Zufallsmatrix
In Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik (mit Hauptanwendungen in der theoretischen Physik) ist eine Zufallsmatrix eine matrixwertige Zufallsvariable (englisch Random Matrix). Die Verteilung einer Zufallsmatrix wird zur Abgrenzung von den multivariaten Verteilungen eine matrixvariate Wahrscheinlichkeitsverteilung genannt.
Viele wichtige Eigenschaften physikalischer Systeme können mathematisch mit Matrizen formuliert werden und Zufallsmatrizen tauchen so in Problemen der statistischen Mechanik auf. Beispielsweise kann die Wärmeleitfähigkeit eines kristallinen Festkörpers direkt aus der sogenannten dynamischen Matrix der Teilchen-Teilchen-Wechselwirkung des Kristallgitters berechnet werden.
Zur Motivierung: Ungeordnete Systeme
Im Fall eines ungeordneten physikalischen Systems (z.B. bei sog. amorphem Material) sind die betreffenden Matrix-Elemente Zufallsgrößen. Die Physik dieser Systeme kann im Wesentlichen durch die Kenngrößen der jeweiligen Matrizen erfasst werden, z.B. durch Mittelwert und Schwankung der jeweiligen Größe. Von speziellem Interesse sind die Eigenvektoren und die Eigenwerte der Zufallsmatrizen.
Spektraltheorie der Zufallsmatrizen
Mathematiker und Physiker haben viele bemerkenswerte theoretische Zusammenhänge und empirische Nachweise zur Theorie der Zufallsmatrizen erarbeitet. Eines der wichtigsten Ergebnisse ist das sogenannte Wigner’sche Gesetz (Eugen Wigner): Es besagt, dass das Spektralmaß der Eigenwerte einer symmetrischen Zufallsmatrix, in der Physik bekannt als die sogenannte Zustandsdichte, einer charakteristischen Halbkreis-Verteilung genügt. Dabei geht es um N × N-Matrizen mit Gauß-verteilten Elementen im Limes . Das Wigner’sche Gesetz gilt nicht nur für symmetrische Matrizen (sog. orthogonales Ensemble) sondern mit leichten Modifikationen auch für unitäre oder symplektische Matrizen (sog. unitäres bzw. symplektisches Ensemble).
Anwendungen
- Anwendungen betreffen unter anderem in der Mathematik die L-Funktionen von Dirichlet und Anderen. Ferner gibt es natürlich zahlreiche Anwendungen in der Zahlentheorie, in der Operatoralgebra, und in der sogenannten freien Wahrscheinlichkeitstheorie.
- In der Physik gibt es Anwendungen u.a. bei magnetischen Systemen, z.B. bei Multilagensystemen magnetischer Dünnschicht-Systeme, dem Quanten-Hall-Effekt, sogenannter Quanten-Dots und bei Supraleitern.
- Anwendungen in der Kernphysik betreffen u.a. das oben erwähnte Gauß’sche orthogonale, das unitäre und das symplektische Ensemble: Energiespektrum und Wirkungsquerschnitt eines Atomkerns sind zwar extrem komplex, aber gerade deshalb der Theorie des sogenannten chaotischen Verhaltens zugänglich.
- Weitere Anwendungen betreffen die Signalverarbeitung und drahtlose Netzwerke.
- sowie das sogenannte Quantenchaos und die mesoskopische Physik.
- Ferner gibt es Anwendungen in der sog. Quantengravitation bei zweidimensionalen Systemen.
- Aus aktuellen Untersuchungen ergibt sich als Vermutung, dass die Theorie der Zufallsmatrizen zu Verbesserungen bei Suchmaschinen im Web führen könnte.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 20.08. 2024