3-Mannigfaltigkeit
Als 3-Mannigfaltigkeit oder 3-dimensionale Mannigfaltigkeit werden in der Mathematik Räume bezeichnet, die lokal wie der 3-dimensionale euklidische Raum aussehen.
Beispiele
Euklidischer Raum
Der euklidische Raum
ist das einfachste Beispiel einer 3-Mannigfaltigkeit. Er ist nicht-kompakt
und einfach
zusammenhängend. Jede 3-Mannigfaltigkeit ist lokal
homöomorph zum
.
Die euklidische
Metrik auf dem
ist eine flache
Metrik, das heißt ihre Schnittkrümmung
ist konstant Null. Es gibt aber zahlreiche andere riemannsche Metriken
auf dem
.
Insbesondere ist der
homöomorph
zum hyperbolischen
Raum, dessen Schnittkrümmung konstant −1 ist.
![](bilder/250px-Hopf_Fibration.png)
3-Sphäre
Die 3-dimensionale Sphäre ist kompakt und einfach zusammenhängend. Die von Perelman bewiesene Poincaré-Vermutung besagt, dass sie die einzige einfach zusammenhängende, geschlossene Mannigfaltigkeit ist. Sie also die einfachste geschlossene 3-Mannigfaltigkeit.
Die Einbettung als Einheitssphäre in den
stattet sie mit einer riemannschen Metrik aus, deren Schnittkrümmung konstant +1
ist.
SU(2)
Die Lie-Gruppe SU(2) ist diffeomorph zur 3-Sphäre.
ist eine zweifache Überlagerung
von
und insbesondere isomorph zur Spingruppe
,
die mithin ebenfalls zur
diffeomorph ist.
Whitehead-Mannigfaltigkeit
Die Whitehead-Mannigfaltigkeit
ist eine einfach zusammenhängende, nicht-kompakte 3-Mannigfaltigkeit, die nicht
zum
homöomorph ist, denn sie ist nicht „einfach zusammenhängend im Unendlichen“. Whitehead
entdeckte sie als Gegenbeispiel zu einem Analogon der Poincaré-Vermutung für
nicht-kompakte Mannigfaltigkeiten.
3-Torus
Den 3-dimensionalen Torus erhält man durch Identifizieren der gegenüberliegenden Seitenflächen eines Würfels, oder als Produktraum dreier Kreise.
Seine Fundamentalgruppe ist die freie
abelsche Gruppe ,
seine universelle
Überlagerung ist der
.
Der 3-Torus trägt flache Metriken, d.h. riemannsche Metriken der
Schnittkrümmung konstant Null. Jede solche Metrik erhält man durch eine
Realisierung des 3-Torus als
für ein Gitter
.
Der Modulraum solcher Gitter ist
,
der Modulraum der flachen Metriken ist
.
Projektiver Raum
Der projektive Raum
ist der Quotientenraum
der Einheitssphäre bzgl. der Identifizierung
für alle
.
Er hat demzufolge die Fundamentalgruppe
,
universelle Überlagerung
,
und er ist eine sphärische Mannigfaltigkeit, d.h. er trägt eine
riemannsche Metrik der Schnittkrümmung konstant 1.
Die projektive
lineare Gruppe
wirkt auf
.
SO(3)
Die Lie-Gruppe
ist diffeomorph zum
.
Poincaré-Homologiesphäre
Die Poincaré-Homologiesphäre ist eine sphärische 3-Mannigfaltigkeit, deren
Fundamentalgruppe die Ordnung
120 hat. Ihre Homologiegruppen
sind isomorph zu denen der .
Man konstruiert sie als Quotienten ,
wobei
das Urbild der Gruppe
A5
der orientierungserhaltenden Symmetrien des regelmäßigen Dodekaeders unter der
zweifachen Überlagerung
ist.
![](bilder/220px-Blue_Figure-Eight_Knot.png)
![](bilder/220px-Whiteheadlink.png)
Weeks-Mannigfaltigkeit
Die Weeks-Mannigfaltigkeit ist die hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit kleinsten hyperbolischen Volumens. Man erhält sie durch (5,1)- und (5,2)-Dehn-Chirurgie an den beiden Komponenten der Whitehead-Verschlingung.
