1,4-Dioxan

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus  Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar.
  • Verursacht schwere Augenreizung.
  • Kann die Atemwege reizen.
  • Kann Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
EUH:
  • Kann explosionsfähige Peroxide bilden.
  • Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen.
P:
  • Vor Gebrauch alle Sicherheitshinweise lesen und verstehen.
  • Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen und anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen.
  • Behälter dicht verschlossen halten.
  • Behälter und zu befüllende Anlage erden.
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
  • Bei Exposition oder falls betroffen: Ärztlichen Rat Einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen.
[2]
Zulassungs­verfahren unter REACH besonders besorgnis­erregend: krebs­erzeugend (CMR), ernst­hafte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt gelten als wahrscheinlich[5]
MAK
  • DFG: 20 ml/m3[2]
  • Schweiz: 20 ml/m3 bzw. 72 mg·m−3[6]
Toxikologische Daten 5700 mg/kg (LD50Mausoral)[1]

1,4-Dioxan ist ein alicyclischer Diether und als solcher eine heterocyclische organische Verbindung.

Strukturformel
Strukturformel von 1,4-Dioxan
Allgemeines
Name 1,4-Dioxan
Andere Namen
  • 1,4-Dioxacyclohexan
  • Glycolethylenether
  • Glycolethylether
  • Diethylendioxid
  • Ethylendioxid
  • Tetrahydro-1,4-dioxin
Summenformel C4H8O2
Kurzbeschreibung farblose, brennbare, etwas ölige, angenehm riechende Flüssigkeit[1]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer Extern 123-91-1
EG-Nummer 204-661-8
ECHA-InfoCard Extern 100.004.239
PubChem Extern 31275
ChemSpider Extern 29015
DrugBank Extern DB03316
Eigenschaften
Molare Masse 88,11 g/mol
Aggregatzustand flüssig[1]
Dichte 1,03 g/cm3[1]
Schmelzpunkt 11,8 °C[1]
Siedepunkt 101 °C[1]
Dampfdruck
  • 38,4 hPa (20 °C)[2]
  • 63,9 hPa (30 °C)[2]
  • 102 hPa (40 °C)[2]
  • 159 hPa (50 °C)[2]
Löslichkeit mischbar mit Wasser, Ethanol, Diethylether und Aceton[1]
Brechungsindex

1,422 (20 °C)[3]

Gewinnung und Darstellung

Die kommerzielle Herstellung von 1,4-Dioxan erfolgt weitestgehend durch säurekatalysierte Dehydratisierung und gleichzeitiger Cyclisierung von Diethylenglycol bei Temperaturen von 130–200 °C und leichtem Unter- bzw. Überdruck von 0,25–1,1 bar.[7]

Industrielle Synthese von 1,4-Dioxan durch säurekatalysierte Dehydratisierung und Cyclisierung von Diethylenglycol
Industrielle Synthese von 1,4-Dioxan durch säurekatalysierte Dehydratisierung und Cyclisierung von Diethylenglycol

Man verwendet verdünnte Schwefelsäure (bis 5 %), Phosphorsäure, p-Toluolsulfonsäure oder auch stark saure Kationenaustauscher und destilliert das gebildete Dioxan kontinuierlich aus dem Reaktionsgemisch ab. Das Rohprodukt wird neutralisiert und in Rektifikationskolonnen destillativ gereinigt. Bei diesem Prozess sind Ausbeuten im Bereich von 90 % erreichbar.[7]

1,4-Dioxan fällt in großen Mengen als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Polyethylenglycol (PEG) und Ethersulfaten wie SLES an.[8][9]

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

3D-Darstellung des 1,4-Dioxan

1,4-Dioxan ist eine farblose und niedrigviskose Flüssigkeit, die bei Normaldruck bei 101 °C siedet. Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,58135, B = 1570,093 und C = −31.297 im Temperaturbereich von 293 bis 378 K.[10] In fester Phase existieren zwei unterschiedliche Kristallformen. Bei 0 °C wandelt sich Form II in Form I um, die bei 11 °C schmilzt.[11] Die Umwandlungsenthalpie beträgt 2,351 kJ/mol, die Schmelzenthalpie 12,845 kJ/mol.[11] Der cyclische Diether ist beliebig mit Wasser mischbar.

