Fundamentalpunkt

Null-Kilometerstein in Madrid
„Kilomètre zéro“, Fundamentalpunkt Frankreichs vor dem Haupteingang der Kathedrale Notre-Dame de Paris

Ein Fundamentalpunkt, auch Zentralpunkt, war in der klassischen Geodäsie der zentrale Vermessungspunkt eines Landes.

Von seinen astronomisch genau bestimmten Koordinaten (astronomisch-geografische Breite und Länge) ausgehend, wurde durch Triangulation (großräumige Dreiecksmessung) ein Vermessungsnetz über das ganze Land ausgebreitet.

Klassische Festlegung

Der Fundamentalpunkt stellt – zusammen mit einem Referenzellipsoid und der präzisen Richtung einer langen Dreiecksseite – das terrestrische Bezugssystem einer Landesvermessung dar. Das Bezugssystem und seine Orientierung heißen Geodätisches Datum, der Fundamentalpunkt und das Messnetz bilden seine Realisierung.

In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeutung von Fundamentalpunkten abgenommen, weil die Vermessungssysteme der Staaten auf interkontinentale Ellipsoide wie etwa das WGS 84 umgestellt werden.

Moderne Festlegungen

Mit dem Entstehen der Satellitengeodäsie ergab sich die Möglichkeit, erstmals geozentrische Erdmodelle abzuleiten, deren Ausprägungen auf den unterschiedlichen Erdmassenverteilungen beruhen. Da sich die geodätische Rechenfläche in Form des Ellipsoids jetzt aus einer Vielzahl von Messungen ableitet und nicht mehr von einem einzigen Punkt ohne Bezug zum Geozentrum, haben klassische Fundamentalpunkte ihre Bedeutung weitgehend verloren. Was das geodätische Datum angeht, so spricht man nicht mehr vom Datum, sondern vom System – wegen der Mannigfaltigkeiten der Bestimmungsmöglichkeiten.

International haben die Systeme WGS 72 und vor allem WGS 84 große Bedeutung im Hinblick auf das GPS erlangt. Viele Staaten haben ihre Landesvermessungen auf diese geozentrischen Systeme umgestellt.

In Deutschland wird das Potsdam Datum mit Fundamentalpunkt Rauenberg, dem Bessel-Ellipsoid und der konformen Gauß-Krüger-Abbildung derzeit vom System ETRS89 mit dem Ellipsoid GRS80 und der UTM-Abbildung abgelöst.

Das klassische Verfahren der Landesvermessung

Die Lagerung (Festlegung) eines Referenzellipsoids relativ zum Erdkörper erfolgt, indem die geographische Breite und Länge des Fundamentalpunktes astronomisch bestimmt und mit seiner ellipsoidischen Breite/Länge gleichgesetzt wird. Zusammen mit der genauen Richtung zu einem entfernten Triangulationspunkt wird dadurch die Rotationsachse des Ellipsoids parallel zu jener der wirklichen Erde. Der Mittelpunkt des Ellipsoids fällt allerdings nicht mit dem Erdmittelpunkt zusammen, weil das Schwerefeld jeder Region gewisse Unregelmäßigkeiten aufweist (siehe Geoid). Die Mittelpunkte können um einige 100 Meter differieren – je nach der Lage des Fundamentalpunktes in der Region und ihren geologischen Verhältnissen.

Diese Tatsache ist Vor- und Nachteil zugleich:

Fundamentalpunkte in Europa

Das Panthéon von Paris ist der Fundamentalpunkt des NTF-Systems (Nouvelle triangulation de la France) Frankreichs

Einige Fundamentalpunkte in Europa sind:

Die richtungsgebende Dreiecksseite hat meist eine Länge um die 30 km; jene für Österreich-Ungarn (Hermannskogel – Hundsheimer Berg) wurde mit 60 km ungewöhnlich lang gewählt, um die Richtungsgenauigkeit des sehr ausgedehnten Netzes zu steigern. Die lange Visur, deren Beobachtung besonders gute Wetterlagen erforderte, verläuft quer über die Ebene des Wiener Beckens.

In den 1920er Jahren gingen Deutschland, Österreich und andere Staaten auf das 3°-Streifensystem der Gauß-Krüger-Projektion über, doch spielen die früheren Fundamentalpunkte dennoch eine Rolle, zum Beispiel bei der Analyse von Vermessungsnetzen und der Digitalisierung von älteren Daten des Katasters. In nächster Zeit wird der Übergang auf ein EU-einheitliches 6°-Bezugssystem erfolgen.

Siehe auch

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 06.03. 2022