Gieseking-Mannigfaltigkeit
Die Gieseking-Mannigfaltigkeit ist die Mannigfaltigkeit kleinsten hyperbolischen Volumens unter den nicht-kompakten, hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten. Sie entsteht aus einem regulären idealen Tetraeder durch eine geeignete Identifizierung zweier Paare von Seitenflächen. Insbesondere hat sie das Volumen eines regulären idealen Tetraeders, also die Gieseking-Konstante 1,0149…
Achterknotenkomplement
Das Komplement des Achterknotens in der 3-Sphäre ist gemeinsam mit seiner durch (5,1)-Dehn-Chirurgie an einer der beiden Komponenten der Whitehead-Verschlingung konstruierten Schwestermannigfaltigkeit die Mannigfaltigkeit kleinsten hyperbolischen Volumens unter den orientierbaren, nicht-kompakten, hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten. Es ist eine 2-fache Überlagerung der Gieseking-Mannigfaltigkeit, sein Volumen also das Doppelte der Gieseking-Konstante.
Es ist ein Faserbündel über dem Kreis, dessen Faser ein punktierter Torus und dessen Monodromie Arnolds Katzenabbildung ist.
Komplement der Whitehead-Verschlingung
Das Komplement der Whitehead-Verschlingung ist eine hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit mit zwei Spitzen. Ein Fundamentalbereich im hyperbolischen Raum ist der regelmäßige ideale Oktaeder. Das hyperbolische Volumen des Komplements der Whitehead-Verschlingung ist deshalb 3.663862377…, das Volumen des regelmäßigen idealen Oktaeders. Die Komplemente der Whitehead-Verschlingung und ihrer „Schwester“, der (-2,3,8)-Brezelverschlingung, sind die beiden orientierbaren, hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten kleinsten Volumens, deren Rand aus mindestens zwei Zusammenhangskomponenten besteht.
Klassen von 3-Mannigfaltigkeiten
Sphärische 3-Mannigfaltigkeit
Eine sphärische 3-Mannigfaltigkeit
ist eine riemannsche Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung konstant
.
Äquivalent ist sie von der Form
,
wobei
die 3-Sphäre und
eine diskrete
Untergruppe ihrer Isometriegruppe
ist. Man hat dann
.
Wegen
entsprechen die sphärischen 3-Mannigfaltigkeiten also eineindeutig den endlichen
Untergruppen von
.
Linsenraum
Linsenräume sind sphärische Mannigfaltigkeiten ,
bei denen
eine zyklische
Gruppe ist.
Anders als für Haken-Mannigfaltigkeiten ist für Linsenräume durch die
Fundamentalgruppe der Homöomorphietyp und selbst die Homotopieäquivalenzklasse
noch nicht festgelegt. Reidemeister bewies mittels der später nach ihm benannten
Reidemeister-Torsion,
dass die homotopieäquivalenten Linsenräume
und
nicht homöomorph sind.
Seifert-Faserung
Eine Seifert-Faserung ist eine 3-Mannigfaltigkeit, die sich in Fasern
homöomorph zu
zerlegen lässt, so dass jede Faser entweder eine Umgebung homöomorph zu
(reguläre Faser) oder eine Umgebung homöomorph zum Abbildungstorus der Rotation
der Kreisscheibe um den Winkel
(singuläre Faser vom Typ
)
besitzt.
Seifert-Faserungen sind die einfachsten Stücke in der JSJ-Zerlegung von 3-Mannigfaltigkeiten.
I-Bündel
I-Bündel sind 3-Mannigfaltigkeiten mit Rand, die ein Faserbündel mit Faser
homöomorph zum Intervall
über einer kompakten Fläche (evtl. mit Rand) sind. Sie kommen bei der
JSJ-Zerlegung von Mannigfaltigkeiten mit nichtleerem Rand vor.
Graph-Mannigfaltigkeit
Graph-Mannigfaltigkeiten wurden von Waldhausen ursprünglich definiert als 3-Mannigfaltigkeiten, die sich durch Aufschneiden entlang disjunkter, eingebetteter Tori in Kreisbündel zerlegen lassen. Eine äquivalente Bedingung ist, dass sie zusammenhängende Summe von 3-Mannigfaltigkeiten sind, die entweder Solv-Mannigfaltigkeiten sind oder in deren JSJ-Zerlegung nur Seifert-Faserungen vorkommen.
Hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit
Eine hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit
ist eine vollständige
riemannsche Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung konstant
.
Äquivalent ist sie von der Form
,
wobei
der 3-dimensionale hyperbolische
Raum und
eine diskrete
Untergruppe der Gruppe der Isometrien des hyperbolischen Raumes ist. Man hat
dann
.
Wegen
entsprechen die orientierbaren, hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten eineindeutig
den Konjugationsklassen
diskreter Untergruppen von
.
Der Hyperbolisierungssatz besagt, dass eine geschlossene 3-Mannigfaltigkeit
genau dann hyperbolisch ist, wenn sie irreduzibel ist, unendliche
Fundamentalgruppe und keine zu
isomorphe Untergruppe in ihrer Fundamentalgruppe hat.
Haken-Mannigfaltigkeit
Eine Haken-Mannigfaltigkeit ist eine kompakte 3-Mannigfaltigkeit, die -irreduzibel
ist und eine eigentlich
eingebettete, zweiseitige
inkompressible
Fläche enthält.
Haken-Mannigfaltigkeiten besitzen Hierarchien inkompressibler Flächen, durch die sie sich in eine Vereinigung disjunkter 3-dimensionaler Vollkugeln zerlegen lassen. Das ermöglicht es, Beweise für Haken-Mannigfaltigkeiten als Induktionsbeweise über die Länge einer Haken-Hierarchie zu führen.
Gefaserte 3-Mannigfaltigkeit
Eine gefaserte 3-Mannigfaltigkeit ist eine 3-Mannigfaltigkeit der Form
für eine Fläche
und einen Homöomorphismus
.
Der Homöomoorphietyp von
hängt nur von der Abbildungsklasse
von
ab. Eine 3-Mannigfaltigkeit kann auf unterschiedliche Weisen fasern.
Aus der Geometrisierung von 3-Mannigfaltigkeiten folgt für Flächen
vom Geschlecht
:
ist genau dann eine Seifert-Faserung, wenn die Abbildungsklasse von
periodisch ist,
hat genau dann eine nichttriviale JSJ-Zerlegung, wenn die Abbildungsklasse von
reduzibel ist.
ist genau dann hyperbolisch, wenn die Abbildungsklasse von
pseudo-Anosovsch ist.
Falls die Faser eine Fläche vom Geschlecht ,
also ein Torus ist, erhält man im Fall, dass
Anosovsch
ist, eine Sol-Struktur
auf
.
Knotenkomplement
Ein Knotenkomplement ist der nach Entfernen eines Knotens aus der 3-Sphäre verbleibende Raum.
Zwei Knotenkomplemente sind genau dann homöomorph, wenn die Knoten äquivalent sind. Die entsprechende Aussage für Verschlingungen trifft nicht zu.
Aus der Geometrisierung von 3-Mannigfaltigkeiten folgt:
- ein Knotenkomplement ist genau dann eine Seifert-Faserung, wenn der Knoten ein Torusknoten ist,
- ein Knotenkomplement hat genau dann eine nichttriviale JSJ-Zerlegung, wenn der Knoten ein Satellitenknoten ist,
- ein Knotenkomplement ist genau dann eine hyperbolische Mannigfaltigkeit, wenn keiner der anderen beiden Fälle zutrifft.
Konstruktionsprinzipien
Heegaard-Zerlegung
Eine Heegaard-Zerlegung einer geschlossenen 3-dimensionalen Mannigfaltigkeit
besteht aus zwei Henkelkörpern
und
und einem Homöomorphismus
,
so dass
aus
und
durch Verkleben mittels
entsteht. Aus der Morse-Theorie
folgt, dass jede geschlossene orientierbare 3-Mannigfaltigkeit eine
Heegaard-Zerlegung besitzt.
Dehn-Chirurgie
Die Dehn-Chirurgie ist ein Verfahren zur Konstruktion 3-dimensionaler Mannigfaltigkeiten, indem aus der 3-dimensionalen Sphäre ein Knoten herausgebohrt und anders wieder eingeklebt wird.
Jede geschlossene, orientierbare, zusammenhängende 3-Mannigfaltigkeit kann
durch Dehn-Chirurgie an einer Verschlingung
in der 3-Sphäre konstruiert werden.
