Paschen-Gesetz
Das Paschen-Gesetz beschreibt als Näherungsformel den experimentell bestimmten Zusammenhang zwischen Durchschlagspannung, Gasdruck und der Schlagweite, dem räumlichen Abstand der Elektroden. Es wurde 1889 von Friedrich Paschen experimentell bestimmt und später von John Sealy Townsend theoretisch beschrieben.
Inhalt des Gesetzes
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Das Paschen-Gesetz besagt, dass die Durchschlagspannung eine Funktion des Produktes aus Gasdruck und Schlagweite ist, wenn die Bedingungen für den Townsend-Mechanismus erfüllt sind, das heisst ein weitgehend homogenes Feld und vernachlässigbare Raumladung vorliegt. Die Gleichung, die John Sealy Townsend erstmals herleitete, lautet
wobei
den Gasdruck,
den Elektrodenabstand,
den 3. Townsend-Koeffizienten und
und
nachfolgend hergeleitete Konstanten
darstellen.
Die Paschenkurve ist die graphische Darstellung des Paschen-Gesetzes. Sie
besitzt ein Minimum für kleine -Werte,
das für Luft bei 340 V bei ca. 7,3 bar·µm und für SF6 bei
507 V bei ca. 3,5 bar·µm liegt. Oberhalb des Minimums spricht man vom
Weitdurchschlag. Dort verhält sich die Kurve linear mit
.
In diesem Bereich sinkt entweder die durch die Spannung hervorgerufene
Feldstärke oder die mittlere
freie Weglänge
der Teilchen wird durch den Druck reduziert.
Darunter, im sogenannten Nahdurchschlag, steigt die Durchschlagspannung wieder
steil an. Dies rührt daher, dass die Distanz zu klein oder der Druck für die Stoßionisation zu
gering wird. Bei
ist Stoßionisation nicht mehr möglich.
Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass die Paschenkurve unterhalb von 3 µm keine Gültigkeit besitzt und die Durchschlagspannung weiter abfällt.
Physikalischer Hintergrund
Zwischen zwei Elektroden befinden sich außer im perfekten Vakuum immer Atome und auch immer ein paar wenige freie Elektronen und Ionen. Durch das elektrische Feld zwischen den Elektroden werden die geladenen Teilchen beschleunigt. Die Ionen sind viel schwerer und größer als die Elektronen, werden also nur langsam beschleunigt und kollidieren schnell wieder mit anderen Atomen oder Ionen. Die Elektronen können jedoch auf eine Geschwindigkeit beschleunigt werden, die ihnen genug Energie verleiht, um beim Auftreffen auf ein Atom dieses zu ionisieren (Stoßionisation). Die dabei entstehenden freien Elektronen werden wiederum beschleunigt und erzeugen noch mehr freie Elektronen, sodass ein Lawineneffekt einsetzt.
Ein elektrischer Durchbruch tritt also frühestens dann auf, wenn die freien Elektronen auf eine Energie beschleunigt werden, die ausreicht, dass sie auf dem Weg zur Anode mindestens ein Atom ionisiert haben. Die angelegte Spannung muss also einen bestimmten Wert erreichen, der Durchbruchspannung genannt wird. Diese ist offensichtlich von der Ionisationsenergie der Gasatome abhängig. Die erreichbare Energie eines Elektrons hängt von seiner mittleren freien Weglänge ab, der Strecke, die es zurücklegt, bis es auf ein Atom stößt. Je länger dieser Weg ist, desto höher die Energie durch die Beschleunigung. Die freie Weglänge hängt von der Größe der Atome und deren Dichte ab, also auch von Temperatur und Druck.
Werte der Konstanten
Typische Werte für die Konstanten A und B einiger Gase:
Gas | A |
B |
Gültigkeit | |
---|---|---|---|---|
Luft | 10.95 | 273.8 | 75 – 600 | |
Stickstoff | N2 | 9.00 | 256.5 | 75 – 450 |
Wasserstoff | H2 | 3.83 | 104.1 | 15 – 450 |
Helium | He | 2.25 | 25.5 | 15 – 100 |
Argon | Ar | 10.20 | 176.3 | 75 – 450 |
Kohlenstoffdioxid | CO2 | 15.00 | 349.5 | 375 – 750 |
Herleitung
Grundlagen
Um die Durchschlagspannung zu berechnen, geht man von einem
Plattenkondensator mit dem Plattenabstand
aus. Die Kathode befindet sich am Punkt
.
Man kann also von einem homogenen elektrischen Feld zwischen den Platten
ausgehen.
Für die Stoßionisation
ist es Voraussetzung, dass die Elektronenenergie
größer als die Ionisationsenergie
der Gasatome ist, die sich zwischen den Platten befinden. Pro Weglänge
werden die Anzahl von
Ionisationen auftreten.
ist als erster Townsend-Koeffizient bekannt, da er von Townsend in The Theory of Ionization of Gases by Collision,
section 17 eingeführt wurde. Die Änderung des Stroms der Elektronen
kann also für den Plattenkondensatoraufbau so beschrieben werden:
(Die Anzahl an freien Elektronen auf der Anode ist also die Anzahl der freien
Elektronen auf der Kathode, die sich durch Stoßionisation vermehrt hat. Je
größer also
und/oder
ist, desto mehr freie Elektronen werden erzeugt.)
