Quadratwurzel einer Matrix
Die Quadratwurzel einer Matrix ist ein Begriff aus der linearen Algebra und verallgemeinert das Konzept der Quadratwurzel einer reellen Zahl. Eine Quadratwurzel einer quadratischen Matrix ist eine Matrix, die mit sich selbst multipliziert die Ausgangsmatrix ergibt. Für symmetrische positiv semidefinite Matrizen lässt sich eine eindeutige Quadratwurzel definieren. Im Allgemeinen muss allerdings weder eine Quadratwurzel existieren, noch muss sie, wenn sie existiert, eindeutig sein.
Quadratwurzel einer positiv semidefiniten Matrix
Definition
Für eine symmetrische positiv semidefinite Matrix
heißt eine ebenfalls symmetrische positiv semidefinite Matrix
Quadratwurzel oder kurz Wurzel von
falls
gilt.
Die Quadratwurzel von
ist dabei eindeutig bestimmt und wird mit
bezeichnet.
Darstellung
Die Quadratwurzel von
ergibt sich wie folgt. Nach dem Spektralsatz
existiert eine orthogonale
Matrix
mit paarweise orthonormalen Eigenvektoren
von
als Spalten und eine Diagonalmatrix
mit den diesen Eigenvektoren zugehörigen Eigenwerten
auf der Diagonale,
sodass
gilt. Die Quadratwurzel von
ergibt sich dann zu
wobei die Diagonalmatrix
die Quadratwurzeln der Eigenwerte von
auf der Diagonale hat.
Nachdem die Eigenwerte einer positiv semidefiniten Matrix
stets reell und nichtnegativ sind, können deren Quadratwurzeln ebenfalls reell
und nichtnegativ gewählt werden.
Beispiel
Die Matrix
hat die Eigenwerte
und
und
bilden die zugehörige Orthonormalbasis
aus Eigenvektoren. Es gilt also
und somit
Eigenschaften
Das Quadrat der Matrix
ist die Matrix
Die Matrix
ist symmetrisch:
Die Matrix
ist positiv semidefinit (verwendet wird die Verschiebungseigenschaft
des Standardskalarprodukts):
für alle
wobei
gilt. Ist
positiv definit, so ist auch
positiv definit.
Quadratwurzeln beliebiger Matrizen
Definition
Als Wurzel einer quadratischen Matrix
bezeichnet man jede Matrix
die mit sich selbst multipliziert
ergibt:
Man findet auch Quellen, in denen
eine Wurzel von
genannt wird, wenn
gilt.
Für eine Wurzel von
schreibt man auch
Es ist in dieser Notation jedoch unklar, welche Wurzel gemeint ist, da mehrere
existieren können.
Anzahl existierender Wurzeln
Wie schon bei der Wurzel aus reellen oder komplexen Zahlen ist die Wurzel aus
einer Matrix im Allgemeinen nicht eindeutig. Ist etwa
eine Wurzel aus
dann auch
Anders als bei der Wurzel einer komplexen Zahl können Matrizen auch mehr als zwei Wurzeln haben.
So haben beispielsweise -Matrizen,
deren charakteristisches Polynom in paarweise verschiedene Linearfaktoren
zerfällt, bis zu
verschiedene Wurzeln.
Es gibt sogar Matrizen mit unendlich vielen Wurzeln. So besitzt etwa die Einheitsmatrix
unter anderem
für jede komplexe Zahl
als Wurzel.
Weiterhin gibt es Matrizen, für die überhaupt keine Wurzel existiert: Ein
Beispiel ist
Geometrische Interpretation von Wurzeln
Betrachtet man die Matrix
als lineare
Transformation, das heißt als eine Abbildung zwischen Vektorräumen, durch
die einem Vektor
ein Vektor
zugeordnet wird, dann ist eine Wurzel
eine Transformation, die man zweimal hintereinander ausführen muss, um
in
überzuführen.
Beispiel:
sei die zweidimensionale Rotationsmatrix
mit dem Winkel
Dann ist jede zu einem Winkel
mit einer ganzen Zahl
gehörende Rotationsmatrix eine Wurzel von
Für
erreicht man mit der ersten Multiplikation eines Vektors
mit
eine Drehung um den halben Winkel
und mit der zweiten Multiplikation noch einmal.
Berechnung einer Wurzel
Man kann Wurzeln einer Matrix
der Größe
leicht bestimmen, wenn
eine Diagonalmatrix
ist oder sich zumindest in eine Diagonalform überführen lässt (siehe Diagonalisierung).
