Riemannscher Abbildungssatz
Der (kleine) riemannsche Abbildungssatz ist eine Aussage aus der Funktionentheorie, die nach Bernhard Riemann benannt wurde. Bernhard Riemann skizzierte 1851 einen Beweis in seiner Dissertation. Im Jahr 1922 wurde die Aussage dann endgültig durch Lipót Fejér und Frigyes Riesz bewiesen. Ein heute weit verbreiteter Beweis, der den Satz von Montel verwendet, stammt von Alexander Markowitsch Ostrowski aus dem Jahre 1929. Vom riemannschen Abbildungssatz gibt es eine Verallgemeinerung, die als großer riemannscher Abbildungssatz bezeichnet wird.
Riemannscher Abbildungssatz
Jedes einfach
zusammenhängende Gebiet
lässt sich biholomorph
auf die offene
Einheitskreisscheibe
abbilden.
Zur Klärung der in diesem Satz verwendeten Begriffe:
Die offene Einheitskreisscheibe
ist definiert als
Die Notation
bedeutet „echte Teilmenge“
und besagt, dass das Gebiet
ungleich
sein muss.
Eine offene Menge in
kann man dadurch charakterisieren, dass jeden ihrer Punkte eine Kreisscheibe
umgibt, die ganz in dieser Menge liegt; mit anderen Worten, dass sie nur aus
inneren Punkten besteht.
Eine Abbildung ist biholomorph, wenn sie holomorph
ist und wenn ihre Umkehrabbildung
existiert und diese ebenfalls holomorph ist. Insbesondere sind solche
Abbildungen Homöomorphismen,
also in beide Richtungen stetig. Hieraus und unter Verwendung des riemannschen
Abbildungssatzes kann man schließen, dass alle einfach zusammenhängenden
Gebiete, die echte Teilmengen von
sind, topologisch äquivalent sind. Tatsächlich ist auch
zu diesen topologisch äquivalent.
Für jeden Punkt
des einfach zusammenhängenden Gebietes
gilt: Es gibt genau eine biholomorphe Funktion
von
auf
mit
und
.
Großer riemannscher Abbildungssatz
Der große riemannsche Abbildungssatz, auch als Uniformisierungssatz (bewiesen von Paul Koebe, Henri Poincaré) bezeichnet, ist eine Verallgemeinerung des oben genannten Satzes. Er besagt:
- Jede einfach zusammenhängende riemannsche
Fläche ist biholomorph äquivalent zu genau einer der folgenden Flächen:
- der Einheitskreisscheibe
, bzw. zur dazu äquivalenten hyperbolischen Halbebene
,
- der komplexen Zahlenebene
oder
- der riemannschen
Zahlenkugel
- der Einheitskreisscheibe
Bemerkung: Es ist vergleichsweise einfach, zu erkennen, dass die drei
genannten Riemannschen Flächen paarweise nicht biholomorph äquivalent sind: Eine
biholomorphe Abbildung von
nach
ist nach dem Satz
von Liouville nicht möglich (da holomorph auf
und beschränkt, also konstant) und die Zahlenkugel ist kompakt und ist somit
schon aus rein topologischen Gründen nicht homöomorph und damit auch nicht
biholomorph äquivalent zu
oder
.
Ferner folgt der riemannsche Abbildungssatz mittels ähnlicher Überlegungen
leicht aus dem großen riemannschen Abbildungssatz. Ist nämlich
ein einfach zusammenhängendes Gebiet, so kann dieses aus Kompaktheitsgründen
nicht zur riemannschen Zahlenkugel biholomorph sein. Wenn
nicht die komplexe Ebene ist, so sei ohne Einschränkung
.
Dann ist aber
ein einfach zusammenhängendes Gebiet in der punktierten Ebene, dann existiert
ein Zweig der Quadratwurzel auf
.
Daher kann
nicht biholomorph zu
sein. Nach dem großen riemannschen Abbildungssatz muss daher
biholomorph zu
sein. Das ist die Aussage des riemannschen Abbildungssatzes.
Man muss allerdings dazu sagen, dass der erstgenannte riemannsche Abbildungssatz (oder zumindest dessen Beweisideen) zum Beweis des großen riemannschen Abbildungssatzes verwendet werden. Man erhält auf diese Weise also keine neue Herleitung des riemannschen Abbildungssatzes.
Literatur
- Eberhard Freitag & Rolf Busam: Funktionentheorie 1, Springer-Verlag, Berlin, ISBN 3-540-67641-4
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 02.09. 2020