Radioaktiver Abfall

Behälter mit radioaktivem Abfall in den USA
Transportbehälter des Typs TN 85 des Atommülltransportes vom 9. November 2008 in das Transportbehälterlager Gorleben

Radioaktive Abfälle, umgangssprachlich meist Atommüll genannt, sind radioaktive Stoffe, die nicht nutzbar sind oder aufgrund politischer Vorgaben nicht mehr genutzt werden dürfen. Der meiste Atommüll entsteht durch die Nutzung der Kernenergie. Kleinere Mengen fallen in Medizin und Forschung an; einige Staaten haben erhebliche Altlasten aus der Entwicklung und Herstellung von Kernwaffen. Anfallende radioaktive Stoffe und davon kontaminiertes anderes Material werden durchwegs in Zwischenlagern verwahrt; die Handhabung hochradioaktiver Abfälle durch Endlagerung, Transmutation oder Wiederverwendung ist eine wichtige Aufgabe für die Menschheit.

Herkunft bzw. Entstehung

Entstehung der radioaktiven Abfälle der Nuklear-Industrie

Der mengenmäßig überwiegende Teil der Abfälle entsteht durch die Uranwirtschaft. Der größte Teil mit rund 80 % der radioaktiven Abfälle stammt aus dem Uranabbau (Abraum und Tailings) und wird in der Nähe des jeweiligen Uranbergwerks deponiert. Hochradioaktive Abfälle entstehen überwiegend durch Kernspaltung und Neutroneneinfang in Kernreaktoren. Vergleichsweise geringe Mengen radioaktiver Abfälle stammen aus der Anwendung radioaktiver Substanzen in Medizin, Industrie und Forschung.

Radioaktive Abfälle entstehen auch, wenn Materialien beim Umgang mit radioaktiven Stoffen kontaminiert oder durch Neutronenstrahlung aktiviert wurden. Beispielsweise sind folgende Materialien radioaktiv kontaminiert:

Aktiviert werden insbesondere

Klassifikation nach Aktivität

Radioaktive Abfälle werden international in schwach-, mittel- und hochradioaktive Abfälle eingeteilt (low-, intermediate- und high-level waste, LLW, ILW und HLW). Je nach Art und Energie der Strahlung und insbesondere deren Aktivität und Halbwertzeit sind unterschiedliche Abgrenzungskriterien in Gebrauch. Die Internationale Atomenergie-Agentur IAEO hat 1981 folgende Einteilung vorgenommen:

Der hochradioaktive Abfall hat einen relativ geringen Mengenanteil (in Deutschland ca. 10 %), enthält aber den ganz überwiegenden Teil (ca. 99,9 %) der gesamten Radioaktivität. In der öffentlichen Diskussion um die Endlagerfrage geht es im Wesentlichen um solche hochradioaktiven Spaltprodukte aus der Kernenergienutzung. Für schwach- und mittelaktive (keine Wärme entwickelnden) Abfälle werden in verschiedenen Staaten Endlager betrieben oder vorbereitet. Als weltweit erstes Endlager für hochradioaktive Abfälle erhielt 2015 das Endlager Onkalo in Olkiluoto in Finnland die Baugenehmigung. Mit der Einlagerung von verbrauchten Brennelementen soll 2020 begonnen werden.

Abklingzeiten von Nuklidgemischen

Zusammensetzung des Brennstoffes bei Beginn und nach 3 Jahren Abbrand in einem Druckwasserreaktor

Die Aktivität einzelner Radionuklide klingt exponentiell ab. Nach einer Halbwertszeit beträgt sie nur noch die Hälfte des Anfangswerts, nach zwei Halbwertszeiten ein Viertel, nach zehn Halbwertszeiten rund ein Tausendstel (2−10=1/1024), nach zwanzig Halbwertszeiten rund ein Millionstel. Erst wenn die Aktivität auf das Niveau der natürlichen Radioaktivität abgesunken ist, sind keine Strahlenschutzmaßnahmen mehr erforderlich. Je nach Anfangswert können dafür einige wenige bis über zwanzig Halbwertszeiten nötig sein.