Das Molekül liegt wie Cyclohexan oder Pyranosen hauptsächlich in der inversionssymmetrischen Sesselform vor. Für das Dipolmoment von 0,45 D (zum Vergleich: Tetrahydrofuran hat ein Dipolmoment von 1,63 D) sind weitere Konformere, insbesondere die Wannenform verantwortlich.

Dioxan ist mit den meisten organischen Lösungsmitteln und Wasser gut mischbar. Bei Normaldruck wird in dem binären System Dioxan/Wasser bei 82,1 Massenprozent Dioxan ein azeotroper Siedepunkt von 87,6 °C beobachtet.[12]

Sicherheitstechnische Kenngrößen

Dioxan bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 11 °C.[2] Der Explosionsbereich liegt zwischen 1,4 Vol.‑% (51 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 22,5 Vol.‑% (820 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[2] Eine Korrelation der Explosionsgrenzen mit der Dampfdruckfunktion ergibt einen unteren Explosionspunkt von 9 °C sowie einen oberen Explosionspunkt von 58 °C.[2] Der maximale Explosionsdruck beträgt 9,1 bar.[2] Die Grenzspaltweite wurde mit 0,7 mm bestimmt.[2][13] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIB.[13] Die Zündtemperatur beträgt 375 °C.[13] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2. Die elektrische Leitfähigkeit ist mit 5·10−13 S·m−1 sehr gering.[14]

Verwendung

Da 1,4-Dioxan relativ inert und gut mischbar mit anderen Lösungsmitteln ist, findet es Verwendung als Lösungsmittel z. B. bei der Produktion von Klebstoffen, Abbeizmitteln, Farbstoffen, Entfettern, Gewebereinigern und Papier.[15] Als Methylchloroform noch intensiv eingesetzt wurde, war 1,4-Dioxan der übliche Stabilisator (2–8 % Anteil).[16]

Die EU stufte 1,4-Dioxan 2021 als besonders besorgniserregenden Stoff (SVHC) ein.[5]

Auftreten von 1,4-Dioxan in Umwelt und Trinkwasser

In Oder, Main und Rhein wurde der Stoff in Konzentrationen zwischen 0,86 und 2,2 µg/L nachgewiesen, in deutschen Trinkwässern in Konzentrationen bis zu 0,6 µg/L.[17] Im Beobachtungszeitraum 11/2014–09/2015 wurden im Rhein Konzentrationen zwischen 0,5 µg/L und 2 µg/L nachgewiesen; im Mittel waren noch 0,5 µg/L im Uferfiltrat vorhanden.[18] Der Stoff kann mittels der üblicherweise eingesetzten technischen Methoden der Wasseraufbereitung (Ozonung, Aktivkohlebehandlung) nicht entfernt werden.[19] 2016 wurden in der Alz/Bayern[20] erhöhte Gehalte an 1,4-Dioxan nachgewiesen. Die Hauptemittenten (Hersteller von Papier, Kunstfasern und Tensiden) wurden identifiziert und Gegenmaßnahmen eingeleitet.[19] Die bislang höchste nachgewiesene Konzentration von 1,4-Dioxan in einem bayerischen oberflächenwasserbeeinflussten Brunnen lag bei 2,4 μg/L.[15]

In Deutschland gilt ein Trinkwasserleitwert von 5 µg/L, der nicht überschritten werden sollte.[19] In den USA hingegen wird eine health-based reference concentration von 0,35 µg/L angewendet.[21] Ein umfangreiches Monitoring der öffentlichen Trinkwasserversorgung in den USA (~35.000 Proben, 4864 Trinkwassersysteme) ergab eine Detektionshäufigkeit von 21 % und in 6,9 % wurde eine Überschreitung der abgeleiteten Referenzkonzentration von 0,35 µg/L festgestellt.[21]

Gesundheitliche Aspekte

Da 1,4-Dioxan als Zwischenprodukt der Synthese von Natriumdodecylpoly(oxyethylen)sulfat anfällt, kann es auch in messbaren Mengen in Kosmetikprodukten wie Shampoo oder Zahnpasta vorkommen. Eine krebserregende Wirkung ist bisher weder sicher nachgewiesen noch sicher auszuschließen.National Toxicology Program des amerikanischen Bundesgesundheitsministeriums kommt zu dem Schluss, die Substanz sei „reasonably anticipated to be a human carcinogen based on sufficient evidence of carcinogenicity from studies in experimental animals“, stehe also in dem begründeten Verdacht, in Menschen karzinogen zu sein, nachdem entsprechende Effekte in Tieren nachgewiesen worden sind. Laut amerikanischer Arzneimittelbehörde FDA sind jedoch die gemessenen Werte in Produkten für Endkonsumenten sowohl unbedenklich als auch im Vergleich zur Vergangenheit – aufgrund verbesserter Herstellungsverfahren – rückläufig.[23]

