Konjugierte Durchmesser

oben: KD1, mitte: KD2, unten KD3
Konjugierte Durchmesser sind in der Geometrie zwei Durchmesser einer Ellipse, die in einer besonderen Beziehung zueinander stehen.
Dabei bedeutet Durchmesser eine Sehne durch den Mittelpunkt. Ist die Ellipse ein Kreis, so sind zwei Durchmesser genau dann konjugiert, wenn sie orthogonal sind.
In der Literatur findet man die folgenden äquivalenten Definitionen:
- KD1: Die Tangenten in den Endpunkten eines Durchmessers
einer Ellipse sind parallel. Ist
der zu diesen Tangenten parallele Durchmesser, so gilt auch die Umkehrung: Die Tangenten in den Endpunkten von
sind zu
parallel.
- Zwei Durchmesser
einer Ellipse heißen konjugiert, wenn die Tangenten in den Endpunkten des einen Durchmessers parallel sind zum anderen Durchmesser.
- KD2: Die Mittelpunkte der zu einem Durchmesser
parallelen Sehnen einer Ellipse liegen auf einem Durchmesser
. Und umgekehrt: Die Mittelpunkte der zu
parallelen Sehnen liegen auf
.
- Zwei Durchmesser
heißen konjugiert, wenn die Mittelpunkte der zu
parallelen Sehnen auf
liegen.
- KD3: Fasst man eine Ellipse als affines Bild des Einheitskreises auf, so heißen die Bilder orthogonaler Kreisdurchmesser konjugiert.
Der Beweis der Eigenschaften in KD1 und KD2 ergibt sich aus der Tatsache, dass eine beliebige Ellipse ein affines Bild des Einheitskreises ist. Denn die beiden Eigenschaften sind bei einem Kreis offensichtlich richtig, und eine affine Abbildung bildet Mittelpunkte auf Mittelpunkte ab und erhält die Parallelität.
Die Hauptachsen einer Ellipse sind immer konjugiert.
Zwei konjugierte Halbmesser einer Ellipse sind zwei auf verschiedenen
zueinander konjugierten Durchmessern liegende halbe Durchmesser.
Zwei
konjugierte Punkte einer Ellipse sind zwei auf verschiedenen zueinander
konjugierten Durchmessern liegende Ellipsenpunkte.
Zwei Richtungen
(Vektoren) heißen konjugiert, wenn es ein dazu paralleles Paar von
konjugierten Durchmessern der Ellipse gibt.
Konjugierte Durchmesser spielen in der Darstellenden Geometrie bei der Rytzschen Achsenkonstruktion eine wichtige Rolle. Dabei werden aus der Kenntnis zweier konjugierter Halbmesser die Hauptachsen einer Ellipse rekonstruiert.
-
Hyperbel: Mittelpunkte paralleler Sehnen
-
Parabel: Mittelpunkte paralleler Sehnen
Bemerkung:
- Die Mittelpunkte paralleler Sehnen einer Hyperbel
liegen auch auf einer Gerade durch den Mittelpunkt. Diese Gerade muss aber
keine Sehne sein, nämlich dann, wenn die parallelen Sehnen beide Äste der
Hyperbel schneiden. Deshalb spricht man hier nur von konjugierten Richtungen.
Wenn bei einer Hyperbel von konjugierten Durchmessern die Rede ist, ist mit
Durchmesser ein Durchmesser der gegebenen Hyperbel oder der zu ihr
konjugierten Hyperbel gemeint. (Die zur Hyperbel
konjugierte Hyperbel hat die Gleichung
.)
- Die Mittelpunkte paralleler Sehnen einer Parabel liegen auch auf einer Gerade. Diese Gerade ist immer parallel zur Parabelachse (s. Bild). Da eine Parabel keinen Mittelpunkt besitzt, spricht man hier i.a. nicht von konjugierten Durchmessern. Manchmal wird eine Parallele zur Parabelachse als Durchmesser bezeichnet.
Berechnung konjugierter Punkte einer Ellipse
Die Tangente an die Ellipse
im Punkt
hat die Gleichung
(siehe Ellipse). Ein zu
konjugierter Punkt
muss auf der zur Tangente parallelen Gerade durch den Nullpunkt (Mittelpunkt)
liegen. Also gilt
- Zwei Punkte
der Ellipse
sind genau dann konjugiert, wenn die Gleichung
-
- erfüllt ist.
Falls
, d.h. die Ellipse ein Kreis ist, gehören zwei konjugierte Punkte zwei
orthogonalen Halbmessern an und die letzte Gleichung hat die vertraute Form
(Skalarprodukt =0).
Ist die Ellipse durch die Parameterdarstellung
gegeben d.h. als affines Bild des Einheitskreises ,
so gehören die Punkte
als Bilder von orthogonalen Halbmessern des Einheitskreises zu konjugierten
Punkten der Ellipse. Mit Hilfe der
Additionstheoreme
folgt:
- Die zwei Punkte
sind zum Punkt
konjugiert.
Zusammenhang mit Orthogonalitätsrelationen
Der vorige Abschnitt hat gezeigt, dass die Ellipse
direkt mit der symmetrischen Bilinearform
zusammenhängt. Diese Bilinearform definiert
- auf
eine Orthogonalitätsrelation:
sind genau dann orthogonal, wenn
ist, und
- auf
eine Metrik:
ist die Länge des Vektors
und
- auf der Ferngerade eine elliptische Polarität. (Elliptisch bedeutet hier: die Polarität hat keine Fixpunkte. Dies ist gleichbedeutend zu kein Vektor ist zu sich selbst orthogonal)
Zwei konjugierte Richtungen sind also orthogonal im hier definierten Sinne und die gegebene Ellipse ist der "Einheitskreis" bezüglich der hier definierten Metrik.
Bemerkung 1: Die Hyperbel
führt mit analogen Überlegungen auf die symmetrische Bilinearform
.
- Auch hier kann man eine Orthogonalitätsrelation und eine Metrik definieren. Das besondere in diesem Fall ist: Es gibt Richtungen, die zu sich selbst orthogonal sind, nämlich die Asymptotenrichtungen, und es gibt von (0,0) verschiedene Vektoren der Länge 0 ! Diese Metrik nennt man auch Minkowski-Metrik und die zugehörigen "Kreise" (=Hyperbeln) Minkowski-Kreise oder pseudoeuklidische Kreise. Dieser Fall spielt in der Relativitätstheorie eine wesentliche Rolle. Auf der Ferngerade induziert die Bilinearform eine hyperbolische Polarität. (Hyperbolisch bedeutet hier: Die Polarität hat zwei Fixpunkte.)
Bemerkung 2: Versucht man analoge Überlegungen für eine Parabel, so führt dies auf eine "unbrauchbare" Orthogonalitätsrelation. In diesem Fall wären nämlich alle Richtungen zur Richtung der Parabelachse orthogonal.
Siehe auch



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.01. 2022