Für eine gegebene Anfangsmenge radioaktiver Atomkerne sind Anfangsaktivität und Halbwertszeit umgekehrt proportional zueinander. Beispielsweise strahlt durch Neutroneneinfang aktiviertes Aluminium heftig, hat aber eine Halbwertszeit von nur wenigen Minuten, so dass die Aktivität nach einer Stunde vernachlässigbar und nach einem Tag nicht mehr nachweisbar ist. Die gleiche Menge frisch aktivierter 60Co-Kerne hat eine wesentlich geringere Anfangsaktivität, die jedoch monatelang nahezu unverändert bleibt, da die Halbwertszeit 5,27 Jahre beträgt.

Radioaktive Abfälle aus Neutronenaktivierungen sind nur in den seltensten Fällen isotopenrein. In aller Regel enthalten sie Mischungen verschiedenster Nuklide mit sehr unterschiedlichen Halbwertszeiten. Dadurch erfolgt das Abklingen anders als nach der exponentiellen Regel, die sich nur jeweils auf einzelne Isotope bezieht. Beispielsweise enthält der Werkstoff Aluminium außer dem chemischen Element Aluminium stets auch Beimischungen von Kupfer und Zink und Spuren von Nickel und Cobalt. Alle diese Elemente werden durch Neutroneneinfang aktiviert, wenn sie als Werkstoff in einem Reaktor eingesetzt sind. Nach dem Ende der Neutronenbestrahlung dominiert zunächst die zuvor erwähnte kurzlebige Radioaktivität des Aluminiums. Nach zehn Minuten aber sinkt die Gesamtaktivität nicht exponentiell weiter, sondern es tritt die langlebigere Aktivität des aktivierten 64Cu in den Vordergrund. Nach zwei Wochen ist auch das 64Cu fast vollständig zerfallen, nun aber zeigt sich die noch langlebigere Aktivität von 65Zn mit einer Halbwertszeit von 244 Tagen. Es kann deshalb sein, dass man das Werkstück viele Jahre lang sicher verwahren muss, bevor seine Restaktivität vernachlässigbar ist. Aus diesem Grund werden in kerntechnischen Anlagen, wenn möglich, Legierungen mit besonderer Zusammensetzung verwendet, insbesondere cobaltfreie Stähle.

Ähnliches gilt, auf anderen Zeitskalen, für radioaktive Abfälle aus Kernkraftwerken. Dort kommen die folgenden wesentlichen Stoffgruppen vor:

Wegen der hohen Anfangsaktivität sind frisch abgebrannte Brennstäbe nicht transportfähig; sie werden in einem Abklingbecken aufbewahrt. Danach ist eine jahrzehntelange Zwischenlagerung erforderlich.

Wiederaufbereitungsanlagen sollen unverbrauchten und erbrüteten Brennstoff zur Wiederverwendung vom radioaktiven Abfall abtrennen. Dadurch wird das Volumen an hochradioaktivem Abfall stark verringert, das Volumen an mittel- und schwachradioaktiven Abfällen steigt.

Der Gehalt an Radionukliden und deren Mischungsverhältnis ist von vielen Faktoren abhängig, insbesondere von der Art, Herkunft und Vorgeschichte des Abfalls.

Anfallende und angefallene Mengen

Nach Angaben der World Nuclear Association entstehen Jahr für Jahr 12.000 Tonnen hochradioaktive Abfälle. Bis Ende 2010 sind weltweit etwa 300.000 Tonnen hochradioaktiven Abfalls angefallen, davon etwa 70.000 in den USA. In den deutschen Atomkraftwerken werden jährlich rund 450 Tonnen hochradioaktive abgebrannte Brennelemente erzeugt.

In Russland lagerten 2008 mehr als 700.000 Tonnen radioaktiven Mülls unterschiedlicher Strahlung, davon 140.000 Tonnen aus europäischen Kernkraftwerken. An der Hanford Site in den USA müssen etwa 200.000 Kubikmeter radioaktiven Materials entsorgt werden. Das weltweit erste Endlager für hochradioaktive Abfälle Onkalo in Finnland hat eine Kapazität von 6500 Tonnen und ist für die Aufnahme der verbrauchten Brennelemente der fünf Kernkraftwerke in Olkiluoto und Loviisa ausgelegt.

Entsorgung

Betriebliche Abfälle aus Überwachungsbereichen in kerntechnischen Anlagen werden bis zum Nachweis des Gegenteils als radioaktiv angesehen. In Tonnen wie der hier gezeigten werden zum Beispiel Putzlumpen, Verpackungen, Papiermüll und Ähnliches gesammelt. Für brennbaren und unbrennbaren Abfall gibt es unterschiedliche Entsorgungswege.

