Rationale Zahl
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Eine rationale Zahl ist eine reelle
Zahl, die als Verhältnis (lateinisch
ratio) zweier ganzer Zahlen dargestellt
werden kann. Um die Menge aller rationalen Zahlen zu bezeichnen, wird das
Formelzeichen
(Unicode
U+211A: ℚ) verwendet (von „Quotient“). Sie umfasst alle Zahlen, die sich als Bruch darstellen lassen,
der sowohl im Zähler als auch im Nenner ganze Zahlen enthält. Die genaue
mathematische Definition beruht auf Äquivalenzklassen
von Paaren ganzer Zahlen.
Die rationalen Zahlen werden in der Schulmathematik auch Bruchzahlen genannt. Durch die Einführung der Bruchzahlen wird die Division auch dann durchführbar, wenn bspw. der Dividend kleiner ist als der Divisor. Beispielsweise ist die Divisionsaufgabe 3 : 4 = ? innerhalb der natürlichen oder ganzen Zahlen nicht lösbar.
Der Bruch 3⁄4 beispielsweise stellt dar:
- die Division 3 : 4 (3 verteilt auf 4, 3 aufgeteilt auf 4, 3 eingeteilt in 4er, 3 geteilt in 4 (gleiche) Teile, 3 dividiert durch 4),
- das Ergebnis der Division als eigene (Bruch-)Zahl 3⁄4 (drei Viertel),
- den Auftrag: „Teile in 4 Teile, nimm 3“ (drei von vier (Teilen)).
Die Begriffe gewöhnlicher Bruch, Stammbruch, echter Bruch, I, unechter Bruch, I, gekürzter Bruch, erweiterter Bruch, Dezimalbruch, Binärbruch … werden dagegen für besondere Schreibweisen oder Formen von rationalen Zahlen verwendet. Die Dezimalbruchentwicklung einer rationalen Zahl ist periodisch.
Eine reelle Zahl, die keine
rationale Zahl ist, wird als irrationale
Zahl bezeichnet.
Dazu gehören etwa ,
,
und
.
Die Dezimalbruchentwicklung einer irrationalen Zahl ist nicht periodisch.
Da die rationalen Zahlen eine abzählbare Menge bilden, die reellen Zahlen jedoch eine überabzählbare Menge, sind „fast alle“ reellen Zahlen irrational.
Definition
Die Menge der rationalen Zahlen besteht aus der Menge der negativen rationalen Zahlen, der Zahl Null und der Menge der positiven rationalen Zahlen. Die Definition der rationalen Zahlen basiert auf der Darstellung rationaler Zahlen durch Brüche, also Paare ganzer Zahlen. Sie ist so aufgebaut, dass das Rechnen mit rationalen Zahlen wie gewohnt mit Hilfe ihrer Bruchdarstellungen durchgeführt werden kann, abstrahiert aber zugleich die rationale Zahl von ihren Bruchdarstellungen. Die rationalen Zahlen werden dabei nicht als vollkommen neue Dinge postuliert, sondern auf die ganzen Zahlen zurückgeführt.
Die Definition beginnt mit der Menge aller geordneten
Paare
ganzer Zahlen mit
.
Wichtig: Diese Paare sind nicht die rationalen Zahlen.
Man definiert Addition und Multiplikation auf dieser Menge wie folgt:
Das sind die bekannten Rechenregeln der Bruchrechnung. Die Zahlenpaare kann man damit als Brüche auffassen.
Ein Ziel der Definition rationaler Zahlen ist, dass zum Beispiel die Brüche
und
dieselbe „Zahl“ bezeichnen. Man betrachtet also Brüche, die untereinander äquivalent
(von gleichem Wert) sind. Dies wird ausgedrückt durch eine Äquivalenzrelation,
die man wie folgt definiert:
.
Wichtig ist, dass diese Relation tatsächlich eine Äquivalenzrelation ist, also die Gesamtmenge in Teilmengen (hier Äquivalenzklassen genannt) untereinander äquivalenter Elemente zerlegt; dies kann man beweisen.
Für die Äquivalenzklassen definiert man wieder Rechenregeln, die auf der
Bruchrechnung basieren und dafür sorgen, dass das, was man unter einer
rationalen Zahl versteht, von der konkreten Bruchdarstellung abstrahiert wird.
Die Addition
der Äquivalenzklassen
und
wird wie folgt definiert:
Aus
wählt man ein beliebiges Element, also ein geordnetes Paar
ganzer Zahlen (man wählt also ein einziges Element von
und nicht etwa zwei). Ebenso wählt man aus
das Element
.
und
addiert man nun gemäß der Bruchrechnung und erhält ein Paar
.