Triangulierung
![](bilder/Pachner_Move.png)
Eine Triangulierung einer 3-Mannigfaltigkeit
ist gegeben durch einen 3-dimensionalen Simplizialkomplex
und einen Homöomorphismus
der geometrischen
Realisierung
auf
.
Moise bewies 1952, dass alle 3-Mannigfaltigkeiten trianguliert werden können und dass für 3-Mannigfaltigkeiten die Hauptvermutung gilt: je zwei Triangulierungen derselben Mannigfaltigkeit besitzen eine gemeinsame Unterteilung. Insbesondere haben 3-Mannigfaltigkeiten eine eindeutige PL-Struktur.
Je zwei unterschiedliche Triangulierungen derselben Mannigfaltigkeit lassen sich durch eine Folge von Pachner-Zügen ineinander überführen.
Invarianten
Fundamentalgruppe
Die Fundamentalgruppe ist eine wichtige Invariante geschlossener 3-Mannigfaltigkeiten. Nicht-sphärische geometrische 3-Mannigfaltigkeiten und irreduzible 3-Mannigfaltigkeiten mit nichttrivialer JSJ-Zerlegung sind durch ihre Fundamentalgruppe bereits eindeutig festgelegt.
Der Rang
der Fundamentalgruppe
wird mit
bezeichnet. Aus der Poincaré-Vermutung folgt, dass die 3-Sphäre die einzige
geschlossene 3-Mannigfaltigkeit mit
ist. Aus dem Satz
von Grushko folgt
.
Homologiegruppen
Die Homologiegruppen
einer geschlossenen, orientierbaren 3-Mannigfaltigkeit
sind bereits eindeutig durch ihre Fundamentalgruppe festgelegt. Es ist nämlich
die Abelisierung der
Fundamentalgruppe,
wegen Poincaré-Dualität
deren Dual (mithin der Quotient von
nach seiner Torsionsuntergruppe),
sowie
.
Thurston-Norm
Die Thurston-Norm ist eine Seminorm
auf der zweiten Homologiegruppe
einer orientierten 3-Mannigfaltigkeit. Sie misst die Komplexität der die
Homologieklasse repräsentierenden eingebetteten Flächen.
Eingebettete Flächen, die die Thurston-Norm in ihrer Homologieklasse minimieren, sind Blätter einer straffen Blätterung.
Hyperbolisches Volumen
Hyperbolisches Volumen ist eine topologische Invariante, weil es nach dem
Starrheitssatz von Mostow-Prasad auf einer Mannigfaltigkeit der Dimension
höchstens eine hyperbolische Metrik endlichen Volumens geben kann. Eine
Verallgemeinerung auf beliebige (nicht notwendig hyperbolische)
Mannigfaltigkeiten ist das simpliziale
Volumen, das im Fall von 3-Mannigfaltigkeiten die Summe der Volumina der
hyperbolischen Stücke in der JSJ-Zerlegung (multipliziert mit dem Inversen der
Gieseking-Konstante)
gibt.
Die Volumen-Vermutung stellt einen Zusammenhang zwischen hyperbolischem Volumen und Quanteninvarianten von Knoten her, die bisher aber nur in wenigen Fällen bewiesen wurde.
Die hyperbolischen Volumina von 3-Mannigfaltigkeiten bilden eine wohlgeordnete Teilmenge der reellen Zahlen, d.h. jede Familie hyperbolischer 3-Mannigfaltigkeiten hat ein Element kleinsten Volumens. Es gibt jeweils nur endlich viele 3-Mannigfaltigkeiten mit demselben Volumen. Gabai-Meyerhoff-Milley entwickelten die Mom-Technologie, um vollständige Listen hyperbolischer Mannigfaltigkeiten kleinen Volumens zu erstellen.
Chern-Simons-Invariante
Sei
eine geschlossene, orientierbare, hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit und
ihre Monodromiedarstellung, dann gilt für das assoziierte
flache Bündel
,
wobei
die Riemannsche
Chern-Simons-Invariante des Levi-Civita-Zusammenhangs
bezeichnet.
Die rechte Seite dieser Gleichung wird auch als komplexes Volumen bezeichnet.
