Finite-Differenzen-Methode
Finite-Differenzen-Methoden (kurz: FDM), auch Methoden der endlichen (finiten) Differenzen sind eine Klasse numerischer Verfahren zur Lösung gewöhnlicher und partieller Differentialgleichungen.
Die grundlegende Idee des Verfahrens ist es, die Ortsableitungen in der Differenzialgleichung an endlich vielen (= „finiten“), äquidistanten Gitterpunkten durch Differenzenquotienten zu approximieren. Die approximierten Lösungen der Differenzialgleichung an den Gitterpunkten lassen sich dann durch das entsprechende Gleichungssystem berechnen.
Verfahren dieser Art finden verbreitete Anwendung unter anderem bei fluiddynamischen Simulationen, zum Beispiel in der Meteorologie und der Astrophysik. Eine gewisse Verbreitung findet das Differenzenverfahren in der Baustatik. Schon 1904 analysierte Friedrich Bleich den Durchlaufträger; 1909 untersuchte Lewis Fry Richardson elastische Scheiben und 1919 Henri Marcus elastische Platten mit dem Differenzenverfahren.
Eine spezielle Finite-Differenzen-Methode zur numerischen Lösung der Wärmeleitungsgleichung ist das Crank-Nicolson-Verfahren.
Zu den Pionieren des Finite-Differenzen-Verfahrens für partielle Differentialgleichungen zählen Lewis Fry Richardson, Richard Southwell, Richard Courant, Kurt Friedrichs, Hans Lewy, Peter Lax und John von Neumann.
Beispiel zur numerischen Lösung einer gewöhnlichen DGL
Gegeben sei das Randwertproblem
für
Die Lösungsfunktion
lässt sich hier exakt berechnen zu
.
Zur Lösung mit der Differenzenmethode wird das Intervall
diskretisiert durch die Gitterpunkte
für
mit der Maschenweite
.
Die Diskretisierung der zweiten Ableitung erfolgt mit den zentralen
Differenzenquotienten der zweiten Ableitung
Dies ergibt an den inneren Gitterpunkten die Differenzengleichungen
für
für die numerischen Näherungswerte
der Lösungswerte
.
Unter Verwendung der gegebenen Randwerte
und
ist dies ein lineares Gleichungssystem mit
Gleichungen für die
Unbekannten
.
In Matrixform lautet das zu lösende System hier:
Da in jeder Zeile maximal nur drei Unbekannte vorkommen, handelt es sich um ein System mit dünnbesetzter Koeffizientenmatrix, genauer um ein System mit Tridiagonal-Toeplitz-Matrix.
Beispiel zur numerischen Lösung einer partiellen DGL
Im Folgenden wird die numerische Lösung der Wärmeleitungsgleichung
auf einem beschränkten Gebiet
betrachtet:
Numerische Lösung im 1D
Im 1D-Fall ist
ein beschränktes Intervall. Da in diesem Fall nur eine Ortsableitung betrachtet
wird, kann die Wärmeleitungsgleichung
folgendermaßen geschrieben werden:
Diskretisierung
Um die Finite-Differenzen-Methode anwenden zu können, muss das Intervall
zunächst in endlich viele Teilintervalle unterteilt werden. Hierfür werden
äquidistante Stützstellen verwendet:
, für
.
Die Gitterweite dieser Diskretisierung
ist also .
Nach Voraussetzung verschwindet die gesuchte Funktion
an den Randwerten, d.h.
,
sodass diese Werte nicht weiter betrachtet werden müssen. Damit lassen sich die
Funktionsauswertungen von
an Stützstellen als Vektor im
darstellen:
Approximation der Ableitung
Die zweite Ableitung von
bzgl. des Orts kann nun an den Stützstellen durch Differenzenquotienten zweiter
Ordnung approximiert werden:
Wird die Wärmeleitungsgleichung nach
umgestellt, ergibt sich damit folgendes System gewöhnlicher
Differenzialgleichungen erster Ordnung:
wobei
und
.
Diese System kann nun durch beliebige Verfahren zur Lösung von gewöhnlichen Differenzialgleichungen, wie z.B. das Runge-Kutta-Verfahren oder das Euler-Verfahren, gelöst werden.
Güte der Approximation
Eine Finite-Differenzen-Methode erzeugt ein lineares Gleichungssystem (analog Gleichung im Kapitel Beispiel)
wobei
die numerische Approximation der Lösung ist und
die Abhängigkeit vom Gitter explizit darstellen soll. Sei
die exakte Lösung und
die endliche Darstellung mittels
.
Eine FDM heißt konsistent
von Ordnung ,
falls es ein
gibt mit
Eine FDM heißt stabil,
falls es ein
gibt, sodass für alle
gilt
Man kann zeigen, dass aus Konsistenz und Stabilität schon Konvergenz folgt, also
Literatur
- Christian Großmann, Hans-Görg Roos: Numerische Behandlung partieller Differentialgleichungen. 3. Auflage. B. G. Teubner Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-519-22089-X.
- Stig Larsson, Vidar Thomée: Partielle Differentialgleichungen und numerische Methoden. Springer-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-20823-2.
- Claus-Dieter Munz, Thomas Westermann: Numerische Behandlung gewöhnlicher und partieller Differenzialgleichungen. 3. Auflage. Springer-Verlag, ISBN 978-3-642-24334-9
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 31.03. 2021