Faktorieller Ring
Ein faktorieller Ring, auch ZPE-Ring (Abk. für: „Zerlegung in
Primelemente“), Gaußscher Ring oder EPZ-Ring ist eine algebraische
Struktur, und zwar ein Integritätsring,
in dem jedes Element
eine im Wesentlichen eindeutige Zerlegung in irreduzible
Faktoren besitzt. Faktorielle Ringe sind nicht zu verwechseln mit Faktorringen.
Definition
Ein Integritätsring
heißt faktoriell, wenn er die folgende Eigenschaft besitzt:
- Jedes Element
, besitzt eine bis auf Assoziiertheit und Reihenfolge eindeutige Zerlegung in irreduzible Faktoren.
Für einen Integritätsring ist die Eigenschaft, faktoriell zu sein, äquivalent zur Eigenschaft, ein ZPE-Ring zu sein:
- Jedes Element
, besitzt eine Zerlegung in ein Produkt von Primelementen. (Darstellungen als Produkt von Primelementen sind stets im Wesentlichen eindeutig.)
Zerlegung in irreduzible Faktoren
hat eine Zerlegung in irreduzible Faktoren, wenn a eine Darstellung
mit einer Einheit
und irreduziblen
Elementen
hat. Dabei ist das leere
Produkt von irreduziblen Elementen, also
,
zugelassen, welches dem Einselement des Ringes gleichzusetzen ist. Diese
Zerlegung ist im Wesentlichen eindeutig, wenn bei jeder weiteren solchen
Darstellung
gilt:
und
(nach eventuellem Umnummerieren).
bedeutet:
und
sind assoziiert.
Sind die
nicht nur irreduzibel sondern sogar Primelemente, folgt daraus bereits die
Eindeutigkeit der Darstellung (bis auf Assoziiertheit).
Eigenschaften
- Irreduzible Elemente in faktoriellen Ringen sind prim. (Damit folgt auch die Äquivalenz der oben angegebenen Beschreibungen.)
- Faktorielle Ringe sind normal.
- Nach dem Lemma von Gauß sind Polynomringe faktorieller Ringe wieder faktoriell.
- Lokalisierungen faktorieller Ringe sind faktoriell
Beispiele
- Jeder euklidische
Ring ist ein Hauptidealring,
und jeder Hauptidealring ist ein faktorieller Ring. Beispiele sind die
euklidischen Ringe
(ganze Zahlen) sowie der Polynomring
in einer Veränderlichen über einem Körper
.
- Umgekehrt ist aber nicht jeder faktorielle Ring automatisch
Hauptidealring: Die Ringe
und
sind faktoriell, aber keine Hauptidealringe. Bei den Ganzheitsringen algebraischer Zahlkörper fallen die beiden Begriffe jedoch zusammen.
- Körper besitzen zwar weder irreduzible Elemente noch Primelemente, sind aber ebenfalls faktorielle Ringe, da jedes Element ungleich Null eines Körpers eine Einheit ist.
- Der Nullring wird von der überwiegenden Mehrheit nicht als faktorieller Ring angesehen. Zwar ist die Bedingung der Existenz einer Primfaktorzerlegung leer, jedoch wird der Nullring nicht als Integritätsring angesehen.
- Polynomringe und Ringe formaler Potenzreihen über einem Körper sind faktoriell.
- Reguläre lokale Ringe (z.B. diskrete Bewertungsringe) sind faktoriell. Dies ist genau die Aussage des Auslander-Buchsbaum-Theorems.
Gegenbeispiele
Ein Beispiel für einen Ring, in dem es eine Zerlegung in irreduzible Elemente
gibt, die nicht eindeutig ist, ist der Ring
(siehe Adjunktion):
In den beiden Produktdarstellungen
sind die Faktoren jeweils irreduzibel, aber unter den vier Zahlen
und
sind keine zwei assoziiert. Die Einheiten in diesem Ring sind
und
.
Ein Beispiel für einen Ring, in dem eine Zerlegung in irreduzible
Elemente nicht immer existiert, diese aber eindeutig ist, wann immer sie
existiert, ist der Ring der holomorphen
Funktionen auf einem Gebiet
in der komplexen Ebene
(mit punktweiser Addition und Multiplikation): Dieser Ring ist nullteilerfrei
(das folgt aus dem
Identitätssatz
für holomorphe Funktionen). Die Einheiten sind genau die holomorphen
Funktionen ohne Nullstellen (also z. B. die komplexe
Exponentialfunktion). Die irreduziblen Elemente sind bis auf Einheiten genau
die Funktionen der Form (
)
für einen Punkt
.
Daraus folgt, dass eine holomorphe Funktion genau dann ein Produkt aus
irreduziblen Elementen ist, wenn sie nur endlich viele Nullstellen hat. Da es
aber auf jedem Gebiet auch holomorphe Funktionen gibt mit unendlich vielen
Nullstellen, ist dieser Ring kein faktorieller Ring. Falls eine holomorphe
Funktion allerdings eine solche Darstellung hat, so ist diese im Wesentlichen
eindeutig, weil die irreduziblen Elemente alle prim sind.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 13.08. 2020