Restklassenring
In der Mathematik ist ein
Restklassenring modulo
einer positiven ganzen Zahl
eine Abstraktion der Klassifikation ganzer Zahlen hinsichtlich ihres Restes bei
der Division durch
.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der algebraischen Definition und abstrakteren Eigenschaften von Restklassenringen. Für eine einfachere und verständlichere Einführung in die Rechenregeln siehe den Artikel Kongruenz (Zahlentheorie).
Definition
Ist
eine natürliche Zahl, dann werden ganze Zahlen mit gleichem Rest bei Division durch
zu sogenannten Restklassen
modulo
zusammengefasst. Zwei ganze Zahlen sind also in derselben Restklasse, wenn ihre
Differenz durch
teilbar ist. Die Restklassen bilden zusammen mit der unten erklärten Addition
und Multiplikation den Restklassenring modulo n, der mit
,
,
oder
bezeichnet wird (sprich „Z modulo
n“). Auch für
kann man den Restklassenring bilden: Jede ganze Zahl
bildet dann eine eigene Restklasse, weil die einzige ganze Zahl
ist, für die es eine ganze Zahl
mit
gibt: Deswegen ist
durch teilbar.
Die Addition und Multiplikation von Restklassen erfolgt durch Addition und
Multiplikation von beliebigen Elementen dieser Klassen (im Allgemeinen werden
diese Elemente auch als Repräsentanten oder Vertreter bezeichnet)
und anschließende Restbildung des Ergebnisses. Bezeichnet man die Restklasse von
mit
,
dann definiert man:
Dass diese Verknüpfungen des Restklassenrings wohldefiniert sind, liegt an der folgenden Eigenschaft der Restklassen.
Sind
ganze Zahlen mit
,
dann gilt:
Die Verknüpfungen sind also unabhängig vom Repräsentanten der Restklasse definiert.
Schreibweisen und Konventionen
Die Schreibweise
birgt Verwechslungsgefahr mit der Bezeichnung
für den Ring der ganzen p-adischen
Zahlen zu einer Primzahl
.
Wird die Schreibweise
für den Restklassenring favorisiert, so werden die
-adischen
Zahlen mit
bezeichnet. Die Schreibweise
für die Restklassenringe, an der präzise die Konstruktion des betreffenden Rings
als allgemeiner Faktorring
abzulesen ist, ist umständlicher, aber deutlicher. Die Schreibweise
ist seltener und auch ungünstig wegen der Verwechslungsgefahr mit
.
Um die lästige Schreibweise für die Äquivalenzklassen zu vermeiden, lässt man
einfach die eckigen Klammern weg. Damit hat jede Äquivalenzklasse unendlich
viele Namen; beispielsweise gelten mit der vereinbarten Schreibweise
und
in
.
Legt man Wert auf einen eindeutigen Namen für die endlich vielen Elemente des
Restklassenrings, so wählt man einen kanonischen Vertreter aus jeder
Restklasse aus und identifiziert die Restklasse mit diesem:
Der Restklassenring
besteht nach dieser Konvention aus den Zahlen
.
Durch die Verknüpfungen
im Ring
der ganzen Zahlen erhalten wir Ergebnisse, die wir nach unserer Konvention nun
sofort als Ergebnisse in
interpretieren dürfen. Jede Kette arithmetischer Operationen in diesem
Restklassenring (z.B. die Auswertung eines Polynoms
an der Stelle
mit
)
kann als Auswertung in den ganzen Zahlen mit einer abschließenden
Modulo-Reduktion stattfinden; es können aber auch an beliebigen (oder allen)
Stellen bereits die Zwischenergebnisse einer modularen Reduktion unterzogen
werden.
Ist die Zahl
eine Zweierpotenz, so wird oft auch das um die Null symmetrisierte Vertretersystem
gewählt. Dieses korrespondiert nämlich mit einer Binärdarstellung der Zahlen,
bei der das höchstwertige Bit als Vorzeichen
interpretiert wird.
Eigenschaften
Für jede natürliche Zahl
ist
ein kommutativer Ring
mit Eins. Das Nullelement ist die Restklasse
und das Einselement die Restklasse
.
Ist
eine Primzahl, dann ist der
Restklassenring
ein endlicher
Körper, der Restklassenkörper
modulo
,
und wird mit
(von engl. „field“ für Körper) bezeichnet. Inverse
bezüglich der Multiplikation
lassen sich dann eindeutig mittels des erweiterten
euklidischen Algorithmus berechnen.
Ist dagegen
keine Primzahl, dann ist der Restklassenring modulo
kein Körper,
da die Restklasse jedes echten Teilers von
ein Nullteiler ist, der kein Inverses bezüglich der
Multiplikation besitzt.
Eine Restklasse
mit
heißt prime
Restklasse modulo
.
Die Gruppe der primen Restklassen modulo
heißt prime
Restklassengruppe modulo
und wird mit
symbolisiert. Sie ist die Einheitengruppe
des Rings
und hat
Elemente, wobei
die eulersche
φ-Funktion ist.
Beispiele
Veranschaulichung am Zifferblatt der Uhr
Veranschaulichen kann man das Rechnen mit Restklassen anhand des Zifferblattes einer Analoguhr. Die Stunden sind von 1 bis 12 nummeriert, wobei Stunde 12 als Stunde 0 betrachtet wird.
