Diskriminante

Die Diskriminante (lateinisch discriminare = unterscheiden) ist ein Rechenausdruck, der Aussagen über Zahl und Art der Lösungen einer algebraischen Gleichung ermöglicht. Am bekanntesten ist die Diskriminante einer quadratischen Gleichung.

Diskriminante einer quadratischen Gleichung

Die Lösungen (Wurzeln) einer quadratischen Gleichung a x^2 + b x + c = 0 mit reellen Koeffizienten a, b und c lassen sich mit der Mitternachtsformel

x_{1,2} = \frac{-b \pm \sqrt{b^2 - 4 a c}}{2 a}

berechnen. Die Anzahl der reellen Lösungen hängt vom Term unter der Wurzel, dem sogenannten Radikanden, ab.

Dieser Ausdruck

b^2 - 4 a c

heißt die Diskriminante der quadratischen Gleichung a x^2 + b x + c = 0 und werde im Folgenden mit D bezeichnet.

Motivation des allgemeinen Diskriminanten-Begriffs

Es sei {\displaystyle p_{n}=a_{n}x^{n}+a_{n-1}x^{n-1}+\dotsb +a_{1}x+a_{0}\in \mathbb {R} [x]} ein Polynom mit den Nullstellen {\displaystyle x_{1},x_{2},\dotsc ,x_{n}}, von denen einige möglicherweise komplex sind. Der Ausdruck

{\displaystyle (x_{1}-x_{2})(x_{1}-x_{3})\dotsm (x_{2}-x_{3})(x_{2}-x_{4})\dotsm (x_{3}-x_{4})\dotsm (x_{n-1}-x_{n})=\prod _{i<j}(x_{i}-x_{j})},

der aus {\displaystyle {\tbinom {n}{2}}} Faktoren besteht (ein Faktor für jedes Nullstellenpaar) und Differenzprodukt genannt wird, verschwindet genau dann, wenn (mindestens) eine Nullstelle mehrfach auftritt. Der Ausdruck ist nicht symmetrisch in den Nullstellen, d.h., dass sich sein Wert möglicherweise verändert, wenn man die Nullstellen umnummeriert. Die Symmetrie kann man erzwingen, indem man alle Faktoren quadriert:

{\displaystyle D_{n}=a_{n}^{2n-2}(x_{1}-x_{2})^{2}(x_{1}-x_{3})^{2}\dotsm (x_{2}-x_{3})^{2}(x_{2}-x_{4})^{2}\dotsm (x_{3}-x_{4})^{2}\dotsm (x_{n-1}-x_{n})^{2}}.

Dieser Ausdruck D_{n} ist ein homogenes symmetrisches Polynom vom Grad n(n-1). Man nennt ihn die Diskriminante des Polynoms p_{n}. (Die Bedeutung des Normierungstermes a_n^{2n-2} wird weiter unten erläutert.)

Beispiele

Quadratisches Polynom

Ein allgemeines Polynom vom Grad 2 hat die Form p_2=ax^2+bx+c mit {\displaystyle a\neq 0}. Seine Diskriminante ist {\displaystyle D_{2}=a^{2}(x_{1}-x_{2})^{2}=a^{2}(x_{1}^{2}+x_{2}^{2}-2x_{1}x_{2})}.

Mit dem Satz von Vieta und quadratischer Ergänzung lässt sie sich umformen in: {\displaystyle D_{2}=a^{2}\left((x_{1}+x_{2})^{2}-4x_{1}x_{2}\right)=a^{2}\left(\left({\frac {-b}{a}}\right)^{2}-4{\frac {c}{a}}\right)=b^{2}-4ac}.

Das quadratische Polynom p_{2} hat also genau dann eine doppelte Nullstelle, wenn b^2-4ac=0 gilt.

Kubisches Polynom

Ein allgemeines Polynom vom Grad 3 hat die Form p_3=ax^3+bx^2+cx+d mit a\neq 0. Seine Diskriminante ist {\displaystyle D_{3}=a^{4}(x_{1}-x_{2})^{2}(x_{1}-x_{3})^{2}(x_{2}-x_{3})^{2}}.

Mit dem Satz von Vieta lässt sie sich (mit aufwendiger Rechnung) umformen in

{\displaystyle D_{3}=b^{2}c^{2}-4ac^{3}-4b^{3}d+18abcd-27a^{2}d^{2}}.