Das Bild der Fundamentalklasse
unter der Darstellung
definiert eine Homologieklasse
in der erweiterten Bloch-Gruppe und der Rogers-Dilogarithmus
bildet
auf
ab. Das liefert eine explizite Formel für die Chern-Simons-Invariante und einen
alternativen Beweis des Satzes von Yoshida.
Casson-Invariante
Die Casson-Invariante ist eine Invariante 3-dimensionaler Homologiesphären.
Für eine Heegaard-Zerlegung
ist sie
mal die Schnittzahl der
-Charaktervarietäten
und
in
Heegaard-Geschlecht
Das Heegaard-Geschlecht
einer kompakten, orientierbaren 3-Mannigfaltigkeit ist das minimale Geschlecht
der Heegaard-Fläche in einer Heegaard-Zerlegung von
.
Es gilt stets
.
Eine offene Vermutung besagt, dass für hyperbolische Mannigfaltigkeiten
sei. Die Vermutung ist im Allgemeinen falsch für Seifert-Faserungen.
Heegaard-Floer-Homologie
Heegaard-Floer-Homologie ist eine Invariante einer geschlossenen
Spinc-3-Mannigfaltigkeit .
Sie wird mittels Heegaard-Zerlegung von
durch Lagrange-Floer-Homologie konstruiert. Man erhält mehrere Homologiegruppen,
die durch exakte Sequenzen miteinander in Beziehung stehen.
Mittels Heegaard-Floer-Homologie kann man den Unknoten von allen nichttrivialen Knoten unterscheiden.
Reidemeister-Torsion
Mit der Reidemeister-Torsion lassen sich die homotopieäquivalenten Linsenräume unterscheiden, für die andere Invarianten der algebraischen Topologie übereinstimmen.
L2-Invarianten
Weil die Fundamentalgruppen
von 3-Mannigfaltigkeiten residuell
endlich sind, gibt es eine absteigende Folge
mit
und
.
Dann lassen sich nach dem Approximationssatz
von Lück die L2-Bettizahlen durch
berechnen. Die L2-Torsion von 3-Mannigfaltigkeiten ist proportional zum simplizialen Volumen.
Turaev-Viro-Invarianten
Turaev-Viro-Invarianten sind über Zustandssummen definierte Invarianten geschlossener 3-Mannigfaltigkeiten.
Knoteninvarianten
Weil nach dem Satz von Gordon-Luecke Knotenkomplemente genau dann homöomorph sind, wenn die Knoten äquivalent sind, sind Knoteninvarianten wie zum Beispiel Quanteninvarianten und das Alexander-Polynom auch topologische Invarianten von Knotenkomplementen.
Strukturen auf 3-Mannigfaltigkeiten
(G,X)-Struktur
Eine Mannigfaltigkeit hat eine -Struktur
für einen transitiven
G-Raum
,
wenn sie durch offene Mengen („Karten“) lokal homöomorph zu
überdeckt werden kann, so dass die Koordinatenübergänge
Einschränkungen von
Elementen aus
sind.
Eine Modellgeometrie ist eine differenzierbare Mannigfaltigkeit
mit einer differenzierteren Wirkung einer Lie-Gruppe
,
die den folgenden Bedingungen genügt:
ist zusammenhängend und einfach zusammenhängend
wirkt transitiv mit kompakten Stabilisatoren (insbesondere gibt es auf
eine
-invariante Riemannsche Metrik)
ist maximal unter Gruppen, die durch Diffeomorphismen mit kompakten Stabilisatoren auf
wirken
- es gibt mindestens eine kompakte
-Mannigfaltigkeit.
Aus der letzten Bedingung folgt insbesondere, dass
unimodular
sein muss. Es gibt zahlreiche Paare
,
die alle Bedingungen mit Ausnahme der letzten erfüllen, zum Beispiel
,
die Lie-Gruppe der affinen Abbildungen der euklidischen Ebene.
Thurston hat bewiesen, dass es genau acht 3-dimensionale Modellgeometrien gibt:
- den euklidischen
Raum
,
- die dreidimensionale Sphäre
(Oberfläche einer vierdimensionalen Kugel),
- den hyperbolischen
Raum
,
- das Produkt von 2-Sphäre und Gerade,
,
- das Produkt von hyperbolischer Ebene und Gerade,
,
, der universellen Überlagerung der speziellen linearen Gruppe
- die Heisenberg-Gruppe
- die 3-dimensionale auflösbare Lie-Gruppe
.
