Extremwert
![](bilder/extrema_example_de.png)
In der Mathematik ist
Extremwert (oder Extremum; Plural: Extrema) der Oberbegriff
für ein lokales oder globales Maximum oder Minimum. Ein lokales
Maximum bzw. lokales Minimum ist der Wert der Funktion an einer
Stelle ,
wenn in einer hinreichend kleinen Umgebung
die Funktion keine größeren bzw. kleineren Werte annimmt; die zugehörige Stelle
wird lokaler Maximierer bzw. lokaler Minimierer,
Maximalstelle bzw. Minimalstelle oder zusammenfassend auch
Extremstelle genannt, die Kombination aus Stelle und Wert
Extrempunkt.
Ein globales Maximum wird auch absolutes Maximum genannt, für ein lokales Maximum wird auch der Begriff relatives Maximum gebraucht. Lokale und globale Minima sind analog definiert.
Die Lösung einer Extremwertaufgabe nennt man die extremale Lösung.
Eindimensionaler Fall
Formale Definition
Es sei
eine Teilmenge der reellen Zahlen (z.B.
ein Intervall)
und
eine Funktion.
hat an der Stelle
- ein lokales Minimum, wenn es ein Intervall
gibt, das
enthält, so dass
für alle
gilt;
- ein globales Minimum, wenn
für alle
gilt;
- ein lokales Maximum, wenn es ein Intervall
gibt, das
enthält, so dass
für alle
gilt;
- ein globales Maximum, wenn
für alle
gilt.
Besitzt die Funktion an der Stelle
ein Maximum, so nennt man den Punkt
Hochpunkt, hat sie dort ein Minimum, so heißt der Punkt Tiefpunkt.
Liegt ein Hoch- oder ein Tiefpunkt vor, so spricht man von einem
Extrempunkt.
Existenz von Extrema
Sind
reelle Zahlen und ist
eine stetige
Funktion, so nimmt
ein globales Maximum und ein globales Minimum an. Diese können auch in den
Randstellen
oder
angenommen werden.
Diese Aussage folgt aus dem Satz von Heine-Borel, wird aber oft auch nach K. Weierstraß oder B. Bolzano benannt oder als Satz vom Maximum und Minimum bezeichnet.
Bestimmung von Extremstellen differenzierbarer Funktionen
Es sei
offen, und
eine differenzierbare
Funktion.
Notwendiges Kriterium
Hat
an einer Stelle
ein lokales Extremum und ist dort differenzierbar, so ist dort die erste Ableitung
gleich null:
.
Hinreichende Kriterien
- Ist
zweimal differenzierbar, und gilt neben
auch
, so hat
an der Stelle
ein lokales Extremum. Ist
und
, handelt es sich dabei um ein lokales Minimum, für
dagegen um ein lokales Maximum.
- Allgemeiner dagegen und mittels Entwicklung von
gemäß der Taylor-Formel herleitbar gilt: Ist
n-mal ableitbar und dabei
- so folgt daraus:
- (1) Ist
gerade sowie
(bzw.
), so hat
damit bei
ein relatives Maximum (bzw. Minimum).
- (2) Ist
hingegen ungerade, so hat
bei
kein lokales Extremum (des Funktionswerts, sondern eines des Anstiegs, also eine Wendestelle).
- Oder ganz allgemein formuliert: Ist die erste von Null verschiedene
Ableitung
der Funktion
an der Stelle
, an der
ist, eine Ableitung gerader Ordnung, so besitzt
damit an dieser Stelle einen Extrempunkt, wobei eine von Null verschiedene Ableitung
für ein Minimum, eine Ableitung
dagegen für ein Maximum steht. (Man vergleiche hierzu Funktionen der Form:
,
.)
- Hat die erste Ableitung bei
einen Vorzeichenwechsel, so liegt ein Extremum vor. Bei einem Vorzeichenwechsel von Plus nach Minus handelt es sich um ein Maximum, bei einem Vorzeichenwechsel von Minus nach Plus um ein Minimum.
- Für stetige Funktionen auf Intervallen gilt: Zwischen zwei lokalen Minima einer Funktion liegt stets ein lokales Maximum, und zwischen zwei lokalen Maxima liegt stets ein lokales Minimum.