Für die Entsorgung für schwach- und mittelradioaktive Abfälle wird in Deutschland das Bergwerk Schacht Konrad umgebaut. Diese Abfälle stellen 90 % des Gesamtvolumens dar, jedoch nur 1 % der Radioaktivität.

Obwohl seit Jahrzehnten technische Verfahren zur Konditionierung und Endlagerung erprobt werden, ist die Entsorgung für hochradioaktive Abfälle ungelöst. Insbesondere mittel- und hochradioaktive Abfälle stellen große Herausforderungen an die Entsorgung. Aufgrund der langen Halbwertszeiten vieler radioaktiver Substanzen fordert die deutsche Gesetzgebung eine sichere Lagerung über 1 Million Jahre. Die Halbwertzeit von Plutonium-239 beträgt 24.000 Jahre.

In Deutschland wird das Konzept der Endlagerung in tiefen geologischen Formationen favorisiert. Eines der Hauptargumente, mit dem Atomkraftgegner schon seit Jahren den Ausstieg aus der Atomtechnologie fordern, ist die nicht gesicherte Entsorgung der radioaktiven Abfälle. Auch Atommülltransporte geben immer wieder Anlass zu Demonstrationen für einen Atomausstieg. In Europa warten 8000 m³ HLW (high level waste, hochradioaktiver Abfall) in Zwischenlagern auf die Endlagerung, jährlich werden es 280 m³ mehr.

Konditionierung

Durch die Konditionierung werden die radioaktiven Abfälle in einen chemisch stabilen, in Wasser nicht oder nur schwer löslichen Zustand überführt und den Anforderungen von Transporten und Endlagerung entsprechend verpackt. Je nach Material werden dazu unterschiedliche Verfahren verwendet.

Hochradioaktive Spaltproduktlösungen, die bei der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente anfallen, werden in Glas eingeschmolzen. Die dabei entstehenden Glaskokillen sind korrosionsfest und unlöslich in Wasser. Zusätzlich werden sie wasserdicht in Edelstahlbehälter verpackt.

Forscher entdeckten jedoch, dass die Actinoide (Uran, Neptunium, Plutonium) im Atommüll mit dem Borglas, aus dem die Kokillen bestehen, unter Wassereinfluss reagieren können, wenn die Edelstahlumhüllung durch Korrosion undicht wird. Die dabei entstehenden Kristalle könnten theoretisch das Glas zerstören. Andere Forscher halten jedoch die Zerstörung des Glases trotz der Reaktionen für unmöglich, weil im realen Atommüll die Konzentration der Actinoide dafür zu gering wäre.

Alternativ hierzu wird an der Einbindung in Keramik gearbeitet; hier ist ebenfalls eine chemisch stabile Lagerung gewährleistet.

Andere radioaktive Abfälle werden – je nach Art – durch unterschiedliche Verfahren (zum Beispiel Verbrennen, Verpressen) in eine möglichst raumsparende, chemisch stabile Form gebracht und anschließend in der Regel in einer chemisch stabilen, wasserunlöslichen Matrix (Zement, Bitumen) fixiert. Hierbei können teilweise radioaktive Stoffe verwertet werden, unter anderem finden radioaktive Lösungen zum Anmischen von Zement bei der Fixierung anderer Abfälle Verwendung und aus schwach radioaktivem Stahlschrott werden beispielsweise Abschirmplatten für Behälter gefertigt.

Endlagerung

Aufgrund der langen Zeiträume sowie durch die Radioaktivität sind die Lagermaterialien nicht notwendigerweise dauerhaft in der Lage, die eingebundenen Stoffe zurückzuhalten. Daher ist die sichere Lagerung des verarbeiteten Mülls entscheidend. Selbst nach Zerfall der Lagerbehälter soll ein Transport der radioaktiven Substanzen durch das Gestein sehr langsam erfolgen. Die geologischen Eigenschaften des Gebirges müssen dabei den sicheren Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleisten, so dass diese nicht in die Biosphäre gelangen können. Über lange Zeiträume könnten chemische Reaktionen im Endlager dann eine Rolle spielen, wenn Wasser in den Endlagerbereich vordringt. Neben der Korrosion von Lagerbehältern könnten mit denen im Abfall vorhandenen Radionukliden eine Vielzahl von Reaktionen auftreten: Auflösung und Fällungsreaktionen, Redoxreaktionen, Komplexbildungsreaktionen, Radiolyse und Kolloidbildung. Für diesen Fall muss dann ein Radionuklidtransport im Bereich des Endlagers angenommen werden. Die Untersuchungen zur Schaffung von Warnzeichen und Warnsymbolen, die über Jahrtausende auf die eingelagerten radioaktiven Stoffe hinweisen, werden unter dem Begriff Atomsemiotik zusammengefasst.