![](bilder/350px-Reeb_foliation_half-torus_POV-Ray.png)
Blätterung
Jede 3-Mannigfaltigkeit trägt Blätterungen der Kodimension 1, im Allgemeinen haben diese Blätterungen aber Reeb-Komponenten.
Gabai hat bewiesen, dass jede 3-Mannigfaltigkeit mit
eine straffe
Blätterung trägt.
Straffe Blätterungen haben keine Reeb-Komponenten.
Laminierung
Eine Laminierung einer Mannigfaltigkeit
ist eine Blätterung einer abgeschlossenen
Teilmenge von
.
In der Theorie der 3-Mannigfaltigkeiten sind vor allem wesentliche Laminierungen von Bedeutung.
Spezialfälle wesentlicher Laminierungen sind inkompressible Flächen und straffe Blätterungen.
![](bilder/Standard_contact_structure_r_3.png)
Kontaktstruktur
In der 3-dimensionalen Kontaktgeometrie hat man eine Dichotomie zwischen straffen und überdrehten Kontaktstrukturen.
Eliashberg und Thurston haben bewiesen, dass jede Blätterung einer
3-Mannigfaltigkeit (mit Ausnahme der Produktblätterung von )
durch Kontaktstrukturen approximiert werden kann und insbesondere straffe
Blätterungen durch straffe Kontaktstrukturen approximiert werden können.
Mithin folgt aus dem Satz von Gabai die Existenz straffer Kontaktstrukturen auf
3-Mannigfaltigkeiten mit
.
Grundlegende Resultate
Satz von Moise
Der Satz von Moise besagt, dass jede 3-Mannigfaltigkeit eine eindeutige PL-Struktur und eine eindeutige Differentialstruktur besitzt.
Primzerlegung
Als Prim-Zerlegung einer geschlossenen zusammenhängenden -dimensionalen
Mannigfaltigkeit
wird eine Zerlegung als zusammenhängende Summe von endlich vielen
Prim-Mannigfaltigkeiten bezeichnet, also
mit Prim-Mannigfaltigkeiten
(den Primkomponenten).
Die Existenz der Prim-Zerlegung für 3-Mannigfaltigkeiten wurde 1924 von Kneser bewiesen, ihre Eindeutigkeit 1962 von Milnor.
JSJ-Zerlegung
Ein Satz von Jaco-Shalen und Johannson besagt, dass jede irreduzible, geschlossene 3-dimensionale Mannigfaltigkeit eine bis auf Isotopie eindeutige (nicht notwendig zusammenhängende) Seifert-gefaserte Untermannigfaltigkeit mit atoroidalem Komplement besitzt. Diese wird auch als charakteristische Untermannigfaltigkeit bezeichnet.
Die JSJ-Zerlegung ist eine wichtige Voraussetzung für die Geometrisierung von 3-Mannigfaltigkeiten. Jede Seifert-gefaserte Mannigfaltigkeit lässt sich geometrisieren und jede atoroidale irreduzible 3-Mannigfaltigkeit trägt eine hyperbolische Metrik.
Für Mannigfaltigkeiten mit Rand hat man ebenfalls eine JSJ-Zerlegung, hier besteht die charakteristische Untermannigfaltigkeit nicht nur aus Seifert-Faserungen, sondern auch aus I-Bündeln.
Dehns Lemma
Dehns Lemma besagt, dass ein eine immersierte Kreisscheibe in einer 3-Mannigfaltigkeit berandender eingebetteter Kreis auch eine eingebettete Kreisscheibe berandet.
Sphärensatz
Der Sphärensatz besagt, dass es in einer 3-Mannigfaltigkeit mit nichttrivialer zweiter Homotopiegruppe stets eingebettete, nicht null-homotope 2-Sphären geben muss.
Endlichkeitssätze von Kneser und Haken
Der von Wolfgang Haken bewiesene Endlichkeitssatz besagt, dass es zu einer
kompakten, irreduziblen 3-Mannigfaltigkeit
eine ganze Zahl
gibt, so dass für jede Menge von
disjunkten, eingebetteten, zweiseitigen, inkompressiblen Flächen
eine der Komponenten von
ein Produkt
sein muss.