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b c d e f g Eintrag zu 1,4-Dioxan. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag.
  2. Hochspringen nach: a b c d e f g h i j k l Eintrag zu Extern 1,4-Dioxan in der GESTIS-Stoffdatenbank des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
  3. Datenblatt Extern 1,4-Dioxan bei Sigma-Aldrich (Extern PDF).
  4. Eintrag zu Extern 1,4-dioxane im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung Extern erweitern.
  5. Hochspringen nach: a b Extern Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur.
  6. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Extern Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 123-91-1 bzw. 1,4-Dioxan).
  7. Hochspringen nach: a b Kenneth S. Surprenant: Dioxane. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley‐VCH Verlag, 15. Juni 2000, doi:Extern 10.1002/14356007.a08_545.
  8. Extern 1,4-Dioxan: Was tun?, PROCESS 4-2006.
  9. Extern Lead the charge to reformulate for 1,4-Dioxane limits, BASF US.
  10. J. L. Crenshaw, A. C. Cope, N. Finkelstein, R. Rogan: The Dioxanates of the Mercuric Halides. In: J. Am. Chem. Soc. 60, 1938, S. 2308–2311, doi:10.1021/ja01277a010.
  11. Hochspringen nach: a b C. J. Jacobs, G. S. Parks: Thermal data on organic compounds. XIV. Some heat capacity, entropy and free energy data for cyclic substances. In: J. Am. Chem. Soc. 56, 1934, S. 1513–1517, Extern doi:10.1021/ja01322a020.
  12. C. H. Schneider, C. C. Lynch: The Ternary System: Dioxane-Ethanol-Water. In: J. Am. Chem. Soc. 65 (6), 1943, S. 1063–1066, Extern doi:10.1021/ja01246a015.
  13. Hochspringen nach: a b c E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.
  14. Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 727, BG RCI Merkblatt T033 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen, Stand August 2016, Jedermann-Verlag Heidelberg, ISBN 978-3-86825-103-6 (Extern PDF).
  15. Hochspringen nach: a b LfU Bayern: Extern PM 44/16: Umweltmonitoring wird ausgeweitet, 30. November 2016.
  16. Thomas K.G. Mohr, Santa Clara Valley Water District: Extern Solvent Stabilizers White Paper, 14. Juni 2001.
  17. Daria K. Stepien, Peter Diehl, Johanna Helm, Alina Thoms, Wilhelm Püttmann: Fate of 1,4-dioxane in the aquatic environment: from sewage to drinking water. In: Water Research. Band 48, 1. Januar 2014, S. 406–419, doi:Extern 10.1016/j.watres.2013.09.057, Extern PMID 24200013.
  18. Arbeitsgemeinschaft Rhein-Wasserwerke e. V.: Jahresbericht 2015. Hrsg.: Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Rhein-Wasserwerke e. V. 2015 (Extern riwa-rijn.org [PDF]).
  19. Hochspringen nach: a b c Heinz Rüdel, Wolfgang Körner, Thomas Letzel, Michael Neumann, Karsten Nödler: Persistent, mobile and toxic substances in the environment: a spotlight on current research and regulatory activities. In: Environmental Sciences Europe. Band 32, Nr. 1, Dezember 2020, S. 5, doi:Extern 10.1186/s12302-019-0286-x.
  20. Extern 1,4-Dioxan. Bayerisches Landesamt für Umwelt.
  21. Hochspringen nach: a b David T. Adamson, Elizabeth A. Piña, Abigail E. Cartwright, Sharon R. Rauch, R. Hunter Anderson: 1,4-Dioxane drinking water occurrence data from the third unregulated contaminant monitoring rule. In: Science of the Total Environment. Band 596–597, 15. Oktober 2017, S. 236–245, doi:Extern 10.1016/j.scitotenv.2017.04.085, Extern PMID 28433766.
  22. BASF: Extern Lead the charge to reformulate for 1,4-Dioxane limits,
  23. FDA: Extern 1,4-Dioxane in Cosmetics: A Manufacturing Byproduct,
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 01.08. 2024