Wärmeleitungsgleichung
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Die Wärmeleitungsgleichung oder Diffusionsgleichung ist eine partielle Differentialgleichung zur Beschreibung der Wärmeleitung. Sie ist das typische Beispiel einer parabolischen Differentialgleichung, beschreibt den Zusammenhang zwischen der zeitlichen und der räumlichen Änderung der Temperatur an einem Ort in einem Körper und eignet sich zur Berechnung instationärer Temperaturfelder. Im eindimensionalen Fall (ohne Wärmequellen) besagt sie, dass die (zeitliche) Ableitung der Temperatur das Produkt aus der zweiten räumlichen Ableitung und der Temperaturleitfähigkeit ist. Dies hat eine anschauliche Bedeutung: Wenn die zweite räumliche Ableitung an einem Ort ungleich null ist, so unterscheiden sich die ersten Ableitungen kurz vor und hinter diesem Ort. Der Wärmestrom, der zu diesem Ort fließt, unterscheidet sich also nach dem Fourierschen Gesetz von dem, der von ihm weg fließt. Es muss sich also die Temperatur an diesem Ort mit der Zeit ändern. Mathematisch sind Wärmeleitungsgleichung und Diffusionsgleichung identisch, statt Temperatur und Temperaturleitfähigkeit treten hier Konzentration und Diffusionskoeffizient auf. Die Wärmeleitungsgleichung lässt sich aus dem Energieerhaltungssatz und dem Fourierschen Gesetz der Wärmeleitung herleiten. Die Fundamentallösung der Wärmeleitungsgleichung wird Wärmeleitungskern genannt.
Formulierung
Homogene Gleichung
In homogenen Medien lautet die Wärmeleitungsgleichung
wobei
die Temperatur an der Stelle
zum Zeitpunkt
,
der Laplace-Operator
bezüglich
und die Konstante
die Temperaturleitfähigkeit
des Mediums ist.
Im stationären Fall, wenn also die Zeitableitung
null ist, geht die Gleichung in die Laplace-Gleichung
über.
Eine häufig verwendete Vereinfachung berücksichtigt nur eine Raumdimension und beschreibt zum Beispiel die zeitliche Änderung der Temperatur in einem dünnen, relativ dazu langen Stab aus festem Material. Dadurch wird der Laplace-Operator zu einer einfachen zweiten Ableitung:
Nichthomogene Gleichung
In Medien mit zusätzlichen Wärmequellen (z.B. durch Joulesche Wärme oder eine chemische Reaktion) lautet die dann inhomogene Wärmeleitungsgleichung
wobei die rechte Seite
der Quotient aus volumenbezogener Wärmequelldichte
(der pro Volumen und Zeit produzierten Wärmemenge) und der volumenbezogenen
Wärmekapazität (dem Produkt aus Dichte und massebezogener Wärmekapazität)
ist. Im stationären Fall, wenn also die Zeitableitung null ist, geht die
Gleichung in die Poisson-Gleichung
über.
Herleitung
Es wird die Wärmebilanz an einem kleinen Volumenelement (Volumen )
betrachtet. In einem abgeschlossenen System, welches keine Volumenarbeit
leistet, ist die im System vorhandene Energie gemäß dem ersten Hauptsatz der
Thermodynamik erhalten und es gilt
.
Die Kontinuitätsgleichung für die innere Energie kann somit geschrieben werden
als:
,
wobei
die Änderung der Wärmedichte bezeichnet und
mit der Wärmeleitfähigkeit
die Wärmestromdichte
ist.
Mit dem Zusammenhang zur Wärmekapazität
beziehungsweise der spezifischen
Wärmekapazität
über
mit der Masse
und entsprechend bei der volumenbezogenen Größe
mit der Dichte
ergibt sich unter der Annahme, dass es keinen Massentransport oder
Wärmestrahlungsverluste gibt, sowie der Homogenität des Materials:
.