- Für differenzierbare Funktionen auf Intervallen gilt: Gibt es zwei Stellen
mit
, so dass die erste Ableitung im Intervall
nur die Nullstelle
hat, und ist
sowie
, so hat
bei
ein lokales Minimum. Gilt die analoge Bedingung mit
und
, so hat
bei
ein lokales Maximum.
Es gibt allerdings auch Funktionen, bei denen keines der og. Kriterien weiterhilft (s.u.).
Beispiele
Die erste Ableitung
hat nur bei
eine Nullstelle. Die zweite Ableitung
ist dort positiv, also nimmt
bei 0 ein lokales Minimum an, nämlich
.
Die erste Ableitung
hat nur bei
eine Nullstelle. Die zweite Ableitung
ist dort ebenfalls 0. Man kann nun auf verschiedene Arten fortfahren:
- Auch die dritte Ableitung
ist dort 0. Die vierte Ableitung hingegen ist mit
die erste höhere Ableitung, die nicht 0 ist. Da diese Ableitung einen positiven Wert hat und gerade ist, gilt nach (1), dass die Funktion dort ein lokales Minimum besitzt.
- Die erste Ableitung hat bei 0 einen Vorzeichenwechsel von Minus nach
Plus, also hat
bei
ein lokales Minimum.
- Es ist
, also hat
im Intervall
ein lokales Minimum. Da die erste Ableitung in diesem Intervall nur die Nullstelle
hat, muss das lokale Minimum dort angenommen werden.
- Auch die dritte Ableitung
- Die Funktion, die durch
für
und durch
definiert ist, hat die folgenden Eigenschaften:
- Sie hat bei
ein globales Minimum.
- Sie ist beliebig oft differenzierbar.
- Alle Ableitungen bei
sind gleich 0.
- Die erste Ableitung hat keinen Vorzeichenwechsel bei 0.
- Auch die anderen beiden oben genannten Kriterien sind nicht anwendbar.
- Sie hat bei
Anwendungsbeispiel
In der Praxis können Extremwert-Berechnungen zur Berechnung von größt- oder kleinstmöglichen Vorgaben verwendet werden, wie das folgende Beispiel zeigt (siehe auch Optimierungsproblem):
- Wie muss eine rechteckige Fläche aussehen, die bei einem bestimmten Umfang eine maximale Fläche hat?
Lösungsweg:
Der Umfang
ist konstant, die Fläche
soll maximiert werden,
ist die Länge und
die Breite:
1) in 2) einsetzen und umformen
Ableitungsfunktionen bilden
Hochpunkt der Funktion
Es gibt nur ein lokales Maximum, das in dem vorliegenden Beispiel (ohne Nachweis) zugleich auch das globale Maximum ist, da die zweite Ableitung unabhängig von der Variablen immer kleiner als Null ist.
Um einen Extremwert zu finden, muss die erste Ableitung gleich Null gesetzt werden (da diese die Steigung der ursprünglichen Funktion beschreibt und diese Steigung bei Extremwerten Null ist. Ist die zweite Ableitung der Funktion ungleich Null, so liegt ein Minimum oder Maximum vor).
Einsetzen in 1)
Es folgt daraus, dass der größtmögliche Flächeninhalt eines Rechtecks bei vorgegebenen Umfang dann zu erzielen ist, wenn beide Seitenlängen gleich sind (was einem Quadrat entspricht). Umgekehrt lässt sich aber auch sagen, dass ein Rechteck mit vorgegebenem Flächeninhalt den geringsten Umfang aufweist, wenn sich
verhalten – also bei einem Quadrat.
Mehrdimensionaler Fall
Es sei
und
eine Funktion. Weiterhin sei
ein innerer Punkt von
.
Ein lokales Minimum/Maximum in
ist dann gegeben, wenn eine Umgebung um
existiert, in welcher kein Punkt einen kleineren bzw. größeren Funktionswert
annimmt.