Beginnt man bei Stunde 0 und addiert jeweils eine Stunde, erhält man der
Reihe nach jede der zwölf Stunden des Zifferblattes. Man addiert zwei beliebige
Stunden miteinander, indem man bei der ersten angegebenen Stunde beginnt und im
Uhrzeigersinn die zweite Stundenangabe abzählt: Um
zu ermitteln, beginnt man bei Stunde 4 und zählt fünf Stunden weiter, man landet
bei Stunde 9. Berechnet man nun
,
zählt also von Stunde 9 aus fünf Stunden weiter, landet man bei Stunde 2, es ist
also
in diesem System. Wie kommt dieses Ergebnis zustande? Addiert man einfach die
Stundenwerte, erhält man 14; und „14 Uhr“ stimmt auf dem zwölfstündigen
Zifferblatt mit „2 Uhr“ überein, also ist hier
.
Das Ergebnis einer Addition ist also die normale Summe, eventuell abzüglich
einer Zwölf. Dies entspricht dem Rest
bei Division durch 12. Diese Art der Addition heißt „Addition modulo 12“.
Man erkennt hier, dass die Addition der Zwölf eine Zahl nicht verändert,
für jede Stunde
.
Das erklärt, warum die 12. Stunde hier als Stunde 0 bezeichnet wird.
Die Multiplikation wird auf die Addition zurückgeführt: Um beispielsweise
zu bestimmen, bildet man die Summe
und landet bei der 12. Stunde. Das Produkt
liefert „16 Uhr“, und das ist identisch mit „4 Uhr“; modulo 12 ist also
.
Die zwölf Stundenwerte, zusammen mit den Regeln für Addition und
Multiplikation, schreibt man als .
Entsprechend funktioniert auch die Berechnung der Minuten auf dem Zifferblatt
einer Analoguhr. Die Minuten sind von 0 bis 59 nummeriert und entsprechend
erhält man in
beispielsweise
usw. Das Rechnen mit Restklassen findet sich auch in der Berechnung von Tagen,
die auf 24 Stunden begrenzt sind und in Wochen, die aus 7 Tagen bestehen und
dann entsprechend nicht auf einer Menge von Zahlen, sondern von
Tagesbezeichnungen definiert ist, also beispielsweise „5 Tage nach Freitag ist
Mittwoch, 5 Tage vor Mittwoch ist Freitag“.
Der Restklassenring modulo 2
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Bei Division ganzer Zahlen durch 2 mit Rest ergibt sich als Rest entweder 0
oder 1. Damit ist
nach dem einelementigen Nullring
der zweitkleinste aller Restklassenringe. Da 2 eine Primzahl ist, liegt hier
sogar der endliche Körper
vor, der kleinste aller Körper.
Der Restklassenring modulo 3
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Bei Division durch 3 entstehen die drei Restklassen
, d.h. die durch 3 teilbaren Zahlen.
, d.h., der Divisionsrest ist 1.
, d.h., der Divisionsrest ist 2.
Berechnen wir :
Wähle etwa die 4 aus
und die 8 aus
.
Rechne
.
12 ist in
.
Also
.
Die Menge
bekommt so die Verknüpfungstabellen:
Addition:
|
Multiplikation:
|
ist ein Ring und, da 3 eine Primzahl
ist, sogar ein Körper,
der als
bezeichnet wird (von engl. field).
Der Restklassenring modulo 4
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Betrachten wir die Reste bei Division durch 4.
Es gilt
mit:
In diesem Restklassenring gilt ,
d.h.
ist ein Nullteiler. Die
Multiplikation ist also in
nicht abgeschlossen. Die so entstandene Struktur
ist damit kein Körper, sondern nur ein kommutativer Ring (der
Restklassenring modulo 4), denn Nullteiler besitzen kein multiplikatives Inverses. Dies hängt
damit zusammen, dass 4 keine Primzahl
ist und somit
kein Integritätsring
ist. (Jedoch gibt es, da 4 = 22 eine Potenz einer Primzahl ist, einen
anderen Körper, der vier Elemente hat.)
Ganzzahlenarithmetik bei Mikroprozessoren
Gängige Mikroprozessoren,
wie sie beispielsweise in Computern eingesetzt werden, rechnen bei der
Ganzzahlarithmetik in Wirklichkeit in Restklassenringen: Die
16-bit-Integer-Zahlen (oft als short integer bezeichnet) bilden den
Restklassenring
mit
.
Beispielsweise liefert die Maschine als Ergebnis der Addition 65535+1 den Wert
0, für 32768·2 ergibt sich ebenfalls 0.
Verallgemeinerung
Die Idee der Restklassen lässt sich auch in anderen Ringen als dem der ganzen Zahlen realisieren. Man definiert dazu den Begriff des Ideals und bildet Restklassen modulo einem Ideal, die ihrerseits einen Ring bilden, den man Faktorring nennt.
Literatur
- Andreas Bartholomé, Josef Rung, Hans Kern: Zahlentheorie für Einsteiger. Vieweg+Teubner, 7. Auflage, 2010, ISBN 978-3-8348-1213-1.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.08. 2021