Singulärwertzerlegung
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Eine Singulärwertzerlegung (Abk.: SWZ oder SVD für Singular Value Decomposition) einer Matrix bezeichnet deren Darstellung als Produkt dreier spezieller Matrizen. Daraus kann man die Singulärwerte der Matrix ablesen. Diese charakterisieren, ähnlich den Eigenwerten, Eigenschaften der Matrix. Singulärwertzerlegungen existieren für jede Matrix – auch für nicht-quadratische Matrizen.
Definition
Als Singulärwertzerlegung einer komplexen
-Matrix
mit Rang
bezeichnet man ein Produkt der Gestalt
wobei
eine unitäre
-Matrix ist,
die Adjungierte einer unitären
-Matrix
und
eine reelle
-Matrix der Gestalt
- mit
ist.
Die positiven Diagonaleinträge ,
von
heißen Singulärwerte von
.[1]
Die Singulärwerte und damit auch die Matrix
sind durch
eindeutig bestimmt.
Die Spaltenvektoren
von
heißen Links-Singulärvektoren, die Spaltenvektoren
von
heißen Rechts-Singulärvektoren (zum Index
)
der Matrix
.
Eigenschaften
Jede Matrix besitzt mindestens eine Singulärwertzerlegung. Bei einer reellen
Matrix können die Matrizen
und
der Zerlegung reell gewählt werden.
Wegen
ist
ähnlich
zu
.
Damit sind die Singulärwerte der Matrix
gleich den Quadratwurzeln aus den positiven Eigenwerten von
.
Daher ist die Spektralnorm
von
gleich dem größten Singulärwert
.
Einsetzen und Nachrechnen zeigt, dass sich die Pseudoinverse
(bei Invertierbarkeit die Inverse) zu
aus
mit
ergibt. Somit sind die Singulärwerte der Inversen zu
genau
,
und die auf die Spektralnorm bezogene Konditionszahl
von
ergibt sich zu
.
Da unitäre Transformationen den Betrag der Determinante nicht ändern, gilt
falls
eine quadratische Matrix mit
ist.
Es gilt
und
d.h. die Paare aus Singulärwert und Singulärvektoren kennzeichnen
Längenänderung und Richtung im Bildraum durch die lineare Transformation
bzw.
,
jeweils auf den Vektoren eines Orthonormalsystems im Urbildraum.
Ökonomische Variante der Singulärwertzerlegung
Sei
die Singulärwertzerlegung einer -Matrix
.
Im Falle
gibt es eine „ökonomische Variante“ der Singulärwertzerlegung der Gestalt
.
Hierbei ist
diejenige
-Matrix,
deren Spalten aus den ersten
Spalten von
bestehen, und
besteht aus den ersten
Spalten von
.
Analog ist die ökonomische Variante im Falle
wie folgt gegeben:
,
wobei
die ersten
Spalten von
enthält und
die ersten
Zeilen von
.
Numerische Bestimmung der Singulärwertzerlegung
Da die Singulärwerte mit den Eigenwerten der Matrix
zusammenhängen, wäre ein naheliegender Algorithmus
zur numerischen
Bestimmung einer Singulärwertzerlegung der Matrix die numerische Lösung des
symmetrischen
Eigenwertproblems
zu
.
Allerdings ist ein solcher Algorithmus numerisch
instabil, da durch das Produkt die Konditionszahl quadriert
wird, und zudem aufgrund der benötigten Matrizenprodukte auch
sehr aufwändig.
In den 1960er Jahren entwickelte vor allem Gene Golub stabile iterative
Algorithmen zur Berechnung einer Singulärwertzerlegung, die direkt die Matrix
transformieren, womit die Zerlegung praktisch nutzbar wurde. Diese gehen von der
symmetrischen bzw. selbstadjungierten Blockmatrix
aus, deren Eigenwerte die Singulärwerte und deren Negative sowie Null sind.
Das ursprüngliche Verfahren wurde von ihm 1965 mit William Kahan und ein
iteratives 1970 mit Christian Reinsch veröffentlicht. Die Verfahren formen die Matrix zunächst in eine
günstigere Gestalt um: Mit Hilfe von orthogonalen Transformationen – etwa durch
Householder-Transformationen
– wird die Matrix auf Bidiagonalform gebracht. Nach diesem Zwischenschritt
erlaubt eine modifizierte Form des QR-Algorithmus
eine effiziente numerische Bestimmung der Singulärwerte. Der Aufwand liegt bei
ca.
arithmetischen Operationen.
Anwendung
Die Singulärwertzerlegung wird insbesondere in der numerischen Mathematik verwendet. Damit lassen sich beispielsweise fast singuläre lineare Gleichungssysteme im Rahmen rechentechnischer Genauigkeiten passabel lösen.
In der Statistik ist die Singulärwertzerlegung der rechnerische Kern der Hauptkomponentenanalyse, dort auch Karhunen-Loève-Transformation genannt.
Einige moderne Bildkompressionsverfahren
beruhen auf einem Algorithmus, der das Bild (=Matrix aus Farbwerten) in eine
Singulärwertzerlegung überführt, anschließend nur die stark von null
verschiedenen Elemente der Matrix
berücksichtigt und dann die zur Rückgewinnung der Matrix erforderlichen Vektoren
sowie die verbliebenen Diagonalelemente speichert. Besonders effektiv ist diese
Kompression bei bestimmten rechteckigen Mustern und natürlich umso effektiver,
je größer (und je quadratähnlicher) das Bild ist. Dies ist eine mögliche
Anwendung von Modellreduktion. Das Weglassen von kleinen Singulärwerten ist ein
verlustbehaftetes Modellreduktionsverfahren.
In der Teilchenphysik
benutzt man die Singulärwertzerlegung, um Massenmatrizen von Dirac-Teilchen zu
diagonalisieren. Die Singulärwerte geben die Massen der Teilchen in ihren
Masseneigenzuständen an. Aus den Transformationsmatrizen
und
konstruiert man Mischungsmatrizen wie die CKM-Matrix,
die ausdrücken, dass die Masseneigenzustände von Teilchen aus einer Mischung von
Flavoureigenzuständen
bestehen können.
Die Singulärwertzerlegung ist der Kern der Latent Semantic Analysis, eines Verfahrens des Information Retrieval, das hilft, in großen Textkollektionen latente Konzepte aufzudecken, anhand derer dann z.B. unterschiedlich bezeichnete Informationen zum gleichen Thema gefunden werden können.
In der Regelungstheorie ist Singulärwertzerlegung eine der Grundlagen für die Entwicklung von robusten Reglern.
Anmerkungen
- ↑ Der größte und kleinste Singulärwert einer quadratischen Matrix wurde Mitte des 20. Jahrhunderts auch als „obere Grenze“ bzw. „untere Grenze“ der Matrix bezeichnet, siehe Grenze (obere u. untere) einer quadratischen Matrix. In: J. Naas, H. L. Schmid: Mathematisches Wörterbuch. B. G. Teubner, Stuttgart, 1979, ISBN 3-519-02400-4.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.02. 2021