An die Erkundung, Einrichtung, den Betrieb und auch die Sicherung von Endlagern für radioaktive Stoffe sind prinzipiell die gleichen Anforderungen zu stellen wie an Endlager für nicht-radioaktive hochtoxische Stoffe. Als Endlagerstätten werden etwa Salzstöcke in geologisch stabilen Gesteinsschichten diskutiert. Auch Granit, Tongestein oder Tuff kommen als Wirtsgesteine in Frage. Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle wird das Endlager Schacht Konrad gebaut. Für hochradioaktive Abfälle ist die Frage der Endlagerung in Deutschland noch offen. Die seit 1979 andauernde Erkundung des Standortes im Salzstock Gorleben in Norddeutschland wurde im Oktober 2000 durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit unterbrochen; zurzeit soll eine neue Standortauswahl stattfinden, bei der Gorleben und andere Standorte miteinbezogen werden (Stand 2015). Der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandort (AkEnd) wurde beauftragt, wissenschaftlich fundierte Kriterien für ein relativ sicheres Endlager aufzustellen. Der Bericht des AKEnd war bereits 2002 vorgelegt worden.

2011 beschloss die EU-Kommission eine neue Richtlinie. Demnach müssen alle 14 kernenergie-nutzenden Länder bis 2015 eine Lösung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle finden. Andernfalls kann Brüssel rechtlich gegen säumige Staaten vorgehen und vor dem Europäischen Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengen. Hierbei müssen die Staaten zwar nationale Pläne vorlegen, es können aber auch mehrere Mitgliedsstaaten beschließen, gemeinsam ein Endlager in einem EU-Staat zu nutzen. Exporte radioaktiver Abfälle in Staaten außerhalb der EU wurden mit der neuen Richtlinie nicht explizit verboten. Sie sind unter der Auflage erlaubt, dass im Zielland bereits ein Endlager in tiefen geologischen Formationen in Betrieb ist. Der Transport von Atommüll in afrikanische, karibische, pazifische Länder sowie die Antarktis ist jedoch bereits seit längerem durch entsprechende Richtlinien verboten.

2015 erteilte die finnische Regierung die Baugenehmigung für das Endlager ONKALO für hochradioaktive Abfälle. Es soll 2020 in Betrieb gehen.

Wiederverwertung

Unter Umständen ist eine Nutzung des hochradioaktiven Abfalls über eine Erzeugung von neuem Kernbrennstoff in Brutreaktoren hinaus denkbar. Unter den Spalt- und Zerfallsprodukten befinden sich wertvolle Stoffe wie Rhodium, Ruthenium und das radioaktive Element Technetium. Da die heutigen Leichtwasserreaktoren nur etwa 5 % der Energie verwenden, die in neuen Brennelementen vorhanden ist, ist hier ein Potential vorhanden.

Viele radioaktiv kontaminierte Stoffe können – soweit wirtschaftlich sinnvoll – gereinigt (Dekontamination) und bei erwiesener Kontaminationsfreiheit bzw. Grenzwertunterschreitung (Freimessen) normal weiter genutzt werden. Des Weiteren können radioaktive Reststoffe in der Kerntechnik weiterverwendet werden; so wird z.B. schwachradioaktiver Stahlschrott zu Abschirmungen für Abfallbehälter verarbeitet.

Ein seit den 1950er Jahren in Entwicklung befindliches Konzept zur energetischen Wiederverwertung von radioaktiven Abfällen ist der Laufwellen-Reaktor. Wie beim Brutreaktor erbrütet dieser seinen Brennstoff, kann aber unter anderem auch mit Rohuran oder bereits abgebranntem Kernbrennstoff betrieben werden und so die Rückstände seiner eigenen Produktion wiederverwerten. Theoretisch ist es so möglich, Material als Brennstoff zu verwenden, das derzeit als radioaktiver Abfall angesehen wird. Dies würde zur etwa 20- bis 50-mal effizienteren Nutzung von Kernbrennstoff beitragen. Die dafür nötige Technologie wird seit den 1970er Jahren entwickelt, wurde jedoch bis jetzt in nur wenigen kommerziellen Reaktoren umgesetzt.