Dieses ist Element einer Äquivalenzklasse
,
welche das Ergebnis der Addition ist.
Wichtig ist, dass unabhängig von der konkreten Wahl von
und
stets ein Element ein und derselben Äquivalenzklasse
,
herauskommt; diese Eigenschaft der Addition, ihre Wohldefiniertheit,
muss und kann bewiesen werden.
Analog wird die Multiplikation
definiert.
Die Äquivalenzklassen
fasst man als Elemente einer neuen Menge
auf und nennt sie rationale Zahlen. Eine einzelne rationale Zahl
ist also eine unendliche Menge von geordneten Paaren
.
Diese Menge wird sehr häufig als Bruch
geschrieben, der die Äquivalenzklasse
aller zu
äquivalenten Paare bezeichnet. Der waagrechte oder (von rechts oben nach links
unten) schräge Trennstrich zwischen den zwei ganzen Zahlen heißt
Bruchstrich. Die erstgenannte ganze Zahl ist der Zähler, die zweite
der Nenner
des Bruchs. Der Nenner ist stets von
verschieden und kann wegen
positiv gewählt werden. Die bevorzugte Darstellung der rationalen Zahl
ist der (maximal)
gekürzte Bruch
mit
,
wobei
für den größten
gemeinsamen Teiler von
und
steht.[1]
Damit besteht die Äquivalenzklasse
genau aus den Paaren von ganzem Zahlen
.[2]
Identifiziert man die ganze Zahl
mit der rationalen Zahl >
,
dann hat man eine Zahlbereichserweiterung
der ganzen
Zahlen, die auch als Bildung des Quotientenkörpers
bezeichnet wird. Sind
und
zwei ganze Zahlen und
,
deren Summe und Produkt, so sind die Rechenregeln für Brüche gerade so
gestaltet, dass
und
gilt. Außerdem ist vermöge dieser Identifikation ein Bruch in der Tat der
Quotient von Zähler und Nenner. In diesem Sinn wird der Bruchstrich auch als
ganz gewöhnliches Divisionszeichen
anstelle von
verwendet.
Ordnungsrelation
Man definiert
mit den bekannten auf der Anordnung
der ganzen Zahlen beruhenden Vergleichszeichen
und Funktionen
und
.
Diese Definition ist unabhängig von Kürzung oder Erweiterung der Brüche, da
diese sich stets gleichsinnig auf beide Seiten des rechten
-Zeichens
auswirken. Mit
ergibt sich sofort, dass
in
mit
in
kompatibel ist, so dass dasselbe Zeichen verwendet werden kann.
Sind zwei Paare äquivalent, dann ist weder
noch
.
Die Trichotomie der Ordnung besagt:
- Es gilt genau eine der folgenden Beziehungen:
.
Damit sind die rationalen Zahlen
eine total
geordnete Menge.
→ Auf dieser Ordnungsrelation basiert die Konstruktion der reellen Zahlen mittels Dedekindscher Schnitte.
Eigenschaften
Die rationalen Zahlen enthalten eine Teilmenge, die zu den ganzen Zahlen
isomorph
ist (wähle zu
die Bruchdarstellung
).
Dies wird oft vereinfachend so ausgedrückt, dass die ganzen Zahlen in den
rationalen Zahlen enthalten seien.
Der Körper
ist der kleinste Körper, der die natürlichen
Zahlen
enthält.
ist nämlich der Quotientenkörper
des Ringes
der ganzen
Zahlen
,
der der kleinste
enthaltende Ring ist. Damit ist
der kleinste Teilkörper eines jeden Oberkörpers,
so auch des Körpers
der reellen Zahlen – und also dessen Primkörper.
Und als Primkörper ist
starr,
das heißt, sein einziger Automorphismus
ist der triviale (die Identität).
Eine reelle Zahl ist genau dann
rational, wenn sie algebraisch ersten Grades ist. Damit sind die
rationalen Zahlen selbst eine Teilmenge der algebraischen
Zahlen .
Zwischen (im Sinne der oben definierten Ordnungsrelation)
zwei rationalen Zahlen
und
liegt stets eine weitere rationale Zahl, beispielsweise das arithmetische
Mittel
dieser beiden Zahlen, und somit beliebig viele.
