Diophantische Gleichung
In der algebraischen
Zahlentheorie ist eine diophantische Gleichung (benannt nach dem
griechischen Mathematiker Diophantos von Alexandria, um 250) eine Gleichung
der Form ,
wobei
eine gegebene Polynomfunktion mit ganzzahligen Koeffizienten ist und nur
ganzzahlige Lösungen
gesucht werden. Diese Einschränkung
der Lösungsmenge ist sinnvoll und nötig, wenn Teilbarkeitsfragen
beantwortet werden sollen, wenn es sich um Probleme der Kongruenzarithmetik
handelt oder wenn bei Problemen in der Praxis nur ganzzahlige Lösungen sinnvoll
sind, z.B. für die Stückzahlverteilung
bei der Herstellung von mehreren Produkten.
Beispiele
besitzt als Lösung
die Zahlenpaare …, (–3, 9), (−2, 4), (–1, 1), (0, 0), (1, 1), (2, 4), (3, 9), …; allgemein:
mit
ist unlösbar, weil die linke Seite der Gleichung (als Summe von Quadraten) niemals negativ ist.
besitzt keine Lösung, weil 4 nicht durch 3 teilbar ist und es daher keine ganze Zahl gibt, deren 3-Faches 4 ergibt.
Lineare diophantische Gleichung
Diophantische Gleichungen, in denen keine höheren als erste Potenzen der Unbekannten vorkommen, nennt man linear. Für sie gibt es Algorithmen, mit deren Hilfe man stets nach endlich vielen Schritten alle Lösungen findet.
Berühmte diophantische Gleichungen
Pythagoreische Tripel
Die unendlich vielen ganzzahligen Lösungen von
bilden die sogenannten pythagoreischen Tripel. Man findet sie im Wesentlichen
durch den Ansatz
Fermats letzter Satz
Wenn man obige Gleichung zu
verallgemeinert, erhält man eine diophantische Gleichung vom Grad
.
Als Fermats letzten Satz bezeichnet man die von Pierre de Fermat vor
400 Jahren aufgestellte Behauptung, dass sie für
keine ganzzahlige Lösung besitzt (außer den trivialen Lösungen, bei denen eine
der Zahlen 0 ist), was erst 1994 von Andrew Wiles bewiesen wurde.
Pellsche Gleichung
Neben den linearen diophantischen Gleichungen ist die sogenannte Pellsche Gleichung
besonders wichtig, wobei für ein gegebenes natürliches
zunächst das kleinste Wertepaar
zu suchen ist, aus dem sich dann alle anderen Paare leicht finden lassen. Wenn
eine Quadratzahl ist, hat diese Gleichung nur die trivialen Lösungen
,
ansonsten hat sie unendlich viele Lösungen. Die Auflösung der Pellschen
Gleichung ist gleichbedeutend mit dem Aufsuchen der Einheiten im Ring der algebraisch ganzen Zahlen
des quadratischen
Zahlkörpers
,
der aus dem rationalen
Zahlkörper
durch Adjunktion
einer Quadratwurzel aus
entsteht.
Einige allgemeine Lösungsmethoden und Endlichkeitssätze für Klassen diophantischer Gleichungen
Axel Thue zeigte 1908, dass die Gleichung
mit einer irreduziblen Form
vom Grad größer oder gleich 3 in zwei Variablen [1]
und einer ganzen Zahl
nur endlich viele Lösungen hat (solche Gleichungen werden Thue-Gleichungen
genannt). Das baute auf seinen Abschätzungen algebraischer Zahlen durch
rationale auf (solche Untersuchungen werden diophantische
Approximationen genannt) und ist nicht effektiv (das heißt, man erhält
daraus kein Lösungsverfahren). Für den Grad 2 gilt der Satz nicht (die
Pellsche Gleichung mit unendlich vielen Lösungen).
Alan Baker gab 1968 eine effektive obere Grenze für die Lösungen von Thue-Gleichungen mit seiner Methode der linearen Formen in Logarithmen algebraischer Zahlen und ein effizienter Algorithmus zu ihrer Lösung wurde 1989 durch De Weger und Tzanakis angegeben.
1929 bewies Carl Ludwig Siegel, dass für Gleichungen, die algebraische Kurven vom
topologische Geschlecht
beschreiben, nur endlich viele ganzzahlige Lösungen existieren.
Auch dieser Beweis war nicht-effektiv und benutzte diophantische
Approximationen. Betrachtet man statt der ganzen Zahlen den Körper der
rationalen Zahlen, entspricht der Satz von Siegel der Vermutung von
Mordell.
1938 fand Thoralf Skolem eine ziemlich allgemeine Lösungsmethode für diophantische Gleichungen
der Form
mit einem irreduziblen Polynom
,
das in einer Erweiterung des Körpers der rationalen Zahlen in
Faktoren zerfällt und eine weitere Zusatzbedingung erfüllt. Darunter fällt auch
Thues Gleichung für den Fall, dass nicht alle Wurzeln von
reell sind. Skolems Methode beruht auf p-adischer
Analysis (lokale Methode) und nicht auf diophantischen Approximationen
wie Thues Methode.