Die einzigen Brutreaktoren in kommerziellem Betrieb sind heute der russische BN-600 und das Nachfolgemodell BN-800, beide im russischen Kernkraftwerk Belojarsk in Saretschny. Der BN-800 speist seit dem 10. Dezember 2015 Strom ins russische Netz ein und arbeitet seit dem 31. Oktober 2016 im kommerziellen Leistungsbetrieb.

Australien plant zurzeit (Stand 2015) den Bau von Brutreaktoren der Baureihe PRISM (General Electric und Hitachi) zur Wiederverwertung von radioaktivem Abfall.

Auch der Dual-Fluid-Reaktor könnte, wenn er realisiert werden sollte, alte Brennstäbe als Brennstoff verwenden.

Transmutation

Hauptartikel: Transmutation

Es gibt Vorschläge, die langlebigen Nuklide aus hoch radioaktiven Abfällen in geeigneten Anlagen (spezielle Reaktoren, Spallations-Neutronenquellen) durch Neutronenbeschuss in kurzlebige Nuklide umzuwandeln, was die notwendige Dauer des Abschlusses von der Biosphäre erheblich verkürzen und evtl. sogar eine Wiederverwertung der entstehenden Materialien ermöglichen würde. Die entsprechenden Forschungen in der Transmutation sind jedoch noch in den Anfängen. Bisher wurde weltweit noch keine produktive Transmutationsanlage zur Beseitigung nuklearer Abfälle verwirklicht, lediglich im Rahmen von Forschungsprojekten wurden kleine Anlagen realisiert.

Legale Entsorgung in Meergewässern

Radioaktive Abfälle konnten legal in den Meeren verklappt werden, bis diese Vorgehensweise 1994 von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) zumindest für Feststoffe verboten wurde. Sämtliche Atommüll-produzierenden Länder haben bis dahin in weniger als 50 Jahren mehr als 100.000 Tonnen radioaktiven Abfall im Meer versenkt. Die Briten versenkten hierbei mit 80 % den größten Anteil, gefolgt von der Schweiz, die bis 1982 schwach- und mittelaktive Abfälle sowie radioaktive Abfälle aus Industrie, Medizin und Forschung unter der Führung der OECD im Nordatlantik versenkt hat. Die USA haben gegenüber der Internationalen Atomenergieorganisation eingeräumt, von 1946 bis 1970 über 90.000 Container mit radioaktivem Abfall vor ihren Küsten versenkt zu haben. Aus Deutschland wurden einige hundert Tonnen Atommüll im Meer entsorgt.

Die direkte Einleitung von radioaktiven Abwässern in Meergewässer ist jedoch nach wie vor legal und wird auch praktiziert: Die Wiederaufarbeitungsanlage La Hague leitet durch ein viereinhalb Kilometer langes Rohr täglich 400 Kubikmeter radioaktives Abwasser in den Ärmelkanal. Auch der Nuklearkomplex Sellafield (ehemals Windscale) leitet legal radioaktive Abwässer in die Irische See ein. Diese Einleitungen übersteigen die Einleitungen der Anlage La Hague für fast alle Nuklide.

In der arktischen See, dem weltweit wichtigsten Fanggebiet für Kabeljau, hat die russische Nordflotte Nuklearabfälle in geringer Tiefe entsorgt, darunter auch ganze Kernreaktoren, manche davon noch mit abgebrannten Brennelementen bestückt.

Lagerung unter freiem Himmel

Die offene Lagerung von radioaktivem Material unter freiem Himmel ist in Westeuropa in keinem Staat zugelassen. Die offene Lagerung von Behältern mit radioaktivem Material unter freiem Himmel ist wegen der unter Wetterbedingungen und Sonneneinstrahlung stärkeren Korrosion der Lagerbehälter problematisch. In Mitteleuropa ist die andauernde offene Lagerung von Behältern mit radioaktivem Material in keinem Land politisch erwünscht oder legal zulässig.

Als politischer Ausweg wird der Export von Behältern mit radioaktivem Material von verschiedenen Regierungen als legale Maßnahme gefördert. Eine Kontrolle der ausländischen Lagerorte erfolgt in der Regel nicht. Die Lagerung wird von lokalen Sicherheitsbeamten in den Empfängerländern wegen mangelnder Bildung und vorrangigem wirtschaftlichen Partikularinteresse unkritisch kommentiert.

