. Unter dem -ten
Kreisteilungspolynom
versteht man dasjenige ganzzahlige Polynom
größten Grades mit Leitkoeffizient 1, das
teilt, jedoch zu allen
mit
teilerfremd ist. Seine Nullstellen über
sind genau die primitiven
-ten
Einheitswurzeln
,
wobei
die zu
teilerfremden Zahlen zwischen
und
durchläuft.
Die Bezeichnung „Kreisteilungspolynom“ stammt vom geometrischen Problem der
Kreisteilung, also der
Konstruktion
eines regelmäßigen Vielecks unter Beschränkung auf die Euklidischen Werkzeuge Zirkel und Lineal. Für
welche -Ecke
dies gelingt, findet sich im Artikel konstruierbares
Polygon.
Eigenschaften
Die Zerlegung des -ten
Kreisteilungspolynoms in Linearfaktoren ergibt
Daher ist der Grad von
gleich
,
der Anzahl der zu
teilerfremden Zahlen unterhalb
.
Die hierdurch definierte Funktion
hat als Eulersche
Phi-Funktion in der Zahlentheorie
eine erhebliche Bedeutung.
Umgekehrt gilt die Produktdarstellung
Das -te
Kreisteilungspolynom hat ganzzahlige Koeffizienten, liegt also in
.
Es ist dort und in
ein irreduzibles
Polynom, folglich Minimalpolynom
jeder primitiven
-ten
Einheitswurzel. Somit ist der Restklassenring
sogar ein Körper,
und zwar der kleinste, worin der Einheitskreis
der komplexen Ebene derart in
gleich lange Teile zerlegt werden kann, dass sämtliche Unterteilungspunkte zu
dem Körper gehören. Er wird daher Kreisteilungskörper
genannt.
Verallgemeinerung
Der Begriff des Kreisteilungspolynoms kann auf die Einheitswurzeln über einem beliebigen Körper verallgemeinert werden. Auf diese Weise ergeben sich insbesondere alle endlichen Körper als Kreisteilungskörper über ihrem Primkörper.
Beispiele
Ist n eine Primzahl (z. B. n=2, 3, 5, 7, 11, 13), dann gilt
Allgemeiner: Ist
eine Primzahlpotenz
(z. B. n=2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 11, 13, 16), dann gilt
Ist n=2p das Doppelte einer ungeraden Primzahl p (z. B. n=6, 10, 14), dann gilt
Mit diesen Regeln lassen sich (mit Ausnahme von n=12 und n=15) die folgenden Kreisteilungspolynome bestimmen:
Einige weitere Beispiele, die sich mit den obigen Regeln berechnen lassen:
Weitere Berechnungsmöglichkeiten
Wie eingangs erwähnt, gilt die Produktdarstellung
.
Sind nun die Kreisteilungspolynome
für d<n bekannt, so lässt sich
per Polynomdivision
berechnen. Für n=21 ergibt sich so beispielsweise
also
.
Ein anderer Ansatz folgt aus der multiplikativen Version der Möbius-Inversion, welche die Gleichung
liefert, wobei
die Möbiusfunktion
bezeichnet. Für n=21 ergibt sich so
.
Wie man sieht, lässt sich dieser Ausdruck mit weniger Aufwand als im vorigen Beispiel vereinfachen. Außerdem sind keine Kenntnisse über andere Kreisteilungspolynome notwendig.
Ein weiterer Ansatz folgt zusammen mit der Fourierdarstellung von Funktionen des größten gemeinsamen Teilers ebenso aus der Möbius-Inversion, welche die Gleichung
ergibt.
Das Koeffizientenproblem
Auffällig ist, dass in allen bisherigen Beispielen als Koeffizienten nur −1, 0 und +1 aufgetreten sind. Tatsächlich hat A. Migotti 1883 zeigen können, dass dies immer der Fall ist, sofern n das Produkt von zwei unterschiedlichen Primzahlen ist. Andererseits war spätestens seit 1931 bekannt, dass dies nicht immer so ist: Issai Schur zeigte in einem Brief an Edmund Landau, dass die Koeffizienten in Kreisteilungspolynomen beliebig groß werden können.
Das kleinste n, für das ein Koeffizient ungleich −1, 0 oder +1 möglich
ist, ist .
Und tatsächlich tritt hier der Koeffizient −2 auf. Mit einer der oben
beschriebenen Methoden lässt sich das folgende Kreisteilungspolynom leicht
berechnen:
Das erste Kreisteilungspolynom mit einem Koeffizienten, der vom Betrag her größer als 2 ist, tritt für n= 385 auf:
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 02.06. 2021