Der entsprechende Satz für eingebettete 2-Sphären war bereits von Kneser bewiesen worden und war der Hauptschritt im Existenzbeweis der Primzerlegung.
Torus-Satz
Es sei
eine orientierbare
irreduzible
3-Mannigfaltigkeit, deren Fundamentalgruppe
eine Untergruppe isomorph zu
enthält. Dann ist
entweder eine Seifert-Faserung
oder es gibt einen eingebetteten
inkompressiblen
Torus
.
Satz über den kompakten Kern
Jede 3-Mannigfaltigkeit
mit endlich
erzeugter Fundamentalgruppe hat einen kompakten Kern, d.h. eine kompakte Untermannigfaltigkeit,
deren Inklusion in
eine Homotopieäquivalenz
ist.
Satz von Lickorish-Wallace
Jede geschlossene, orientierbare, zusammenhängende 3-Mannigfaltigkeit kann
durch Dehn-Chirurgie an einem Link
in der 3-Sphäre konstruiert werden. Man kann sogar erreichen, dass alle
Komponenten von
unverknotet und dass alle Koeffizienten
sind.
Poincaré-Vermutung
Die von Perelman bewiesene Poincaré-Vermutung besagt, dass jede kompakte,
einfach zusammenhängende 3-Mannigfaltigkeit homöomorph zur
ist.
Hyperbolisierung
Die von Grigori Perelman bewiesene Thurston-Vermutung besagt, dass jede atoroidale irreduzible 3-Mannigfaltigkeit eine hyperbolische Metrik trägt.
Geometrisierung
Das Ziel der Geometrisierung ist, nach der Zerlegung einer 3-Mannigfaltigkeit in Grundbausteine auf jedem dieser Bausteine eine charakteristische geometrische Struktur zu finden. Die von Thurston aufgestellte Vermutung, dass dies immer möglich ist, stellt eine Verallgemeinerung der Poincaré-Vermutung dar und wurde von Grigori Perelman mit seinen Arbeiten zum Ricci-Fluss bewiesen.
Präzise besagt die Geometrisierung, dass die Stücke der JSJ-Zerlegung einer
kompakten 3-Mannigfaltigkeit eine -Struktur
tragen.
Seifert-Faserraum-Vermutung
Die von Casson-Jungreis und Gabai bewiesene Seifert-Faserraum-Vermutung
besagt, dass eine 3-Mannigfaltigkeit genau dann eine Seifert-Faserung ist, wenn
das Zentrum
ihrer Fundamentalgruppe isomorph
zur Gruppe der ganzen Zahlen
ist.
Waldhausens Starrheitssatz
Waldhausens Starrheitssatz besagt, dass jede Homotopieäquivalenz zwischen Haken-Mannigfaltigkeiten homotop zu einem Homöomorphismus ist. Insbesondere sind Haken-Mannigfaltigkeiten durch ihre Fundamentalgruppen eindeutig bestimmt.
Waldhausen-Vermutung
Die von Tao Li bewiesene Waldhausen-Vermutung besagt, dass eine geschlossene,
orientierbare, irreduzible, atoroidale 3-Mannigfaltigkeit bis auf Isotopie nur
endlich viele Heegaard-Zerlegungen mit Heegaard-Flächen gegebenen Geschlechts
besitzt.
Smith-Vermutung
Die Smith-Vermutung besagte, dass Diffeomorphismen
endlicher Ordnung
eine unverknotete Fixpunktmenge
haben. Sie wurde in den 80er Jahren mit Hilfe der Geometrisierung von
3-Mannigfaltigkeiten bewiesen.
Satz über zyklische Chirurgie
Sei
eine zusammenhängende, kompakte, orientierbare, irreduzible 3-Mannigfaltigkeit,
die keine Seifert-Faserung ist und deren Rand ein Torus ist. Der Satz über
zyklische Chirurgie besagt: wenn zwei unterschiedliche Dehn-Füllungen zu
Mannigfaltigkeiten mit zyklischen Fundamentalgruppen führen, dann ist die Schnittzahl der Ränder der
Meridiane der beiden eingefüllten Volltori höchstens 1.
Hyperbolische Dehn-Chirurgie
Der von Thurston bewiesene Satz über hyperbolische Dehn-Chirurgie besagt,
dass fast
alle durch Dehn-Chirurgie an einem gegebenen hyperbolischen
Knoten
erzeugten Mannigfaltigkeiten ebenfalls hyperbolisch sind.