Hypothetische Szenarien eines Flugzeugabsturzes, Brandes oder eines ähnlichen Unfalles in der Nähe der Container sind mangels Vorbereitung weder durch Vorsorgemaßnahmen noch durch Sofortmaßnahmen zu beherrschen. Zuletzt aufgetretene Waldbrände in der Nähe von Lagerstätten zeigen die Gefährdung der Atmosphäre durch Brände und Austrag der Asche mit dem Wind.

Im Oktober 2009 wurde durch die Berichterstattung um den Film Albtraum Atommüll öffentlich bekannt, dass Frankreich seit den 1990er Jahren heimlich einen nicht unerheblichen Teil seines Atommülls nach Sibirien transportiert. In der Stadt Sewersk, in der mehr als 100.000 Menschen leben, lagern knapp 13 % des französischen radioaktiven Abfalls in Containern unter freiem Himmel auf einem Parkplatz. Zudem wurde öffentlich, dass Deutschland sogar in noch größerem Maße radioaktiven Abfall nach Russland exportiert. Es handelt sich hierbei um abgereichertes Uran in Form von Uranhexafluorid, welches weiterverarbeitet werden soll. Eine Lagerung unter freiem Himmel ist in vielen Ländern üblich, die Radioaktivität dieses Materials liegt unterhalb von Natururan.

Die kirgisische Stadt Mailuussuu ist umgeben von 36 nicht gesicherten Lagern von Uranabfällen und zählt zu den zehn am schlimmsten verseuchten Gegenden der Erde. Seit mindestens 2009 droht der Abrutsch von 180.000 Kubikmetern Uranschlamm in einen Fluss, wodurch das Trinkwasser in Kirgisistan und Usbekistan radioaktiv verseucht würde.

Illegale Entsorgung

Im September 2009 wurde 28 Kilometer vor der Küste Süditaliens das Wrack eines 110 Meter langen Frachters mit 120 Behältern Atommüll an Bord entdeckt. Damit wurde der seit Jahrzehnten bestehende Verdacht bestätigt, dass die italienische Mafia Giftmüll im Mittelmeer entsorgt. Mindestens 32 Schiffe mit Gift- und Atommüll sollen auf diese Weise in der Adria, dem Tyrrhenischen Meer und vor den Küsten Afrikas versenkt worden sein. Die Herkunft des radioaktiven Materials ist bislang nicht geklärt. Es soll nicht nur die Ndrangheta beteiligt gewesen sein, sondern auch der Geheimdienst und die Politik – manche damaligen Ermittler dürfen „aus institutionellen Gründen“ nicht über die Vorfälle sprechen, es gibt ungeklärte Todesfälle, die mit diesen Fällen in Zusammenhang gebracht werden. Auch chemischer Giftmüll ist offenbar so entsorgt worden.

Nach Aussagen eines Mafia-Kronzeugen sollen Millionen Tonnen hochgiftiger Müll rund um Neapel vergraben worden sein, darunter auch nuklearer Müll und Atommüll aus Deutschland, der hochradioaktive Gammastrahler enthält. Ärzte beklagen in dieser Gegend steigende Krebsraten, auch viele krebskranke Kinder. Die Polizei beschlagnahmte kontaminiertes Gemüse.

In der Ostsee wurden zwischen 1991 und 1994 radioaktive und chemische Altwaffen aus sowjetischen Beständen illegal versenkt.

Waffenproduktion

Als Abfallprodukt bei der Anreicherung von Uran für die Energieerzeugung oder Waffenproduktion fällt abgereichertes Uran an. Dieses wird zum Teil genutzt, um damit Uranmunition zu produzieren. Neben dem militärisch erwünschten zerstörenden Effekt entfaltet diese Munition sowohl wegen der Radioaktivität als auch wegen der chemischen Giftigkeit des Urans eine schädliche Wirkung auf den menschlichen Organismus. Über das tatsächliche Ausmaß der Bedrohung herrscht Uneinigkeit. Von Gegnern dieser Waffen, wie der Organisation Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, wird Uranmunition für Krebserkrankungen, Missbildungen und Folgeschäden wie das Golfkriegssyndrom verantwortlich gemacht.

Beispielsweise wurden während eines dreiwöchigen Einsatzes im Irakkrieg 2003 von der Koalition der Willigen zwischen 1000 und 2000 Tonnen Uranmunition eingesetzt.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 08.04. 2022