CAT(0)-Raum

CAT(0)-Räume sind ein Begriff aus der Geometrie, mit dem Eigenschaften von Mannigfaltigkeiten nichtpositiver Krümmung auf allgemeine metrische Räume verallgemeinert werden. Ihre definierende Eigenschaft ist, dass Dreiecke dünner sein sollen als Vergleichsdreiecke in der euklidischen Ebene.

Definition

Vergleichsdreiecke

d(x,y)\leq \parallel x^{\prime }-y^{\prime }\parallel

Sei (X,d) ein geodätischer metrischer Raum. Ein geodätisches Dreieck \Delta (a,b,c) in X ist ein Dreieck mit Ecken a,b,c\in X, dessen drei Seiten Geodäten sind. Zu jedem geodätischen Dreieck \Delta (a,b,c) gibt es ein (bis auf Kongruenz eindeutiges) Vergleichsdreieck \Delta (a^{\prime },b^{\prime },c^{\prime }) im \mathbb R^2 mit

d(a,b)=\lVert a^{\prime }-b^{\prime }\rVert ,\ d(a,c)=\lVert a^{\prime }-c^{\prime }\rVert ,\ d(b,c)=\lVert b^{\prime }-c^{\prime }\rVert .

Man hat dann eine Vergleichsabbildung

f:\partial \Delta (a,b,c)\rightarrow \partial \Delta (a^{\prime },b^{\prime },c^{\prime }),

die (zum Beispiel) jedem Punkt x auf der Seite (a,b) den entsprechenden Punkt x^{\prime } auf der Seite (a^{\prime },b^{\prime }) (d.h. den eindeutigen Punkt mit \lVert x^{\prime }-a^{\prime }\rVert =d(x,a)) zuordnet, analog für die beiden anderen Seiten.

CAT(0)-Räume

Ein geodätischer metrischer Raum (X,d) ist ein CAT(0)-Raum, wenn zu jedem geodätischen Dreieck \Delta (a,b,c) in X mit Vergleichsabbildung f:\partial \Delta (a,b,c)\rightarrow \partial \Delta (a^{\prime },b^{\prime },c^{\prime }) die Ungleichung

d(x,y)\leq \lVert f(x)-f(y)\rVert für alle x,y\in \partial \Delta (a,b,c) gilt.

Anschaulich: Jedes geodätische Dreieck ist mindestens so dünn wie sein Vergleichsdreieck.

Beispiele

Eigenschaften

d(x,y)d(u,v)\leq d(x,u)d(y,v)+d(x,v)d(y,u) für alle x,y,u,v\in X.

Geodätischer Rand

Geodätische Strahlen in einem CAT(0)-Raum heißen asymptotisch, wenn sie endlichen Abstand haben. Dies definiert eine Äquivalenzrelation auf der Menge der geodätischen Strahlen. Der Geodätische Rand \partial _{\infty }X des CAT(0)-Raumes (X,d) ist die Menge der Äquivalenzklassen von auf Bogenlänge parametrisierten geodätischen Strahlen.

Jeder Punkt in \partial _{\infty }X lässt sich mit jedem Punkt in X durch eine eindeutige Geodäte verbinden. Unterschiedliche Punkte in \partial _{\infty }X müssen sich aber nicht immer durch eine Geodäte verbinden lassen.

Kegel-Topologie

Die Topologie auf (X,d) lässt sich zu einer Topologie auf X\cup \partial _{\infty }X erweitern, so dass gilt: Eine Folge (x_{n})_{n\in \mathbb {N} } konvergiert gegen p\in \partial _{\infty }X genau dann, wenn (für beliebiges x_{0}\in X) die Folge der x_{0} und x_{n} verbindenden Geodäten lokal gleichmäßig gegen die x_{0} und p verbindende Geodäte konvergiert.

Diese Topologie wird als Kegel-Topologie bezeichnet.

Beispiel: Wenn (X,d) eine einfach zusammenhängende, vollständige n-dimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit nichtpositiver Schnittkrümmung ist, dann ist \partial _{\infty }X mit der Kegel-Topologie homöomorph zur (n-1)-dimensionalen Sphäre.

Tits-Metrik

Die Tits-Metrik d_{T}:\partial _{\infty }X\times \partial _{\infty }X\rightarrow {\mathbb  R} ist für p_{1},p_{2}\in \partial _{\infty }X definiert durch

d_{T}(p_{1},p_{2}):=\sup _{{x\in X}}\lim _{{t\rightarrow \infty }}\angle _{x}(\gamma _{1}(t),\gamma _{2}(t)),

wobei \gamma_1,\gamma_2 zu p_{1},p_{2} asymptotische Geodäten sind.

Hierbei ist (allgemein für x,a,b\in X) der Winkel \angle _{x}(a,b) definiert als der Winkel bei x^{\prime } des Vergleichsdreiecks \Delta (x^{\prime },a^{\prime },b^{\prime }) im \mathbb R^2.

Die Tits-Metrik induziert im Allgemeinen nicht die Kegel-Topologie auf \partial _{\infty }X.

Beispiele: Falls (X,d) eine einfach zusammenhängende, vollständige Riemannsche Mannigfaltigkeit negativer Schnittkrümmung ist, dann ist d_{T}(p_{1},p_{2})=\pi für alle p_{1},p_{2}\in \partial _{\infty }X, die Tits-Metrik induziert also die diskrete Topologie. Falls (X,d)=({\mathbb  R}^{n},d_{{eukl}}) der euklidische Raum ist, dann ist (\partial _{\infty }X,d_{T}) homöomorph zur Sphäre.

Horosphären

Zu einem Punkt p\in \partial _{\infty }X und einer Geodäte \gamma :\left[0,\infty \right]\rightarrow X mit \lim _{{t\rightarrow \infty }}\gamma (t)=p definiert man die Busemann-Funktion b_{\gamma }:X\rightarrow {\mathbb  R} durch

b_{\gamma }(x):=\lim _{{t\rightarrow \infty }}d(x,\gamma (t))-t.

Falls X vollständig ist und \gamma _{1} und \gamma_2 zwei zu p\in \partial _{\infty }X asymptotische Geodäten sind, dann ist b_{{\gamma _{1}}}-b_{{\gamma _{2}}} konstant. Insbesondere hängt die Zerlegung von X in die Niveaumengen von b_{\gamma } nur von p\in \partial _{\infty }X und nicht von der Wahl der zu p asymptotischen Geodäte \gamma ab. Die Niveaumengen von b_{\gamma }(x) werden als Horosphären von p bezeichnet.

Isometrien

Jede Isometrie f:X\rightarrow X eines vollständigen CAT(0)-Raumes (X,d) fällt in eine der folgenden 3 Klassen:

CAT(0)-Gruppen

Eine CAT(0)-Gruppe ist eine Gruppe, die eigentlich diskontinuierlich und kokompakt durch Isometrien auf einem endlich-dimensionalen CAT(0)-Raum wirkt.

Lokale CAT(0)-Räume

Ein vollständiger, zusammenhängender, metrischer Raum heißt lokal CAT(0), wenn jeder Punkt eine Umgebung besitzt, die (mit der eingeschränkten Metrik) ein CAT(0)-Raum ist.

Eine Verallgemeinerung des Satzes von Cartan-Hadamard besagt: wenn X ein lokaler CAT(0)-Raum ist, dann gibt es auf der universellen Überlagerung \widetilde {X} eine eindeutige Metrik {\displaystyle {\tilde {d}}} so dass

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.10. 2020