Taylorreihe
![](bilder/mercator_series.png)
![](bilder/220px-Logarithm_GIF.gif)
Die Taylorreihe wird in der Analysis verwendet, um eine glatte Funktion in der Umgebung einer Stelle durch eine Potenzreihe darzustellen, welche der Grenzwert der Taylor-Polynome ist. Diese Reihenentwicklung wird Taylor-Entwicklung genannt. Reihe und Entwicklung sind nach dem britischen Mathematiker Brook Taylor benannt.
Definition
Sei
ein offenes Intervall,
eine glatte
Funktion und
ein Element von
.
Dann heißt die unendliche
Reihe
die Taylorreihe von
mit Entwicklungsstelle
.
Hierbei bezeichnet
die Fakultät
von
und
die
-te
Ableitung
von
,
wobei man
setzt.
Die Reihe ist hier zunächst nur „formal“
zu verstehen. Das heißt, dass die Konvergenz
der Reihe nicht vorausgesetzt ist. In der Tat gibt es Taylorreihen, die nicht
überall konvergieren (für
siehe obige Abbildung). Auch gibt es konvergente Taylorreihen, die nicht gegen
die Funktion konvergieren, aus der die Taylorreihe gebildet wird (zum Beispiel
entwickelt an der Stelle
).
Im Spezialfall
wird die Taylorreihe auch Maclaurin-Reihe
genannt.
Die Summe der ersten beiden Terme der Taylorreihe
nennt man auch Linearisierung
von
an der Stelle
.
Allgemeiner nennt man die Partialsumme
die für festes
ein Polynom
in der Variablen
darstellt, das
-te
Taylorpolynom.
Die Taylorformel
mit Restglied macht Aussagen darüber, wie dieses Polynom von der Funktion
abweicht. Aufgrund der Einfachheit der Polynomdarstellung sowie der guten
Anwendbarkeit der Restgliedformeln sind Taylorpolynome ein häufig angewandtes
Hilfsmittel der Analysis, der Numerik,
der Physik und der Ingenieurwissenschaften.
Eigenschaften
Die Taylorreihe
zur Funktion
ist eine Potenzreihe mit den
Ableitungen
und somit folgt durch vollständige Induktion
Übereinstimmung an der Entwicklungsstelle
Wegen
stimmen an der Entwicklungsstelle
die Taylorreihe
und ihre Ableitungen mit der Funktion
und deren Ableitungen überein:
Gleichheit mit der Funktion
Im Fall einer analytischen
Funktion
stimmt die Taylorreihe mit dieser Potenzreihe überein, denn es gilt
und somit .
Wichtige Taylorreihen
Exponentialfunktionen und Logarithmen
![](bilder/170px-Exp_series.gif)
Die natürliche Exponentialfunktion
wird auf ganz
durch ihre Taylorreihe mit Entwicklungsstelle 0 dargestellt:
Beim natürlichen
Logarithmus hat die Taylorreihe mit Entwicklungsstelle 1 den
Konvergenzradius 1, d.h., für
wird die Logarithmusfunktion durch ihre Taylorreihe dargestellt (vgl. Abb.
oben):
Schneller konvergiert die Reihe
und daher ist sie geeigneter für praktische Anwendungen.
Wählt man
für ein
,
so ist
und
.
Trigonometrische Funktionen
![](bilder/taylor_Approximation_of_sin(x).jpg)
![](bilder/taylor_cos.gif)
Für die Entwicklungsstelle
(Maclaurin-Reihen)
gilt:
Hierbei ist >
die
-te
Bernoulli-Zahl und
die
-te
Eulersche
Zahl.
Produkt von Taylorreihen
Die Taylorreihe eines Produkts zweier reeller Funktionen
und
kann berechnet werden, wenn die Ableitungen dieser Funktionen an der identischen
Entwicklungsstelle
bekannt sind:
Mit Hilfe der Produktregel ergibt sich dann
Sind die Taylorreihen der beiden Funktionen explizit gegeben
so ist
mit
Dies entspricht der Cauchy-Produktformel der beiden Potenzreihen.
Beispiel
Seien ,
und
.
