Rückstoßantrieb
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Der Rückstoßantrieb oder Reaktionsantrieb ist eine praktische Anwendung des 3. Newtonschen Axioms. Der Rückstoßantrieb führt sein Antriebsmedium mit; Rückstoßantriebe, die auf Verbrennung beruhen, führen sowohl ihren Treibstoff als auch ihren Oxidator mit. Das angetriebene Objekt, zum Beispiel eine Rakete, wird durch den Rückstoß mit der gleichen Kraft nach vorn beschleunigt, mit der das Antriebsmedium nach hinten ausgestoßen wird.
Im Weltraum ist der Rückstoßantrieb die einzige Möglichkeit, ein Raumschiff abseits von massereichen Himmelskörpern und starken Strahlungsquellen zu beschleunigen.
Physikalischer Hintergrund
Entsprechend dem 3. Newtonschen Axiom (actio = reactio, auch „Reaktionsprinzip“ oder „Wechselwirkungsprinzip“) werden zwei Massen, die eine Kraft aufeinander ausüben, beschleunigt. Somit ergibt sich für beide Massen (nach Beendigung der Krafteinwirkung) eine Geschwindigkeit. Entsprechend der Definition für den Impuls
ergeben sich für diesen Fall folgende Relationen der Impulse zueinander:
(Hierbei stellt
zum Beispiel bei einer Rakete den Impuls der ausgestoßenen Verbrennungsprodukte
dar, und
den dadurch entstehenden entgegengesetzten Impuls der Rakete)
Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Erzeugung dieser Impulse eine definierte Energie zur Verfügung stehen muss, welche die entsprechende Beschleunigungsarbeit verrichten kann. Hat eine Masse einen Impuls, verfügt sie über eine kinetische Energie.
Bei der Berechnung der anteiligen Energiemengen gilt:
Bei einem kontinuierlichen Prozess ergibt sich folgender, auch als Raketengrundgleichung bekannter, mathematischer Zusammenhang:
oder auch:
Wobei
gleich der Relativgeschwindigkeit der Stützmasse
zur eigentlichen Nutzmasse ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei
Fortschreiten des Prozesses die Stützmasse kontinuierlich abnimmt und
schlussendlich nur noch die Nutzmasse mit ihrer Endgeschwindigkeit
(relativ zum Startort) verbleibt.
Ein erstaunlicher Effekt stellt sich bei einem Verhältnis von
ein. Ab diesem Zeitpunkt bewegt sich die Rakete sowie die von ihr ausgeworfenen
Stützmasse von einem am Startort der Rakete verbliebenen Beobachter in die
gleiche Richtung weg, allerdings mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten.
Rückstoßantriebe, die auf der Basis von Fluiden arbeiten
Ausströmgeschwindigkeit
In der Rückstoßkammer ist der Druck
höher als der Umgebungsdruck
.
Das in der Kammer befindliche Medium tritt auf Grund dieser Druckdifferenz mit
einer bestimmten Geschwindigkeit
aus der Düse aus. Von Bedeutung ist weiterhin die Dichte
des ausströmenden Mediums (innerhalb der Kammer, also unter dem Druck
stehend).
Aus der Energieerhaltung folgt:
Diese Gleichung gilt nur bei hinreichend kleinen Düsen, bei denen der Kammerinhalt relativ zur Kammer nur gering beschleunigt wird. Zudem wurden mögliche Reibungsverluste vernachlässigt.
Bei Gasen ist zu beachten, dass deren Dichte
abhängig vom Druck und der Temperatur ist. Diese lässt sich (näherungsweise)
mittels der Thermischen
Zustandsgleichung idealer Gase
durch Umstellung nach
berechnen.
Da bei Gasen die Dichte proportional zum Druck ist, kann eine Erhöhung der Austrittsgeschwindigkeit nur durch eine Temperaturerhöhung erzielt werden.
Durchsatz
Entsprechend dem Querschnitt
der Düse, der Dichte
des austretenden Mediums und dessen Austrittsgeschwindigkeit
lässt sich der oft auch als Massenstrom
bezeichnete Durchsatz
ermitteln.
Schub
Die erzeugte Schubkraft
kann durch die Multiplikation des Durchsatzes
mit der Austrittsgeschwindigkeit
des Mediums berechnet werden.
Oder durch Ersetzen von
und
erhält man die massenunabhängige Beziehung
Benötigte Triebwerksleistung
Hierbei ist nicht die Leistung
gemeint, mit der ein solches Triebwerk eine Masse bewegen (beschleunigen) würde,
sondern die Leistung, die benötigt wird, um die entsprechende Schubkraft zu
erzeugen. Man ermittelt diese Leistung
über den gegebenen Durchsatz
:
Um die Masse der ausströmenden Gase
auf die Geschwindigkeit
zu beschleunigen, muss die Arbeit
verrichtet werden. Somit ergibt sich die Triebwerksleistung
zu
bzw. wegen :
Um bei einem hypothetischen Photonenantrieb die gleiche Schubkraft zu erzeugen, müsste die Triebwerksleistung erheblich höher liegen als bei einem herkömmlichen chemischen Raketenantrieb.
Nutzleistung
Die tatsächliche von einem solchen Rückstoßantrieb umsetzbare Leistung
ergibt sich durch Umstellung der Formel für die Beschleunigungsarbeit:
Dabei stellen
die Anfangsgeschwindigkeit und
die Endgeschwindigkeit des Beschleunigungsvorganges dar.
Anwendungen
- Raketentriebwerk
- Steuerdüsen insbesondere für die Lageregelung von Raumfahrzeugen
- Raketenrucksack
- auf Wasser-Ausstoß basierende, manntragende Schwebehilfen, die durch den Zuführungsschlauch gefesselt sind: Jetlev-Flyer und Flyboard
- Manövriereinrichtungen für den Außenbordeinsatz eines Austronauten im Weltraum, etwa die Manned Maneuvering Unit (MMU); im Notfall kann auch das bloße Abstoßen eines ablösbaren Gegenstandes eine Beschleunigung bewirken.
- Rückstoßlader sind automatisch nachladende Schusswaffen, die den Rückstoß der (Patronen-)Treibladung nutzen, also das Sich-zurück-Bewegen des Rohres oder des Verschlusses, um den Ausstoß der Kartusche/der Patronenhülse, das Nachladen der Munition und das Spannen des Verschlusses anzutreiben.
Siehe auch
- Spezifischer Impuls Der Einfluss der Ausströmgeschwindigkeit auf den Treibstoffverbrauch und die Schubkraft eines Raketenantriebes
- Bernoulli-Gleichung
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 26.07. 2023