Hilberts zehntes Problem
Im Jahr 1900 stellte David Hilbert das Problem der Entscheidbarkeit der Lösbarkeit einer diophantischen Gleichung als zehntes Problem seiner berühmten Liste von 23 mathematischen Problemen vor. 1970 bewies Juri Wladimirowitsch Matijassewitsch, dass die Lösbarkeit diophantischer Gleichungen unentscheidbar ist, es also keinen allgemeinen Algorithmus geben kann, der zu einer beliebigen diophantischen Gleichung feststellt, ob sie lösbar oder unlösbar ist. Wichtige Vorarbeiten dazu leisteten Martin Davis, Hilary Putnam und Julia Robinson. Von Davis (1953) stammt die Formulierung als Problem über diophantische Mengen und die Vermutung, dass diese identisch mit den rekursiv aufzählbaren Mengen sind, deren Beweis das 10. Hilbertproblem löste.
Eine diophantische Menge
ist eine Menge von
-Tupeln
positiver ganzer Zahlen
,
die eine Polynomgleichung
erfüllen mit den ganzzahligen Parametern :
Zum Beispiel bilden die zusammengesetzten Zahlen eine diophantische Menge
(das Polynom ist dann
mit den Parametern
)
und die geraden Zahlen (Polynom
).
Man kann zur Definition auch Systeme von Polynomgleichungen
verwenden, denn diese lassen sich über
auf den Fall einer einzigen Gleichung zurückführen. Entsprechend sind
diophantische Funktionen
durch die diophantischen Mengen
gegeben. Putnam zeigte 1960, dass jede diophantische Menge natürlicher Zahlen
sich als Wertemenge in den natürlichen Zahlen eines ganzzahligen Polynoms
darstellen lässt.
Es ist manchmal schwierig zu zeigen, dass eine Menge diophantisch ist. Zum
Beispiel bei der Menge der Primzahlen, im Gegensatz zu den zusammengesetzten
Zahlen (denn das Komplement einer diophantischen Menge muss nach Martin Davis
nicht diophantisch sein), bei den Potenzen von 2 und dem Wert der Faktoriellen
.
Julia Robinson scheiterte zunächst daran zu zeigen, dass
diophantisch ist. Sie zeigte aber, dass dies folgen würde, wenn man eine
diophantische Menge mit exponentiellem Wachstum finden könnte, das heißt solcher
Mengen, in deren definierender Gleichung eine der Variablen als Exponent
auftaucht. Genauer bedeutet dies, dass gilt (Hypothese von Julia Robinson, J.
R.):
Es gibt eine diophantische Menge ,
sodass gilt:
- Für
folgt
.
- Für beliebiges positives
gibt es
, sodass
.
Diophantische Mengen sind per definitionem rekursiv aufzählbar (es gibt einen Algorithmus, der bei Input aus dieser Menge stoppt).
Zusammen mit Davis und Putnam zeigte Robinson, dass die rekursiv aufzählbaren Mengen genau die exponentiellen diophantischen Mengen sind und der Satz
- „Jede rekursiv aufzählbare Menge ist diophantisch“
folgen würde, wenn man die Existenz einer exponentiell wachsenden diophantischen Menge beweisen könnte (für die die Hypothese von Julia Robinson J. R. zutrifft). Das gelang 1970 Matiyasevich mit Hilfe von Fibonacci-Zahlen, einer exponentiell wachsenden Folge natürlicher Zahlen. Sein Beispiel bestand aus zehn polynomialen Gleichungen mit 15 Unbekannten.
Da es nach der Berechenbarkeitstheorie rekursiv aufzählbare Mengen gibt, die nicht entscheidbar sind (nach einem Argument basierend auf Cantor-Diagonalisierung wie beim Halteproblem), folgt, dass Hilberts zehntes Problem nicht lösbar ist.
Da die Primzahlen rekursiv aufzählbar sind, folgt außerdem, dass es eine diophantische Gleichung gibt, deren Lösung aus allen Primzahlen und nur aus diesen besteht.
Seit Thoralf Skolem war bekannt, dass sich alle diophantischen Gleichungen auf solche vierten oder kleineren Grades zurückführen lassen. Matyasevich gelang es außerdem zu zeigen, dass für die Darstellung diophantischer Mengen Polynome in neun und weniger Unbekannten ausreichen.
In Verbindung mit Gödels Unvollständigkeitsresultaten folgt auch, dass es in jedem Axiomensystem der Arithmetik diophantische Gleichungen gibt, die keine Lösung haben, was sich aber nicht innerhalb des Axiomensystems beweisen lässt.
Anmerkungen
- ↑
Anders ausgedrückt:
hat mindestens drei verschiedene Wurzeln.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.10. 2022