Die rationalen Zahlen liegen dicht auf der Zahlengerade, das heißt: Jede reelle Zahl (anschaulich: jeder Punkt auf der Zahlengerade) kann beliebig genau durch rationale Zahlen angenähert werden.
Trotz der Dichtheit von
in
kann es keine Funktion
geben, die nur auf den rationalen Zahlen stetig (und auf allen irrationalen Zahlen
unstetig) ist – umgekehrt geht das schon.
Die Menge der rationalen Zahlen ist gleichmächtig
zur Menge der natürlichen Zahlen, also abzählbar.
Mit anderen Worten: Es gibt eine bijektive Abbildung
zwischen
und
,
die jeder rationalen Zahl
eine natürliche Zahl
zuweist und umgekehrt. Cantors
erstes Diagonalargument und der Stern-Brocot-Baum
liefern solche bijektiven Abbildungen. (Die Existenz gleichmächtiger echter Teilmengen ist
gleichbedeutend mit unendlicher Mächtigkeit.)
→ Als abzählbare Menge ist
eine Lebesgue-Nullmenge.
Divisionsalgorithmen
Eine rationale Zahl in Gestalt des geordneten Paares Zähler/Nenner stellt eine nicht ausgeführte Division dar. Die rationale Zahl ist dadurch zwar exakt und ohne Genauigkeitsverlust beschrieben und in der reinen Mathematik ist man häufig damit zufrieden. Aber schon das Vergleichen zweier rationaler Zahlen fällt wesentlich leichter, wenn die Division zumindest teilweise als Division mit Rest ausgeführt ist, was ggf. zur gemischten Zahl führt.
Als vollständig ausgeführt betrachtet wird eine Division dann, wenn die rationale Zahl in einem Stellenwertsystem zu einer bestimmten Basis entwickelt ist. Hierfür sind unterschiedlichste Algorithmen entworfen worden, die sich grob in drei Gruppen einteilen lassen:
- Schriftliche Division als Algorithmus für die manuelle Rechnung
- Algorithmen für den Einsatz in Computern
-
- Algorithmen für Ganzzahlen fester (und kleiner) Länge
- Algorithmen für Ganzzahlen beliebiger Länge
Beispiele für die letzteren sind
- die SRT-Division,
- die Goldschmidt-Division und
- die Newton-Raphson-Division.
Die letzteren beiden Verfahren bilden zuerst eine Art Kehrwert des Nenners, der dann mit dem Zähler multipliziert wird. Alle Verfahren eignen sich auch für kurze Divisionen und werden dort auch eingesetzt. Die SRT-Division wurde bspw. in der Divisionseinheit des Pentium-Prozessors von Intel zunächst fehlerhaft implementiert.
Dezimalbruchentwicklung
Jeder rationalen Zahl lässt sich eine Dezimalbruchentwicklung
zuordnen. Rationale Zahlen besitzen eine periodische Dezimalbruchentwicklung,
irrationale dagegen eine nichtperiodische (was auch für die -adischen
Bruchentwicklungen zu anderen (von
verschiedenen) Zahlenbasen (Grundzahlen)
gilt). Dabei ist eine endliche (also abbrechende) Dezimalbruchentwicklung nur
ein Spezialfall der periodischen Dezimalbruchentwicklung, indem sich nach der
endlichen Ziffernfolge die Dezimalziffer 0 oder
periodisch wiederholt. Die Periode (der sich wiederholende Teil) wird (in vielen
Ländern, aber international nicht einheitlich) mit einem Überstrich kenntlich
gemacht.
Beispiele sind:
In den eckigen Klammern sind die entsprechenden Entwicklungen im Binärsystem (Basis )
angegeben.
Die endlichen Dezimal- resp. Binärbruchentwicklungen sind genau
diejenigen, die mindestens zwei wesentlich verschiedene Entwicklungen haben
(s.a. den § Darstellung
rationaler Zahlen). Sie gehören zu den Brüchen, deren gekürzter Nenner
in einer Potenz
der Basis aufgeht, so dass der zu
teilerfremde Teiler
sich zu
ergibt. Zur Unterscheidung von den unten folgenden Fällen mit
(und nicht abbrechender Entwicklung) sei der Periodenlänge einer solchen
abbrechenden Entwicklung die
zugewiesen.
Nach dem Satz
von Euler gilt für einen Nenner
und eine zu ihm teilerfremde Basis
mit der eulerschen
Phi-Funktion .
Die Periodenlänge von
ist die Ordnung
der Restklasse
in der Einheitengruppe
des Restklassenringes
modulo
.