Dann ist
und wir erhalten
in beiden Fällen also
und somit
Diese Taylorentwicklung wäre allerdings auch direkt über die Berechnung der
Ableitungen von
möglich:
Taylorreihen nichtanalytischer Funktionen
Dass die Taylorreihe an jeder Entwicklungsstelle
einen positiven Konvergenzradius hat und in ihrem Konvergenzbereich mit
übereinstimmt, gilt nicht für jede beliebig oft differenzierbare Funktion. Aber
auch in den folgenden Fällen nichtanalytischer Funktionen wird die zugehörige
Potenzreihe als Taylorreihe bezeichnet.
Konvergenzradius 0
Die Funktion
ist auf ganz
beliebig oft differenzierbar, aber ihre Taylorreihe in
ist
und somit nur für
konvergent (nämlich gegen bzw. gleich 1).
Eine Funktion, die in einer Entwicklungsstelle nicht in eine Taylorreihe entwickelt werden kann
Die Taylorreihe einer Funktion konvergiert nicht immer gegen die Funktion. Im
folgenden Beispiel stimmt die Taylorreihe auf keiner Umgebung um die
Entwicklungsstelle
mit der Ausgangsfunktion überein:
Als reelle Funktion ist
beliebig oft stetig differenzierbar, wobei die Ableitungen in jedem Punkt
(insbesondere für
)
ausnahmslos 0 sind. Die Taylorreihe um den Nullpunkt
ist also die Nullfunktion
und stimmt in keiner Umgebung der 0 mit
überein. Daher ist
nicht analytisch. Die Taylorreihe um eine Entwicklungsstelle
konvergiert zwischen
und
gegen
.
Auch mit einer Laurentreihe
lässt sich diese Funktion nicht approximieren, weil die Laurentreihe, die die
Funktion für
korrekt wiedergibt, für
nicht konstant 0 ergibt.
Mehrdimensionale Taylorreihe
Sei nun im Folgenden
eine beliebig oft stetig differenzierbare Funktion mit Entwicklungsstelle
.
Dann kann man zur Funktionsauswertung
eine mit
und
parametrisierte Familie von Funktionen
einführen, die man so definiert:
ist, wie man durch Einsetzen von
feststellt, dann gleich
.
Berechnet man nun von
die Taylorentwicklung am Entwicklungspunkt
und wertet sie bei
aus, so erhält man die mehrdimensionale Taylorentwicklung von
:
Mit der mehrdimensionalen
Kettenregel und den Multiindex-Notationen
für
erhält man ferner:
Mit der Schreibweise
erhält man für die mehrdimensionale Taylorreihe bzgl. des Entwicklungspunktes
in Übereinstimmung zum eindimensionalen Fall, falls man die Multiindex-Notation verwendet.
Ausgeschrieben sieht die mehrdimensionale Taylorreihe wie folgt aus:
Beispiel
Zum Beispiel gilt nach dem Satz
von Schwarz für die Taylorreihe einer Funktion ,
die von
abhängt, an der Entwicklungsstelle
:
Operatorform
Die Taylorreihe lässt sich auch in der Form
darstellen, wobei mit
der gewöhnliche Ableitungsoperator gemeint ist. Der Operator
mit
wird als Translationsoperator bezeichnet. Beschränkt man sich auf Funktionen,
die global durch ihre Taylorreihe darstellbar sind, so gilt
.
In diesem Fall ist also
Für Funktionen von mehreren Variablen lässt sich
durch die Richtungsableitung
austauschen. Es ergibt sich
Man gelangt von links nach rechts, indem man zunächst die Exponentialreihe einsetzt, dann den Gradienten in kartesischen Koordinaten sowie das Standardskalarprodukt und schließlich das Multinomialtheorem verwendet.
Für die Taylorreihe lässt sich auch ein diskretes Analogon finden. Man
definiert dazu den Differenzenoperator
durch
.
Offensichtlich gilt nun
,
wobei mit
der Identitätsoperator gemeint ist. Potenziert man nun auf beiden Seiten mit
und verwendet die binomische
Reihe, so ergibt sich
Man gelangt zur Formel
wobei mit
die absteigende
Faktorielle gemeint ist. Diese Formel ist als newtonsche Formel zur
Polynominterpolation bei äquidistanten Stützstellen bekannt. Sie stimmt für alle
Polynomfunktionen, muss aber für andere Funktionen nicht unbedingt korrekt sein.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 14.11. 2021