Dieser Ausdruck ist unhandlich und lässt sich schwer merken. Bringt man durch eine ähnliche Ergänzung wie bei quadratischer Ergänzung das Polynom auf die Form {\displaystyle x^{3}+cx+d} (oder setzt man a=1 und b=0), so ergibt sich die leichter zu merkende Formel: {\displaystyle D_{3}=-4c^{3}-27d^{2}~.}

Berücksichtigt man, dass sich jede kubische Gleichung ax^3+bx^2+cx+d=0 nach Division durch a und anschließender Substitution y=x+{\tfrac  {b}{3a}} auf eine Gleichung der Form y^3+3py+2q=0 bringen lässt, so erhält man eine besser merkbare Formel für die Diskriminante: {\displaystyle D_{3}=-108a^{4}(p^{3}+q^{2})~.}

Ein reduziertes kubisches Polynom p_3=y^3+3py+2q besitzt also genau dann eine mehrfache Nullstelle, wenn p^3+q^2=0 gilt. In Schulbüchern wird häufig dieser Ausdruck als Diskriminante bezeichnet, der Faktor -108a^{4} wird also ignoriert.

Polynome höheren Grades

Das oben beschriebene Verfahren funktioniert für Polynome beliebigen Grades. Aus der Theorie der symmetrischen Polynome und dem Satz von Vieta folgt, dass der Ausdruck

{\displaystyle D_{n}=a_{n}^{2n-2}(x_{1}-x_{2})^{2}(x_{1}-x_{3})^{2}\dotsm (x_{2}-x_{3})^{2}(x_{2}-x_{4})^{2}\dotsm (x_{3}-x_{4})^{2}\dotsm (x_{n-1}-x_{n})^{2}}

stets auf eine eindeutige Art als (polynomiale) Funktion der Koeffizienten des Polynoms p_{n} dargestellt werden kann.

Bemerkungen zum Vorzeichen der Diskriminante

Normierungsfaktor

In der oben verwendeten Definition tritt der Faktor a_n^{2n-2} auf. Er bewirkt, dass beim Verwenden des Satzes von Vieta die Nenner verschwinden, dass also die Diskriminante als Polynom in den Koeffizienten {\displaystyle a_{0},a_{1},\dotsc ,a_{n}} erscheint. Je nach Kontext und Verwendungszweck der Diskriminante wird die Definition leicht abgeändert:

Bei den ersten drei Varianten ist Vorsicht geboten mit Aussagen, wie sie im Abschnitt “Bemerkungen zum Vorzeichen der Diskriminante” gemacht werden.

Allgemeine Definition

Sei {\displaystyle f=f_{0}+f_{1}X+\dotsb +f_{n}X^{n}\in R[X]} ein univariates Polynom (also ein Polynom in einer Unbekannten) über einem kommutativen unitären Ring. Die Diskriminante von f ist definiert als die um f_{n} reduzierte Resultante von f mit seiner Ableitung f':

f_n\operatorname{Disk}(f)=(-1)^{n(n-1)/2}\operatorname{Res}(f,f').

Die Diskriminante wird auch mit dem Symbol \Delta (f) bezeichnet.

Ist R=K ein Körper und f_n=1, so gilt wie oben

{\displaystyle \operatorname {Disk} (f)=\prod _{i<j}(x_{i}-x_{j})^{2}};

dabei seien x_1,\dotsc,x_n die Nullstellen von f in einem algebraischen Abschluss von K.

Hinweis: Oft wird die Diskriminante ohne den zusätzlichen Faktor (-1)^{n(n-1)/2} definiert; der entsprechende Vorfaktor ist dann in der oben angegebenen Formel zur Berechnung der Diskriminante aus den Nullstellen zu ergänzen.

Bemerkung

Ausgeschrieben ist die Resultante eines Polynoms {\displaystyle f(x)=f_{0}+f_{1}x+\dotsb +f_{n}x^{n}} mit seiner Ableitung {\displaystyle f'(x)=f_{1}+\dotsb +nf_{n}x^{n-1}} gleich der Determinante der (2n-1)\times (2n-1)-Matrix.


\begin{pmatrix}
f_{n} & f_{n-1} & \cdots & f_{1} & f_0 & 0 & \cdots & 0 \\
  0 & f_{n} & f_{n-1} & \cdots & f_{1} & f_0 & \cdots & 0 \\
 \vdots & \ddots & \ddots & \ddots & \ddots& \ddots & \ddots &  0\\
  0 & 0 &  0 & f_{n} & f_{n-1} & \cdots & f_{1} & f_0 \\
n f_n & (n-1) f_{n-1} & \cdots & 1 f_1 & 0 & 0 & \cdots& 0\\
  0 & n f_n & (n-1) f_{n-1} & \cdots & 1 f_1 & 0 & \cdots &  0\\
  \vdots & \ddots & \ddots & \ddots & \ddots & \ddots & \ddots& \vdots \\
  0 & 0 & 0 & n f_n & (n-1) f_{n-1} & \cdots & 1 f_1 & 0 \\
  0 & 0 & 0 & 0 & n f_{n} & (n-1) f_{n-1} & \cdots & 1 f_1 \\
\end{pmatrix}
.

Da die erste Spalte aus Vielfachen von f_{n} besteht, kann dieses als Faktor von der Determinante abgespalten werden.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.12. 2021