Azeotrop

x-y-Diagramm: Dampf-Flüssig-Gleichgewicht von Chloroform und Methanol, das bei einem Mischverhältnis von 0,65 mol/mol Chloroform und 0,35 mol/mol Methanol azeotropes Verhalten zeigt.

Ein Azeotrop oder azeotropes Gemisch (griechisch a- „nicht“, zeo- „siedend“, tropos „Wendung“, hier im Sinne von „Änderung“) ist eine aus zwei oder mehr chemischen Verbindungen bestehende Flüssigkeit, deren Dampfphase dieselbe Zusammensetzung hat wie die flüssige Phase. Das Gemisch hat einen konstanten Siedepunkt und lässt sich nicht durch einfache Destillation trennen; es verhält sich also wie ein Reinstoff. Azeotropie ist das Gegenteil von Zeotropie.

Physikalischer Hintergrund

In azeotropen Gemischen berühren sich im p-x-Phasendiagramm die Siede- und die Kondensationskurven der Komponenten im azeotropen Mischungsverhältnis. Im x-y-Diagramm wird die x=y-Linie geschnitten (siehe Abbildung).

Azeotrope bilden sich, wenn die Partialdampfdrücke der Komponenten einer Mischflüssigkeit stark von den sich für eine ideale Mischung aus dem Raoultschen Gesetz ergebenden Dampfdrücken abweichen. Zwei Komponenten (z.B. HCl/H2O), die miteinander stärkere Wechselwirkungen als im Reinstoff aufweisen, bilden dabei ein Azeotrop mit Dampfdruckminimum/Siedepunktsmaximum; der Zusammenhalt zwischen HCl und H2O ist größer als zwischen H2O-Molekülen oder HCl-Molekülen. Zwei Komponenten, wie Ethanol und Wasser, die untereinander schwächere Wechselwirkungen aufweisen als in den Reinstoffen, bilden ein Azeotrop mit Dampfdruckmaximum bzw. Siedepunktsminimum. Das tritt typischerweise auf, wenn sich die Komponenten in ihrer Polarität deutlich unterscheiden.

Substanzen, die sich sehr ähnlich sind, wie die unterschiedlichen Alkane, bilden keine Azeotrope und können destillativ sauber getrennt werden. Auch Gemische von schwerem und leichtem Wasser lassen sich, über eine Kolonne mit entsprechend vielen Böden, trotz des kleinen Abstandes der Siedepunkte auseinanderdestillieren.

Azeotroptypen

Druckminimum oder Druckmaximum

Man unterscheidet zwei unterschiedliche Arten von Azeotropen:

Heteroazeotrop oder homogenes Azeotrop

Bei Komponenten, die sich nicht vollständig ineinander lösen, kann ein Azeotrop in der Mischungslücke liegen. In diesem Fall wird von einem Heteroazeotrop gesprochen. Für den Fall, dass die azeotrope Zusammensetzung sich im mischbaren Bereich befindet, oder die Komponenten beliebig mischbar sind, wird von einem homogenen Azeotrop gesprochen.

Bei einem Heteroazeotrop haben die Flüssigkeit und der Dampf nicht die gleiche Zusammensetzung, da die flüssige Phase bei der azeotropen Zusammensetzung instabil ist und in zwei Phasen zerfällt. Diese Eigenschaft wird bspw. bei der Azeotroprektifikation benutzt, um ein azeotropes Gemisch durch einen Flüssig-Flüssig-Phasenscheider zu trennen.

Sattelazeotrop

Methanol/Chloroform/Aceton-Sattelazeotrop
(berechnet mit mod. UNIFAC)

Ein Sattelazeotrop tritt nur in ternären und höheren Gemischen auf. Es zeichnet sich dadurch aus, dass das ternäre (oder höhere) Azeotrop zwischen den Siedepunkten der reinen Stoffe liegt und damit weder ein Druckmaximum- noch ein Druckminimumazeotrop bildet.

