Transversalität
In der Differentialtopologie bezeichnet Transversalität einen Begriff, der die gegenseitige Lage zweier Untermannigfaltigkeiten beschreibt. Transversalität beschreibt in gewissem Sinne das Gegenteil von Tangentialität und stellt den „Normalfall“ (siehe Stabilität und Transversalitätssatz) dar.
Definition
Seien
und
differenzierbare
Mannigfaltigkeiten, mit
wird der Tangentialraum
am Punkt
und mit
das totale
Differential bezeichnet.
- Sei weiterhin
eine differenzierbare Abbildung und
eine Untermannigfaltigkeit. Die Abbildung
heißt transversal zu
, falls gilt:
- Seien
Untermannigfaltigkeiten. Die Untermannigfaltigkeit
heißt transversal zu
, falls gilt:
.
- Dies ist äquivalent dazu, dass die natürliche Inklusionsabbildung
transversal ist zu
.
Bemerkungen
- Die Summe der Vektorräume ist im Allgemeinen keine direkte Summe.
- Transversalität von Untermannigfaltigkeiten ist eine symmetrische
Relation:
, man sagt deshalb auch „
und
schneiden sich transversal“.
- Zwei disjunkte Untermannigfaltigkeiten schneiden sich immer transversal.
Beispiele
ist transversal zu
genau dann, wenn
:
: Im einzigen Schnittpunkt
stimmen die Tangentialräume überein, ihre Summe ergibt nicht den ganzen Tangentialraum von
.
: Kein Schnittpunkt, also transversal.
: In den (beiden) Schnittpunkten ergibt die Summe der Tangentialräume der Untermannigfaltigkeiten den ganzen Tangentialraum.
- Zwei Geraden in
schneiden sich genau dann transversal, wenn sie nicht identisch sind.
- Zwei Geraden in
schneiden sich genau dann transversal, wenn sie sich nicht schneiden.
und
in
schneiden sich genau dann transversal, wenn
.
Motivation
Die ursprüngliche Motivation für die Definition der Transversalität liegt in
der Frage, wann das Urbild einer Untermannigfaltigkeit
unter einer differenzierbaren Abbildungen
wieder eine Untermannigfaltigkeit (von
)
ist. Dies ist der Fall, wenn
transversal ist zu
.
Um dies zu zeigen, schreibt man
lokal als Niveaumenge einer differenzierbaren Abbildung
,
also
.
Die zu erfüllende Bedingung lautet nun:
ist regulärer
Wert von
,
das heißt, die Tangentialabbildung
ist surjektiv für alle
.
Durch elementare Umformungen zeigt man, dass diese Bedingung äquivalent ist zu
,
was der Definition der Transversalität entspricht.
Die Umkehrung obiger Aussage trifft nicht zu. Dies sieht man wie folgt: Sei
,
und seien
Einbettungen der
in Form geschlossener Kurven, die sich an einer Stelle tangential treffen
(figure-eight). Fasse
als eingebette Untermannigfaltigkeit auf. Dann ist
,
da
Einbettung.
Stabilität
Eine Eigenschaft einer differenzierbarer Abbildungen
heißt stabil, wenn für jede differenzierbare Homotopie
gilt: Hat
diese Eigenschaft, dann existiert ein
derart, dass
diese Eigenschaft für alle
auch besitzt.
Der Stabilitätssatz
besagt, dass für differenzierbare Abbildungen
die Transversalität zu einer abgeschlossenen Untermannigfaltigkeit
eine stabile Eigenschaft ist, falls
kompakt ist.
Weitere Sätze
Weitere wichtige Sätze in diesem Kontext sind der Transversalitätssatz und der Homotopietransversalitätssatz. Sie besagen im Wesentlichen, dass zu jeder differenzierbaren Abbildungen eine homotope Abbildung existiert, welche zu einer vorgegebenen Untermannigfaltigkeit transversal ist und dass transversale Homotopien aus Familien von Abbildungen bestehen, welche für fast alle Parameterwerte transversal sind. Diese Sätze ermöglichen die allgemeine Definition von Schnittzahlen mit Hilfe von Homotopie, da sich diese nur für transversale Schnitte direkt definieren lassen.
Generizität
Eine Eigenschaft von Funktionen heißt generisch, wenn die Menge der Funktionen mit dieser Eigenschaft offen und dicht im Raum aller Funktionen ist.
Transversalität (zu einer gegebenen Untermannigfaltigkeit )
ist eine generische Eigenschaft differenzierbarer Abbildungen
:
Aus der Stabilität
folgt die Offenheit und aus dem Transversalitätssatz
die Dichtheit der transversalen Abbildungen im Raum aller differenzierbaren
Abbildungen.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 29.12. 2020