Homomorphismus
Als Homomorphismus (zusammengesetzt aus altgriech. ὁμός (homós) ‚gleich‘ oder ‚ähnlich‘, und μορφή (morphé) ‚Form‘; nicht zu verwechseln mit Homöomorphismus) werden in der Mathematik Abbildungen bezeichnet, die eine (oft algebraische) mathematische Struktur erhalten bzw. damit verträglich sind. Ein Homomorphismus bildet die Elemente aus der einen Menge so in die andere Menge ab, dass sich ihre Bilder dort hinsichtlich der Struktur ebenso verhalten, wie sich deren Urbilder in der Ausgangsmenge verhalten.
Homomorphismen algebraischer Strukturen
Definition
Es seien und zwei algebraische Strukturen vom gleichen Typ sodass für jedes die Stelligkeit der fundamentalen Operationen und bezeichnet.[1] Eine Abbildung ist genau dann ein Homomorphismus von in wenn für jedes und für alle gilt:[2]
- .
Beispiele
Klassisches Beispiel von Homomorphismen sind Homomorphismen zwischen Gruppen. Gegeben seien zwei Gruppen und Eine Funktion
heißt Gruppenhomomorphismus, wenn für alle Elemente gilt:
Aus dieser Bedingung folgt unmittelbar, dass
für die neutralen Elemente und dann
für alle gelten muss sowie, mittels vollständiger Induktion, dass
für eine beliebige endliche Anzahl von Faktoren gilt.
An diesem Beispiel orientieren sich die Definitionen der Homomorphismen verschiedener algebraischer Strukturen:
- Gruppenhomomorphismus
- Ringhomomorphismus
- Körperhomomorphismus
- Vektorraumhomomorphismus (Lineare Abbildung)
- Auswertungshomomorphismus der Termalgebra
- Modulhomomorphismus
- Homomorphismus assoziativer Algebren
- Lie-Algebren-Homomorphismus
Eigenschaften
Wir formulieren im Folgenden einige grundlegende Eigenschaften von Homomorphismen von Gruppen, die analog auch für die Homomorphismen der anderen algebraischen Strukturen gelten.
Komposition von Homomorphismen: Wenn und Homomorphismen sind, dann ist auch die durch
- für alle
definierte Abbildung ein Homomorphismus.
Untergruppen, Bild, Urbild, Kern: Wenn ein Homomorphismus ist, dann ist für jede Untergruppe auch
genannt das Bild von unter , eine Untergruppe von . Speziell wird die Untergruppe
als Bild von bezeichnet. Weiterhin ist für jede Untergruppe auch
genannt das Urbild von unter , eine Untergruppe von . Das Urbild der trivialen Gruppe, d.i. die Untergruppe
wird als Kern von bezeichnet. Sie ist sogar ein Normalteiler.
Isomorphismen: Falls ein bijektiver Homomorphismus ist, dann ist auch ein Homomorphismus. Man sagt in diesem Fall, dass und Isomorphismen sind.[3]
Homomorphiesatz: Wenn ein Homomorphismus ist, dann induziert einen Isomorphismus
der Quotientengruppe auf .
Homomorphismen relationaler Strukturen
Auch außerhalb der Algebra werden strukturerhaltende Abbildungen oft als Homomorphismen bezeichnet. Die meisten dieser Verwendungen des Begriffs Homomorphismus, einschließlich der oben aufgeführten algebraischen Strukturen, lassen sich unter der folgenden Definition subsumieren.[4]
Definition
Es seien und zwei relationale Strukturen vom gleichen Typ sodass für jedes die Stelligkeit der Relationen und bezeichnet. Eine Abbildung heißt dann eine homomorphe Abbildung, eine Homomorphie oder ein Homomorphismus von in wenn sie für jedes und für alle die folgende Verträglichkeitseigenschaft besitzt[5]:
Schreibweise:
Da jede Funktion als Relation beschrieben werden kann, lässt sich jede algebraische Struktur als relationale Struktur auffassen und die spezielle algebraische Definition ist somit in dieser Definition enthalten.
Hat man in obiger Definition bei einem injektiven Homomorphismus sogar die Äquivalenz
- ,
so spricht man von einem starken Homomorphismus.
Beispiele
- Homomorphismen algebraischer Strukturen (diese sind auch stets starke Homomorphismen)
- Ordnungshomomorphismus
- Graphenhomomorphismus
- Homomorphismen in der Inzidenzgeometrie, zum Beispiel Homomorphismus projektiver Räume
- Homomorphismus zwischen Modellen
Verallgemeinerungen
Auch Abbildungen, die verträglich sind mit Strukturen, die unendlichstellige Operationen besitzen, werden Homomorphismus genannt:
- ein vollständiger Verbandshomomorphismus ist verträglich mit beliebigen (auch unendlichen) Vereinigungen und Durchschnitten
In einigen Teilgebieten der Mathematik beinhaltet der Begriff des Homomorphismus, dass die Verträglichkeit noch weitere Zusatzstrukturen umfasst:
- ein Homomorphismus topologischer Gruppen ist ein stetiger Gruppenhomomorphismus
- ein Lie-Gruppen-Homomorphismus ist ein glatter Gruppenhomomorphismus zwischen Lie-Gruppen[6]
Siehe auch
- Morphismus (Kategorientheorie)
- Verträglichkeit (Mathematik)
- Epimorphismus
- Monomorphismus
- Isomorphismus
- Einbettung
- Endomorphismus
- Automorphismus
Anmerkungen
- ↑ Jede -stellige Operation ist eine spezielle -stellige homogene Relation (Funktion).
- ↑
Diese Definition ist mit der unten gegebenen
verträglich, wenn man von einer Funktion
zur Relation ,
die durch den Funktionsgraph
gegeben ist, übergeht, denn dann gilt
- ,
- ↑ Die Urbildfunktion , die auf Mengen operiert, und die inverse Abbildung , die auf Elementen operiert, sind streng genommen 2 verschiedene Funktionen. Sind Missverständnisse zu befürchten, dann setzt man im ersteren Fall die Mengen in eckige Klammern .
- ↑ Eine allgemeine Definition wurde im klassischen Lehrbuch Moderne Algebra angegeben: „Wenn in zwei Mengen und gewisse Relationen (wie oder ) definiert sind und wenn jedem Element von ein Bildelement so zugeordnet ist, daß alle Relationen zwischen Elementen von auch für die Bildelemente gelten (so daß z.B. aus folgt wenn es sich um die Relation handelt), so heißt eine homomorphe Abbildung oder ein Homomorphismus von in “ (van der Waerden, B. L.: Algebra. Teil I. Siebte Auflage. Heidelberger Taschenbücher, Band 12 Springer-Verlag, Berlin-New York 1966 (Einleitung zu Paragraph 10))
- ↑ Manche Autoren (Wilhelm Klingenberg: Lineare Algebra und Geometrie. Springer, Berlin/ Heidelberg 1984, ISBN 3-540-13427-1, S. 7.; Garrett Birkhoff: Lattice Theory. 1973, S. 134.) nennen einen Homomorphismus auch nur kurz Morphismus, während andere (Fritz Reinhardt, Heinrich Sonder: dtv-Atlas Mathematik. Band 1: Grundlagen, Algebra und Geometrie. 9. Auflage. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1991, ISBN 3-423-03007-0, S. 36–37.) jede strukturverträgliche Abbildung „Morphismus“ nennen und nur einen Homomorphismus von algebraischen Strukturen als „Homomorphismus“ bezeichnen.
- ↑ Jeder stetige Gruppenhomomorphismus zwischen Lie-Gruppen ist glatt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.06. 2020