Analog zum eindimensionalen Fall ist das Verschwinden des Gradienten
eine notwendige Bedingung dafür, dass
im Punkt
ein Extremum annimmt. Hinreichend ist in diesem Fall die Definitheit der Hesse-Matrix
:
ist sie positiv definit, liegt ein lokales Minimum vor; ist sie negativ definit,
handelt es sich um ein lokales Maximum; ist sie indefinit, liegt kein
Extrempunkt, sondern ein Sattelpunkt
vor. Wenn sie nur semidefinit ist, ist keine Entscheidung anhand der
Hesse-Matrix möglich (peanosche
Fläche).
Unendlichdimensionaler Fall
Definition
Der Begriff des Maximums und des Minimums überträgt sich direkt auf den
unendlichdimensionalen Fall. Ist
ein Vektorraum und
eine Teilmenge dieses Vektorraumes sowie
ein Funktional. Dann hat
an der Stelle
- ein (globales) Minimum, wenn
für alle
- ein (globales) Maximum, wenn
für alle
Der Zusatz „globales“ wird meist weggelassen, wenn aus dem Zusammenhang klar
ist, was gemeint ist. Ist
zusätzlich mit einer Topologie
versehen, also ein topologischer
Raum, dann hat
an der Stelle
- ein lokales Minimum, wenn es eine Umgebung
von
gibt, so dass
für alle
gilt.
- ein lokales Maximum, wenn es eine Umgebung
von
gibt, so dass
für alle
gilt.
Ein Punkt heißt ein (lokales) Extremum, wenn er ein (lokales) Minimum oder ein (lokales) Maximum ist. Jedes globale Minimum (Maximum) ist ein lokales Minimum (Maximum).
Existenz, Eindeutigkeit und Geometrie von Extrema
Existenz
Entsprechend den Existenzaussagen für reelle Funktionen gibt es auch Aussagen
für die Existenz von Extremalstellen von Funktionalen. Ist
ein normierter
Raum, so gilt:
- Ein schwach unterhalbstetiges Funktional auf einer schwach folgenkompakten Menge nimmt dort ihr Minimum an.
Da diese Version für die Anwendung und Überprüfung oft unpraktisch ist, schwächt man dies ab zu der Aussage, dass jedes stetige quasikonvexe Funktional auf einer beschränkten, konvexen und abgeschlossenen Teilmenge eines reflexiven Banachraums ein Minimum annimmt. Diese Aussage gilt auch für alle konvexen Funktionale, da diese immer quasikonvex sind. Im Endlichdimensionalen kann auf die Konvexität der Teilmenge verzichtet werden.
Eindeutigkeit
Unter gewissen Umständen sind die Optimalpunkte sogar eindeutig bestimmt. Dazu gehört zum Beispiel die strikte Konvexität.
Geometrie
Schränkt man sich auf gewisse Klassen von Funktionalen ein, so kann man Aussagen über die Geometrie der Menge der Extremalpunkte treffen.
- Ist das Funktional quasikonvex auf einer konvexen Menge, so ist die Menge der Minima konvex.
- Ist das Funktional quasikonkav auf einer konvexen Menge, so ist die Menge der Maxima konvex.
- Ist das Funktional konvex auf einer konvexen Menge, so ist jedes lokale Minimum ein globales Minimum.
- Ist das Funktional konkav auf einer konvexen Menge, so ist jedes lokale Maximum ein globales Maximum.
Andere Extremwerte
Diskrete Optimierung
Bei diskreten Optimierungsproblemen
ist der oben definierte Begriff des lokalen Extremums nicht geeignet, da in
jedem Punkt ein lokales Extremum in diesem Sinne vorliegt. Für Extrema
einer Funktion
wird daher ein anderer Umgebungsbegriff verwendet: Man benutzt eine
Nachbarschaftsfunktion
,
die jedem Punkt die Menge seiner Nachbarn zuordnet,
dabei steht
für die Potenzmenge von
.
hat dann ein lokales Maximum in einem Punkt
,
wenn
für alle Nachbarn
gilt. Lokale Minima sind analog definiert.
Variationsrechnung
Extremwerte von Funktionen, deren Argumente selbst Funktionen sind, z.B. die Kontur eines Regentropfens mit minimalem Luftwiderstand, sind Gegenstand der Variationsrechnung.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.09. 2022