Die Anzahl an erzeugten freien Elektronen bei der Entladung ist
Unter Vernachlässigung, dass Atome mehrfach ionisiert werden können, ist die Anzahl an erzeugten Ionen gleich der Anzahl der erzeugten freien Elektronen:
ist der Strom der Ionen. Damit die Entladung nicht sofort wieder erlischt,
müssen freie Elektronen auf der Kathodenoberfläche erzeugt werden. Dies ist
möglich, da die Ionen beim Auftreffen auf die Kathode Sekundärelektronen
herausschlagen. (Für sehr hohe angelegte Spannungen kann auch Feldemission auftreten.)
Ohne Feldemission kann man schreiben
wobei
die Anzahl der Elektronen ist, die ein auftreffendes Ion im Schnitt
herausschlägt. Dies wird als dritter Townsend-Koeffizient bezeichnet.
Angenommen, dass
erhält man eine Beziehung zwischen den Townsend-Koeffizienten, indem man (4) in
(3) einsetzt und umformt:
Stoßionisation
Die Frage ist nun, wie groß
ist. Die Anzahl der Ionisationen hängt davon ab, wie wahrscheinlich es ist, dass
ein Elektron ein Ion trifft. Diese Wahrscheinlichkeit
ist das Verhältnis des Wirkungsquerschnitts
eines Stoßes zwischen Elektron und Ion im Verhältnis zur insgesamt zu Verfügung
stehenden Fläche
,
durch die das Elektron fliegen kann:
Wie der zweite Teil der Gleichung verdeutlicht, kann man die
Wahrscheinlichkeit auch als Verhältnis der vom Elektron zurückgelegten
Wegstrecke
zur mittleren
freie Weglänge
(ehe wieder eine Ionisation auftritt) ausdrücken.
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ist die Anzahl an Elektronen, denn jedes kann stoßen. Die Anzahl lässt sich mit
der Zustandsgleichung des Idealen
Gases
- (
: Druck,
: Volumen,
: Boltzmann-Konstante,
: Temperatur)
ausdrücken. Wie nebenstehende Skizze verdeutlicht, ist .
Da der Radius eines Elektrons gegenüber dem Radius eines Ions
vernachlässigt werden kann, vereinfacht es sich zu
.
Nutzt man diese Beziehung, setzt (7) in (6) ein und formt nach
um, erhält man
wobei der Faktor
nur zur besseren Übersichtlichkeit eingeführt wurde.
Die Änderung des Stroms von noch nicht kollidierten Elektronen an jedem
Wegpunkt
kann man als
ausdrücken. Diese Differentialgleichung lässt sich leicht lösen:
Die Wahrscheinlichkeit, dass
ist, also dass an der Stelle
noch kein Stoß stattgefunden hat, ist
Gemäß seiner Definition ist
die Anzahl an Ionisationen pro Weglänge und damit das Verhältnis aus der
Wahrscheinlichkeit, bei der in der mittleren freien Weglänge der Ionen noch
keine Kollision stattgefunden hat, zur mittleren freien Weglänge der Elektronen:
Dabei wurde bedacht, dass die Energie ,
die ein geladenes Teilchen zwischen zwei Stößen aufnehmen kann, von der elektrischen
Feldstärke
und der Ladung
abhängt:
Durchschlagspannung
Für den Plattenkondensator gilt ,
wobei
die angelegte Spannung ist. Da von einer einfachen Ionisierung ausgegangen
wurde, ist
die Elementarladung
.
Man kann nun (13) und (8) in (12) einsetzen und erhält
Setzt man dies in (5) ein und formt nach
um, erhält man das Paschen-Gesetz für die Durchschlagspannung
,
die zuerst von Paschen in
untersucht wurden und dessen Gleichung zuerst von Townsend in Electricity in Gases,
section 227 hergeleitet wurde:
- mit
Die eingangs erläuterten Konstanten
und
lauten somit:
Plasmazündung
Plasmazündung
nach der Definition von Townsend (Townsend-Entladung) bedeutet, dass das Plasma
einen Punkt erreicht, an dem es von selbst brennt, unabhängig von einer externen
Quelle von freien Elektronen. Dies bedeutet, dass die Elektronen der Kathode die
Anode im Abstand
erreichen und dabei mindestens ein Atom auf dem Weg dahin ionisiert haben
müssen. Gemäß der Definition von
muss also diese Beziehung erfüllt sein:
Verwendet man
statt (5), erhält man für die Durchschlagspannung
Schlussfolgerung/Gültigkeit
Das Paschen-Gesetz setzt also voraus, dass
- es vor der Zündung schon freie Elektronen auf der Kathode gibt (
), die beschleunigt werden können um die Stoßionisation auszulösen. Solche sogenannten Seedelektronen können durch Ionisation durch kosmische Hintergrundstrahlung erzeugt werden.
- die Erzeugung weiterer freier Elektronen nur durch Stoßionisation geschieht. Das Paschen-Gesetz gilt also nicht, wenn externe Elektronenquellen vorhanden sind. Dies kann z.B. Licht sein, das Sekundärelektronen durch den photoelektrischen Effekt erzeugt. Dies muss bei Experimenten berücksichtigt werden.
- ein ionisiertes Atom nur zu je einem freien Elektron führt. Mehrfachionisationen treten jedoch in der Praxis immer auf.
- freie Elektronen auf der Kathodenoberfläche durch die auftreffenden Ionen
erzeugt werden. Die Anzahl der dabei erzeugten Elektronen ist jedoch stark vom
Kathodenmaterial, dessen Oberflächenbeschaffenheit (Rauheit,
Verunreinigungen) und den Umgebungsbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit
etc.) abhängig. Die experimentelle Bestimmung des Faktors
ist daher kaum reproduzierbar möglich.
- das elektrische Feld homogen ist.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 23.11. 2021