Nach dem Satz
von Lagrange ist
ein Teiler der Gruppenordnung
und daher nicht größer als diese. Die Carmichael-Funktion
ist definiert als die maximale Elementordnung in
,
ist damit ebenfalls ein Teiler von
,
und es gilt für alle
.
Die Zahl
ist ganz, positiv und ,
und ihre
zur Basis
entwickelten Ziffern wiederholen sich ständig in der
-adischen
Darstellung von
,
also:
Das obige
Beispiel 1/3 hat bei der Basis
die Periodenlänge
und die Ziffernfolge
sowie bei der Basis
die Periodenlänge
und die Ziffernfolge
.
Zu gegebenem Nenner
tritt die Periodenlänge
genau dann auf, wenn die Basis
eine Primitivwurzel
modulo
ist. Primitivwurzeln gibt es nur, wenn die prime Restklassengruppe
zyklisch ist, also wenn
.
Sonst ist
und die Periodenlänge
ein echter
Teiler von
.
Die untenstehende Tabelle gibt am Beispiel der Basen
und
einen Eindruck, für welche Nenner
die Periodenlänge (bei passendem Zähler) maximal ist (fett gesetzt). Bspw. haben
die Dezimalbruchentwicklungen der Kehrwerte der Primzahlen
die Periodenlänge
.
Bei den zusammengesetzten Zahlen
ist das maximale
;
bei ihnen sind die Werte für
und
kursiv gesetzt. Die worst
case Periodenlänge ist in
,
während die (zum Vergleich ebenfalls in der Tabelle angegebene) Länge
der Zahl
im
-adischen
Zahlsystem in
liegt. Der Kehrwert 1/802787 der Primzahl 802787 benötigt im Dualsystem
mindestens 802786 Bits und im Dezimalsystem mindestens 401393 Ziffern – zu
viele, um sie hier anzuzeigen.
3 | 5 | 7 | 9 | 11 | 12 | 13 | 15 | 17 | 19 | 21 | 23 | 25 | 27 | 29 | 31 | 33 | 35 | 37 | 802787 | |
2 | 4 | 6 | 6 | 10 | 4 | 12 | 8 | 16 | 18 | 12 | 22 | 20 | 18 | 28 | 30 | 20 | 24 | 36 | 802786 | |
2 | 4 | 6 | 6 | 10 | 2 | 12 | 4 | 16 | 18 | 6 | 22 | 20 | 18 | 28 | 30 | 10 | 12 | 36 | 802786 | |
2 | 4 | 3 | 6 | 10 | – | 12 | 4 | 8 | 18 | 6 | 11 | 20 | 18 | 28 | 5 | 10 | 12 | 36 | 802786 | |
2 | 3 | 3 | 4 | 4 | – | 4 | 4 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 6 | 6 | 6 | 20 | |
– | 4 | 6 | – | 5 | – | 3 | – | 16 | 18 | – | 11 | 20 | – | 28 | 30 | – | 12 | 18 | 401393 | |
– | 2 | 2 | – | 3 | – | 3 | – | 3 | 3 | – | 3 | 3 | – | 4 | 4 | – | 4 | 4 | 13 | |
2 | – | 6 | 6 | 5 | 2 | 4 | – | 16 | 9 | 6 | 22 | – | 18 | 14 | 3 | 10 | – | 36 | 802786 | |
1 | – | 2 | 2 | 2 | 2 | 2 | – | 2 | 2 | 2 | 2 | – | 3 | 3 | 3 | 3 | – | 3 | 9 | |
1 | – | 6 | 1 | 2 | – | 6 | – | 16 | 18 | 6 | 22 | – | 3 | 28 | 15 | 2 | – | 3 | 401393 | |
1 | – | 1 | 1 | 2 | – | 2 | – | 2 | 2 | 2 | 2 | – | 2 | 2 | 2 | 2 | – | 2 | 6 |
S.a. den Algorithmus
zur -adischen
Entwicklung einer rationalen Zahl für eine beliebige Basis
.
Siehe auch
- Irrationale Zahl
- Rationale Funktion
- Bewertungstheorie:
-Bewertung,
-ganze Zahl
- Ordinalzahlen
Anmerkungen
- ↑ Die Division von Zähler und Nenner durch einen gemeinsamen Teiler nennt man Kürzen.
- ↑ Die Multiplikation von Zähler und Nenner mit derselben von 0 verschiedenen ganzen Zahl nennt man Erweitern.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 19.08. 2022