Hardy-Raum
In der Funktionentheorie
ist ein Hardy-Raum
ein Funktionenraum holomorpher
Funktionen auf bestimmten Teilmengen von
.
Hardy-Räume sind die Entsprechungen der
-Räume
in der Funktionalanalysis.
Sie werden nach Godfrey Harold Hardy benannt, der sie 1914
einführte.
Definition
Üblicherweise werden zwei Klassen von Hardy-Räumen definiert, abhängig von
dem Gebiet
in der komplexen Ebene, auf dem ihre Funktionen definiert sind.
Hardy-Räume auf der Einheitskreisscheibe
Sei
die Einheitskreisscheibe in
.
Dann besteht für
der Hardy-Raum
aus allen holomorphen Funktionen
,
für die gilt
Der Wert des Terms auf der linken Seite dieser Ungleichung wird als „-Norm“
von
bezeichnet, in Symbolen
.
Für
setzt man
und definiert
als Raum aller holomorphen Funktionen
,
für die dieser Wert endlich ist.
Hardy-Räume auf der oberen Halbebene
Sei
die obere
Halbebene in
.
Dann besteht für
der Hardy-Raum
aus allen holomorphen Funktionen
,
für die gilt
Der Wert des Terms auf der linken Seite dieser Ungleichung wird ebenfalls als
„-Norm“
von
bezeichnet, in Symbolen
.
Für
setzt man
und definiert
als Raum aller holomorphen Funktionen
,
für die dieser Wert endlich ist.
Wenn allgemein von Hardy-Räumen
die Rede ist, ist in der Regel klar, welche der beiden Klassen gemeint ist (also
ob
oder
);
üblicherweise ist es der Raum
von Funktionen auf der Einheitskreisscheibe
.
Faktorisierung
Für
kann jede Funktion
als Produkt
geschrieben werden, worin
eine äußere Funktion und
eine innere Funktion ist.
Für
auf der Einheitsscheibe beispielsweise ist
eine innere Funktion genau dann, wenn
auf der Einheitskreisscheibe gilt und der Grenzwert
für fast
alle
existiert und sein absoluter
Betrag gleich 1 ist.
ist eine äußere Funktion, wenn
für einen reellen Wert
und eine reellwertige und auf dem Einheitskreis
integrable Funktion
.
Weitere Eigenschaften
- Für
sind die Räume
Banachräume.
- Für
gilt
und
.
- Für
gilt
. Dabei sind alle diese Inklusionen echt.
Reelle Hardy-Räume
Aus den Hardy-Räumen der oberen Halbebene entwickelten Elias Stein und Guido Weiss
die Theorie der reellen Hardy-Räume .
Definition
Sei
eine Schwartz-Funktion auf
und
für t > 0 eine Dirac-Folge.
Sei
eine temperierte
Distribution, so sind die radiale Maximalfunktion
und die nicht-tangentiale Maximalfunktion
definiert durch
Hierbei bezeichnet
die Faltung
zwischen einer temperierten Distribution und einer Schwartz-Funktion.
Charles Fefferman und Elias M. Stein bewiesen für
und
,
dass die folgenden drei Bedingungen äquivalent sind:
für ein
mit
,
für ein
mit
,
für jedes
und
ist in einer geeigneten Teilmenge
gleichmäßig beschränkt in
.
Man definiert den reellen Hardy-Raum
als den Raum, welcher alle temperierten Distributionen enthält, die die obigen
Bedingungen erfüllen.
Atomare Zerlegung
Insbesondere -Funktionen
haben die Eigenschaft, dass man sie in eine Reihe
"kleiner" Funktionen sogenannter Atome zerlegen kann. Ein
-Atom
ist für
eine Funktion
,
so dass gilt:
hat ihren Träger in einem Ball
;
fast überall; und
für alle
mit
.
Die Forderungen 1 und 2 garantieren die Ungleichung
und die Forderung 3 bringt die stärkere Ungleichung
.
Der Satz über die atomare Zerlegung sagt nun, für
mit
kann
als Reihe von
-Atomen
geschrieben werden. Dabei ist
eine Folge komplexer Zahlen mit
.
Die Reihe
konvergiert im Distributionensinne und es gilt weiter
.
Verbindung zu den Hardy-Räumen
Wie oben schon erwähnt, sind die reellen Hardy-Räume aus den Hardy-Räumen der
Funktionentheorie heraus entwickelt worden. Dies wird im folgenden Abschnitt
erläutert, jedoch beschränken wir uns hier auf den Fall .
Der interessante Fall
wird also mit abgehandelt und für
erhält man die ganze Spanne
.
Seien
Funktionen auf der oberen Halbebene, welche die verallgemeinerten Cauchy-Riemann'schen Differentialgleichungen
und
für
erfüllen.
Jede Funktion
ist also eine harmonische
Funktion und im Fall
entsprechen die verallgemeinerten Cauchy-Riemann'schen Differentialgleichungen
genau den normalen Cauchy-Riemann-Gleichungen. Somit gibt es also eine
holomorphe Funktion
bezüglich der Variablen
.
Nach einem weiteren Satz von Fefferman und Stein erfüllt eine harmonische
Funktion
genau dann eine der drei äquivalenten
-Bedingungen,
falls eine Funktion
existiert, welche den verallgemeinerten Cauchy-Riemann'schen
Differentialgleichungen genügt und welche
-beschränkt
ist, was
bedeutet.
Weitere Eigenschaften
- Für
gilt analog
. Also auch die reellen Hardy-Räume können für diese p mit den entsprechenden
-Räumen identifiziert werden.
- Für den Fall
kann man
als echte Teilmenge von
auffassen.
liegt für
dicht in
.
- Der Hardy-Raum
ist nicht reflexiv, der Funktionenraum BMO ist sein Dualraum.
Anwendungen
Hardy-Räume finden Anwendung in der Funktionalanalysis
selbst, aber ebenso in der Kontrolltheorie
und in der Streutheorie.
Sie spielen auch in der Signalverarbeitung
eine grundlegende Rolle. Einem reellwertigen Signal ,
das für alle
von endlicher Energie ist, ordnet man das analytische
Signal
zu, so dass
.
Ist
,
so ist
und
(Die Funktion
ist die Hilberttransformierte
von
).
Beispielsweise ist für ein Signal
,
dessen zugeordnetes analytisches Signal
ist, durch
gegeben.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 08.12. 2020