Fall 1: Diagonalmatrix
Sind die Diagonaleinträge einer Diagonalmatrix paarweise verschieden, so
können alle Wurzeln der Diagonalmatrix einfach bestimmt werden, indem von jedem
Eintrag auf der Hauptdiagonale
eine Wurzel bestimmt wird. Wenn man die Diagonaleinträge von
wie üblich mit
bezeichnet, erhält man damit als Wurzeln von
die Matrizen
Für jedes der
Diagonalelemente kann man das Vorzeichen
beliebig wählen, sodass man
paarweise verschiedene Wurzeln erhält, falls alle Diagonaleinträge von Null
verschieden sind. Ist ein Diagonaleintrag Null so erhält man entsprechend
paarweise verschiedene Wurzeln. Da die Matrix
auch negative Werte auf der Diagonalen besitzen kann, können die Wurzeln auch
komplexe Zahlen beinhalten.
Es ist zu beachten, dass es noch weitere Wurzeln geben kann, wenn die Diagonaleinträge nicht paarweise verschieden sind. Diese sind dann jedoch keine Diagonalmatrizen. So hat etwa die Einheitsmatrix unendlich viele Wurzeln wie bereits oben erklärt wurde. Diagonalmatrizen mit negativen Diagonaleinträgen können in diesem Fall auch reelle Wurzeln besitzen. Zum Beispiel gilt:
Fall 2: Diagonalisierbare Matrix
Ist die Matrix
diagonalisierbar, so kann man auf folgende Weise Wurzeln von
ermitteln:
Man bestimmt zunächst eine invertierbare Matrix
und eine Diagonalmatrix
sodass
gilt. Die Matrix
hat dann als Spalten Eigenvektoren
der Matrix
und die Matrix
als Diagonaleinträge die zugehörigen Eigenwerte.
Ist nun
eine Wurzel von
so ist
eine Wurzel der Matrix
,
denn es gilt:
Da
eine Diagonalmatrix ist, erhält man mögliche Wurzeln wie in Fall 1. Auch
hierbei ist zu beachten, dass manche Eigenwerte der Diagonalmatrix negativ sein
können, deren Wurzeln sind dann komplex. Falls die Matrix
paarweise verschiedene Eigenwerte hat, erhält man auch wie in Fall 1
bzw.
verschiedene Lösungen.
Fall 3: Nicht diagonalisierbare Matrix
Ist die Matrix
nicht diagonalisierbar, lässt sich mit dem gezeigten Verfahren keine Wurzel
berechnen. Dies bedeutet aber nicht, dass
keine Wurzel besitzt: So ist beispielsweise die Scherungs-Matrix
nicht diagonalisierbar, besitzt jedoch die Wurzel
Falls wir beim Rechnen komplexe Zahlen zulassen, so ist jede Matrix
auf jordansche
Normalform transformierbar, auch wenn sie nicht diagonalisierbar ist.
Man bestimmt Matrizen
ihre Inverse
und
mit
wobei
die folgende Blockdiagonalform hat:
Die
sind Jordan-Blöcke der Form
Eine Wurzel aus
berechnet sich gemäß
Die Wurzel aus
ist aus jedem Jordan-Block
einzeln zu ziehen.
Falls
gilt, ist die Potenz
eines Jordan-Blocks
durch
gegeben mit
wobei
die
-te
Ableitung der Potenzfunktion
ist. Explizit ergibt sich
und
wobei die Größe des Jordan-Blocks
mit
(in der Darstellung
),
die Subdiagonalen mit
(
ist die Diagonale) und die Gammafunktion
mit
bezeichnet sind. Für die Quadratwurzel ist
zu setzen.
Für
ergibt sich also beispielsweise
Falls
und gleichzeitig
gilt, existiert die Wurzel aus dem Jordan-Block
nicht.
Außerhalb der Jordan-Blöcke stehen lauter Nullen.
Falls
so hat die Zahl
zwei Wurzeln, daher erhält man auf diese Weise für jeden Jordan-Block
zwei verschiedene Wurzeln. So entstehen durch Kombination
Wurzeln, wobei
die Anzahl der Jordan-Blöcke
bezeichnet.
Mit diesem Verfahren bekommt man im Allgemeinen nur einige und nicht alle Quadratwurzeln einer Matrix.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 10.12. 2017