Ein typisches Beispiel ist das ternäre Gemisch aus Chloroform, Methanol und Aceton. Das ternäre Azeotrop liegt dabei bei

T [K] P [kPa] xAceton [mol/mol] xChloroform [mol/mol] xMethanol [mol/mol]
331,02 101,325 0,316 0,238 0,446

In diesem System bilden auch alle binären Subsysteme Azeotrope, Aceton/Chloroform ein Druckminimum-, Aceton/Methanol und Methanol/Chloroform ein Druckmaximumazeotrop.

Die Bezeichnung „Sattelazeotrop“ leitet sich direkt aus der Form des dreidimensional gezeichneten Dampf-Flüssigkeit-Gleichgewichts ab.

Physikalische Trennverfahren für Azeotrope

Da azeotrope Gemische aus Bestandteilen mit recht unterschiedlichen Eigenschaften bestehen (s.o.), lassen sie sich meist leicht durch andere gängige Trennmethoden außer Destillation auftrennen. Beispiele wären Chromatographie, Zugabe geeigneter Molekularsiebe oder Trockenmittel wie Magnesiumsulfat, Auskristallisieren einer Komponente bei niedrigen Temperaturen. Durch Druckänderung kann die Zusammensetzung des Azeotropes in die gewünschte Richtung verändert werden.

Azeotrope Rektifikation

Beim mehrfachen Destillieren eines Ethanol-Wasser-Gemisches erhält man ein Azeotrop aus 95,58 % Ethanol und 4,42 % Wasser, das durch Destillation nicht weiter zu trennen ist und bei 78,17 °C siedet.

Durch Zusatz einer dritten Komponente kann dieses Azeotrop jedoch getrennt werden. So bildet das Wasser-Ethanol-Gemisch durch Zugabe von Benzol ein Azeotrop mit drei Komponenten (ein ternäres Azeotrop), das bei 64,9 °C siedet. Nun kann dieses Wasser-Benzol-Ethanol-Gemisch abdestilliert und somit das Wasser nach und nach aus der flüssigen Phase ausgeschleppt werden. Zurück bleibt ein Benzol-Ethanol-Gemisch, von dem sich das Benzol durch normale Destillation abtrennen lässt, sodass man wasserfreies Ethanol erhält.

Dampfpermeation und Pervaporation

Eine weitere Möglichkeit, ein azeotropes Ethanol-Wasser-Gemisch zu trennen, ist die Dampfpermeation. Dabei wird das Gemisch verdampft und durch eine Membraneinheit geführt. Die Membran funktioniert wie ein Filter, d.h., deren Poren lassen nur eine Komponente passieren – hier also das Wasser. Treibende Kraft für die Trennung des Gemisches ist ein Druckunterschied zwischen dem Innenraum und dem Außenraum und die Selektivität der Membran. Somit tritt das Wasser durch die Membran durch (Permeat) und das wasserfreie Ethanol bleibt auf der anderen Seite der Membran (Retentat). So kann man Ethanol mit einer Reinheit von bis zu 99,97 % erhalten.

Im Unterschied zur Dampfpermeation wird bei der Pervaporation das flüssige Gemisch an der Membran vorbeigeführt.

Azeotrope Destillation

Die Bildung von Azeotropen kann genutzt werden, um einen Stoff aus einem Gemisch „herauszuschleppen“. Beispielsweise wird in der chemischen Reaktionstechnik zur Abtrennung von Wasser aus einem Reaktionsgemisch häufig Toluol als Schleppmittel eingesetzt. Toluol bildet mit Wasser ein Minimum-Azeotrop. Im Kondensat entmischen sich die beiden Flüssigkeiten wieder und bilden zwei Phasen. Das Toluol, die obere Phase, wird durch einen Wasserabscheider im Kreislauf der Reaktion wieder zugeführt. Das Wasser wird abgetrennt, und anhand der gebildeten Wassermenge kann der Reaktionsverlauf beobachtet werden.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 04.08. 2024