Mit der Temperaturleitfähigkeit
folgt obige Gleichung
.
Klassische Lösungen
Fundamentallösung
Eine spezielle Lösung der Wärmeleitungsgleichung ist die sogenannte Fundamentallösung der Wärmeleitungsgleichung. Diese lautet bei einem eindimensionalen Problem
und bei einem -dimensionalen
Problem
wobei
das Quadrat der euklidischen
Norm von
ist.
wird auch als Wärmeleitungskern (oder engl. heat
kernel) bezeichnet. Die funktionale Form entspricht der einer
Gauß'schen Normalverteilung
mit
.
Lösungsformel für das homogene Cauchyproblem
Mit Hilfe der oben angegebenen Fundamentallösung der Wärmeleitungsgleichung
kann man für das homogene Cauchyproblem
der Wärmeleitungsgleichung eine allgemeine Lösungsformel angeben. Dazu stellt
man für gegebene Anfangsdaten
zur Zeit
zusätzlich die Anfangsbedingung
in Form einer Delta-Distribution
dar. Die Lösung
des homogenen Anfangswertproblem erhält man für
durch die Faltung
der Fundamentallösung
mit den gegebenen Anfangsdaten
:
Lösungsformel für das inhomogene Cauchyproblem mit Null-Anfangsdaten
Für das inhomogene Anfangswertproblem mit Null-Anfangsdaten
erhalten wir analog zum homogenen Fall durch die Faltung der
Fundamentallösung
mit der gegebenen rechten Seite
der Differentialgleichung als Lösungsformel:
Allgemeine Lösungsformel
Die Lösungsformel für das inhomogene Cauchyproblem mit beliebigen Anfangsdaten erhält man aufgrund der Linearität der Wärmeleitungsgleichung durch Addition der Lösung des homogenen Cauchyproblems mit der Lösung des inhomogenen Cauchyproblems mit Null-Anfangsdaten, insgesamt also:
Weitere Lösungen
In manchen Fällen kann man Lösungen der Gleichung mit Hilfe des Symmetrieansatzes finden:
Dies führt auf die folgende gewöhnliche
Differentialgleichung für :
Eine weitere eindimensionale Lösung lautet
wobei
eine Konstante ist. Mit ihr kann man das Wärmespeicherungsverhalten modellieren,
wenn ein Gegenstand (mit einer zeitlich sinusförmigen Temperatur) erhitzt wird.
Eigenschaften klassischer Lösungen
Maximumprinzip
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Sei
eine Funktion, die die Temperatur eines Festkörpers in Abhängigkeit vom Ort und
der Zeit angibt, also
.
ist zeitabhängig, weil sich die thermische
Energie mit der Zeit über das Material ausbreitet. Die physikalische
Selbstverständlichkeit, dass Wärme nicht aus dem Nichts entsteht, schlägt sich
mathematisch im Maximumprinzip
nieder: Der Maximalwert (über Zeit und Raum) der Temperatur wird entweder am
Anfang des betrachteten Zeitintervalls oder am Rand des betrachteten
Raumbereichs angenommen. Diese Eigenschaft gilt allgemein bei parabolischen
partiellen Differentialgleichungen und kann leicht bewiesen werden.
Glättungseigenschaft
Eine weitere interessante Eigenschaft ist, dass selbst wenn
zum Zeitpunkt
eine Unstetigkeitsstelle
hat, die Funktion
zu jedem Zeitpunkt
stetig im Raum ist.
Wenn also zwei Metallstücke verschiedener Temperatur bei
fest verbunden werden, wird sich (nach dieser Modellierung) an der
Verbindungsstelle schlagartig die mittlere Temperatur einstellen und die
Temperaturkurve stetig durch beide Werkstücke verlaufen.
Siehe auch
Literatur
- Gerhard Dziuk: Theorie und Numerik partieller Differentialgleichungen. de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-014843-5.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.05. 2021