Integralgleichung 1. Art
In der Mathematik wird eine Integralgleichung,
bei der die gesuchte Funktion
nur unter dem Integralzeichen
vorkommt, als Integralgleichung 1. Art bezeichnet. Sind beispielsweise
,
und
gegeben, so ist
eine Integralgleichung der 1. Art für die unbekannte Funktion .
Einteilung
Sind die Grenzen des Integrals fix, so wird die Integralgleichung Fredholmsch genannt; tritt die freie Variable in den Integralgrenzen auf, so heißt die Integralgleichung Volterrasch
Ein einfaches Beispiel einer Volterraschen Integralgleichung 1. Art ist die Gleichung
deren Lösung offensichtlich die erste
Ableitung ist: .
Lösbarkeit
Integralgleichungen 1. Art sind in der Regel sogenannte inkorrekt gestellte Probleme, also Probleme, die nicht in kanonischer Weise gelöst werden können. Ist nämlich
ein kompakter Operator zwischen Banachräumen X und Y und hat K unendlich-dimensionalen Bildraum, dann ist das Bild von K von erster Kategorie in Y. Das bedeutet, dass K nicht stetig invertierbar oder wenigstens offen sein kann. Zur Lösung von Integralgleichungen 1. Art sind daher Regularisierungsverfahren erforderlich.
Beispiel
Auch das bereits erwähnte Bilden der ersten Ableitung ist ein inkorrekt gestelltes Problem: Betrachtet man beispielsweise den normierten Vektorraum
der unendlich oft stetig differenzierbaren Funktionen des Intervalls
bezüglich der Supremumsnorm, so ist der Operator
welcher der Funktion
die Lösung der Integralgleichung
zuordnet, ein unstetiger linearer Operator:
ist im Sinne der Supremumsnorm eine Nullfolge, da
aber für
gilt:
.
Die Funktionenfolge
konvergiert also gegen die Funktion
,
aber die Folge
der Bilder divergiert.
Numerisches Differenzieren
Diese Eigenschaft spiegelt sich auch wider, wenn man versucht, näherungsweise
gegebene Funktionen numerisch zu differenzieren. Berechnet man beispielsweise
numerisch die Ableitung von
an der Stelle
durch Bilden der Differenzenquotienten
für unterschiedliche Schrittweiten
,
so erhält man typischerweise folgendes Ergebnis:
2,83297 | |
1,73398 | |
1.65699 | |
1,64955 | |
1,6488 | |
1,64873 | |
1,64872 | |
1,64872 | |
1,64872 | |
1,64872 | |
1,64872 | |
1,64873 | |
1,64868 | |
1,64979 | |
1,64313 | |
1,55431 | |
2,22045 |
Der exakte Wert der Ableitung ist .
Der Fehler nimmt für immer kleinere Schrittweiten
also zuerst ab bis man praktisch den korrekten Wert erhält, für noch kleinere
nimmt der Fehler aber überraschenderweise wieder zu. Dies erklärt sich damit,
dass für kleine
zwar der Diskretisierungsfehler, also der Unterschied zwischen dem
Differenzenquotienten und der Ableitung, immer kleiner wird, dafür aber nimmt
der Fehler zu, der dadurch entsteht, dass man ja
nicht exakt zur Verfügung hat, sondern nur eine numerische Approximation dieser
Funktion. Da Differenzieren ein unstetiger linearer Operator ist, kann dieser
zweite Fehler beliebig groß werden.
Dieses Verhalten ist generell typisch für inkorrekt gestellte Probleme.
Weitere Beispiele
Andere Beispiele von Integralgleichungen 1. Art sind die inverse Laplace-Transformation sowie die nach Johann Radon benannte inverse Radon-Transformation, die in der Computertomographie eine wichtige Rolle spielt. Beides sind inkorrekt gestellte Probleme.
Die inverse Fourier-Transformation ist ebenfalls eine Integralgleichung 1. Art, im Gegensatz zu den anderen Beispielen allerdings ein korrekt gestelltes Problem.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.10. 2021