Zahmheits-Satz
Die von Agol und Calegari-Gabai bewiesene Marden-Vermutung besagt, dass jede vollständige, 3-dimensionale hyperbolische Mannigfaltigkeit mit endlich erzeugter Fundamentalgruppe topologisch zahm, also homöomorph zum Inneren einer kompakten Mannigfaltigkeit ist.
Lemma von Margulis
Das Lemma von Margulis beschreibt die dünnen Teile einer hyperbolischen Mannigfaltigkeit.
Insbesondere erhält man, dass eine hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit genau dann endliches hyperbolisches Volumen hat, wenn sie das Innere einer kompakten Mannigfaltigkeit ist, deren Rand aus inkompressiblen Tori besteht oder leer ist.
Mostow'scher Starrheitssatz
Hyperbolische Metriken endlichen Volumens sind auf einer 3-Mannigfaltigkeit, wenn sie existieren, eindeutig bis auf Isometrie. Äquivalent gibt es bis auf Konjugation nur eine diskrete Einbettung der Fundamentalgruppe in die Isometriegruppe des 3-dimensionalen hyperbolischen Raumes.
Insbesondere sind geometrisch definierte Invarianten wie Volumen, Chern-Simons-Invariante und Längenspektrum auch topologische Invarianten von hyperbolischen Mannigfaltigkeiten endlichen Volumens.
Geometrisch endliche Kleinsche Gruppen
Sei
eine hyperbolische 3-Mannigfaltigkeit unendlichen Volumens. Die Kleinsche Gruppe
ist geometrisch endlich, wenn sie eine der folgenden äquivalenten
Bedingungen erfüllt:
- es gibt einen Fundamentalpolyeder mit endlich vielen Seitenflächen
- für alle
hat der Dirichlet-Bereich endlich viele Seitenflächen
- der konvexe Kern
von
hat endliches Volumen.
Geometrisch endliche hyperbolische Metriken auf einer gegebenen 3-Mannigfaltigkeit werden durch ihre konformen Ränder (d.h. die Quotienten der Diskontinuitätsbereiche in der Sphäre im Unendlichen) eindeutig bestimmt.
Satz über Endelaminierungen
Ein Ende
einer hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeit
heißt geometrisch endlich, wenn es eine Umgebung besitzt, die vom konvexen Kern
disjunkt ist. Andernfalls heißt das Ende geometrisch unendlich. Wenn ein
Ende
einer hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeit
geometrisch unendlich ist, dann gibt es zu jeder Umgebung
von
eine geschlossene Geodäte
mit
.
Für ein geometrisch unendliches Ende der Form
definiert man die Endenlaminierung als die Laminierung
der Fläche
,
welche man als Grenzwert einer (jeder) Folge von jede kompakte Teilmenge
letztendlich verlassenden Geodäten
erhält.
Der von Jeffrey Brock, Richard Canary und Yair Minsky bewiesene Satz über Endenlaminierungen besagt, dass geometrisch unendliche Enden durch ihre Endenlaminierung eindeutig bestimmt sind.
Satz von Thurston-Bonahon
Der Satz von Thurston-Bonahon besagt, dass eine geschlossene Fläche in einer hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeit entweder quasigeodätisch oder eine virtuelle Faser ist.
Satz über Flächengruppen
Die auf Waldhausen zurückgehende und von Kahn-Markovic bewiesene „surface subgroup conjecture“ besagt, dass die Fundamentalgruppe einer irreduziblen, nicht-sphärischen, geschlossenen 3-Mannigfaltigkeit eine Untergruppe isomorph zu einer Flächengruppe enthält.
Virtuelle Haken-Mannigfaltigkeiten
Die von Ian Agol bewiesene „virtual Haken conjecture“ (VHC) besagt, dass jede 3-Mannigfaltigkeit eine endliche Überlagerung hat, die eine Haken-Mannigfaltigkeit ist.
Virtuelle Faserungen
Die von Ian Agol bewiesene „virtual fibered conjecture“ (VFC) besagt, dass jede geschlossene 3-Mannigfaltigkeit eine endliche Überlagerung hat, die ein Flächenbündel über dem Kreis ist.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.04. 2023